Endlich seid ihr den Gap gesprungen, völlig euphorisiert tauscht ihr High-Fives mit euren Kumpels aus. „Ja Mann“, ruft einer, „ich hab das Foto!“ Freudestrahlend blickt ihr auf das Handy und seht nichts als verschwommene Schlieren, die durch die Luft fliegen – ein Bild, das aussieht, als sei es mit einer Kartoffel aufgenommen. Hier kommt der ENDURO-Guide für bessere Aufnahmen mit einem ganz gewöhnlichen Smartphone!

Mountainbiken gehört zu den Sportarten, die am schwierigsten zu fotografieren sind. Aufnahmen von sich schnell bewegenden Objekten in dunklen Wäldern sind kein Kinderspiel für hochwertige Kameras, von Smartphones ganz zu schweigen. Natürlich machen wir beim ENDURO Magazine die Fotos für unsere Artikel nicht mit Smartphones, und natürlich gibt es beim Gebrauch derselben massive Einschränkungen. Doch wenn man sich ein wenig Mühe gibt und ein paar Tricks kennt, kann man erstaunlich gute Shots von den Bike-Buddys zustande bringen.

Natürlich ist es mit einer Spiegelreflex einfacher, gute Fotos zu machen. Doch oft ist die beste Kamera die, die man gerade dabei hat: das eigene Smartphone.
Natürlich ist es mit einer Spiegelreflex einfacher, gute Fotos zu machen. Doch oft ist die beste Kamera die, die man gerade dabei hat: das eigene Smartphone.

Komposition

Eine der einfachsten, aber wichtigsten Techniken in der Fotografie ist die Bildkomposition, im Wesentlichen also, wie man das Bild „aufbaut“. Man macht es sich ja gerne einfach, indem man den Bildausschnitt so wählt, dass der Fahrer in der Mitte ist, und dann einfach drauf los knipst. Doch durch die richtige Komposition werden sich eure Bilder dramatisch verbessern. Das fängt damit an, wo ihr das Objekt im Verhältnis zur Kamera platziert. Seit den Anfängen der Fotografie ist eine Methode, um dem Betrachter mehr Aufmerksamkeit abzuringen, die Verwendung der Drittel-Regel. Sie besagt, dass sich der Fahrer in eurem Bild ganz grob im Verhältnis von einem Drittel zum Rest von zwei Dritteln befinden sollte (siehe Bild). Ihr könnt an eurer Kamera ein Raster aktivieren, das die Positionierung noch einfacher macht. Probiert es aus, ihr werdet sehen, wie es die Gesamtwirkung eurer Bilder verbessert.

Wenn ihr die entscheidenden Elemente an den Schnittpunkten der Linien (Drittel) oder in deren Nähe platziert, wirkt das Bild ausgewogen und interessant.
Wenn ihr die entscheidenden Elemente an den Schnittpunkten der Linien (Drittel) oder in deren Nähe platziert, wirkt das Bild ausgewogen und interessant.

Wieso sind meine Fotos so verschwommen?

Dieses Problem ist ziemlich verbreitet bei Leuten, die im Wald mit Smartphones fotografieren. Warum ist der Fahrer immer so unscharf? Das liegt einfach nur am mangelnden Licht zwischen den Bäumen. Wenn die Lichtmenge für die Kamera nicht ausreicht, muss der Verschluss länger offen bleiben, um mehr Licht hineinzulassen. Weil sich die Fahrer aber schnell bewegen, verändert sich während der Belichtungszeit ihre Position, und das führt zum Verschwimmen. Doch es gibt eine clevere Lösung: Probiert’s mal mit Mitziehen.

Wie oft habt ihr so was schon gesehen? Alles ist scharf, nur der Fahrer ist verschwommen. Der Grund: Die Verschlusszeit ist zu lang.
Wie oft habt ihr so was schon gesehen? Alles ist scharf, nur der Fahrer ist verschwommen. Der Grund: Die Verschlusszeit ist zu lang.
Wenn ihr aber das Smartphone mit dem Fahrer mitzieht, wird das Bild schärfer und dynamischer.
Wenn ihr aber das Smartphone mit dem Fahrer mitzieht, wird das Bild schärfer und dynamischer.

Wer mitzieht, gewinnt

Wenn der actionreiche Teil eurer Fotos immer wieder unscharf ist, solltet ihr euch mit einer altbewährten Methode vertraut machen, die besonders Sport- und Actionfotografen verwenden, das „Mitziehen“. Anstatt eure Kamera statisch zu halten, folgt ihr damit der Bewegung und bringt so Dynamik in die Aufnahme. In diesem Beispiel folgt ihr mit dem Smartphone der Bewegung des Fahrers, während dieser auf den Sprung zu fährt. Währenddessen macht ihr immer weiter Fotos, wobei ihr die Kamera gleichmäßig parallel zur Bewegung mitzieht. Diese Methode erfordert etwas Übung und man kann auch daneben liegen (der Serienbild-Modus hilft hier immens), doch bald werdet ihr in der Lage sein, euch an die Geschwindigkeit anzupassen: Dann ist der Fahrer scharf, der Hintergrund dagegen verschwommen. Dieser Kniff verleiht euren Bildern auch mehr Bewegung, sie wirken dynamischer und spannender.

Wenn ihr den Dreh raushabt, könnt ihr durch Mitziehen dynamischere Smartphone-Fotos machen.
Wenn ihr den Dreh raushabt, könnt ihr durch Mitziehen dynamischere Smartphone-Fotos machen.

Werdet kreativ

Das ist der Teil, der eure Fotos wirklich zu etwas Besonderem macht und der sie von gewöhnlichen in eindrucksvolle Bilder verwandelt. Macht euch Gedanken über den Betrachtungswinkel und die Höhe, aus der ihr die Fotos macht. In neun von zehn Fällen werden Fotos aus Brusthöhe geschossen – den Resultaten fehlt es an Dynamik. Wenn ihr das zentrale Motiv von unten fotografiert, sieht es imposant aus, Aufnahmen von oben wirken oft grafischer. Eine andere Möglichkeit, euren Fotos eine zusätzliche Dimension zu verleihen, bietet der Vordergrund, z. B. Steine oder Blumen. So bekommen eure Bilder Tiefe und Struktur.

Seid kreativ mit den Perspektiven – bewegt euch, und nutzt die Umgebung, um der Action einen Rahmen zu geben.
Seid kreativ mit den Perspektiven – bewegt euch, und nutzt die Umgebung, um der Action einen Rahmen zu geben.
Haltet Ausschau nach starken Führungslinien, die den Betrachter in das Bild hineinziehen.
Haltet Ausschau nach starken Führungslinien, die den Betrachter in das Bild hineinziehen.

Traut euch, ab und zu die Regeln zu brechen. Manchmal macht sich das Objekt gut in der Mitte des Bildes.
Traut euch, ab und zu die Regeln zu brechen. Manchmal macht sich das Objekt gut in der Mitte des Bildes.

Lernt euer Smartphone kennen

Wer die Grundeinstellungen der Smartphone-Kamera kennt und noch die eine oder andere zusätzliche App verwendet, kann mehr aus den eigenen Fotos rausholen. Unser erster Tipp: Aktiviert den HDR-Auto-Modus, der euren Bildern mehr Kontrastumfang verleiht und so für mehr Details in den sehr hellen und sehr dunklen Bereichen des Bildes sorgt. Mit der Serienbild-Funktion könnt ihr eine ganze Reihe von Aufnahmen direkt nacheinander machen. Dadurch wird es viel leichter, exakt den richtigen Moment zu erwischen. Lasst bei der Handykamera die Finger vom Zoom, denn es handelt sich um einen Digitalzoom, der lediglich den Bildausschnitt vergrößert und so die Qualität verschlechtert. Wenn ihr euch in die Materie vertiefen wollt, steht euch eine Vielzahl an Apps zur Verfügung. Mit Manual habt ihr z. B. mehr Kontrolle über Verschlusszeit, Blendenöffnung und Belichtung. In Sachen Nachbearbeitung gibt es natürlich die klassischen Instagram-Filter. Wer sich mehr Kontrolle wünscht, sollte sich mit Bildbearbeitungs-Apps wie VSCO auseinandersetzen, mit denen man Farben, Kontrast, Belichtung und vieles mehr bearbeiten kann. Und natürlich liefern sie auch ein paar fertige Filter. Seid kreativ, probiert euch aus!

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Mit ein bisschen Bildbearbeitung per App könnt ihr viel erreichen. Aber lasst euch bloß nicht dazu hinreißen, alle Slider bis zum Ende auszureizen!

Die Kameras an modernen Smartphones werden immer besser und mit etwas Kreativität und einigen der großartigen Apps, die auf dem Markt sind, könnt ihr damit schon jetzt fantastische Fotos vom Biken machen. Die beste Kamera ist ohnehin die, die man dabei hat, und es war nie einfacher, richtig gute Fotos zu machen. Also los, geht raus, schießt drauf los – und schickt uns eure besten Bilder!


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Text: Trev Worsey und Ross Bell Fotos: Trev Worsey, Ross Bell, Noah Haxel und Moritz Ditmar