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In zwei verschiedenen Ländern, 6.600 km von ihrer Heimat entfernt – wir haben zwei Jungs gefunden, die sprichwörtlich ihr Leben getauscht haben: einer in Amerika, der andere in Deutschland. Wie fühlt sich Radfahren in der jeweils neuen Welt an? Wer findet die besten Trails? Wer das beste Bier? Nehmt teil an ihren Geschichten und folgt ihren Abenteuern auf den Trails der neuen Welten.

Da stand ich mit heruntergelassener Jeans in der kalten, grauen Garage an der Grenze zwischen der Schweiz und Deutschland und fragte mich, wie intim diese Durchsuchung wohl noch werden würde. Ich wusste, dass sich kein Gras in meinem Auto befand, und der Spürhund hatte es bestätigt. Ich bin schon oft in meinem Leben von den Cops in Amerika drangsaliert worden, doch dann hatte ich in der Regel irgendetwas getan, was sie angepisst hatte. In diesem Fall aber war ich einfach nur auf dem Weg nach Hause vom Indoor Bike Park bei Zürich.

Reisen in Europa

Amerika ist riesig und es dauert mehrere Tage, es einmal im Auto zu durchqueren, selbst wenn man keine Pausen zum Schlafen oder zum Sachen anschauen einlegt. Und so lange man einen Führerschein hat, kann man normalerweise innerhalb der US-Grenzen hinfahren, wo man will. Auch für den größten Teil Europas gilt, dass man ohne Unterbrechung weiterfahren kann, aber es gibt ein paar Ausnahmen. Die Schweiz gehört dazu, und nicht alle ihre Grenzübergänge sind gleich. Die an den Grenzen zu Deutschland sind ziemlich groß, haben mehrere Spuren, der bei Châtel, Frankreich, ist hingegen nur eine Linie auf der Straße, die gelegentlich von einem gelangweilten Grenzbeamten beobachtet wird. In unserem Fall waren es nicht die Schweizer, die uns einkassierten, sondern die Deutschen, und ich weiß immer noch nicht, warum wir ihnen verdächtig erschienen.

Der Indoor-Park bietet immer perfekte Bedingungen!
Der Indoor Park bietet immer perfekte Bedingungen!

Der Indoor Bike Park

Axel, Moritz und ich hatten eine super Zeit in diesem Indoor Bike Park hinter uns, der etwa 2,5 Stunden entfernt von Stuttgart liegt. Der Park macht echt Spaß und ist sehr gut gemacht. Es gibt ein Foam Pit, eine Dirtjumpline, einen Pumptrack, und außerdem soll wohl demnächst noch eine Halfpipe gebaut werden. Sämtliche Fahrflächen sind befestigt, so dass die Bedingungen jederzeit perfekt sind. Axel und Mo schienen keinerlei Probleme mit Tricks auf der Jumpline oder Wheelies durch die Whoops zu haben, aber ich fühlte mich wie ein Anfänger. Auf dem Pumptrack werde ich schnell müde, und ich bin auch nicht sehr gut darauf, aber es ist inspirierend, zu sehen, wie die Locals auf dem Track abgehen.

Dieser Bikepark ist so nett, dass man die ganze Familie mitbringen kann.
Dieser Bikepark ist so nett, dass man die ganze Familie mitbringen kann.

Der Park bietet Fahrern auf jedem Niveau etwas. Ich hab’ meine Kinder (die sind fünf und sieben) im Winter mit hier her genommen, und sie waren mega happy, stundenlang auf den Tracks ihre Runden zu drehen. Es gibt ein BMX-Gate für die Kids die es richtig ernst meinen mit dem Racing, aber auch Bikes zum Ausleihen, für alle, die es einfach mal ausprobieren wollen. Die Zahl der Fahrer, die gleichzeitig im Park sein dürfen, ist strikt geregelt, und der Pumptrack geht nur in eine Richtung, deshalb ist die Kollisionsgefahr relativ gering. Der Zuschauerbereich ist komfortabel, mit einer Sitztribüne, von der aus man den Park überblickt, und es gibt auch ein Café, wo man auch Snacks bekommt. Ich verbringe die meiste Zeit im Foam Pit und arbeite an meinem Muskelgedächtnis für ein paar Tricks, die ich dieses Jahr mal draußen ausprobieren will. Meistens lande ich auf dem Kopf, aber aus irgendeinem Grund verliert das Foam Pit nie seinen Reiz.

Für jeden gibt es die richtige Schwierigkeit.
Für jeden gibt es die richtige Schwierigkeit.

Den Führerschein bitte

Nach der Session zogen wir also unsere verschwitzten, stinkenden Protektoren aus, verstauten alles im Van und machten uns auf den Weg zurück nach Deutschland. Wir fuhren ohne irgendwelche Zwischenfälle am Schweizer Grenzposten vorbei, doch der deutsche Beamte signalisierte mir, dass ich das Fenster herunterlassen solle und gab mir Anweisungen auf Deutsch. Mein Deutsch ist fürchterlich, und ich bin schlau genug, nicht zu versuchen, mit der Polizei in irgendwas anderem als meiner Muttersprache zu kommunizieren, also sagte ich ihm, ich spräche kein Deutsch. Er seufzte und fragte mich in gebrochenem Englisch nach meinem Führerschein. Er sah sich meine Papiere lange an und gab mir dann zu verstehen, dass ich seitlich ranfahren solle, während er in die andere Richtung ging. Einige Minuten später kehrte er zurück und sagte, ich solle hinter ihm her fahren. Er führte uns zu einer Garage mit geöffnetem Tor, in der zwei weitere Beamte warteten. Obwohl ich wusste, dass ich nichts getan hatte, und dass keine Drogen im Auto waren, wurde ich ziemlich nervös und spürte den Impuls, einfach hart nach links zu drehen und abzuhauen. Aber eine Highspeed-Verfolgungsjagd nimmt wohl meist für keinen ein gutes Ende, und deshalb folgte ich den Anweisungen und sah zu, wie sich das Tor langsam hinter uns schloss.

Ein Foampit hat seinen eigenen Reiz.
Ein Foampit hat seinen eigenen Reiz.

“Get out of se car, sit in se chairs, and everyone give me your identification.” Wir gehorchten, und als er sah, das Axel und Mo Deutsche sind, wurde er wütend. Er brüllte sie an, weil sie ihn hatten Englisch sprechen lassen, und fragte mich dann, wo ich mein Marihuana aufbewahrte. Äh … bitte was? Ich sagte ihm, ich besäße keins. “Komm schon, ich weiß du stehst auf Marihuana, wo hast du es?” Zu diesem Zeitpunkt hatten die anderen Zöllner den größten Teil des Wageninhalts ausgeräumt und auf dem Fußboden der Garage verteilt. Während sie sämtliche Fächer des Autos öffneten und durchsuchten, betete ich, dass Axel und Mo ehrlich gewesen waren, als sie mir versichert hatten, nichts Illegales dabei zu haben. Wir wussten, wir mussten einfach nur Geduld haben. Der erste Grenzer verschwand und kam ein paar Minuten später wieder mit einem Rauschgiftspürhund. Er warf mir einen fiesen Blick zu und machte sich daran, den Van und seinen Inhalt erneut zu durchsuchen, aber diesmal mit Hilfe des Hundes. Oh, das arme Tier! Ich habe gelesen, die Nase eines Hundes sei tausendmal empfindlicher als die eines Menschen. Meine Frau muss sich jedesmal fast übergeben, wenn sie in mein Auto steigt, wegen des fürchterlichen “Bikergeruchs”. Das unglückselige Tier, das seine Nase in all unsere Taschen stecken musste, und versuchte, seinen Job zu machen, tat uns wirklich Leid.

Manchmal wird man nicht einfach durchgewunken.
Manchmal wird man nicht einfach durchgewunken.

Unschuldig

Und nun bin ich wieder am Ausgangspunkt… mit heruntergelassener Hose. Ich weiß nicht, was diesen Grenzbeamten so in Aufruhr versetzt hatte, aber nach dem er meine Shorts sehr genau inspiziert hatte, akzeptierte er schließlich, dass wir wirklich keine Drogen hatten und sagte uns, wir sollten unsere Sachen einpacken und fahren. Wir hauten so schnell wie möglich ab und die Jungs lachten mich den ganzen Heimweg lang aus. Wahrscheinlich lachen sie immer noch darüber.

Nichts wie weg hier!
Nichts wie weg hier!

Der Vorfall an der Grenze hat mir meine Reiselust in Europa aber nicht verdorben, und ich war seither mehrmals wieder in der Schweiz. Der Indoor Bike Park macht richtig Spaß und lohnt sich als eigenständiges Reiseziel oder als Zwischenstopp auf dem Weg zu oder zurück von den Alpen. Aber seid gewarnt: entweder ihr lasst das Gras zu Hause oder ihr macht euch auf eine noch intimere Bekanntschaft mit dem Grenzschutz gefasst.

Weiter Informationen: indoorbikepark.ch/

Hat euch der Artikel gefallen? Dann werft doch einen Blick auf den Rest der Serie: Einführung | Freiburg | Goodbye Germany | Stromberg | Wie klein die Welt doch ist | Mein erster Biketrip in Europa | Let The Games Begin! | Zu Besuch bei den Shapern von Chatel | Roanoke – A Diamond in the Rough, Teil 1 | Neue Freunde in luftigen Höhen | Roanoke

Text & Bilder: Evan Phillips


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