Wenn jemand behauptet, Bikes würden sich immer ähnlicher werden, dann ist das GIANT Reign Advanced Pro 0 der beste Beweis, dass dem nicht so ist. Dieses Bike hat einen sehr eigenen Charakter! Was ihn auszeichnet und was das Bike mit Stahlfederdämpfer und überarbeiteter Ausstattung so besonders macht, verrät dieser Test.

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2021 – 13 Modelle im Test

GIANT Reign Advanced Pro 0 | 170/146 mm (v/h) | 14,28 kg in Größe L | 8.285 €
Hersteller-Website

Ist das überhaupt ein Enduro-Bike? Alle, die Bikes gern anhand ihrer Eckdaten kategorisieren, fassen sich beim GIANT Reign wegen einer Zahl an die Stirn: 146 mm. Nein, das ist kein neues Einbaumaß fürs Hinterrad, sondern der Federweg, den das Rad am Heck besitzt. Kombiniert wird er mit 170 mm in Front. Das Reign rollt auf 29” großen Laufrädern und verfügt über den GIANT-typischen Maestro-Hinterbau mit virtuellem Drehpunkt. Für die neue Saison hat GIANT Rahmendetails wie z. B. den Kettenstrebenschutz überarbeitet, um das Rad noch leiser zu machen. Auch der weiche Unterrohrschutz und ganz besonders die schicke Lackierung überzeugen. Kritik gibt es dagegen für das lange Sitzrohr, das die Versenkbarkeit der Sattelstütze limitiert, sowie für die rustikale Zugverlegung.

Auf die Details kommt es an – Die Ausstattung des GIANT Reign Advanced Pro 0

GIANT wechselt beim 8.280 € teuren Reign-Topmodell in der neuen Saison von SRAM zu Shimano und verbaut jede Menge feinster XTR-Komponenten. Geschaltet und verzögert wird mit der Topgruppe der Japaner. Bei den 200-mm-Bremsscheiben hat sich GIANT nicht etwas aus Kostengründen für günstigere Modelle ohne ICE-TECH entschieden, sondern weil sie leiser sind. Das haben interne Tests bei GIANT sowohl im Labor als auch in der Praxis gezeigt. Leider besitzt gerade die Hinterradbremse einen stark wandernden Druckpunkt. Mit 14,28 kg ist das Reign das zweitleichteste Bike im Test. Das liegt sicher auch an den verbauten GIANT TRX0 Carbon-Laufrädern, auf denen eine MAXXIS-Reifenkombi mit EXO+ Karkasse montiert ist. Wer viel auf steinigen Trails unterwegs ist, sollte über die Montage eines Reifen-Inserts nachdenken, um die Felgen zu schützen. Typisch für GIANT besitzt auch das Reign ein kurzes Steuerrohr, wodurch unter dem 40 mm langen Vorbau ein ordentlicher Spacerturm zu finden ist. GIANT war einer der ersten Hersteller, die ihre Bikes bereits tubeless ausliefern. Die Ventile und das Felgenband sind schon montiert, man muss nur noch die Milch einfüllen – genial!

Für die neue Saison hat GIANT den Kettenstrebenschutz überarbeitet und das Reign so noch leiser gemacht. Top!
Wer glaubt, GIANT hätte die günstigen Scheiben nur montiert, um Geld zu sparen, der irrt. Die hauseigenen Feld- und Labortests haben nämlich gezeigt, dass sich die einfachen Scheiben weniger ausdehnen als ihr ICE-TECH-Pendant und deshalb weniger schleifen.
Aufgrund des kurzen Steuerrohrs empfiehlt es sich, das Reign mit einigen Spacern unter dem Vorbau zu fahren. Das verkürzt außerdem den Reach und macht das Rad ausgewogener.

Giant Reign Advanced Pro 0

8.285 €

Specifications

Fork FOX 38 Factory GRIP2 170 mm
Rear Shock FOX FLOAT DHX2 Factory 146 mm
Seatpost FOX Transfer Factory 170 mm
Brakes Shimano XTR 4-Kolben 203/203 mm
Drivetrain Shimano XTR 34/10-51
Stem GIANT Contact SL 35 40 mm
Handlebar GIANT Contact SLR TR35 Carbon 780 mm
Wheelset GIANT TRX 0 29 Carbon
Tires MAXXIS Assegai MaxxTerra EXO+/Maxxis DHR II MaxxTerra Exo+ 2,5"/2,4"

Technical Data

Size S M L XL
Weight 14,28 kg
Wheelsize 29"


GIANT setzt auf ein großes Press-Fit-Lager für extra Steifigkeit. Allerdings ist der Hinterbau insgesamt eher weich. Wir hätten uns hier über ein leichter zur wechselndes BSA-Lager gefreut.
Bei unserem Test-Bike hat die Kurbel am Kettenstrebenschutz geschleift. Allerdings soll hier ein Modell mit weniger Q-Faktor verbaut sein. In Serie soll dieses Problem laut GIANT nicht bestehen.
Das GIANT Reign ist insgesamt eher für Fahrspaß konzipiert als für volle Kontrolle. Sein Hinterbau besitzt viel Pop, gerät aber ans Limit, wenn es richtig zur Sache geht.

Lang, länger, Reign – Die Geometrie des GIANT

Die größte Besonderheit bei der Geometrie des GIANT Reign ist der enorme Sprung beim Reach zwischen den Größen Medium und Large. GIANT wollte nach eigenen Angaben verhindern, das kleine Fahrer zum größeren Rad greifen, hat in unseren Augen aber erreicht, dass das Reign Advanced Pro 0 gewissen Fahrern einfach gar nicht passt: Für unsere 180 cm großen Fahrer war das Reign entweder zu lang oder zu kurz, doch dazu gleich mehr beim Fahreindruck. Der Lenkwinkel des Reign ist mit 64,6° nicht übertrieben flach, der Sitzwinkel fällt mit 76,4° moderat aus. Den langen Reach kombiniert GIANT mit 439 mm kurzen Kettenstreben.

Größe S M L XL
Sattelrohr 431 mm 431 mm 464 mm 496 mm
Oberrohr 574 mm 601 mm 640 mm 666 mm
Steuerrohr 100 mm 100 mm 110 mm 120 mm
Lenkwinkel 64,6° 64,6° 64,6° 64,6°
Sitzwinkel 76,4° 76,4° 76,4° 76,4°
Kettenstrebe 439 mm 439 mm 439 mm 439 mm
BB Drop 27 mm 27 mm 27 mm 27 mm
Radstand 1.191 mm 1.220 mm 1.262 mm 1.289 mm
Reach 423 mm 451 mm 488 mm 511 mm
Stack 622 mm 622 mm 631 mm 640 mm
Helm Troy Lee A1 | Brille 100% Glendale | Jersey Volcom
Hose ION SCRUB Pants | Schuhe FiveTen Freerider Pro

Gut im Antritt, fordernd im Steilen – Das GIANT Reign im Uphill

Auf dem GIANT Reign Advanced Pro 0 hat man als Fahrer viel Platz – auch bergauf. Die Sitzposition ist deutlich gestreckter als bei manch anderen Bikes im Test. Dadurch lässt sich im flachen Terrain gut Tempo machen und auch längere Transfers sind kein Problem. Im Antritt reagiert das Reign dank seines geringen Gewichts und der leichten Laufräder spritzig und der Vortrieb ist hoch. Geht es jedoch steil bergauf, muss man seinen Oberkörper bewusst absenken und Gewicht aufs Vorderrad bringen, um das Rad am Steigen zu hindern. Wer lange, steile Uphills bewältigen muss, sollte den Sattel daher weit nach vorne schieben. Bergab hat man auf dem GIANT Reign richtig Platz, um sich auf dem Bike zu bewegen – und das sollte man auch. Getreu dem Motto „Länge läuft“ vermittelt es vom Start weg viel Sicherheit. Steigt dann jedoch die Geschwindigkeit und die Schläge werden größer, gehen dem Heck irgendwann die Reserven aus und es reicht Schläge an den Fahrer weiter. Nicht harsch, aber so, dass das gesamte Bike weniger Traktion liefert als die besten Modelle im Test.

Let’s get loose! Eine Fahrt auf dem Reign gleicht dem Ritt auf einem wilden Stier.

Im Gegenzug begeistert das Reign Advanced Pro 0 mit viel Feedback und setzt den Input vom Fahrer direkt um. Der lange Hauptrahmen führt in Kombination mit dem kurzen Hinterbau zu einer unausgewogenen Radlastverteilung. Arbeitet man stark nach vorn, um mehr Grip am Vorderrad zu bekommen, ist das Heck sehr leicht und bricht gerne mal aus. Fährt man zu passiv vom Heck, fährt das Rad in Kurven im Zweifel einfach geradeaus. Versteht uns nicht falsch, das ist nicht per se schlecht! Aber sollte man zwischen zwei Größen stehen, fordert einen das Bike beim Griff zur größeren Option deutlich. Macht man sich diese Eigenschaften aber zunutze und stellt sich darauf ein, macht es auch verdammt Spaß, die Kontrolle bis zu einem gewissen Punkt abzugeben. Dank dem guten Hinterbau belohnt das Reign einen aktiven Fahrstil dann nämlich mit hoher Agilität. Nur in sehr engen Sektionen wirkt das lange Bike dann sperrig. Positiv: Das Reign ist flüsterleise.

Wie fährt sich das GIANT Reign Advanced Pro im Vergleich mit der Konkurrenz?

Ein Bike, das dem GIANT Reign Advanced Pro nicht unähnlich ist, ist das Transition Sentinel. Allerdings klettert es dank der entspannten Sitzposition trotz Mehrgewicht und Alu-Laufrädern deutlich entspannter und komfortabler als das GIANT. In der Abfahrt fordern beide Bikes einen aktiven Fahrstil, das Sentinel mehr wegen des Lenkwinkels, das GIANT wegen seiner Länge. Das Sentinel punktet mit den smarteren Rahmenfeatures und dem kürzeren Sitzrohr. Vergleicht man das GIANT mit dem Nukeproof, könnten die Unterschiede nicht größer sein: Das Mega 290 Alloy marschiert völlig souverän durch härtestes Terrain, während das GIANT permanent eine hohe Wachsamkeit fordert.

Tuning-Tipps: ggf. Tire-Insert oder stabilere Reifen montieren

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Mit dem GIANT Reign Advanced Pro kann man enormen Spaß haben! Allerdings muss man sich von Anfang an darauf einstellen, das Rad aktiv zu fahren. Und man muss damit klarkommen, dass man nicht immer alles zu 100 % unter Kontrolle haben wird. Wer auf Drifts steht und viele steile Trails fährt, wird dieses Bike auf jeden Fall lieben. Bergauf, bei Highspeed und in engen Sektionen leistet es sich aber Schwächen und kann nicht mit den besten Bikes im Test mithalten.

Tops

  • Fahrwerk liefert viel Pop
  • bei aktivem Fahrstil viel Fahrspaß
  • Länge läuft im steilen Terrain

Flops

  • Fahrwerk auf harten Strecken am Limit
  • muss sehr aktiv gefahren werden
  • für viele Fahrer nicht in der richtigen Größe erhältlich

Mehr Informationen findet ihr unter giant-bicycles.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2021 – 13 Modelle im Test

Alle Bikes im Test: Canyon Strive CFR (Zum Test) | COMMENCAL Meta AM 29 Öhlins (Zum Test) | GIANT Reign Advanced Pro 0 | Ibis Ripmo V2 (Zum Test) | Nukeproof Mega 290 Alloy Pro (Zum Test) | Propain Spindrift CF Mix Custom (Zum Test) | Rocky Mountain Altitude Carbon 90 Rally Edition (Zum Test) | Santa Cruz Megatower CC X01 Coil RSV (Zum Test) | Santa Cruz Nomad CC X01 RSV (Zum Test) | Specialized Enduro Expert (Zum Test) | Specialized S-Works Stumpjumper EVO (Zum Test) | Transition Sentinel XT (Zum Test) | Trek Slash 9.8 XT (Zum Test)


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als ENDURO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die Mountainbike-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!

Text: Fotos: Christoph Bayer, Valentin Rühl, Markus Frühmann