Welche Worte kommen euch in den Sinn, wenn ihr an das Carbon Ibis Ripmo denkt? Hochwertig, elegant, formschön, leicht? Die Aluminium-Version Ibis Ripmo AF ist nichts von alldem! Als Trail-Bike ist es hier auf dem Papier eigentlich im falschen Vergleichstest gelandet, aber das macht nichts – denn das Ripmo AF geht hart ab!

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste 2020er Enduro-Bike unter 3.500 € – 9 Bikes im Test

Ibis Ripmo AF Coil | 160/145 mm (v/h) | 15,7 kg in Größe L | 3.498 € | Hersteller-Website

Das Ibis Ripmo AF im Detail

Animalisch, industriell und massiv wären wohl die passenden Attribute, um das Ripmo AF zu beschreiben. Auf den ersten Blick sollte das 15,7 kg schwere Ripmo AF für Ibis-Besitzer vertraut aussehen. Die unverwechselbare Ripmo-Silhouette ist erkennbar, doch sieht man genauer hin, fallen einem die Kontraste zur Carbon-Version auf: klobige Schweißnähte, dicke Rohre und der generell untersetzte Look. Die große Frage lautet: Warum haben wir ein 145-mm-Trail-Bike in diesem Enduro-Bike-Test teilnehmen lassen? Die Antwort: Das Ripmo AF boxt weit über seiner Federwegsklasse. Die Ausstattung ist nicht alltäglich, so setzt das Bike auf eine DVO Diamond 160-mm-Federgabel und einen optional erhältlichen DVO Jade-Stahlfederdämpfer, der sich um die 145 mm Federweg am Heck kümmert. Der SRAM NX-Antrieb ist in dieser Preisklasse eine gute Wahl. SRAM Guide T-Bremsen mit 200/180-mm-Bremsscheiben sollen für Verzögerung sorgen, oder es zumindest versuchen. Weitere Komponenten sind der hauseigene Ibis S35 Aluminium-Laufradsatz mit 35 mm Innenweite und die mächtigen MAXXIS ASSEGAI 29” 2,5” EXO+ Reifen an Front und Heck. Eine 150 mm Kind Shock Rage-i-Teleskopsattelstütze rundet das 3.498 € teure Gesamtpaket ab.

Knarzen
Die Lager des Ibis knarzten auf unseren Testfahrten ein wenig bei trockenen Bedingungen
Massiver Grip
Die Ibis-Laufräder mit ihrer 35 mm Innenweite stützen die MAXXIS ASSEGAI 2,5-Reifen perfekt ab, sodass diese mit einer großen Aufstandsfläche gewaltigen Grip generieren
Schweres Gerät
Jeder, der die für Ibis charakteristische hochwertige Verarbeitungsqualität erwartet, könnte enttäuscht sein – was nicht heißen soll, dass die Qualität schlecht ist, sondern einfach nur sehr rustikal

Ibis Ripmo AF Coil

3.498 €

Specifications

Fork DVO Diamond D1 160 mm
Rear Shock DVO Jade X Coil 145 mm
Seatpost KS Rage-i Dropper 150 mm
Brakes SRAM Guide T 200/180 mm
Drivetrain SRAM NX Eagle 1x12
Stem Ibis 50 mm
Handlebar Ibis 780 mm
Wheelset Ibis S35 Aluminium 29"
Tires MAXXIS ASSEGAI 29” 2,5"/2,5"

Technical Data

Size S M L XL
Weight 15,7 kg

Specific Features


Gewaltiger Spielraum
Durch das 419 mm kurze Sitzrohr können sogar kurzbeinige Fahrer in den Genuss einer 170-mm-Sattelstütze kommen (150 mm sind montiert)
Sprecht euer letztes Gebet
Das Ibis Ripmo AF kann es mit deutlich mehr Speed aufnehmen, als die schwachen SRAM Guide T-Bremsen bewältigen können. Wir würden sie auf der Stelle austauschen.
Perfektes Paar
Der DVO Jade-Stahlfederdämpfer funktioniert perfekt im Zusammenspiel mit dem DW-Link-Hinterbau des Ibis Ripmo AF. Gemeinsam bieten sie eine stabile Plattform zum Pedalieren und eine erstklassige Performance bergab.

Die Geometrie des Ibis Ripmo AF

Auf dem Papier ist das Ibis Ripmo aufgrund seines Federwegs von 160/145 mm ein wenig mehr Trail- als Enduro-Bike. Sein Lenkwinkel ist 64,9° flach und der Sitzwinkel 76° steil. Das Bike fällt relativ geräumig aus und erlaubt es mit seinem super kurzen 419-mm-Sitzrohr auch Fahrern mit kürzeren Beinen, den Rahmen eine Nummer größer zu wählen, wenn sie den langen 475-mm-Reach und die kurzen 435-mm-Kettenstreben wünschen. Mit einem hohen Stack von 629 mm und einer gewaltigen Tretlagerabsenkung von 30 mm sitzt der Fahrer bestens integriert im Bike.

Größe S M L XL
Sattelrohr 355 mm 380 mm 419 mm 470 mm
Oberrohr 573 mm 603 mm 632 mm 655 mm
Steuerrohr 90 mm 100 mm 110 mm 120 mm
Lenkwinkel 64,9° 64,9° 64,9° 64,9°
Sitzwinkel 77,0° 76,0° 76,0° 76,0°
Kettenstrebe 435 mm 435 mm 435 mm 435 mm
BB Drop 30 mm 30 mm 30 mm 30 mm
Radstand 1.185 mm 1.216 mm 1.237 mm 1.262 mm
Reach 431 mm 458 mm 475 mm 495 mm
Stack 613 mm 620 mm 629 mm 642 mm

Das Ibis Ripmo AF ist kein hässliches Bike, aber eben kein schönes. Es erinnert uns an Mike Tyson: Der hat zwar mittlerweile auch mehr auf den Hüften als zu seinen besten Zeiten, aber ihr könnt euch sicher sein, dass er noch immer hart genug zuschlägt, um euch mit nur einem Fausthieb auf die Bretter zu schicken.

Helm Giro Tyrant | Jacke 50to01 Rasta Windbreaker
Hose FOX Defend Kevlar | Schuhe FiveTen Impact VXi

Wenn weniger mehr ist: Das Ibis Ripmo AF auf dem Trail

Was seine Kletterfähigkeiten angeht, werden wir an dieser Stelle die überstrapazierten Analogien „klettert wie ein XC-Bike, hämmert bergab wie ein…“ vermeiden. In der Realität gelangt das Ripmo AF eben so gut zum höchsten Punkt des Anstiegs, wie man es von jedem Bike erwarten würde, das 15,7 kg schwer und mit MAXXIS ASSEGAI 2,5”-Reifen bestückt ist – gemächlich. Die Sitzposition ist geräumig, komfortabel und angenehm aufrecht, sodass man es sich bergauf nur zu gern auf dem Sattel bequem macht und vor sich hin pedaliert, anstatt sich bei Vollgas tot zu schwitzen. Der DW-Link-Hinterbau ist super antriebsneutral und wir hatten daher nie das Bedürfnis, zwischen den drei Positionen des Climb-Switch am Dämpfer hin und her zu wechseln. Wo wir gerade über das Fahrwerk sprechen: Die DVO Diamond ist eine großartige Federgabel. Doch mit High- und Low-speed-Druckstufen-Einstellung sowie DVOs firmeneigenem Off-the-Top-Einsteller zur Anpassung des Ansprechverhaltens dauert es ein wenig länger, bis man ein Setup gefunden hat (wir entschieden uns für ein sensibles Ansprechverhalten, mit hoher High-speed-Druckstufe für eine straffe Kennlinie). Der DVO Jade-Dämpfer verträgt sich bestens mit dem DW-Link-Hinterbau und gibt seinen kompletten Federweg nur frei, wenn er auch wirklich gebraucht wird. Auch Wegsacken im mittleren Bereich des Federwegs ist kein Thema.

Bergab ist das Ibis Ripmo AF ein Paradebeispiel für die Redewendung „weniger ist mehr“. Das Fahrwerk stellt gerade genug Federweg zur Verfügung, um dicke Brocken aus dem Weg zu räumen, und fühlt sich extrem präzise an – kein Wunder, bei solch einem steifen und massiven Rahmen. Für ein derart bulliges Bike scheint das Ripmo AF mitten in den Kurven auf magische Weise ein paar Kilogramm zu verlieren, wo seine ausgewogene Geometrie es euch erlaubt, mühelos und schnell von links nach rechts zu manövrieren. Mit den kurzen Kettenstreben und einem langen Front Center ist es verwunderlich, wie das Ganze so ausgewogen funktionieren kann, aber Ibis muss bei der Stack- und Tretlagerhöhe irgendeine Form von dunkler Magie angewandt haben, sodass das Bike wie auf Schienen durch Anlieger läuft. Der Rahmen ist am Heck kompatibel mit 203-mm-Bremsscheiben und es ist sehr schade, dass Ibis nur eine 180-mm-Bremsscheibe montiert hat – vor allem in Kombination mit der sehr schwachen SRAM Guide T-Bremse, die an einem Bike wie diesem nichts verloren hat. Spätes Bremsen vor Kurven versetzte uns in nackte Panik und ließ uns innig eine CODE herbeisehnen. Glücklicherweise ist das Ibis Ripmo ein Meister in Kurven und selbst wenn die Bremsen euch im Stich lassen, werdet ihr es irgendwie ums Eck schaffen. Wenn die Schwerkraft auf eurer Seite ist, dann kann das Ripmo AF die meisten Bikes in diesem Vergleichstest auf engen, natürlichen Trails schlagen. Nur wenn das Terrain wirklich verblockt und hart wird, haben die 145 mm am Heck zu kämpfen und kommen nicht mehr mit.

Wie schlägt sich das Ibis Ripmo AF gegen die Konkurrenz?

Da es weniger Federweg als die meisten seiner Konkurrenten besitzt, würde man meinen, das Ibis müsste unterlegen sein. Doch sein ausgewogenes Handling sorgt dafür, dass es das Ibis im direkten Vergleich mit den Besten im Test aufnehmen kann. Es macht im meisten Gelände mehr Spaß als das YT CAPRA, ist weitaus potenter als das MERIDA ONE-SIXTY und ist das perfekte Bike für eine stressfreie Shred-Session am Nachmittag und an Wochenenden im Bikepark. Am nächsten kommt dem Ibis Ripmo AF noch das Nukeproof Mega 290, das über ein ähnlich müheloses Handling verfügt. Aber das Mega 290 stiehlt dem Ripmo die Show, da es das vielseitigere Bike ist und noch mehr Reserven für wirklich hartes Terrain auf Lager hat.

Tuning-Tipps: SRAM Guide T-Bremsen durch CODE-Bremsen ersetzen und eine 200-mm-Bremsscheibe am Heck montieren – es ist ein potentes Bike, das auch potente Bremsen verdient | montiert eine 170-mm-Teleskopsattelstütze | bucht einen zweiwöchigen Aufenthalt in Whistler von dem Geld, das ihr gespart habt, weil ihr auf die Carbon-Version des Bikes verzichtet habt

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Das Ibis Ripmo AF gewinnt mit seinem sehr rustikalen Rahmen keinen Schönheitswettbewerb. Stattdessen spricht es einen etwas anderen Ibis-Kundenkreis an: einen, der nach einem unkomplizierten Bike sucht, um es krachen zu lassen. Seine unterdimensionierten Bremsen machen steiles Gelände zu einer Mutprobe, aber zumindest werdet ihr vor Freude jauchzen, bevor ihr crasht. Wenn euch das Gewicht egal ist und ihr ein potentes Trail-Bike wollt, das mit Bikes mit deutlich mehr Federweg mithalten kann, dann ist das Ripmo AF ein verdammt gutes Bike.

Tops

  • DW-Link Hinterbau arbeitet sensibel und effizient
  • super robustes Gesamtkonzept
  • das Handling ist intuitiv und das Bike tanzt geradezu durch Kurven

Flops

  • SRAM Guide T-Bremsen fehlt es an Power
  • das Ripmo AF wiegt ... so einiges
  • dem Bike fehlt das von Ibis gewohnte hochwertige Finish

Mehr Informationen findet ihr unter ibiscycles.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste 2020er Enduro-Bike unter 3.500 € – 9 Bikes im Test

Alle Bikes im Test: Canyon Torque AL 6.0 (Zum Test) | GIANT Reign SX 29 (Zum Test) | Ibis Ripmo AF Coil | MERIDA ONE-SIXTY 700 (Zum Test) | Nukeproof Mega 290 Expert (Zum Test) | Privateer 161 (Zum Test) | Propain Tyee CF (Zum Test) | Trek Slash 8 29 (Zum Test) | YT Capra Comp 29 (Zum Test)


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Text: Fotos: Trev Worsey, Finlay Anderson