Bei der Specialized-SRAM Enduro Series vergangenes Wochenende wurde im Fahrerlager zum wiederholten Male Kritik an der Organisation des Rennens laut. Dabei wurden Themen wie Streckenwahl, Ab-/Umstecken der Strecken, Beschilderung der Transfers und die sanitäre Ausstattung des Start-/Ziel-Bereichs und des Fahrerlagers angesprochen. Grund genug für uns, diese Themen aufzugreifen und sowohl Teilnehmer als auch den Veranstalter zu Wort kommen zu lassen.

Die Organisation eines Rennens stellt für alle Beteiligten einen riesigen Aufwand dar, der nur durch die langfristige Mitarbeit vieler freiwilliger Helfer gestemmt werden kann. Es ist jedoch auch so, dass die Specialized-SRAM Enduro Series die größte Serie im deutschsprachigen Raum ist. Angesichts dessen und der Startgebühr von 50 € erwarten die Teilnehmer hier also zu Recht ein entsprechendes Niveau sowohl bei der Streckenwahl als auch bei der Organisation.
Was genau alles nicht rund lief und was den Teilnehmern vielleicht doch ganz gut gefiel, fassen wir hier thematisch kurz zusammen und versuchen, die Ursachen zu erklären.

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Die Stages und das Flatterband

Ein großes Thema waren das Abflattern der Stages und die Veränderungen, die daran zwischen dem Training am Samstag und dem Rennen am Sonntag vorgenommen wurden.

Leider wurden auch dieses Jahr wieder dieselben Fehlern an genau den gleichen Stages gemacht, die bereits in den Jahren zuvor mehrmals kritisiert wurden, wie z. B. dass Strecken zum Trainingsbeginn noch nicht fertig aufgebaut waren. An anderen Stellen wurden während des Trainings wieder Kurvenänderungen vorgenommen, was einfach nicht geht.

-Markus Reiser (FOCUS Trail Team), 1. Platz Elite Men


Das erneute und nachträgliche Abbandeln während des Trainings geht nicht. Für was gibt es sonst ein Training mit Linienwahl, wenn die Linien im Rennen nicht mehr möglich sind?


-Tommy Umbreit (Redheads TEAM/RC Schnaittachtal), 1. Platz Pro Masters

Das Rennen selber war etwas chaotisch. Samstag fehlten fast überall die Schilder „Start/ Ziel“ der jeweiligen Stages und die Pfeile mit den Richtungsangaben, wo es zu welcher Stage geht, waren rar. Auch abgeflattert wurde teilweise sparsam.

-Sandra Börner (Transalpes Factory Enduro Team), 4. Platz Elite Women

Der Anspruch der Fahrer ist vollkommen nachvollziehbar, macht ein Training am Samstag doch nur begrenzt Sinn, wenn die Linien, die man sich dabei zurechtgelegt hat, am Sonntag mit Flatterband abgesperrt sind. Die Ursache des Problems ist hier jedoch nicht nur beim Veranstalter zu suchen:


Auf Stage 5 wurden dieses Jahr Absperrungen mit Flatterband im Training von Rennfahrern durchfahren. Dies wurde zum Teil erst nach einiger Zeit von uns bemerkt und wieder repariert.


-Peter Brodschelm, Organisator

Hier wäre es auch wünschenswert, dass die Fahrer das Flatterband nach einem eventuellen Durchfahren wieder zusammenknoten. Damit bricht man sich keinen Zacken aus der Krone, erspart dem sowieso knappen Personal des Rennens Arbeit und sorgt für faire Wettbewerbsverhältnisse. Dennoch war die Ausschilderung der Strecken im Training lückenhaft und durchfahrenes Flatterband sollte zeitnah repariert werden. Genauso sollten die Strecken so abgeflattert bleiben, wie sie es zum Beginn des Trainings waren.

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Die (Nicht-)Stage 4

Für sehr gemischte Reaktionen sorgte auch Stage 4 sowie der Entschluss, die Stage nach Beschwerden der Fahrer aus dem Rennen zu nehmen, den ca. 600 Höhenmeter langen Uphill jedoch im Rennen zu belassen:


Eine angespannte Stimmung legte sich am Samstag im Training unter die Fahrer, nachdem wir die 600 hm Rampe zu Stage 4 mehr geschoben haben als gefahren sind und sich oben der erhoffte Trailspaß nur als Enttäuschung herausstellte. Eine Stage auf ,,affenkopfgroßen“, losen Geröllsteinen mit zusätzlichem Asphalt mit Splittern oben drauf ist nicht nur einfach gefährlich und riskant bei Renntempo, sondern macht schlicht und ergreifend auch einfach keinen Spaß. Die Anstiege sind nur ,,Mittel zum Zweck“ und nach jedem Anstieg müssen auch gute Trails kommen.


-Ferdinand Brunold, 7. Platz Elite Men


Die Strecke führte nach einem sehr kurzen Trailstück auf eine grobsteinige Waldstraße, die zwischendurch mit glitschigen Betonpassagen bestückt war, an aufspießerischen, am Wegrand und im Weg liegenden (oder lauernden) Baumstämmen mit abgebrochenen Ästen (entgegen der Fahrtrichtung) vorbei. Zwischendurch dann ca. 50 cm große, mit Flatterband umwickelte Steinbrocken mitten im Weg als bewusstes Hindernis. Das war einfach nur gefährlich, was die Rennleitung dann nach mehreren Rückmeldungen auch zur Kenntnis nahm und die Stage nicht in die Zeitmessung nahm.
Leider, und das zum Unverständnis vieler, musste der Anstieg zur 4 trotzdem gemacht werden, gefühlt senkrecht 30–45 Minuten die Asphalt-/Betonstraße um die Mittagszeit hochschieben. Verpflegungsposten gab es leider keinen.


-Monika Büchi (Schmid Velosport/RC Gränichen), 1. Platz Elite Women

Stage 4 war einer der Hauptkritikpunkte der Teilnehmer. Aufgrund des Verletzungsrisikos im Falle eine Sturzes im Renntempo war die Entscheidung, hier keine Zeitnehmung vorzunehmen, vollkommen nachvollziehbar.


Nach dem Training hat sich gezeigt, dass ein Teil der Fahrer mit der Strecke überfordert war, ein Teil der Top-Fahrer sah an einigen Abschnitten zu viele Gefahren im Renntempo. Diese Hinweise haben wir (z. T. mit den Fahrern ) diskutiert und schließlich der Sicherheit wegen auf eine Zeitnahme verzichtet. Die Strecke musste aber gefahren werden, weil wir nur für diese eine Erlaubnis hatten.
Enduro ist kein Downhillrennen, weil hier u. a. die Ausdauerkomponente zum Tragen kommt. Das Reglement sieht bis zu 1.500 Hm vor und so haben wir die Auffahrt zur Wertungsprüfung 4 für das Rennen als notwendig gesehen.


-Peter Brodschelm, Organisator

Schlussendlich hatten die Veranstalter einfach keine andere Wahl, als den Anstieg zu Stage 4 im Rennen zu belassen. Darüber hinaus muss man auch bedenken: Wäre auch der lange Anstieg zu Stage 4 aus dem Rennen genommen worden, hätte Kritik an den wenigen Höhenmetern bei einem Rennen im Alpenraum wahrscheinlich nicht lange auf sich warten lassen.

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Sanitäre Anlagen beim Camping und im Start-/Ziel-Bereich


Die Campingmöglichkeiten waren super – leider waren die Duschen abgeschlossen und es gab nur ein einziges Schild als Wegweiser.


-Sandra Börner (Transalpes Factory Enduro Team), 4. Platz Elite Women


WC- und Duschwagen braucht es nächstes Mal zwingend! Das war eine Zumutung!


-Monika Büchi (Schmid Velosport/RC Gränichen), 1. Platz Elite Women

Von mehreren Fahrern wurden auch die wenigen Toiletten im Start-/Ziel-Bereich und das Fehlen von Duschcontainern angesprochen. Die Frage, warum es bei Downhillrennen des gleichen Serienveranstalters kein Problem ist, solche aufzustellen, während das bei den Endurorennen nie geschieht, ist in diesem Kontext völlig berechtigt. Ebenso sollte die Beschilderung zu alternativen sanitären Anlagen ausreichend vorhanden sein. Schade ist hierbei jedoch, dass die Unterstützung für den Veranstalter vonseiten der Gemeinde sehr zu wünschen übrig ließ:

Camping ist im Gemeindebereich verboten. Für das Rennen wird es geduldet.
Unsere Gemeinde lebt zu ca. 30 % vom Tourismus, dem Rest ist es eher lästig. Wahrscheinlich hat es die Gemeinde auch aus diesem Grund noch nicht als notwendig gesehen, an öffentlichen Plätzen wie der Hochriesbahn die WC-Anlagen zu sanieren oder Mülltonnen aufzustellen.
Für das Rennen wurden die Duschen, WC und Umkleiden in der Schule am Sonntag von 9–18 Uhr zur Verfügung gestellt.


-Peter Brodschelm, Organisator

Zunächst einmal ist es natürlich positiv anzumerken, dass sanitäre Anlagen bereitgestellt wurden, wobei man dies als Teilnehmer bei einem Startgeld von 50 € auch erwarten darf. Lässt man die hier nicht optimale Ausschilderung außen vor, geben die Öffnungszeiten Anlass zu Kritik. Die ersten Prologläufe fanden um 18 Uhr, also zeitgleich mit der Schließung der Duschen statt, die letzten ca. um 19:30 Uhr. Eine Dusche danach war also leider nicht mehr möglich, was aber angesichts der Witterung durchaus wünschenswert gewesen wäre.

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Positives

Bei aller Kritik darf man nicht vergessen, dass die Veranstalter viel Mühe und Zeit in die Organisation des Rennens investiert haben. Eine Tatsache, die auch viele der Fahrer trotz aller Kritik zu würdigen wissen:

Ein Endurorennen ist superaufwändig zu organisieren und wir Fahrer sollten froh sein, wenn sich ein Verein findet, der diese Aufgabe übernimmt. Ein Verein ist keine Veranstaltungsagentur, die wöchentlich Rennstrecken abflattert und deshalb fehlt hier etwas die Erfahrung/Routine. Optimal war die Absperrung nicht, aber ich bin froh, dass sich überhaupt jemand die Arbeit macht und Rennen ohne großen persönlichen Verdienst organisiert.

-Ludwig Döhl (CUBE Action Team), 3. Platz Elite Men

Vorsicht, wer zu schnell kritisierend den Mund aufmacht, denn wir kennen alle nicht die Hintergründe und Strukturen der Veranstalter. Die Kritik der Fahrer wurde am Samstag nicht nur angenommen, sondern auch umgesetzt, was zur Streichung von Stage 4 führte. Auch wenn wir trotzdem die steilen 600 hm zu Stage 4 umsonst bezwingen mussten, waren wir alle froh, dass keine Zeit genommen wurde. Ein guter Zug des Veranstalters!

-Ferdinand Brunold, 7. Platz Elite Men

Um einmal in Relation zu rücken, welchen Aufwand die Veranstaltung eines Rennens bedeutet, auch hierzu ein kurzes Statement:

Für das Rennen haben wir 32 Personen zum Teil mehrere Tage im Einsatz, zusätzlich 25 Mann Bergwacht, Rennärzte und Feuerwehr. Wir haften für sämtliche Schäden (auch Flurschäden beim Parken/Camping/Rennen) und setzen uns für den MTB-Sport in der öffentlichen Wahrnehmung ein. Bisher müssen wir bei jeder SSES zwischen 3.000 und 5.000 € drauflegen, was unseren Idealismus unterstreicht.
Serien dieser Größenordnung sollten für die Zukunft mit einem geeignetem Budget ausgestattet werden, um die Bedürfnisse der Fahrer besser zu erfüllen.


-Peter Brodschelm, Organisator

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Wie kann man es besser machen?

Kritik ist wichtig und wertvoll, vor allem wenn sie konstruktiv eingebracht wird. Hierfür müssen zunächst auch die Problempunkte festgemacht werden. Einer davon liegt im Fehlen freiwilliger Helfer:

Wie ich von einem Streckenposten mitbekommen habe, mit dem ich jedes Jahr ins Gespräch komme, fehlten vorne und hinten Helfer, da der Chef sie alle zum Guiden eingesetzt hatte.

-Markus Reiser (Focus Trail Team), 1. Platz Elite Men

Es mangelte ganz eindeutig an Helfern, die sich um bestimmte Aufgabenbereiche kümmern und damit dem Veranstalter die für ihn wertvollste Ressource verschaffen: Zeit. Zeit, um sich um die Kleinigkeiten zu kümmern, um alle Stages selbst nochmal abfahren zu können und um sicherzugehen, dass alles komplett und eindeutig abgeflattert ist. Zeit, um ausgiebiger mit Grundbesitzern verhandeln zu können und um Klinken putzen zu gehen und so vielleicht neue Trails für das Rennen verwenden zu können.
Hierfür werden freiwillige Helfer gebraucht – was für ein Rennen auf die Beine gestellt werden kann, wenn diese geschlossen mithelfen, beweist der RC Germania Weißenburg 1894 in Treuchtlingen jedes Jahr aufs Neue.
Angesichts dessen drängt sich der Gedanke auf, dass Organisation und Manpower für ein erfolgreiches Endurorennen entscheidender sind als eine vermeintlich perfekt geeignete Topographie, wie sie am Samerberg gegeben ist. Auch um die folgende Frage kommt man also leider nicht herum:

Also das Problem ist, dass jede Strecke/Stage, die außerhalb des Bikeparks liegt, genehmigt werden muss. Somit bleiben nicht sehr viele coole Trails übrig. Da stellt sich mir dann nur die Frage, ob es wirklich Sinn macht, dort ein Rennen auszutragen.

-Steffie Teltscher (FOCUS), 7. Platz Elite Women

Auch wenn die seenreiche, landschaftlich malerische Region zum Biken einlädt, stellt sich die Kernfrage: Ist Samerberg und sind die Grundbesitzer für ein erfolgreiches Endurorennen geeignet ?

-Ferdinand Brunold, 7. Platz Elite Men

Darauf lässt sich leider keine definitive Antwort geben, nur so viel sei gesagt: Samerberg an sich bietet durch seine Topographie, den Bikepark und die Seilbahnen vor Ort sowohl die Infrastruktur als auch die Höhenmeter, um ein starkes Rennen zu veranstalten. Die angesprochenen Genehmigungen stellen sicher eine Herausforderung dar, andere Rennveranstalter in der Bundesrepublik schaffen es jedoch auch, die besten Trails ihrer Region in Rennen einzubauen.

Hierfür wären aber ein ganzjähriger Einsatz eines Planungsteams und dabei auch die Mithilfe von Freiwilligen nötig, die frühzeitig die Planung und Umsetzung bestimmter Abläufe übernehmen und die Kritik an dem Rennen dieses Jahr nutzen, um es nächstes Jahr besser zu machen – wir würden uns freuen.

Text: Martin Stöckl Bilder: Hanno Polomsky


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