Eigentlich hätte dieser Artikel im Mai letzten Jahres geschrieben werden sollen, nach der EWS-Runde in Peebles, Schottland. Stattdessen schrieb ich damals über einen Knochenbruch, über die Enttäuschung, nicht an den Start gehen zu können, und darüber, wie ich wieder auf die Beine, oder eher wieder aufs Bike kam. Ich hatte mir auf recht spektakuläre Weise das Schlüsselbein gebrochen, in drei Teile, am Donnerstag vor dem Rennen, das mein erstes EWS-Rennen hätte werden sollen. Was das Ganze noch schlimmer machte, es passierte nur rund 100 m vom Parkplatz entfernt, etwa 2 Sekunden bevor ich das Training aller acht Stages abgeschlossen hätte. Spulen wir also ein wenig vor, mir wurde eine Titanplatte eingesetzt, ich setzte mich wieder aufs Bike und fuhr wieder Rennen. Ich nach an den restlichen Rennen der UK Gravity Enduro teil, was in etwa meiner gesamten Enduro-Rennkarriere entspricht, und begann, Pläne für 2015 zu schmieden.

Große Pläne allerdings! Sie beinhalten: Reisen, Racen und hoffentlich Abenteuer! Adam, mein Freund, und ich entschieden uns, unsere Jobs an den Nagel zu hängen, das Haus zu verkaufen und den Sommer in Neuseeland zu genießen. Wenn dann auch auf der nördlichen Halbkugel das Wetter besser wird, fliegen wir zurück nach Europa, um auch „zu Hause“ neue Landschaften und Kulturen kennen zu lernen. Um unseren Plänen etwas Struktur zu verleihen – und einfach, weil wir Rennen lieben – beschlossen wir, an so vielen EWS-Runden wie möglich teilzunehmen. Wir wussten, diese Rennen würden großartige Events werden, jedes Einzelne würde nicht nur die Gelegenheit bieten, das Beste kennen zu lernen, was das Mountainbiken in der jeweiligen Region zu bieten hat, sondern auch die Grenzen unserer Fähigkeiten austesten. Es würde nicht leicht werden, aber es ist einfach eine großartige Gelegenheit, andere Länder kennenzulernen und die talentiertesten Fahrer dieses Planeten zu sehen. Das alles in Verbindung mit einem Leben im Van, es klang einfach perfekt für mich. Adam und ich schafften es beide, uns für alle EWS-Rennen zu registrieren, die wir wollten – Neuseeland, Irland, Schottland, Frankreich, Spanien und Italien. Das allein ist schon ein Erfolg! Wer selbst Erfahrungen mit der Online-Registrierung gemacht hat oder jemanden kennt, der darunter zu leiden hatte, weiß, wovon ich rede. Einmal zum falschen Zeitpunkt aktualisiert oder die Maus reagiert vielleicht etwas verzögert und das war’s, keine Chance mehr, reinzukommen.

Different day and another different and stunning lakeside camp spot - here in Craigieburn near Arthurs Pass
Neuer Tag, neuer Schlafplatz – in diesem Fall in Craigieburn in der Nähe von Arthurs Pass.

Die drei Monate vor dem Start der ersten EWS-Runde in Rotorua verbrachten wir auf der neuseeländischen Südinsel. Wir fuhren an der nördlichen Spitze los, entlang der Westküste durch wunderschöne Dörfer am Meer, runter zum MTB-Mekka Queenstown, dann quer durch die faszinierende staubige Wüste von Alexandra nach Dunedin, bevor wir zum Schluss noch Christchurch und Craigieburn besuchten. Mein EWS-Training bestand hauptsächlich aus Fahren, und aus verzweifelten Versuchen, im Zelt genug Schlaf zu bekommen. Camping ist eine schöne Sache, aber suboptimal, wenn man gleichzeitig versucht, fitter zu werden als man es je zuvor war. Als Test für meine Fähigkeiten vor der EWS-Runde nahm ich am Yeti Trans New Zealand teil, einem fünftägigen Enduro-Rennen in der Umgebung von Craigieburn und Queenstown. Obwohl ich oft abends ganz schön lange wach war, um für ENDURO Mountain Bike Magazine über meine Racing-Erlebnisse zu schreiben, fühlte ich mich recht fit und selbstsicher, und somit auch gut gerüstet für die EWS.

Zooming down 'Zoot' track at Coronet Peak, Queenstown
Auf dem ‘Zoot track’ in Coronet Peak, Queenstown

Auf unserer Reise nach Süden trafen wir die wundervollsten und nettesten Biker überhaupt. Natürlich sprachen wir oft über unsere Pläne für das Jahr, und kamen dann auch auf die EWS-Runde in NZ und die Location – den Whakarewarewa Forest in Rotorua. Meine neuen Kiwi-Freunde beschrieben das Gebiet als voll von sanften, flowigen gebauten Trails mit jeder Menge Sprüngen und Anliegern. Sie sprachen öfters mal von ‚mäßiger Steigung‘, und einer sagte auch mal „die sind nicht so fies“. Das war dann wohl auch der Grund, warum ich Rotorua unterschätzte, und an das Rennen mit einer recht sorglosen Einstellung heranging, in der Annahme, die EWS-Chefs würden uns einen sanften Saisonstart ermöglichen. Am Morgen des ersten Trainingstages musste ich einsehen, wie sehr ich mich getäuscht hatte. Der Whakarewarewa Forest war nichts anderes als ein zähnefletschendes Monster voller Steilpisten, schwieriger wurzeliger Kurven, Querhänge und glitschiger Urwaldflora.

Finally arrived at the 'Meg Hut' in the Pisa Range - a long day backcountry ride to get here!
Nach einer ganztägigen Tour durchs Backcountry kamen wir hier endlich an: Meg Hut

Ich hatte das Glück, mich während unseres Aufenthalts auf der Südinsel mit den (relativ) einheimischen EWS-Racern Raewyn und Mark angefreundet zu haben. Wie alle Kiwis, die ich kennengelernt habe, sind die beiden super gastfreundlich und sorgten dafür, dass wir uns in ihrem Haus und in ihrer Heimatstadt wirklich wohlfühlten. Mountainbiker in Neuseeland sind, nicht zu Unrecht, sehr stolz auf die herausragenden Möglichkeiten, die das Land bietet, und zeigen Besuchern nur zu gern die crème de la crème ihrer Trails, immer darauf bedacht, dass man hier jede Menge Spaß hat. Raewyn kannte den Wald in Rotorua wie ihre Westentasche, und wir verbrachten die Tage vor dem Rennen mit den beiden auf den Trails und trainierten. Die EWS-Runde war hier Teil des Crankworx-Events, weshalb eine Menge Leute, die wir unterwegs kennengelernt hatten, auch in der Stadt waren. Es war toll, so viele Menschen zu kennen, sich zu verabreden und zusammen zu biken, man fühlte sich fast ein bisschen wie ein Local, und die wunderbare Urlaubsatmosphäre der letzten Monate blieb uns auch in dieser Woche erhalten.

New friends and new trails! Julia Hobson and I about to take on 'The Edge' in Craigieburn.
Mit neuen Freunden auf neuen Trails! Julia Hobson und Ich, bevor wir ‘The Edge’ in Craigieburn befuhren.

Mein Dauertestbike für ENDURO Mountainbike Magazin ist das Juliana Roubion, ein Rad speziell für Frauen, dass sich auf dem Trail als sehr fähig und zuverlässig zeigt. Ich habe das Bike vor diesem Rennen drei Monate lang intensiv gefahren und auch ein paar Mal gestürzt, aber es hält den Belastungen sehr gut stand. Im Prinzip ist es immer noch so wie es aus der Fabrik kommt, mit Standardausstattung bis auf ein paar persönliche Anpassungen – so habe ich den Lenker ausgetauscht und einen Bashguard montiert. Der ursprüngliche Lenker war mir zu schmal und flach, deshalb hat es jetzt stattdessen einen Deity T-Mo Enduro Carbon-Lenker, und einen Satz breitere Uberbike Griffe, um Handschmerzen vorzubeugen. Ich habe auch eine Mozartt HXR Kettenführung mit Bashguard, zum Schutz des Kettenblatts, und um mir keine Sorgen machen zu müssen, dass die Kette abspringen könnte. Am Renntag musste ich an meinem Bike außer dem üblichen Saubermachen und Kette ölen nichts mehr machen.

Picturesque, snow capped peaks after the previous days miserable rain near Hokitika on the west coast.
Nach Tagen durchgehenden Regens klarte das Wetter auf und gewährte uns einen Blick auf die schneebedeckten Gipfel.

Wie immer gab es viele Entscheidungen zu treffen, was das Set-up angeht. Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass ich hier auf ein paar ganz gute Erfahrungswerte zurückgreifen kann. Um mein Roubion bereit für die EWS-Serie zu machen, montierte ich einen Steuersatz von Works Components mit anpassbarem Lenkwinkel, um diesen um 1.5 Grad flacher zu machen. Die Pedaleffizienz ist unverändert, was super ist, da es hier schließlich um 60-km-Tage auf dem Bike geht, und dazu ist die Abfahrtsperformance jetzt besser, was mich auch selbstsicherer macht. Ansonsten stellt sich natürlich immer die Frage der Reifenwahl. Nach Begutachtung der Strecke, der Bodenbedingungen und der Wettervorhersagen entschied ich mich für einen klobigen, aggressiven Vorderreifen, den Schwalbe Magic Mary, und einen schnell rollenden Hinterreifen, den Crown Gem von Vee Tyre Co. Der geringe Rollwiderstand hinten in Kombination mit den groben Seitenstollen, die in Kurven für Sicherheit und Grip sorgen – eine super Kombi.

New Zealand really is a huge playground.
Im Grunde ist Neuseeland ein riesiger Spielplatz.

Schließlich kam der Tag des Rennens, und nachdem ich das Gelände hier schon etwas kennengelernt hatte, ging ich einigermaßen nervös an den Start. Ich stand neben Fiona Beattie und Julia Hobson, beide auch aus Großbritannien, und fast hätte ich geschafft, mir einzureden, das hier sei auch bloß eins von diesen Rennen zu Hause. Aber als ich mir das restliche Starterfeld so ansah, mit Top-Fahrerinnen aus der ganzen Welt, wurde mir wieder klar, dass dies kein gewöhnliches Enduro-Rennen war. Es war ein tolles Gefühl, Rad an Rad mit den Damen zu stehen, die sowohl für ihren Charakter als auch für ihr Können sehr bewundere. Es erfüllte mich mit Stolz, dass ich mich als Fahrerin soweit entwickelt und solche Fähigkeiten erlangt hatte, dass ich dieselben Trails fahren konnte wie diese Ladies, und es begeisterte mich auch, dass so viele Frauen da waren um dieses Rennen fahren, das Teil der wohl schwierigsten und herausforderndsten Enduro-Serie der Welt ist. An die dreiundsechzig Frauen, die hier teilgenommen haben: ihr rockt!

 Hike a bike mission on Mt Oxford - its all about the downhill!
Hike a bike auf den Mt Oxford – Und danach wieder runter!

Die Startlinie, direkt neben einem aktiven Geysir war irgendwie surreal, etwa einmal pro Stunde brach einer der Geysire aus, und die heftigen Wasser- und Dampferuptionen lenkten meine Gedanken ab von der Intensität des bevorstehenden Rennens. Allerdings nur für eine kurze Zeit, denn als ich die Stufen hinunter und in den Wald hinein fuhr, dachte ich an nichts anderes, als daran, wie ich rechtzeitig zur ersten Stage kommen würde. Ich war noch nie ein Rennen dieses Kalibers gefahren, hatte keine Ahnung, wie knapp die Transfers sein würden, und wie sehr ich mich beeilen müsste, um es zu schaffen. Ich orientierte mich an den anderen, ich sah Fiona vor mir, und es war beruhigend, mit Julia zu fahren. Ich wusste, sie war meist schneller unterwegs als nötig, und wir hatten nun alle in etwa die gleiche Geschwindigkeit – drei Leute zusammen können doch nicht völlig daneben liegen, oder?

One of many photos I have of a group of rad bikers and some awesome scenery!
Eins der vielen Bilder von diesem Trip mit coolen Bikern vor einer tollen Kulisse darauf.

Fünfzehn Minuten vor meiner Startzeit waren wir da, und so dachte ich, wir könnten den nächsten Transfer etwas entspannter angehen. Bis einige der früheren (männlichen) Starter auf dem Weg zur vierten Stage vorbeikamen und uns sagten, dass die Transfers ab hier knapper waren und wir uns nicht zu viel Zeit lassen sollten. Ein Riesendankeschön an diese Jungs, ohne euch wär ich zu spät zur zweiten Stage gekommen. Diese Kameradschaft und Solidarität ist eine Sache, die ich am Endursport liebe. Wenn ihr die Berichterstattung ein bisschen verfolgt habt, dann wisst ihr ja, dass die erste Stage ein einziges fieses Wurzelgeflecht war. Die nassen Wurzeln waren ein Alptraum, was den Grip angeht, und ich verbrachte nicht wenig Zeit auf dem Boden. Um das Ganze noch schlimmer zu machen begann die Stage mit einer sechs, sieben Minuten langen Tretpassage über einen welligen Urwald-Singletrail – die wohl längsten sieben Minuten meines Lebens. Als es dann schließlich abwärts ging, hatte ich mich schon ziemlich verausgabt. Nicht optimal, wenn man versucht, einen der härtesten Trails zu bewältigen, die man je gefahren ist.

Wie bereits angedeutet war der Transfer zu Stage zwei ganz schön knapp, und mit den warnenden Worten noch im Ohr fuhr ich direkt nach dem Ende von Stage eins weiter, immer noch schwer atmend vor Anstrengung, und versuchte, während der Fahrt den Dreck aus meinen Handschuhen und Socken zu kriegen. Julia und ich fuhren zusammen, und entschuldigten uns gegenseitig, dass wir nicht quatschen konnten. Hier fiel mir dann auf, dass ich einen ziemlich dummen Fehler gemacht hatte: ich hatte mir zwar die Zeiten aufs Oberrohr geklebt, zu denen ich an den einzelnen Stages sein musste, aber nicht die Distanzen, die ich bis dahin zurückzulegen hatte. So war mein Garmin praktisch nutzlos. Die Kilometer flogen vorbei, die Minuten auch, und ich war völlig ahnungslos, wie weit ich vom Start der nächsten Stage entfernt war. Ich kam am Start von Stage zwei an und hatte nur wenige Minuten übrig, und weder Zeit noch Lust etwas zu essen. Ich fing an, mir Sorgen zu machen – sieben Stunden und 60 km bei dieser Intensität würde ich niemals durchhalten ohne zu essen! Beim Versuch, völlig aus der Puste einen Energieriegel runterzukriegen, wurde mir aber nur schlecht. Ich war ziemlich kraftlos auf der zweiten Stage, zum Glück war sie kurz und schön, ziemlich trocken und sehr viel weniger technisch als die erste. Sie wand sich zwischen den Bäumen durch und fiel auf nur 1,5 km Länge 180 m ab. Ich war erleichtert, als ich unten ankam. Ich wusste, dass das keine schnelle Zeit gewesen war, und verfluchte meinen Mangel an Energie.

I hope this isn't my 'race face'!
Hoffentlich ist das nicht mein ‘Race Face’!

Ohne anzuhalten fuhr ich weiter zu Stage drei. Ich hatte mich für die Taktik entschieden, relativ hart zu treten, in der Hoffnung, dann ein paar Minuten Zeit zum Entspannen und Essen zu haben. Der Plan ging auf, und endlich konnte ich mir etwas dringend benötigte Nahrung zuführen. Mittlerweile war ich mir sicher, mein gesamtes Körpergewicht herausgeschwitzt zu haben, und freute mich auf die Versorgungsstation am Ende der Stage, wo ich meinen Wasservorrat aufstocken würde. Stage drei war kürzer als ursprünglich geplant, da der letzte Teil sich mittlerweile in etwas verwandelt hatte, dass mehr Ähnlichkeit mit einem unpassierbaren Sumpf hatte als mit einem Mountainbike-Trail. Ich möchte mich aber nicht beschweren – nach dem ich die schwierigen, wurzeligen oberen Bereiche bewältigt hatte, die Stage eins sehr ähnelten, war ich dankbar, dass diese schwierige Stage hinter mir lag. Ich hatte danach wirklich das Gefühl, etwas geleistet zu haben, es war eine anspruchsvolle Stage, aber sie machte so viel Spaß, dass ich nach jeder technischen Passage, die ich geschafft hatte, zumindest in meinem Kopf laute Freudenschreie ausstieß. Die Zuschauer auf dieser Stage waren großartig, ich war überrascht, wie viele Leute sich die Mühe gemacht hatten, hier hoch zu steigen um uns anzufeuern. Genauso überrascht war ich, wie viele meinen Namen kannten. Ich bin sicher, ich kannte nicht mehr als fünf Leute, die an diesem Tag da oben waren, aber trotzdem hörte ich immer wieder ‘Go Rachael, go!“ – das ist eins der besten Gefühle die es gibt! Andere Fahrer sagten dasselbe – keine Ahnung, woher die Leute uns kannten, aber sie kannten uns!

Während des Trainings war Stage vier mein Favorit gewesen, deshalb konnte ich es kaum erwarten, auf den Berg hoch zu kommen und sie wieder zu fahren. Ich ging schnell bei der Versorgungsstation vorbei, entschied mich aber, einen Teil der 15 Minuten, die mir hier zugeteilt waren, für den Weg zur nächsten Stage zu nutzen. Diese begann im Urwald weit oben im Whakarewarewa Forest, aber war sehr viel besser fahrbar als Stage eins, und es ging netterweise von Anfang an bergab. Ich schoß und sprang über Wurzeln und natürliche Wellen, die meisten Abschnitte waren schön flowig, nur zeitweise musste ich mich mit einer riesigen matschigen Fahrspur klarkommen, die davon zeugte, dass hier vor mir schon fast 400 andere heruntergefahren waren. Von hier an waren die Transfers kürzer, und wir konnten es alle etwas entspannter angehen lassen. Ich bekam ein paar Insider-Infos zu den kommenden Transfers von einer einheimischen Fahrerin, sie sagte mir, wie lang und wie steil die Forststraßen waren, was mir angesichts meines Fauxpas mit den Zeiten und Entfernungen eine große Hilfe war.

Nearly time to set off on Round 1 of the EWS - I'm probably thinking if another toilet stop would be wise!
Kurz vor dem Start auf die erste EWS-Runde – die Anspannung ist mir anzusehen.

Stage fünf war ein einziges verschwommenes Durcheinander aus nassen Schrägwurzeln, zerfurchtem Boden und Stürzen. Je weniger ich zu dieser Stage sage, desto besser. Ich war jedenfalls sehr enttäuscht über meine Leistung. Danach sprach ich aber mit anderen und merkte, dass es nicht nur mir so ergangen war, der Trail war so fiddelig und vertrackt, das hatte vielen Probleme bereitet. Ich werde besser darin, solche negativen Gefühle hinter mir zu lassen, und einfach weiter zu machen. Das ist etwas, woran ich arbeite, seit ich Rennen fahre, denn das hat mich früher schon geplagt. Wenn man sich aber gedanklich nicht von einer schlechten Performance löst, führt das zu nichts, außer dass der Rest des Rennens auch nicht optimal läuft.

Weiter ging es also, und aufwärts, zu Stage sechs, der letzten im Whakarewarewa Forest. Diese Stage, die aus einem Teil der National Downhill-Strecke bestand, war eigentlich ein typischer DH-Trail, ruppig und mit Sprüngen, Anliegern und ein paar wirklich ausgefahrenen Stellen mit tiefen Furchen, wo die Fahrer vor mir die Stufen heruntergesprungen und durch die Kurven gepflügt waren. Durch ihren eher undankbaren Zustand war die Stage konditionell sehr anstrengend, und wegen meiner müden Arme und Beine machte ich ein paar dumme Fehler. Noch eine Lektion, die mich die EWS gelehrt hat, noch bevor das erste Rennen vorbei war – ich muss fitter und stärker werden, um eine konstantere Leistung zu bringen, nur so kann ich schneller werden. Das hier war ein großer Tag, ein großes Rennen, und ich war noch nicht so richtig bereit dafür.

If this was stage 5 then Trev was lucky to catch me on my bike!
Ich in Stage 5, ausnahmsweise auf dem Rad.

Stage sieben, die letzte, fand am Mount Ngongotaha in der Nähe der Skyline-Lifts statt. Wir nahmen ein Shuttle vom Rand des Waldes quer durch die Stadt, von wo wir mit dem Lift den Berg hinauf fuhren. Der bringt einen aber nur 150m hoch, was verdammt wenig ist, und so mussten wir immer noch 4 km und 180 Höhenmeter zurücklegen, bis wir am Start der Stage waren. Diese Stage erfüllte mich tatsächlich mit Furcht. Es war eine Hochgeschwindigkeitsstage, die hauptsächlich über den Downhilltrack führte, der früher in der Woche beim Crankworx-Festival genutzt worden war. Ich war in leichter Panik wegen der drei Holzbrücken in der Mitte der Stage. Sie würden heimtückisch und rutschig sein, Bremsen unmöglich, und ich hatte keine Ahnung, wie die Landungen aussehen würden, nachdem die Downhiller hier drüber gefahren waren. Oben am Start hatten die meisten der Mädels wohl ähnliche Gedanken – die Geschwindigkeiten, die man auf diesem Trail erreichen konnte, konnten schwerwiegende Konsequenzen haben. Katy Winton, auch aus Großbritannien, fand die passenden Worte dafür. Sie sagte, „Mädels, es ist der Beginn einer langen Saison, vermasselt sie nicht auf dieser Stage, schaut einfach, dass ihr heil runter kommt!“ Sie hatte recht – klar, beim Enduro geht es zwar darum, auf der Abfahrt schnell zu sein und darum, dass man in der Lage ist, den ganzen Tag bergauf zu fahren, aber es geht eben auch um Beständigkeit, und ein schwerer Sturz, der zu einem DNF führt, bringt auch keine Platzierung, sondern kostet einen, wenn man Pech hat, die ganze Saison

The end is so very near......
Das Ende kommt näher…

Ich kannte meine Grenzen, und fuhr anfangs gemäßigt, konzentrierte mich darauf, ruhig zu bleiben und meine Nerven unter Kontrolle zu behalten. Ich dachte nur an eins: sicher runterkommen. Der obere Teil war für mich kaum befahrbar, er war völlig ausgefahren, mit losen Holzstücken übersäht, und der Schlamm war knöcheltief. Als der Trail den Wald verließ und auf dem Gras weiterging, wurde er schneller, ob es mir gefiel oder nicht. Oben hatte ich mich ja mehr oder weniger entschieden, bei einem der Drops kein Risiko einzugehen, weil die Landung zu ausgefahren sein würde, und das bestimmt in einem Crash enden würde. Dann aber siegte mein Race-Herz, und ich konnte einfach nicht die langsamere ‚B-Line‘ nehmen.

Ich fuhr auf den Drop zu, und in diesem Moment, wo es kein Zurück mehr gibt, sah ich, dass die Landung genauso schlimm war, wie ich es befürchtet hatte, aber dennoch schaffte ich es irgendwie, im Sattel zu bleiben, und in der ausgefahrenen Spur um die Kurve zu kommen, die mich direkt gegen den dahinter stehenden Baum ausspuckte. Von hier an standen die Leute am Rand, ich musste in einer steilen Haarnadelkurve zwischen den Bäumen Geschwindigkeit rausnehmen und stand danach, aber nachdem ich ein Stück gerannt und wieder aus Bike gesprungen war, konnte ich das Ziel sehen! Es lag immer noch ein ganzes Stück entfernt den Hang hinunter, aber immerhin in Sichtweite, schon das war toll!

Even closer ....... Round one of the Enduro World Series successfully completed!
…und näher. Ich im Zieleinlauf der ersten Runde der EWS!

Über sieben Stunden nach dem Start um 10 Uhr morgens beendete ich mein erstes EWS-Rennen. Es war groß, in jeder Hinsicht, wir waren 60 km gefahren, hatten unser 2200 Höhenmeter hochgekämpft und so viele unvergessliche Momente erlebt! Ich war erschöpft, erleichtert, ekstatisch und stolz, ich war hier einige der besten Trails der Welt mit einigen der besten Fahrer der Welt gefahren, und am Ende war ich im Ziel und wollte mehr davon! Wie hätte es auch anders sein sollen? Ich liebe es, mein Bike zu fahren, draußen zu sein mit Leuten, die ähnlich ticken, einen anderen Teil der Erde zu entdecken mit allem, was er zu bieten hat. Ich liebe die Herausforderung, Rennen zu fahren, es ist schwierig und manchmal auch beängstigend, aber mir macht es Spaß, mich und meine Fahrfähigkeiten auszutesten. In dem Moment, indem ich die Ziellinie überquerte, begann ich mich auf das nächste Rennen zu freuen, die EWS Emerald Enduro in County Wicklow, Irland. „Wir sehen uns dort!“ hörte ich mich sagen, als ich meinen Mitstreitern gratulierte. Ich kann es kaum erwarten, dass das Abenteuer weiter geht!

Text: Rachael Gurney Bilder: Trev Worsey and Rachael Gurney


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