Taner Yalcin ist Guide bei Asia Guide Adventures und war im Herbst im Himalaya unterwegs. Sein Bericht erzählt von Zyklonstürmen, Schneemassen und atemberaubenden Trails. Lest selbst!

Anfang Oktober war es wieder mal soweit. Unsere alljährlichen Himalaya-Herbst-Touren standen bevor, dieses Jahr hatte ich drei gebuchte Touren mit Gästen auf der Annapurna-Runde. Nachdem meine Ziege gut verpackt und die restliche Ausrüstung für 2 Monate Nepal-Abenteuer verstaut war, machte ich mich auf den Weg von Bangkok nach Kathmandu.

Akklimatisierungstour rund um Manang.
Akklimatisierungstour rund um Manang.

Noch wusste ich nicht, dass mich auf den diesjährigen Touren einige Überraschungen erwarten würden.

 Wechsel von MTB- auf Trekking-Tour, rund um Manang auf 3.900 m.
Wechsel von MTB- auf Trekking-Tour, rund um Manang auf 3.900 m.

Nach einer Woche Organisation, Erlangung der Permits etc. in Kathmandu trafen auch schon die Gäste der ersten Tour aus Deutschland ein. Wir machten uns zusammen mit unseren Trägern auf den Weg von Kathmandu nach Besisahar (1.000 m). Nach einer 8-stündigen Autofahrt trafen wir in unserem Stützpunkt ein, von wo aus unsere Annapurna-Tour starten sollte.

Zweite Tour, zwei Wochen nach dem Zyklon-Sturm, Getriebeschaden nach 6 Std. extremer Offroadfahrt.
Zweite Tour, zwei Wochen nach dem Zyklon-Sturm, Getriebeschaden nach 6 Std. extremer Offroadfahrt.
Auf dem Weg von Dhukur Phokari nach Pisang auf 3.100 m.
Auf dem Weg von Dhukur Phokari nach Pisang auf 3.100 m.

Am ersten Tag unserer Reise durchquerten wir subtropische Flora und Fauna mit Aussicht auf den 8.125 m hohen Manaslu. Mehr und mehr verwandelte sich die Landschaft in eine alpine Umgebung. Auch die Kultur änderte sich: In Besisahar noch von hinduistischer Kultur und Lebensweise umgeben, fanden wir uns nach drei Tagen auf dem Rad, einigen Höhenmetern und überquerten Bergstürzen höher und weiter, inmitten des tibetisch-buddhistischen Kulturkreises wieder.

Dorfbewohner mit Gebetsmühle beim aufwärmen in der Sonne, Dorf Pisang 3.200 m.
Dorfbewohner mit Gebetsmühle beim aufwärmen in der Sonne, Dorf Pisang 3.200 m.

Schließlich erreichten wir unsere Lodge in Pisang auf 3.200 m mit direkter Aussicht auf den Himalaya-Riesen Annapurna II (7.937 m). Nach unserem Besuch der Abend-Pucha (Abendandacht) im tibetisch-buddhistischen Tempel fing es am frühen Abend an zu regnen, nach Sonnenuntergang ging der Regen in Schneefall über. Noch wussten wir nicht, dass dies der Anfang vom Ende unser Bike-Tour werden sollte, denn der einsetzende Schneefall war der Beginn des Zyklons Hudhud, der die Annapurna-Region hart treffen sollte.

Warten auf Abendbrot in Manang, Mountain Lake Lodge, 3.540 m. (V. l. n. r. ) Kent, Taner, Stanley.
Warten auf Abendbrot in Manang, Mountain Lake Lodge, 3.540 m. (V. l. n. r. ) Kent, Taner, Stanley.
Erster Tag nach dem Zyklon Hudhud, Locals auf dem Dach beim Schnee schippen. Manang, 3.540 m.
Erster Tag nach dem Zyklon Hudhud, Locals auf dem Dach beim Schnee schippen. Manang, 3.540 m.

Am nächsten Morgen war alles mit ca. 40 cm Schnee bedeckt. Jetzt war Umdenken angesagt, denn ein Weiterkommen mit den Bikes war hier nicht mehr möglich. Wir entschieden uns, trotz des Schnees zu Fuss weiter nach Manang (3.540 m) zu gehen um unseren Zeitplan für die Runde einigermaßen einhalten zu können. Wir ahnten ja nicht, wie es weiter oben aussah! Wir wussten zu diesem Zeitpunkt nicht, dass es ein außergewöhnlich starker Zyklon-Sturm gewesen war und die Region seit mehr als 20 Jahren keinen so starken Schneefall zu dieser Jahreszeit gesehen hatte. Wir ließen die Bikes mit einigen unserer Träger in Pisang und machten uns bei Schneefall auf den Weg. Angekommen in Manang (3.540 m) erreichte uns die Nachricht, dass einige Trekker auf dem Thorong La-Pass und anderen Orten der Region, welche wir in einigen Tagen mit unseren Rädern überqueren wollten, wahrscheinlich in Lawinen umgekommen waren. Nach zwei Tagen hörte es zwar auch in Manang wieder auf zu schneien, allerdings wussten wir jetzt was geschehen war und auch, dass ein Weiterkommen weder mit den Bikes noch zu Fuss möglich war! Etliche Trekker und auch einige andere Biker waren von den Schneemassen eingeschlossen und die wenigen Lodges mit Gästen und deren Guides und Trägern überfüllt.

Akklimatisierungstour auf den Chongkar View Point auf 3.900 m.
Akklimatisierungstour auf den Chongkar View Point auf 3.900 m.
Abfahrt runter nach Manang auf 3.850 m, im Hintergrund Annapurna III.
Abfahrt runter nach Manang auf 3.850 m, im Hintergrund Annapurna III.

Somit war die erste Tour in diesem Herbst wortwörtlich in den Schnee gefallen. Sofern es möglich war, machten wir einige Trekking-Ausflüge anstatt zu biken. Wir warteten ab, bis alle Lawinen heruntergekommen waren um dann zu Fuß auf der gleichen Route unseren Abstieg zu beginnen. Schließlich schafften wir es zurück zu unseren Ausgangspunkt Besisahar. Etwas bedrückt über die Geschehnisse aber auch sehr froh darüber, nicht noch höher auf der Annapurna-Runde oder am Thorong La-Pass während des Zyklon-Sturms Hudhud gewesen zu sein, machten wir uns auf den Weg nach Pokhara um nach der anstrengenden Stapferei durch den Schnee etwas zu relaxen.

Stanley nach dem Dorf Tanki.
Stanley nach dem Dorf Tanki.

Nachdem meine Gäste nach einigen entspannten Tagen in Pokhara und Kathmandu sich Ende Oktober wieder auf den Rückweg nach Deutschland machten, trafen auch schon meine neuen Gäste aus Thailand und Malaysien für die 2. Tour auf der Annapurna-Runde ein. Wieder einmal machten wir uns auf den Weg von Kathmandu nach Besisahar.

Trail nach dem Dorf Gunsang (3.900 m) mit atemberaubender Aussicht auf Annapurna III und Gangapurna, beide ca. 7.500 m.
Trail nach dem Dorf Gunsang (3.900 m) mit atemberaubender Aussicht auf Annapurna III und Gangapurna, beide ca. 7.500 m.

Inzwischen war bekannt geworden, dass der Zyklon Hudhud Dutzenden von Trekkern im Annapurna-Gebiet das Leben gekostet hatte. Das lag zwar erst 2,5 Wochen zurück, aber der Thorong La-Pass (5.416 m) war, obwohl mit Schnee bedeckt, passierbar und wieder freigegeben.
Da meine asiatischen Gäste einige Tage weniger Zeit für die Tour hatten, war der Plan von Besisahar (1.000 m, normalerweise Beginn der Tour) mit dem Jeep in zehn abenteuerlichen Stunden bis nach Chame (2.650 m) zu fahren und unsere Tour mit den Bikes dort zu starten.

Taner auf Hängebrücke, gefolgt von Transportpferden und -maultieren im Thorong-Khali-Tal kurz vor der nächsten Lodge in Yak Kharka,  4.050 m.
Taner auf Hängebrücke, gefolgt von Transportpferden und -maultieren im Thorong-Khali-Tal kurz vor der nächsten Lodge in Yak Kharka, 4.050 m.

Dort nahmen wir mit Freuden war, dass zumindest die nicht schattigen Teile der Trails schneefrei waren und wir auf unseren Bikes von Chame nach Pisang und danach nach Manang fahren konnten. Bisher war es gut gelaufen und meine Gäste fühlten sich fit auf dem Bike. In Manang (3.540 m) mussten wir 2–3 Tage verbringen um uns für den weiteren Aufstieg zu akklimatisieren. Hier machten wir Akklimatisierungs-Tagestouren bis auf über 4.000 m und genossen die Aussicht auf die schneebedeckten Himalaya-Riesen Annapurna III (7.550 m), Gangapurna (7.450 m) und etliche andere Gipfel in der Umgebung.

 Stanley besorgt leckere Äpfel vom kleinen Teashop kurz vor Thorong Pedi auf 4.400 m.
Stanley besorgt leckere Äpfel vom kleinen Teashop kurz vor Thorong Pedi auf 4.400 m.
1.200 m Abfahrt auf den Singletrails des mystischen Lupra Tals.
1.200 m Abfahrt auf den Singletrails des mystischen Lupra Tals.

Am dritten Morgen in Manang sollte es auf den Bikes weiter nach Yak-Kharka (4.150 m) gehen. Doch meinem Gast aus Thailand (Kent) ging es schlecht und zeigte leichte Symptome einer Höhenkrankheit. Wir entschlossen uns, einen weiteren Tag in Manang zu bleiben. Ich brachte Kent zu der kleinen Praxis von der Himalayan Rescue Association, die während der Hauptsaison von Oktober bis Ende November mit einem kleinen Team ausländischer Ärzte besetzt ist und Trekker und Locals mit Höhenkrankheit und anderen Problemen behandelt. Die Diagnose kam schnell und traf Kent hart, er hatte nur 60 % Sauerstoffgehalt im Blut. Nach 3 Tagen guter Akklimatisation auf dieser Höhe sollte der aber mindestens bei ca. 75–80 % liegen. Des weiteren wurde ein leichtes Lungenödem diagnostiziert. Somit war die Tour für Kent gelaufen, ich organisierte umgehend einen Hubschrauber und ließ ihn mit einem meiner nepalesischen Co-Guides nach Kathmandu ins Krankenhaus ausfliegen.

Das war die zweite Überraschung auf der diesjährigen Tour nach dem heftigen Zyklon.

Kents Abtransport mit dem Helikopter nach Kathmandu nach extrem niedrigem Sauerstoffgehalt im Blut sowie Symptomen der Höhenkrankheit.
Kents Abtransport mit dem Helikopter nach Kathmandu nach extrem niedrigem Sauerstoffgehalt im Blut sowie Symptomen der Höhenkrankheit.
1.700 m Downhill vom Pass runter zum heiligen Ort Muktinath, links im Hintergrund das Bergmassiv des 8.000ers Dhaulagiri.
1.700 m Downhill vom Pass runter zum heiligen Ort Muktinath, links im Hintergrund das Bergmassiv des 8.000ers Dhaulagiri.
Nach ca. 8 h Schneestapferei und Tragen auf dem schneebedeckten Thorong-La-Pass auf 5.250 m (links der 6.140 m hohe Thorong Peak).
Nach ca. 8 h Schneestapferei und Tragen auf dem schneebedeckten Thorong-La-Pass auf 5.250 m (links der 6.140 m hohe Thorong Peak).
Stefan am Tag des Sturms am Eingang des Dorfes Manang, die Bikes mussten wir in Pisang zurücklassen.
Stefan am Tag des Sturms am Eingang des Dorfes Manang, die Bikes mussten wir in Pisang zurücklassen.
1.700 m Downhill vom Pass runter zum heiligen Ort Muktinath mit Ausblick auf das alte Königreich Mustang.
1.700 m Downhill vom Pass runter zum heiligen Ort Muktinath mit Ausblick auf das alte Königreich Mustang.

Da Stanley, mein Gast aus Kuala Lumpur, sich topfit fühlte, machten wir uns am nächsten Morgen bei Sonnenschein auf nach Yak-Kharka (4.150 m) um von dort aus am darauf folgenden Tag nach Thorong Pedi (4.550 m) zu biken. Dies ist der Ort, von dem aus man am nächsten Morgen um ca. 03:00 Uhr mit dem Bike auf dem Rücken auf zum Thorong-High-Camp (4.950 m) wandert und nach einer Teepause auf dem Bike in ca. acht Stunden bis zum höchsten Punkt der Tour und des Thorong-La-Passes auf 5.416 m fährt – normalerweise. Wir wussten allerdings schon beim Aufstieg von Thorong Pedi zum High Camp, dass der Pass knietief mit Schnee vom Sturm Hudhud bedeckt war. Somit waren acht Stunden Bike schultern angesagt, nur wenige Passagen waren auf dem Schnee fahrbar. Wir hatten trotzdem unseren Spaß! Nach Stunden erreichten wir endlich Muktinath (3.800 m) im alten Königreich Mustang, von wo aus wir ca. 40 % im gut fahrbaren Schnee abfuhren. Als wir unsere Lodge für die Nacht betraten, waren wir überglücklich und nach einer warmen Dusche nach diesem langen Tag war uns das Grinsen nicht mehr zu nehmen.

Geschafft! Auf dem höchsten Punkt des Thorong La, 5.416 m (Stanley, Sherpa Piruj und Taner).
Geschafft! Auf dem höchsten Punkt des Thorong La, 5.416 m (Stanley, Sherpa Piruj und Taner).
Im Flussbett des Panda Khola vor dem Dorf Lupra, wo immer noch die Bön-Religion praktiziert wird.
Im Flussbett des Panda Khola vor dem Dorf Lupra, wo immer noch die Bön-Religion praktiziert wird.

Der folgende Tag bescherte uns eine tolle Abfahrt mit den besten Trails der ganzen Runde. Nach einem kleinen Aufstieg auf 4.000 m genossen wir die lange Abfahrt durch das Lupra-Tal mit seinen Sandsteinformationen nach Jomsom (2.700 m). Während der Fahrt mussten wir immer wieder anhalten um die Aussicht auf den 8.000er Dhaulaghiri sowie weitere Eisriesen und das mystisch anmutende, steppenartige Mustang Valley zu genießen. Auf Wunsch meines Gastes, der die Tour schon als Trekker ein Jahr zuvor absolvierte, buchten wir einen Bergflug mit einer kleinen Propellermaschine von Jomsom (2.700 m) nach Pokhara (860 m) und ersparten uns einen weiteren Tag Biken auf einem sehr staubigen Doubletrack-Trail mit vielen vorbeifahrenden Jeeps und Bussen. In Pokhara angekommen, erhielten wir auch die Nachricht, dass unser Freund Kent das Krankenhaus in Kathmandu nach 2 Tagen Aufenthalt wieder verlassen durfte und bereits in Bangkok war.
Somit ging eine weitere abenteuerliche Bike-Tour auf der Annapurna-Tour zu Ende.

Nach einigen erholsamen Tagen in Pokhara und Kathmandu startete ich dann meine letzte Tour mit vier Gästen aus Deutschland, die zum Glück ohne große Vorkommnisse verlief. Somit lagen wieder zwei spannende und erlebnisreiche Monate in Nepal hinter mir, die Herbstsaison war vorbei und ich konnte mich wieder auf den Weg zurück nach Bangkok machen.

Mehr Informationen auf www.facebook.com/looseriders und www.asiaguideadventures.com

Text & Fotos:Taner Yalcin, asiaguideadventures.com


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