Ausgefeilte Trainingsintervalle, durchgerechnete Ernährungspläne, penibles Biketuning und ein prall gefüllter Rennkalender – die Grundsteine für viele erfolgreiche Enduro-Racer sind mittlerweile identisch mit denen einer jeglichen anderen Disziplin. Austauschbar, monoton und zielgerichtet. Ehrgeizige Ziele erreicht man nun mal (meist nur) durch Arbeit. Das ist gut für diejenigen, die es wollen. Für alle anderen stellt sich da die Frage: Wo bleibt da der Spaß? Wo ist die gesellige Biker-Gemeinschaft auf und abseits der Strecke, als Flucht aus dem monotonen Alltag?

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Ein Trip nach Fruita, Colorado, sollte uns zeigen, dass es sie noch gibt, und dass man hier auf etwas Längerfristiges baut, als eine Zeit und ein Ergebnis – nämlich Freunde und Freundschaft! Ok, Bier, Abenteuer und Freiheit natürlich auch!

Nach dem SRAM Trailhouse Event in Moab (Utah) hatte ich noch ein paar Tage in den USA dran gehängt, um mich mit unserem US-Redakteur Daniel Dunn bei ihm in Breckenridge (Colorado) zu treffen und die Strategien für diese Saison durchzugehen. Das haben wir auch gemacht, doch den ursprünglich geplanten Roadtrip durch Colorado konnten wir nicht gemeinsam antreten, da Daniel kurzfristig Anderem nachgehen und im verschneiten Winterskigebiet Breckenridge bleiben musste.

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Was also tun? Daniel ließ seine Social-Media-Kontakte spielen und ehe ich mich versah, chattete ich mit einer hübschen jungen blonden Dame, die mit ihren Freunden bereits im vier Stunden entfernten Trailparadies Fruita zugegen war. Yeti-Ambassador, Patagonia-Mitarbeiterin und einfach nur eines: Saucool!

Also rein in den frischen Mietwagen und nichts wie raus aus dem kalten Winter von Breckenridge. Vier Stunden Autofahrt prophezeite mir das Navi, doch bereits nach einer halben Stunde stand ich am Vailpass im Stau – auf 3.500 Höhenmetern. Sechs Stunden und einen Fastfood-Drive-Thru später komme ich in Fruita an.

Es war ein ziemliches Gegurke durch die weitgezogene Stadt, bis ich endlich über die 17 1/2 Road zur 18 Road gelangte. Ab hier beginnt der Spaß! Der 6-Liter-Motor grölt auf, als der “Rental” ganz “gentle” über die Schotterpiste gejagt wird.

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Am späten Nachmittag am vermeintlichen Treffpunkt, dem Campingplatz Nord, angekommen, finde ich zwar die Autos meiner noch unbekannten Freunde, selbige aber nicht. Also packe ich mein Bike aus und gehe die erste Runde allein auf Erkundungstour. Schon nach wenigen Metern merke ich! Fruita ist Flow – kein Vergleich zum ruppigen und anstrengenden Moab. Pumpen, pushen, treten, springen! Die Trails hier machen einfach Laune. Weniger Tiefenmeter, aber mindestens genauso viel Spaß wie in Moab!

Gegen Abend treffe ich dann endlich Liz und ihre wohl gemerkt 15 Kameraden. Dass wir campen würden, erfahre ich erst jetzt. Why not – denke ich mir. Wie kalt die Nacht im Heck meines Geländewagens werden würde – zugefrorene Scheiben inklusive – malte ich mir bei den warmen Tagestemperaturen nicht aus.

Den Abend rundeten wir mit leckerem Barbecue und Bier am Lagerfeuer ab. Tech- bzw. Trailtalk und endloses Philosophieren über das beste Bier der Welt bestimmten den Abend. In Colorado bricht quasi jedes Bier das Reinheitsgebot, die Vielfalt und die Experimentierfreudigkeit der vielen kleinen lokalen Brauereien lässt sich hingegen nicht bestreiten – so sorgt jedes weitere Bier für neue Diskussionen. Ein spontaner Nightride mit geliehenen Lampen sorgte für Extrastimmung. Danach ging es fröhlich und munter am Lagerfeuer weiter. What a cool day!

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Doch es sollte noch besser werden: Punkt 7.00 Uhr, leicht verkatert, aber lebendig, brach der Tag und für uns die erste Bikerunde an. Ein schneller schwarzer Kaffee, und schon konnte es los gehen. Wer dachte, am Abend zuvor wurde bereits gut gefeiert, der kam am Morgen dann gar nicht mehr klar, denn nun hieß es: „Party-Mode on“ — kaum hatte Liz sich ihren “Jammy Pack” umgeschnallt, dröhnten die besten Songs aus dem mit Boxen versehenen Hüftbeutel. „So etwas brauch ich auch!“, schoss es mir durch den Kopf. Mit dem iPhone verbunden bekommt der Begriff Gruppenerlebnis eine ganz neue Bedeutung.

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Nach einem Vormittag voller Abfahrten kehrten wir zum Campingplatz zurück, um einen ausgiebigen Brunch zu starten. Nachos, Schokokuchen, Nüsse, kalte Getränke… Dylan packte gar die Gitarre aus und zeigte die perfekte Symbiose von moderner Welt und alter Tradition! Feinste Country-Klassiker trällerte er auf seiner Akustikgitarre, während er die Noten von seinem iPad ab las. Soweit die Wild-Wild-West-Romantik. Aber was hatte dieser „Urlaub“ nun mit Racing zu tun? Das sollte ich beim Burger-Dinner am selben Abend erfahren.

Ein kühles, tiefschwarzes Bier namens Fortune in der Hand, fragte ich Dylan, woher sich die Gruppe eigentlich kannte – „eigentlich gar nicht“, war die Antwort:

“Das ist erst das zweite Mal, dass ich all diese Leute treffe. Letztes Jahr war ich alleine beim Big Mountain Enduro Series Rennen in Durango und hatte dort auf einer Transferstage eines der Mädels kennen gelernt. So wurde ich – ehe ich mich versah – in die Clique aufgenommen. Das ist das coole am Enduro-Rennen fahren. Eine entspannte Atmosphäre, bei der man coole Leute mit ähnlichen Interessen trifft. Deshalb bin ich so gerne auf diesen Events. Racen macht natürlich Spaß, aber eigentlich geht es mir viel mehr um das gesamte Erlebnis, die Leute und die neuen Freunde, die man macht und trifft. Bei Enduro-Rennen findet man entspannte Leute, die ähnlich ticken wie man selbst, gerne Bier und guten Kaffee trinken, Spaß haben wollen und mit denen man einfach abhängen kann.”

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“Wenn jemand mich mit dem Rennen Fahren stresst, ist mir das egal. Solange ich an einem Wochenende Spaß habe und diese Freude mit Freunden teilen kann, dann habe ich meine Ziele schon erreicht. Dass wir alle aus unterschiedlichsten Teilen Colorados (zum Teil über 800 Kilometer Entfernung!) kommen, macht es um so schöner, wenn man sich gemeinsam an einem Wochenende an einem Ort trifft: zusammen kommen, fahren, lachen, trinken und die Erinnerungen der letzten Saison aufleben lassen und Pläne für die kommende Saison schmieden – das kann was!”

So kehre auch ich nun nach Hause, neue Kumpels und schöne Erinnerungen im Gepäck und um eine Erkenntnis reicher – Rennen fahren verbindet und das ist, was zählt! Bis bald Amigos, man sieht sich, vielleicht schon beim nächsten Rennen!

Text & Bilder: Robin Schmitt


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