Eigentlich herrschen in Peru beste Enduro-Bedingungen, schließlich sind die Anden die längste Gebirgskette der Welt. Dennoch fand dort erst letztes Jahr das erste Enduro-Rennen statt. Es scheint, als wären die peruanischen Andentrails Südamerikas bestgehütetste Geheimnis, der geheimste aller Geheimtipps und nur wenigen Insidern bekannt. Alejandro Paz, peruanischer Downhillmeister und einer ebendieser Insider, nahm uns mit auf eine Entdeckungstour.

IMG_3325
Wenn ihr in Peru biken wollt, ist das euer Mann!
IMG_3258

Alejandro Paz: Der Typ aus dem Video.

Mit dem Ziel, sich seinen Traum vom eigenen Mountainbike zu finanzieren, startete Alejandro bereits im Alter von 15 Jahren sein eigenes, kleines Business: Per Fahrrad fuhr er selbstgebackene Cookies aus und sicherte sich dank der Express-Lieferung den Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu Fuß. Vermutlich ahnte damals noch keiner seiner Kunden, dass der junge Keksverkäufer eines Tages ein Downhillprofi werden sollte. Mittlerweile hält er den peruanischen Meistertitel schon acht Jahre und macht sich langsam aber sicher auch international einen Namen, vor allem durch ein YouTube-Video mit über vier Millionen Aufrufen. Inzwischen mit Sponsoring von Santa Cruz, ist es immer noch seine Leidenschaft für Natur und Abenteuer, die ihn am meisten antreibt. Alejandro ist der festen Überzeugung, dass Peru das Zeug dazu hat, zu einer DER Enduro-Destinationen weltweit aufzusteigen.

IMG_3225
Man sollte immer auch die lokalen Speisen versuchen, wenn man reist.
IMG_3273

One-Way Tickets ins Paradies für Biker

Cusco, Peru, sechs Uhr in der Früh. Nach einem kurzen Flug aus der Hauptstadt landen wir in der Inkastadt Cusco. Unser Freund und Local, der Fotograf Diego Del Rio, empfängt uns mit guter Laune und Coca-Tee gegen die Höhenkrankheit am Flughafen (3.390 m Höhe fühlen sich gerne mal wie ein nicht enden wollender Kater an!). Alejandro schlägt zunächst ein Morgensnack vor: „Wenn ihr einen Einblick in das Alltagsleben der Einheimischen haben wollt, ist der San-Pedro-Markt der perfekte Platz für ein Frühstück. Frische Säfte und lokale Spezialitäten wie Maca und Kiwicha geben Power für den Bike-Tag!“ Gesagt, getan!

IMG_3295 IMG_3307

Zurück im Pickup verlassen wir die Stadt durch San Jeromino und fahren Richtung Südwesten nach Paruro. Je höher sich die Straße in die Berge windet, desto kälter wird es. Nach 40 Minuten Fahrt kommen wir am Abra-Occoruro-Pass an. Der Trail, der hier auf uns wartet heißt „The Milky Way“ – die Milchstraße. Und tatsächlich: Mit dem Start auf 4.080 m Höhe wirkt er tatsächlich wie die Grenze zwischen Erde und Weltraum.

„Der Mai läutet das Ende der Regenzeit ein. Mit anderen Worten: optimale Bedingungen für perfekten Grip und fantastische Landschaften!“ erzählt Alejandro während er sein Santa Cruz 5010 startklar macht. Mit seinem Downhill-Background bevorzugt er ein eher straffes Setup und hat sein Bike mit dicken Dual-Ply-Reifen aufgebaut.

IMG_1848
Der Pickup braucht 40 Minuten bis zum Trail
IMG_1858
IMG_2056.bn
“Man fühlt sich, als stände man auf der Spitze der Welt”

Der Trail startet zum Aufwärmen mit einer kurzen Tretpassage, die uns auf eine offene Hochebene mit atemberaubender Rundumsicht auf einige der „Apus“ führt – heilige Berge, die von den Einheimischen verehrt werden. Direkt danach geht es über einen spaßigen Singletrail so voller natürlicher Sprünge, dass man meinen könnte, man sei in einem gebauten Bikepark unterwegs.

IMG_2038
IMG_1987
Über der Baumgrenze sind spektakuläre Aussichten garantiert
IMG_2117

Nach diesem Flow-Fest geht es – zunächst über felsigen Grund, dann durch hoch gewachsenes „Ichu“, auch als Federgras bekannt – eine Zeit lang stetig berauf. Alejandro, ganz der Downhiller, pedaliert im Stehen und freut sich über die guten Klettereigenschaften des Santa Cruz 5010. Oben angekommen, geht der Trail in eine technische Abfahrt über: Lose Steine, Felsrinnen und zahlreiche kleinere Drops reihen sich aneinander und münden in einer Reihe steiler Spitzkehren. Je weiter wir uns dem Talboden nähern, desto grüner wird die Landschaft um uns herum. Der Trail wird breiter und führt uns an einer Schafherde vorbei. Die sie hütenden Kinder rennen uns jubelnd hinterher und feuern uns für den Rest der Abfahrt an: Über eine große Schotterpiste schießen wir ins Tal, fast an jeder Kurve bietet sich die Gelegenheit, Wallrides zu üben.

IMG_2405 IMG_2149

Nach 600 Höhenmetern und 40 Minuten Abfahrt machen wir uns bereit für einen kleine Stretching-Einheit: Die Mandala-Yoga-Anlage in Arin, einer kleinen Stadt im Herzen des heiligen Tals, gehört zu Alejandros Lieblingsplätzen.

IMG_2266
Exposed races faces make for fun wallride practice!

Für uns ist es jetzt Zeit für ein wohlverdientes, kühles Bier, doch Alejandro hat andere Pläne und will weiterbiken. Es scheint, als hätte er die soziale Seite des Endurosports abseits des Trails noch nicht für sich entdeckt – kein Wunder bei der schieren Masse an Trails in der Region. Eins ist jedenfalls sicher: Das wird nicht unser letztes Abenteuer in den Bergen Perus gewesen sein!

IMG_2435 IMG_2465

Nicht verpassen: Machu Picchu, eine der bedeutendsten Ausgrabungsstätten der Welt

Beste Reisezeit Die Trockenzeit ist von Mai bis Oktober

Geführte Touren: Fahrt mit den Locals! Find Alejandro at alejandropazmtb@gmail.com or
www.facebook.com/pazdownhill

Text: Diana Samardzich / Aaron Steinke Photos: Diego Del Rio


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als ENDURO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die Mountainbike-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!

Über den Autor

Aaron Steinke

Aaron war der erste Mitarbeiter unseres Unternehmens, hat es tatkräftig mit aufgebaut und dabei den Auftritt und die Ausrichtung unserer Magazine maßgeblich mitgeprägt. Seit Mitte 2020 verfolgt er eigene Projekte, berät und unterstützt uns aber weiterhin bei Marketing- und Technik-Themen. Viele Jahre lang konnte man Aaron vor allem auf spaßorientierten Enduro-Rennen finden, in letzter Zeit auch vermehrt auf dem Rennrad – es lebe die Freiheit auf zwei Rädern!