Weltweit und besonders in Europa durchlebt Enduro gerade einen Boom, der seinesgleichen sucht. Nahezu täglich werden neue Rennen mit verschiedenen Formaten angekündigt. Selbst für die Pro-Teams ist es schwer, den Überblick zu behalten und alle Veranstaltungen zu besuchen, an denen man gerne teilnehmen würde. Wo geht die Entwicklung hin? Wir fragten Trailsolutions-Chef und Renn-Organisator Georgy Grogger über die Zukunft von Enduro-Rennen, Herausforderungen und Entwicklungen.

Servus Georgy! Stell dich unseren Lesern doch kurz vor!
Ich heiße Georgy Grogger und bin Geschäftsführer der Trail Solutions GmbH mit Sitz in Innsbruck. Wir bieten im weitestem Sinne MTB Lösungen fürs Skigebiet an. Heuer ist ein richtiger Hype um Enduro Rennformate ausgebrochen und wir versuchen diesen bestmöglich zu bedienen.

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Was ist deine Vision von Enduro?
Enduro als Rennformat stellt die Speerspitze dessen dar, was Enduro als Lifestyle ausmacht. Meine Vision ist, meinen Teil dazu beizutragen, dass dieses junge Rennformat sich gesund entwickelt. Die Schwierigkeit besteht darin, den Spagat zwischen den Top Athleten und den Hobby-Fahrern zu meistern. Ich denke, wir bei Trail Solutions verfolgen dabei einige vielversprechende Ansätze. Beispielsweise garantiert das Feature „Kumpel-Start“ bei unseren Rennen, dass die Teilnehmer in individuellen Gruppen starten können, um auch wirklich den Tag mit den Kumpels zu verbringen.

Enduro ist sehr vielseitig, wie fasst du dieses Thema auf?
Wie vielleicht wenige wissen, war ich jahrelang eine treibende Kraft der Innsbrucker Vertrider. Vielen kommt es vielleicht eigenartig vor, aber eine Vertride Tour ist für mich persönlich Mega-Enduro. Lang und anstrengend sind diese Touren allemal, außerdem spielt der Wettstreit unter Freunden, das unbekannte Gelände und die Fahrtechnik eine wesentliche Rolle. Aber am Ende des Tages geht’s es einfach darum, mit seinen Kumpels einen geilen Tag auf dem Bike verbracht zu haben. Das ist für mich Enduro – gleichgültig, wie weit man sein Hinterrad versetzen kann. Das bei der Verkürzung von Enduro auf ein Rennformat so wenig wie möglich dieses Spirits auf der Strecke bleibt, ist die Challenge für die Veranstalter.

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Was hältst du von Reglementierungen im Enduro-Sports?
Ich als Veranstalter treibe die notwendige Reglementierung sogar voran. Ein Rennformat ohne Regeln funktioniert nicht. Über Sinn und Unsinn dieser Regeln kann und soll diskutiert werden. Da sind wir alle angewiesen auf das Feedback der Fahrer und Sponsoren. Wir müssen alle gemeinsam ein Mindestmaß an Regeln definieren, auf deren Basis wir uns bei Enduro-Rennen miteinander messen wollen. Einige Athleten tappen aber bei ihrem Feedback in eine nicht unwesentliche Wissenslücke und machen die Rechnung ohne den Wirt! Gute Veranstaltungen verschlingen Geld. Mehr Geld, als sich viele vorstellen können. Irgendwer muss die Rechnungen zahlen, und dass ist im Alpenbogen in 90% der Fälle die Tourismusregion. Also auch auf die Bedürfnisse dieser Interessengruppe muss ich als Veranstalter Bedacht nehmen – manchmal gar nicht so leicht das alles unter einen Hut zu bringen.

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Wie verhält es sich mit Shutteln? Nach Punta Ala gab es da ja sehr kontroverse Diskussionen. In Kirchberg wird es sicherlich wieder Liftunterstützung geben – worin siehst du den Unterschied?
“Mechanical uplifts” sind aus meiner Sicht völlig OK. Es muss zum Veranstaltungsort passen. Die Krux dabei ist, dass sich Regionen in denn solche Aufstiegshilfen verwendet werden, eher zum inoffiziellen Training eignen. Aber auch dabei bin ich recht entspannt. Das Thema „Übertraining“ wird sich von selber lösen. Nicht mal bei den Profis ist genug Geld / Zeit / Lust da, vor jedem Enduro – Rennen wochenlang zu trainieren. Wie ist das bei Downhill Rennen? In Leogang, Hafjell, Fort William, … sind die Rennstrecke de facto immer offen – da beschwert sich auch niemand weil man theoretisch das ganze Jahr trainieren kann. Interessant ist, ob sich das viele Training auszahlt? Ich hatte in Punta Ala nicht den Eindruck. Was für mich aus sicherheitstechnischen Gründen einfach dazugehört, ist der Tag zur freien Streckenbesichtigung – das ist für mich in Stein gemeißelt! Ein Rennen auf Sicht ist geil – aber aus Sicherheitsgründen meiner Einschätzung nach nicht tragbar.

Was wird dein Saisonhighlight?
Definitiv die Ischgl Overmountain Challenge. Ischgl ist ein Enduro-Top Spot und aufgrund der unzähligen Aufstiegshilfen, der Traumkulisse und den Mega Trails einfach perfekt für diese international Enduro Spitzenveranstaltung. Wir hosten gemeinsam mit Cannodale die European Enduro Open, eine offene kontinentale Meisterschaft im Enduro.

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Dort werden Europas beste Enduro-Fahrer gegeneinander antreten – was erwartet uns dort sonst noch?
Neben den Tops Stars werden auch die Hobby Fahrer voll auf ihre Kosten kommen. 5 Aufstiegshilfen und Trails der Extra-Klasse versprechen einen unvergesslichen Bike-Tag in der Ischgler Bergwelt.

In der Fülle von Enduro-Veranstaltungen ist es für Fahrer und Teams nicht gerade einfach eine Rennserie komplett mitzufahren, wie siehst hier die Entwicklungen? Wann wird es eine klare Struktur geben – wie National, European und World Cup?
Chris Ball hat den Schritt in die richtige Richtung gemacht. Im Windschatten der sehr medienträchtigen Enduro Weltserie hat Chris auch die EMBA ins Leben gerufen, die Enduro Mountain Bike Assoziation, eine Art UCI für Enduro, vergleichbar mit Tarek‘s FMB. Und diese EMBA, die sich im Übrigen aus allen großen Enduro Veranstaltern weltweit zusammensetzt, beansprucht nun für sich die Standards im Enduro weltweit zu definieren. Das war und ist ein ziemlich kesser Move von Chris! Aber es hat funktioniert und wird weiter funktionieren! Warum? Weil die Athleten bereit sind, sich auf Basis des EMBA Rule Books zu messen. Der erste Stopp der Welt Serie hat das eindrucksvoll gezeigt: die EMBA hat die volle Unterstützung von Sponsoren und Enduristen aller Herren Länder. Und meine Unterstützung hat sie auch! Ich habe kein Problem das EMBA Rule Book zu akzeptieren, und Chris ist ein charismatischer Typ. Er wird für einheitliche Standards sorgen und damit ist der Weg für die von Dir angesprochene klarere Struktur geebnet. Am Ende wird es ein EMBA-Weltrangliste geben. Das dauert vielleicht noch zwei Jahre, aber dann wird jedem klar sein, was welches Rennen „wert“ ist. Richtig spannend wird es werden, wenn die UCI beginnt wieder mitzumischen – man wird sehen!

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Was ist von der UCI zu erwarten?
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Die UCI hat ja bereits heuer im Frühjahr ihre Zähne gezeigt und das Thema „Lizenzentzug bei Teilnahme an schwarzen Rennen“ aufs Tableau gebracht. Das wäre für Athleten, die an offiziellen UCI Bewerben teilnehmen, schon ein harter Schlag. Ich verweise auf die Starterliste in Punta Ala. Das bedeutet, die UCI hat Macht – ob man will oder nicht, ganz ohne UCI wird es nicht gehen. Die Lösung haben wir in Österreich vorgezeigt. Gemeinsam haben wir ein Enduro Reglement verfasst, das auch bereits im Probestatus Gültigkeit hat. Das bedeutet, Rennen die von Trail Solutions in Österreich veranstaltet werden, sind bei der UCI angemeldet – fertig. Ich denke das ist der Weg, den auch alle anderen UCI affinen Länder gehen werden.

Wird es Zugangsbeschränkungen für Enduro Events (z.B. Lizenz) geben?
Also eines vorab: jeder der Radrennsport betreibt sollte eine Lizenz lösen! Das der BDR und auch der ÖRV keine guten Ruf haben, ist ja nicht gerade neu. Nichts destotrotz machen Lizenzen einfach Sinn. In Österreich haben wir bereits ein offizielle Enduro-Reglement, in Deutschland wird es soweit ich weiß nächstes Jahr soweit sein. Damit sind unter anderem auch Lizenzen ein Thema. Aber ein Lizenz ist definitiv keine Zugangsbeschränkung, es besteht nach wie vor die Möglichkeit in der offenen Klassen zu starten. Ich sehe die Entwicklung ähnlich wie im Downhill. Je professioneller die Leute Enduro fahren, umso lauter wird der Schrei nach Lizenz-Only Rennen. Man wird sehen was der Markt braucht, und dann die entsprechenden Schritte setzen.

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Hast du noch weitere Enduro-Formate in Petto?
Neben den Enduro-Rennen innerhalb der Specialized SRAM Serie (Kirchberg und Kronplatz) und dem angesprochenen Ischgl Overmountain veranstalten wir das 3-Länder Enduro am Reschenpass. Also es wird ein gutes Jahr für den Enduro Sport! Kette rechts, …

Interview: Robin Schmitt Fotos: Tom Bause


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Über den Autor

Aaron Steinke

Aaron war der erste Mitarbeiter unseres Unternehmens, hat es tatkräftig mit aufgebaut und dabei den Auftritt und die Ausrichtung unserer Magazine maßgeblich mitgeprägt. Seit Mitte 2020 verfolgt er eigene Projekte, berät und unterstützt uns aber weiterhin bei Marketing- und Technik-Themen. Viele Jahre lang konnte man Aaron vor allem auf spaßorientierten Enduro-Rennen finden, in letzter Zeit auch vermehrt auf dem Rennrad – es lebe die Freiheit auf zwei Rädern!