MERIDA baut erstklassige Bikes. Bei unserem letzten Trail-Bike-Vergleichstest schnappten sie sich den Testsieg und auch ihre E-MTBs sind der Hammer. Mit seiner tollen Ausstattung weiß das MERIDA ONE-SIXTY 700 auch diesmal zu gefallen, doch für aktive Fahrer gibt es ein Problem, das sich kaum ignorieren lässt.

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste 2020er Enduro-Bike unter 3.500 € – 9 Bikes im Test

MERIDA ONE-SIXTY 700 | 170/165 mm (v/h) | 15,1 kg in Größe L | 3.199 € | Hersteller-Website

Das MERIDA ONE-SIXTY 700 im Detail

Das 15,1 kg schwere MERIDA ONE-SIXTY 700 weiß auf den ersten Blick zu gefallen. Mit einer tollen Ausstattung, umwerfend schönen Lackierung und massenhaft Federweg konnten wir seinen Test kaum erwarten. MERIDAs Carbon-Bikes sind echte Schönheiten und wir verliebten uns auf der Stelle in die „black chrome“-Lackierung des 27,5”-ONE-SIXTY 700. Doch anders als bei den High-End-Modellen kann der Look des Aluminium-Modells mit seinen zweigeteilten Rohren am Steuerrohr nicht überzeugen. Dieser tritt aber nur bei den Rahmengrößen L und XL auf. Von der Ästhetik mal abgesehen ist die Ausstattung grundsolide. Das Fahrwerk besteht aus einer RockShox Yari RC-Federgabel mit satten 170 mm Federweg und einem RockShox Super Deluxe Select+ Dämpfer mit 160 mm. Bei ihm handelt es sich um das einfache Modell, das heißt, neben dem Climb Switch gibt es keine Möglichkeit zur externen Einstellung der Low-Speed-Druckstufe. Schalthebel und Schaltwerk kommen von der bewährten 12-fach Shimano XT-Gruppe und für die Verzögerung sorgen die beeindruckend guten SLX M7120-Vierkolbenbremsen, gepaart mit 200/180 mm-Scheiben. MERIDA verbaut zudem hauseigene Komponenten in Form der 150 mm Expert TR-Teleskopsattelstütze, sowie Lenker und 40-mm-Vorbau. Das Bike rollt auf MERIDAs eigenen Aluminium-Laufrädern mit 29 mm Innenweite und bei den Reifen handelt es sich um den MAXXIS Assegai und MAXXIS Minion DHRII mit EXO+ Karkassen – top.

Altmodisch
Die 27,5”-Laufräder fühlten sich an einem Enduro-Bike mit massig Federweg vom Start weg in die Jahre gekommen an. Auf ruppigen Trails muss man damit viel härter arbeiten.
Tauchgang
Für unseren Geschmack tauchte die 170 mm-YARI RC in Kurven zu stark weg. Wir würden daher die Anzahl der Tokens in der Federgabel erhöhen oder gleich ein 2021er DebonAir-Upgrade durchführen.
Eine Optik, die nur eine Mutter liebt
Der Rahmen besitzt eine Ästhetik, die nur eine Mutter lieben kann. Die kleineren Größen ohne Lücke zwischen dem Ober- und Unterrohr sehen weitaus ansprechender aus.

MERIDA ONE-SIXTY 700

3.199 €

Specifications

Fork RockShox Yari RC 170 mm
Rear Shock RockShox Super Deluxe Select+ 165 mm
Seatpost MERIDA Expert TR 170 mm
Brakes Shimano SLX M7120 200/180 mm
Drivetrain Shimano XT M8100 1x12
Stem MERIDA Expert TR 40 mm
Handlebar MERIDA Expert TR 780 mm
Wheelset MERIDA Expert TR 27.5"
Tires MAXXIS ASSEGAI / MAXXIS Minion DHRII 2,5"/2,4"

Technical Data

Size S M L XL
Weight 15,1 kg

Specific Features


Sexy Lackierung
Die „black chrome“-Lackierung sieht unheimlich sexy aus, doch die Schönheit des Bikes ist nur oberflächlich
Schlechte Wahl
Wir würden den Dämpfer-Tune am RockShox Super Deluxe Select + ändern, weg vom schwachen Druckstufen-Tune, hin zu mehr Dämpfung
Coole Features
Das unter dem Sattel versteckte Multitool ist genial und super praktisch für schnelle Reparaturen am Wegesrand
Ein wenig zu simpel
Die simple hauseigene Teleskopsattelstütze beeindruckte uns wenig und ließ sich aus manchen Sitzpositionen heraus nur sehr schwergängig aktivieren

Die Geometrie des MERIDA ONE-SIXTY

Man kann durchaus sagen, dass das MERIDA ONE-SIXTY nicht gerade die modernste Geometrie mitbringt. Der Sitzwinkel fällt mit 75° überaus flach aus und das Sitzrohr ist mit 470 mm ziemlich lang. Auch das Tretlager sitzt relativ hoch, bei einer Absenkung von 6 mm (damit ist das Tretlager ganze 9 mm höher als am Canyon Torque, dem anderen 27,5”-Bike in diesem Test). Aufgrund der kompakten, 430 mm kurzen Kettenstreben sitzt der Fahrer weit hinten über dem Hinterrad. Das lange 125-mm-Steuerrohr sorgt dennoch für einen ausreichend hohen Stack von 613 mm und durch den 474 mm-Reach fühlt sich das Bike angenehm geräumig an.

Größe S M L XL
Sattelrohr 400 mm 430 mm 470 mm 490 mm
Oberrohr 559 mm 591 mm 630 mm 648 mm
Steuerrohr 105 mm 110 mm 125 mm 130 mm
Lenkwinkel 65,3° 65,3° 65,3° 65,3°
Sitzwinkel 75,0° 75,0° 75,0° 75,0°
Kettenstrebe 430 mm 430 mm 430 mm 430 mm
BB Drop 6 mm 6 mm 6 mm 6 mm
Radstand 1.157 mm 1.189 mm 1.223 mm 1.247 mm
Reach 410 mm 440 mm 474 mm 490 mm
Stack 595 mm 599 mm 613 mm 617 mm

Das MERIDA ONE-SIXTY 700 fühlt sich in die Jahre gekommen an, mit einem unterdämpften Hinterbau, bei dem Komfort über Support und Feedback steht.

Helm Endura MT500 | Brille 100% Speedcraft | Jersey Loose Riders Bad Trip
Shorts TLD Ruckus | Schuhe FiveTen Impact VXi

Großer Federweg, große Enttäuschung – Das MERIDA ONE-SIXTY auf dem Trail

Nimmt man auf dem MERIDA ONE-SIXTY Platz, so ist das eine komfortable Angelegenheit: Die Sitzposition ist aufrecht und entspannt und wirkt kompakter, als es der 474-mm-Reach vermuten lassen würde. Bergauf fühlt sich der altmodische 75°-Sitzwinkel sogar noch flacher an, da das Bike tiefer in den Federweg sackt, je steiler der Uphill wird. Auch wenn es auf den Anstiegen nicht das langsamste Bike im Test war, windet es sich eher in gemütlicher Manier nach oben und bevorzugt sitzendes Pedalieren anstelle von schnellen Zwischensprints. Bei niedrigen Geschwindigkeiten bergab ist das Handling ausgewogen, die kleinen 27,5”-Laufräder sind wendig und direkt. Dadurch lassen sich Kurven mühelos aus einer zentralen Position im Bike einleiten. Das Tretlager ist hoch, daher steht man in Kompressionen und Anliegern mehr auf statt im Rad, aber der sensible Hinterbau gestaltet die Sache spaßig. Doch sobald es mit höheren Geschwindigkeiten bergab geht, gerät das MERIDA ONE-SIXTY schnell an seine Grenzen. Das Problem ist hauptsächlich der sehr feinfühlige, aber unterdämpfte Hinterbau. Bei niedrigen Geschwindigkeiten arbeitet er schluckfreudig und sensibel, besitzt dann aber viel zu wenig Progression und Reserven. Das führt dazu, dass der RockShox Super Deluxe-Dämpfer seine kompletten 165 mm an Federweg viel zu schnell freigibt. Nur zum Vergleich: Das MERIDA hat eine Progression von 9 %, beim YT CAPRA sind es ganze 40 %. Diese Werte darf man zwar nicht einzeln betrachten und mehr Progression ist nicht unbedingt besser – hier ist es aber klar zu wenig.

Ohne die Option, die Low-Speed-Druckstufe am Dämpfer einzustellen, war es für uns nicht möglich, das Bike so abzustimmen, dass es nicht durch den mittleren Bereich des Federwegs rauschte. Dadurch fühlt sich das Rad so an, als hätte man nur 140 mm am Heck zur Verfügung. Standardmäßig sind beim MERIDA zwei Volumenspacer im Dämpfer installiert. Ein dritter hilft zwar bereits, aber wir würden uns trotzdem noch mehr Support wünschen. Sobald es ruppig wird, zeigt sich der mangelnde Support aus dem Fahrwerk, wodurch das Bike bei großen, harten Schlägen unberechenbar ist. Das undefinierte Fahrgefühl wird auch durch die Yari-Federgabel mit 170 mm nicht besser, die eine ganze Menge Druckstufen-Dämpfung benötigt, um nicht zu tief in ihren Federweg einzutauchen – was wiederum zu einem schlechten Ansprechverhalten führt. Punkten kann das MERIDA bei weniger aggressiven Fahrern, die das Bike als sehr komfortabel empfinden. Weitere Highlights sind der hervorragende Shimano XT-Antrieb, der einwandfrei funktioniert sowie die SLX-Bremsen mit ihren 203/180 mm-Bremsscheiben. Sie verzögern kraftvoll und bieten dennoch viel Gefühl und eine gute Modulation. Auch die MAXXIS ASSEGAI 2,5 WT-Reifen inklusive EXO+ Karkasse haben uns absolut überzeugt. Sie beschleunigen gut und boten massiven Grip auf den für diese Jahreszeit ungewöhnlich trockenen Trails.

Wie schlägt sich das MERIDA im Vergleich?

Verglichen mit den restlichen Testkandidaten fühlte sich das unterdämpfte MERIDA bei hohen Geschwindigkeiten schnell nervös an. Das liegt zum einen an den kleineren Laufrädern, zum anderen am Hinterbau, der selbst nach Installation aller möglicher Volumenspacer zu schnell durch den Federweg rauscht. Ihm fehlt es schlicht an Druckstufen-Dämpfung. Die Folge ist ein unruhiges Fahrverhalten, wodurch das Feedback vom Untergrund reduziert wird und es zudem schwerer fällt, abzuschätzen, wie das Bike bei Schlägen reagieren wird. Mit seinem Federweg sollte das MERIDA ONE-SIXTY 700 eigentlich locker in der Lage sein, mit dem (kurzhubigeren) Ibis Ripmo AF mitzuhalten, aber das Ibis lässt das MERIDA weit hinter sich. Der engste Konkurrent des MERIDA ist am ehesten noch das Canyon Torque. Beide teilen sich dieselbe Laufradgröße und besitzen viel Federweg, aber der progressive Hinterbau des Canyon ist deutlich besser geeignet, es mit großen Schlägen aufzunehmen und mit Vollgas unterwegs zu sein.

Tuning-Tipps: Volumenspacer im RockShox Super Deluxe-Dämpfer

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Das MERIDA ONE-SIXTY 700 fühlt sich in die Jahre gekommen an und wurde in unserem Test deklassiert. Es ist kein schlechtes Bike, allerdings ist es leider auch kein besonders gutes – gerade im Hinblick einer immer größer werdenden Konkurrenz. Sein massiver Federweg fühlt sich nach deutlich weniger an, daher ist es am besten geeignet für entspannte Fahrer, die nach einem schluckfreudigen und komfortablen Bike suchen. Für einen aktiven Fahrstil fehlt es dem Bike an Support aus dem Fahrwerk.

Tops

  • wendig und spaßig auf leichten Trails
  • super schicke Chrom-Lackierung
  • kraftvolle Shimano SLX-Bremsen

Flops

  • der Hinterbau ist unterdämpft und rauscht durch seinen Federweg
  • 170 mm Yari-Federgabel sackt im steilen Gelände weg
  • Sitzwinkel zu flach

Mehr Informationen findet ihr unter merida-bikes.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste 2020er Enduro-Bike unter 3.500 € – 9 Bikes im Test

Alle Bikes im Test: Canyon Torque AL 6.0 (Zum Test) | GIANT Reign SX 29 (Zum Test) | Ibis Ripmo AF Coil (Zum Test) | MERIDA ONE-SIXTY 700 | Nukeproof Mega 290 Expert (Zum Test) | Privateer 161 (Zum Test) | Propain Tyee CF (Zum Test) | Trek Slash 8 29 (Zum Test) | YT Capra Comp 29 (Zum Test)


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Text: Fotos: Trev Worsey, Finlay Anderson