Zwei Vertreter des Lindauer Mountainbike-Teams toMotion Racing by black tusk stellten sich Anfang August 2014 einer besonderen Herausforderung: einer Abfahrt mit dem Mountainbike vom 3610 Meter hohen Barrhorn im schweizerischen Wallis. Andrea Potratz ist Chef-trainerin von toMotion Racing und als Geschäftsführerin des Lindauer Trainings- und Gesundheits-Spezialisten toMotion GmbH auch höchstpersönlich verantwortlich für die von toMotion angebotenen Fahrtechnik-Kurse. Das Barrhorn verlangte ihr und ihrem Begleiter Roland Ast in dieser Hinsicht alles ab… Ein Bericht von Roland über ein besonderes Bike-Abenteuer.

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Die Anfahrt nach Turtmann im Wallis verläuft unspektakulär, die Auffahrt mit der Bahn nach Oberems auch. Nur die Weiterfahrt mit dem Bus bis zum Talschluss funktioniert nicht, weil Fahrradtransport nicht möglich (bzw. nicht gewollt?) ist. Also neben den geplanten 700 Höhenmetern auf die Hütte noch zusätzliche 600 hm, die nicht einkalkuliert waren. Die letzten 300 hm auf die Hütte ist dann Schieben bzw. Tragen der Bikes angesagt. Eine kleine Eingewöhnung für den nächsten Tag. Auf dem Weg zur Hütte regnet es noch etwas, später klart es auf. Als es dunkel wird, sind kaum noch Wolken am Himmel. Unser Timing für diese stark wetterabhängige Tour scheint zu passen.

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Die Nacht im Hüttenlager ist besser als gedacht: keiner schnarcht! Am Montag, den 4. August stehen wir um 5 Uhr auf, frühstücken, treten vor die Hütte, spüren die morgendliche Kälte – und los geht’s! Das Bike muss nun über 1100 hm geschoben und getragen werden, aber das wussten wir ja vorher. Eine kurze „Kletterpassage“ zu Beginn des Aufstiegs, mit Drahtseil gesichert, stellt uns vor keine Probleme, auch später im Abstieg nicht.

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Da es unter der Woche ist, sind nur wenig Leute unterwegs. Die wenigen überhole ich. Nach 3:50h bin ich als erster oben auf dem Gipfel und allein. Puuuuuuh, was für ein geniales Gefühl! Grandios! Ich springe noch einmal 150 m runter und übernehme Andreas Bike. Sie hat die ganze Tour schon die schwere Fotoausrüstung im Rucksack und so kann ich von der damit verbundenen Mehrbelastung wieder etwas gut machen. Team eben! Das Gipfelerlebnis und die atemberaubende Aussicht genießen wir etwa eine 3⁄4 Stunde. Dann bereiten wir uns auf das vor, worum es uns im Grunde geht: Die Abfahrt! Mit dem Bike direkt vom Gipfel eines so hohen Berges losrollen zu können, ist etwas ganz Besonderes und wird es wohl für mich auch immer bleiben.

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Die Sekunden vor dem Start sind höchste Konzentration, die Nervosität unter Kontrolle bringen, dann die ersten Meter, die so wichtig sind für die Selbstsicherheit… Dann folgen schwere und ganz schwere Abschnitte, denen die absolute Höhe, in der wir sie bewältigen, das Merkmal „absolut außergewöhnlich“ geben. Schotter, Schnee, Slick Rock, verblockte Abschnitte, schwierige Linienwahl – alles dabei! Ja, ich bin immer noch ordentlich euphorisiert! Insgesamt war die Abfahrt hart, anstrengend und das mehr oder weniger durchgängig über 1.100 hm.

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Zurück an der Hütte spüre ich jeden Muskel und jeden Knochen. Pause! Bis ganz ins Tal sind es noch einmal 1.900 hm Abfahrt, davon ca. 1.500 hm auf Trails, die weiterhin reichlich Arbeit bedeuten. Erst gegen Ende wird der Trail flüssiger. Unmittelbar bevor wir wieder unten im Wallis ankommen, stellt sich uns noch einmal eine sehr steile, felsige, mit hohen Stufen durchsetzte, ausgesetzte und deshalb mit Drahtseil gesicherte Passage in den Weg. Sch… drauf, das muss gehen – und es geht! Meine persönliche Highlight-Stelle. 30 Sekunden später sind wir am Auto und zwar richtig platt.

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Mein persönliches Resümee der Barrhorn-Tour: Alle Knochen sind noch gerade, eindrückliche Erlebnisse, die ich mit nach Hause bringe und die noch sehr lange nachschwingen werden. Das Barrhorn selber besteht aufwärts ausschließlich aus Schieben/Tragen, abwärts aus viel Kampf mit technisch beeindruckend schweren Abschnitten im mittleren Teil, reichlich steilem Schotter im oberen Teil und (halbwegs) vernünftig fahrbarem, da flacherem Schotter im unteren Teil. Alles in allem für mich 90 % fahrbar. Wer dort mit dem Bike hinauf und hinunter will, muss wissen, worauf er sich einlässt!

Text: Roland Ast | Bilder: Andrea Potratz


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