Die Endurobikes in diesem Vergleichstest lassen Herzen höher schlagen und sorgen für richtig schwitzige Hände bei Bike-Enthusiasten. Es sind echte Traumbikes und doch eignet sich nicht jedes der Bikes für jeden Fahrer. Wir haben die 9 Modelle auf den Spuren der Trans-Provence ausgiebig getestet.

Machen wir uns nichts vor: Die meisten von uns haben in ihrer Garage zwar Platz für mehr als ein Bike, doch entweder die bessere Hälfte, der Geldbeutel, die Vernunft, mangelnde Zeit oder eine Kombination aus all diesen Faktoren untersagt das Investment in mehr als ein Bike. Was wir also brauchen, ist ein echter Alleskönner, der sowohl auf den geliebten Hometrails als auch auf Shuttle-Runs in Finale Ligure oder beim Bolzen im Bikepark eine gute Figur macht. Gleichzeitig sollte das Rad aber noch einigermaßen passabel bergauf klettern, um auch mal eine längere Tour unternehmen zu können.

Redefining Enduro

Über die letzten Jahre sind Trailbikes immer potenter geworden und so für viele Biker mittlerweile der ideale Begleiter in ihrem Alltag. Doch es gibt Jungs und Mädels, die wollen mehr: mehr Performance bergab, mehr Reserven im anspruchsvollen Terrain, mehr Speed. Für sie alle sind Enduros genau die richtigen Bikes!

Das Testfeld in diesem Vergleich

Das Testfeld in diesem Vergleich umfasst neun spannende Enduros der kommenden Saison. Alle Bikes haben eins gemein: Sie werden von ihren Herstellern als waschechte Endurobikes vermarktet. Doch schon bei einem Blick auf die Eckdaten wird klar, dass sie sich deutlich unterscheiden. So finden sich in diesem Test fünf 27,5”-Bikes und vier 29er mit Federwegen von 150 bis 170 mm. Der wohl größte Unterschied liegt jedoch im Preis. Mit 9.899 € kostet das teuerste Bike im Test fast doppelt so viel wie das mit 4.999 € günstigste Bike.

Bike Preis Gewicht Federweg Laufradgröße
Cannondale Jekyll 1 7.499 € 13,30 kg 170 mm/165 mm 27,5″
Canyon Strive CF 9.0 4.999 € 13,15 kg 170 mm/160 mm 27,5″
Evil The Wreckoning X01 7.499 € 14,03 kg 160/160 mm 29″
Kona Process 153 CR 27,5 5.499 € 13,70 kg 160/153 mm 27,5″
Merida ONE-SIXTY 8000 6.999 € 13,61 kg 170/160 mm 27,5″
Orbea Rallon M-Team 6.689 € 13,72 kg 160/150 mm 29″
Santa Cruz Nomad 4 CC XX1 9.899 € 13,39 kg 170/170 mm 27,5″
Specialized Enduro 29 Pro 7.499 € 13,65 kg 160/160 mm 29″
Trek Slash 9.8 5.499 € 13,95 kg 160/150 mm 29″

Cannondale Jekyll 1
170/165 mm (v/h) | 13,30 kg | 7.499 €

Canyon Strive CF 9.0
170/160 mm (v/h) | 13,15 kg | 4.999 €

EVIL The Wreckoning X01
160/160 mm (v/h) | 14,03 kg | 7.499 €

Kona Process 153 CR 27,5
160/153 mm (v/h) | 13,70 kg | 5.499 €

Merida ONE-SIXTY 8000
170/160 mm (v/h) | 13,61 kg | 6.999 €

Orbea Rallon M-Team
160/150 mm (v/h) | 13,72 kg | 6.689 €

Santa Cruz Nomad XX1
170/170 mm (v/h) | 13,39 kg | 9.899 €

Specialized Enduro PRO 29
160/160 mm (v/h) | 13,65 kg | 7.499 €

Trek Slash 9.8
160/150 mm (v/h) | 13,95 kg | 5.499 €

Warum habt ihr das Rad XY nicht getestet?

Die Auswahl der Testbikes richtet sich in erster Linie nach den Ergebnissen unserer Leserumfrage. Wir testen die Bikes, die euch am meisten interessieren. Natürlich hatten wir noch einige weitere Marken wie YT, Intense oder Transition zu diesem Vergleichstest eingeladen. Doch sie hatten entweder keine Testbikes verfügbar oder wollten sich der Herausforderung nicht stellen.

Was zählt, ist Fahrspaß!

Was gibt es Besseres, als mit den Kumpels im Train über einen unbekannten Trail zu heizen? Richtig: nichts! Was beim Biken wirklich zählt, sind der Fahrspaß, das Abenteuer und das Gemeinschaftsgefühl bei einem kühlen After-Ride-Beer mit den Kumpels. Um den Spirit von Enduro auch im kalten Januar voll auszuleben, sind wir ins warme Südfrankreich gereist und haben die Räder 10 Tage lang auf den Spuren der legendären Trans-Provence auf staubigen und steinigen Trails rund um Sospel getestet. Das achtköpfige Testteam hat den Bikes vor Ort ordentlich auf den Zahn gefühlt und dabei einige spannende Erkenntnisse gewonnen.

29er überrollen die Konkurrenz

Die Zeiten, in denen 29”-Laufräder automatisch ein behäbiges Handling bedeuteten, sind endgültig vorbei. Alle 29er in diesem Test begeistern mit einem sehr ausgewogenen Fahrverhalten und einem hohen Maß an Agilität. Sie lassen sich genauso direkt und spielerisch manövrieren wie die 27,5”-Modelle, überzeugen aber gleichzeitig mit einem spürbaren Plus an Traktion, Grip und einem deutlich besseren Überrollverhalten. Je rougher ein Trail wird, umso deutlicher brillieren die 29er. Natürlich gibt es auch sehr gute 27,5”-Bikes, doch wir sind uns sicher: Im Enduro gehört die Zukunft den 29ern!

Fahrspaß hängt nicht zwangsläufig von der Ausstattung ab!

Wer glaubt, der Fahrspaß seines Bikes sei abhängig von der verbauten Ausstattung, der irrt! Eine superteure Schaltung sieht zwar schick aus, beeinflusst das Handling bergab jedoch nicht. Obendrein werden günstige Parts immer besser. Das zeigt z. B. die SRAM CODE R am Specialized Enduro, die kraftvoll zupackt und sich gut dosieren lässt, oder die FOX 36 FLOAT Performance am Trek Slash, die trotz einfacher Dämpfung sehr gut funktioniert.

… doch es gibt auch Luft nach oben

Aber nicht alle Komponenten können überzeugen. Speziell große Firmen wie Trek und Specialized verbauen viele eigens entwickelte Anbauteile, deren Performance leider nicht nicht mit der Konkurrenz mithalten So klappern sowohl die Bontrager- als auch die Specialized-Teleskopstütze lautstark und auch die von beiden Firmen verbauten Reifen kommen noch nicht ganz an die Qualität von MAXXIS ran.

Was ist nur mit den Sitzwinkeln los?

Klar, mit einem Endurobike will man keine Bergsprints gewinnen, doch wenn man vor jeder Testfahrt den Sattel erst einmal ganz nach vorne schiebt, scheint der Sitzwinkel der meisten Bikes derzeit noch viel zu flach zu sein. Dabei ist gerade die Sitzposition sowohl für die Effizienz als auch für den Fahrkomfort entscheidend. Gerade Fahrer mit langen Beinen können davon ein Lied singen. Sowohl beim Evil Wreckoning, Kona Process als auch beim Trek Slash flacht sich der Sitzwinkel bei zunehmendem Sattelauszug stark ab. Am angenehmsten nimmt man auf dem Orbea Rallon Platz. Hier sitzt man angenehm aufrecht und sehr zentral.

Wenn aus Enduros plötzlich Freerider und Downhiller werden

Kann ein Bike auch zu viel Abfahrtsperformance bieten? Das ist sicher eine Frage der Sichtweise, wer jedoch nicht ständig auf den härtesten Strecken dieser Welt unterwegs ist und bergab nach der Bestzeit sucht, dem können das Evil Wreckoning und das Santa Cruz Nomad sogar zu viel Reserven bieten. Beide Bikes fahren bergab wie auf Schienen und bügeln alles platt, was man ihnen vorwirft. Ihre Hinterbauperformance ist outstanding, die Geometrie nicht aus der Ruhe zu bringen – und genau das ist ihr Problem. Es sind grandiose Bikes für alle, die nach absoluten Baller-Bikes suchen und ihre eigenen Grenzen neu ausloten wollen. Aber sie sind eben auch zu viel Bike für alle, die gerne auch mal auf einem Flow-Trail oder im flacheren Gelände unterwegs sind. In diesem Vergleichstest schießen sie etwas über das Ziel hinaus. Wer aber auf Vollgas steht, wird diese beiden Räder lieben!

Tops & Flops

Oftmals sind es die Details, die den Unterschied machen: gelungene Integration, erstklassige Ergonomie und mit bedacht gewählte Komponenten. Hier findet ihr alle Tops und Flops der Bikes aus unserem großen Vergleichstest.

Tops

Lass den Rebell in dir frei!
Das Canyon Strive CF Pro begeistert noch immer mit seinem sehr agilen Handling. Dank des hohen Stacks in Kombination mit dem Riser-Lenker steht man sehr integriert im Bike und kann es gut über das Hinterrad steuern.
Immer zur Hand
Specialized verstaut das Minitool und den Kettennieter im Steuerrohr. Das Tool ist dadurch sofort zur Hand – genial!
Herausragend!
Der Hinterbau des Evil Wreckoning ist eine Klasse für sich! Kein Bike fühlt sich so plush an und vermittelt so viel Sicherheit. Trotzdem sackt der Hinterbau nicht weg und gibt gutes Feedback. So muss das sein!
Detailliebe auf neuem Level
Die Verarbeitungsqualität des Santa Cruz Nomad und die Liebe zum Detail sind sensationell! Hier bemerkt man an jeder Einzelheit, wie viel Know-how in das Rad geflossen ist. Das macht sich auch auf dem Trail bemerkbar – kein Bike war leiser als das Nomad!

Flops

Klappern
Die Bontrager Drop-Line Sattelstütze klappert nicht nur deutlich hörbar, die Klemmung am Zug hat sich während unseres Tests auch mehrfach gelöst. Hier sollte man besser direkt auf ein anderes Modell upgraden.
Geringer Hub
Die Grundidee ist grandios! Bei der Specialized Command Post IRcc WU neigt sich das Heck des Sattels weiter nach unten, wodurch sich das Rad hervorragend mit den Beinen steuern lässt. Leider ist der Hub der Stütze mit 100 mm (+5 cm am Heck des Sattels) zu gering.
Super eng
Die Reifenfreiheit im Hinterbau des Evil Wreckoning ist leider sehr begrenzt. Speziell bei matschigen Bedingungen kommt es hier schnell zu unangenehmen Schleifspuren.
Zu speziell
Der MAXXIS Minion SS ist ein grandioser Hinterreifen für trockene, harte Böden. Für den Allround-Einsatz fehlt es ihm jedoch an Bremstraktion und Spurstabilität.

  Wir haben jedoch den perfekten Allrounder gesucht. Ein Rad, das sowohl im Mittelgebirge als auch im Bikepark oder bei einem Enduro-Rennen eine gute Figur macht. Kurz: ein Rad, das alles kann.

Welches Bike würdest du deinem besten Kumpel empfehlen?

Diese Frage steht bei uns als Zielsetzung über jedem Test. Mittlerweile gibt es zwar nur noch wenig total beschissene Bikes – und in diesem Vergleich war keines davon dabei. Dennoch hat jedes dieser Enduros einen sehr eigenen Charakter, eigene Stärken und eigene Schwächen. Wir haben jedoch den perfekten Allrounder gesucht. Ein Rad, das sowohl im Mittelgebirge als auch im Bikepark oder bei einem Enduro-Rennen eine gute Figur macht. Kurz: ein Rad, das alles kann.
Leider hatten alle Bikes in diesem Test Schwachpunkte. Während sich jedoch Fehler in der Ausstattung mit etwas Geld beheben lassen, kann man das Handling und die Hinterbauperformance eines Bikes nur eingeschränkt verändern. Wie sich die einzelnen Bikes fahren und für wen sie geeignet sind, erfahrt ihr in den einzelnen Tests auf den nachfolgenden Seiten.

Am Ende sind es das Trek Slash 9.8 und das Specialized Enduro 29 Pro, die sich trotz Schwächen in der jeweiligen Ausstattung gegen die Konkurrenz durchsetzen. Das mit 5.499 € relativ günstige Trek Slash verzichtet zwar auf edle Komponenten, begeistert aber mit seinem unglaublich guten Hinterbau. Dank des neuen Thru Shaft-Dämpfers bietet das Rad noch mehr Traktion bei gleichzeitig sehr gutem Feedback vom Untergrund. Bergab besitzt das Slash den perfekten Mix aus Laufruhe und Agilität, wodurch es sich nicht nur sehr gutmütig handeln lässt, sondern auch auf den anspruchsvollsten Trails absolut souverän auf Kurs bleibt. Gebremst wird das Trek nur vom zu flachen Sitzwinkel, durch den speziell größere Fahrer sehr weit über dem Hinterrad sitzen. Dennoch sichert sich das Bike unseren Kauftipp.

Kauftipp – Trek Slash 9.8

Das Specialized Enduro 29 Pro klettert im Vergleich zum Trek Slash deutlich angenehmer und komfortabler bergauf und sprintet bei kurzen Antritten williger nach vorn. Es kann bergab mit seinem längeren Hauptrahmen punkten, wodurch es zwar etwas mehr Körpereinsatz in Kurven erfordert, aktive Fahrer dafür aber mit herausragendem Speed und enormem Fahrspaß belohnt. Das Fahrwerk arbeitet ebenfalls auf sehr hohem Niveau, ist jedoch etwas weniger feinfühlig als bspw. beim Trek oder Evil. Es wirkt jedoch nie überfordert und gibt im Gegenzug mehr Feedback vom Untergrund. Innovative Details wie die SWAT-Box im Unterrohr oder die Tool-Integration im Steuerrohr runden das sehr gute Gesamtpaket ab und lassen uns über die klappernde Teleskopstütze mit etwas geringem Verstellbereich hinwegsehen. Unser Testsieger!

Testsieger – Specialized Enduro Pro 29

Alle Bikes im Test

Cannondale Jekyll 1 | Canyon Strive CF 9.0 | Evil The Wreckoning X01 | Kona Process 153 CR 27,5 | Merida ONE-SIXTY 8000 | Orbea Rallon M-Team | Santa Cruz Nomad 4 CC XX1 | Specialized Enduro 29 Pro | Trek Slash 9.8

Ihr sucht nach Bikes mit weniger Federweg? Dann seid ihr hier richtig: Everyday Heroes – 6 edle Trailbikes für maximalen Fahrspaß im Test


Alle Infos zum Biken in Sospel

Ash Smith, der Godfather der Trans Provence hat gemeinsam mit einigen Kollegen in der Region rund um Sospel ein grandioses Trailnetz mit mehr als 30 Wegen ausgewiesen. Wer die Region entdecken möchte, findet auf der Trans Provence Website alle Infos zu den Trails, Shuttle Services und auch der passenden Unterkunft.

Dieser Artikel ist aus ENDURO Ausgabe #032

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Text: Fotos: Christoph Bayer, Valentin Rühl