Als das Team von Nukeproof seine neue Mega-Reihe vorstellte, waren wir alle ziemlich baff. 150 mm sind nichts Neues, sie mit 29″-Rädern zu paaren war allerdings ein unerwarteter Schachzug der Iren! Wir durften das Nukeproof Mega 290 Pro die letzten vier Monate fahren und herausfinden, wie sich das großspurige Vehikel auf den Trails anstellen würde.

Das Nukeproof Mega war ein Klassiker mit Kult-Status, den man gern auf den Hobby-Enduro-Events rund um den Globus sah. Das durchdachte Hobbybike verband robuste Qualität mit einer gut gewählten Geometrie und der Einfachheit eines Eingelenkers. Aber obwohl das Mega ein klasse Bike war, war es hässlich wie die Nacht. Der Rohrsatz sah so aus, als würde er einiges abkönnen, hatte dafür aber die Ästhetik von Chuck Norris’ Knien. Dieses Jahr brachte das Team von Nukeproof sein neues Mega heraus – und was war das für eine Augenweide! Es hat einen neuen Horst Link-Hinterbau und seine Silhouette hat deutlich abgespeckt, sodass das hässliche Entlein zum lang gestreckten Schwan wurde. Es wird das Mega in drei Varianten geben: Comp, Pro und Team. Wir haben das Pro-Modell für 4.299 € getestet.

Nukeproof Mega 290 Pro Standbild
Das neue Mega hat mit seinem hässlichen Vorfahren nur noch wenig gemeinsam. Es sieht auch im Stehen schnell aus und ist noch schneller, wenn es fährt.

Die Ausstattung des Nukeproof Mega 290 Pro

Die Ausstattung am Nukeproof Mega 290 Pro lässt keine Wünsche offen dank der vielseitigen RockShox PIKE RCT3 Solo Air mit 150 mm Federweg. Wir haben uns gefreut, diese Gabel an diesem Bike zu sehen, da man so die Progression mittels Bottomless Tokens (mindestens 2 bis 3 für Rennen) einstellen kann. Am Bike kommen viele Bauteile vom SRAM zum Einsatz, darunter ein vollständiger X01-Antrieb mit einem 32-Zahn-Kettenblatt, das von der 170 mm langen Kurbel angetrieben wird. Aufgrund des geringen Überstandes des Rahmens freuten wir uns, eine 150 mm RockShox Reverb-Sattelstütze am Bike zu finden. Die SRAM Guide RS-Bremsen stoppen auf 180-mm-Scheiben und die SRAM Roam 40-Laufräder mit Double Time-Naben vervollständigen das Rennpaket. Der Rest der Komponenten kommt von Nukeproof und wirkt robust. Der 50 mm lange Vorbau sieht gut aus und der 760 mm breite Lenker mit 20 mm Rise fühlt sich genau richtig an. Größere Fahrer fanden allerdings 780 mm, die sie entsprechen stutzen konnten, noch besser. Die Ausstattung schließt mit 2,35″ Schwalbe Magic Mary und Nobby Nic in TrailStar- und PaceStar-Mischungen.

Nukeproof Mega 290 Pro Antrieb
Der SRAM X01-Antrieb tat immer genau, wie ihm geheißen wurde.
Nukeproof Mega 290 Pro Bremsen
Auch wenn die Bremsen hervorragend verzögern, konnten wir beim Druckpunkt Unregelmäßigkeiten feststellen.
Nukeproof Mega 290 Pro Dämpferanlenkung
Der neue Horst Link-Hinterbau bietet kontrolliertes Fahren bei starkem Bremsen.

Die Geometrie des Nukeproof Mega 290 Pro

Größe S M L XL
Sattelrohr 381 mm 420 mm 458 mm 508 mm
Oberrohr 570 mm 595 mm 621 mm 642 mm
Steuerrohr 100 mm 100 mm 105 mm 110 mm
Lenkwinkel 66° 66° 66° 66°
Sitzwinkel 75,5° 75,5° 75,5° 75,5°
Kettenstrebe 45 mm 45 mm 45 mm 45 mm
Tretlagerabsenkung 30 mm 30 mm 30 mm 30 mm
Radstand 1172 mm 1197 mm 1224 mm 1246 mm
Reach 410 mm 435 mm 460 mm 480 mm
Nukeproof Mega 290 Pro Dämpfer
Wir fanden, dass 3 bis 5 Bottomless Tokens die Reserven des Hinterbaus merklich verbesserten.
Nukeproof Mega 290 Pro Vorbau
Mit seinen 29″-Laufrädern, einer langen Gabel und 20 mm Rise am Lenker steht dieses Bike ziemlich aufrecht. Wir entfernten recht früh alle Spacer unterm Vorbau.
Nukeproof Mega 290 Pro Federgabel
Die RockShox PIKE RCT3 ist immer gern gesehen. Eine klasse Gabel für Racer und Trail-Rider.

Bergauf mit dem Mega 290 Pro

Sobald man aufs Nukeproof 290 Pro steigt, weißss man, dass es gut bergauf geht. Die Fahrposition ist angenehm und bei 460 mm Reach bleibt genug Platz zum Atmen. Der hohe Lenker und die lange Gabel bringen das Bike vorne recht hoch, sodass die Front zu wandern beginnt, wenn man auf technischen Passagen im Sattel sitzt und tritt. Den Vorbau abzusenken schafft hier Abhilfe. Sobald sie mal in Fahrt sind, lassen sich die großen Räder nicht mehr stoppen. Es gibt kein Terrain, über das das große 290 nicht hinweg rollt. Es kombiniert den Vorwärtsdrang eines 29ers mit der zentralen Sitzposition eines kleineren Bikes, wodurch es auch technische Passagen und knifflige Kanten mit Leichtigkeit nimmt. Pedalrückschlag lässt sich im „Firm“-Modus des Debonair-Dämpfers gut loswerden, die 450 mm kurzen Kettenstreben halten die Front am Boden, wenn man Dampf auf die Pedale gibt. Das Nukeproof Mega 290 Pro ist ein fixer Kletterer. Man merkt, dass es viel Federweg hat, es muss allerdings nicht mit der Lethargie anderer Bikes dieser Federwegsklasse kämpfen.

Das Nukeproof Mega 290 Pro auf den Trails
Das ist genau das Richtige für das Mega: schnell, offen und steinig.
Der Tester hat Spaß auf dem Nukeproof Mega 290 Pro
Wenn es flowige Trails hinabschießt, zeigt das Mega 290 seine agile und selbstsichere Seite.
Nukeproof Mega 290 Pro im Praxiseinsatz
Aggressive Fahrer werden den verspielten Charakter des Nukeproof lieben.

Auf dem Nukeproof Richtung Tal

Manche Menschen denken, dass 150 mm nicht an ein 29er passen. Wir hingegen haben herausgefunden, dass dieser Mix auf der Suche nach reiner Geschwindigkeit die Entsprechung zu Benzin in einem Waldbrand ist. 150 mm Federweg und einen 66°-Lenkwinkel mit den größeren 29″-Rädern zu kombinieren, führt dazu, dass die Front deutlich höher ist als bei einem Bike mit 27,5″, besonders bei einem Lenker mit 20 mm Rise – wir hätten wohl zu einem Flatbar gegriffen. Als die Spacer noch unterm Vorbau waren, machte sich das Mega manchmal in Kurven unter seinem Fahrer davon. Dadurch war es schwierig, das Vorderrad anständig zu belasten, um Grip zu generieren. Den Vorbau bis auf den Steuersatz abzusenken war eine Offenbarung, der Schwerpunkt verlagerte sich nach vorne und man konnte das Vorderrad in engen Kurven pressen, was das Potenzial des Fahrwerks freigab. Nachdem dieses Problem gelöst war, war das Mega 290 ein furchtloser Downhiller, dessen Fahrwerk alle Schläge auffraß, die die großen Räder nicht einfach überrollten. Im Vergleich zur 27,5″-Version (dem 275) war schnell klar, dass das 290 eine echte Rakete ist. Während das kleinere 275 in den Kurven die Nase vorn hatte, gewann das 290 auf offener Strecke schnell Vorsprung und nahm mit jeder Pedalumdrehung und über jedes Steinfeld Fahrt auf, bis es an seinem kleinrädrigerem Bruder vorbeizog. Schnelle, felsige Trails sind die Heimat des 290, in der es unangefochten regiert.

Nukeproof Mega 290 Pro action Foto
Wir finden, dass ein Flatbar das Potenzial des Nukeproof erst richtig zum Vorschein kommen lassen würde.

In Kurven ist das 290 trotzdem keine Schnecke. 1.224 mm Radstand und 66° Lenkwinkel bedeuten nur, dass man in engen Kurven aktiv fahren muss – dafür ist die Geschwindigkeit, die man auf Steinfeldern mitnehmen kann, der Wahnsinn. Der Hinterbau bleibt jetzt auch bei hartem Bremsen aktiv, der Debonair gibt allerdings den Federweg (wie auch bei vielen anderen Rädern, bei denen er zum Einsatz kommt) zu schnell frei und muss mittels 3 bis 5 Bottomless Tokens gemaßregelt werden. [Anm. d. Red.: Wir hatten eins der ersten Modelle zum Test, inzwischen liefert Nukeproof alle Bikes mit High-Volume-Kammern aus.]

Dinge, die wir am Nukeproof Mega 290 Pro verbessern würden

Bei 29ern sind die Räder meist das Bauteil, das Limits setzt. Nichts zeigt Schwäche so wie ein 29″ großes Rad und wir hätten es besser gefunden, wenn man SRAMs stabilere Rail-Laufräder statt der Roam 40s verbaut hätte. Auch wenn sie zum Trailriding perfekt waren, machte sich beim Einsatz durch ambitionierte Fahrer in Kurven deutlicher Flex bemerkbar, sodass sie nichts für den Rennbetrieb sind. Wir fanden das Dämpfer-Setup zu linear, aggressive Fahrer brauchen auf jeden Fall 3 bis 5 Bottomless Tokens, um die Progressivität zu steigern. Das ist aber selbst von den grobmotorischsten Mechanikern in Kürze zu erledigen. Der letzte Punkt ist der dünnwandige Nobby Nic-Hinterreifen, der einfach nicht zu einem Bike wie diesem passt. Er mag schnell rollen und ebenso zu beschleunigen sein, die PaceStar-Mischung war aber für die Geschwindigkeiten, die das Mega erreichen kann, nicht geschaffen und quittierte das mit mehrmaligen Plattfüßen. Abgesehen von diesen Kleinigkeiten ist das Nukeproof Mega 290 ein wirklich anständiges Bike.

ANukeproof Mega 290 Pro Reifen
Der Schwalbe Nobby Nic in der PaceStar-Mischung ist einfach nichts für den Einsatzbereich dieses Bikes.

Größenverhältnisse am Nukeproof Mega 290 Pro

Das Mega 290 ist ein Big -Bike, fährt sich aber nicht großspurig. Unsere 180 cm großen Tester fühlten sich auf dem großen Rahmen zu Hause, manche wechselten den 50-mm-Vorbau gegen einen 35 mm kurzen, um das Cockpit knackiger zu bekommen. Alle fanden, dass der Vorbau möglichst nahe an den Steuersatz gehört.

Sollte ich das 275 oder das 290 kaufen?

Das neue Nukeproof Mega gibt es in 27,5″ und 29″, was den Endkunden vor die Qual der Wahl stellt. Wir haben Zeit auf beiden Varianten verbracht und beide Bikes machen einen Heidenspaß. Wenn ihr eher durch Kurven surft und es gerne ruppig habt, werdet ihr mit dem 275 mehr Spaß haben. Wenn euch wichtiger ist, Sektionen mit größtmöglicher Geschwindigkeit zu nehmen und Strava-Bestenlisten anzuführen, ist das 290 genau für euch geschaffen.

Fazit

29er mit viel Federweg werden immer beliebter und das völlig zu Recht. Wenn eure Hometrails schnell und steinig sind, werdet ihr mit dem Nukeproof Mega 290 Pro neue Level der Geschwindigkeit erfahren. Ausgeglichen, stabil und extrem schnell: Es gibt wenige Bikes, die dem Nukeproof auf offener Strecke das Wasser reichen können. Aggressivere Fahrer werden einen flacheren Lenker verbauen wollen, um die Front tiefer zu bekommen, und mit einem perfekten Handling belohnt werden. Das „alte“ Mega war die Wahl der Hobby-Racer und wir sind uns sicher, dass das neue Mega genauso beliebt sein wird – auf den Stages wie auf den Hometrails.

Mehr Informationen gibt’s auf der Website von Nukeproof.

Langzeittest mit dem Nukeproof Mega 290 Pro

Das Nukeproof Mega 290 Pro wird derzeit in unserem Langzeittest von unserem neusten Testpiloten gefahren. Der Elite-EWS-Racer und ehemalige englische XC- und britische DH-Meister Stuart Wilcox wird dem Bike bei ausgewählten EWS-Rennen und nationalen Events auf den Zahn fühlen. Ihr könnt dem Bike auf der Dauertest-Timeline folgen.

Dauertester Stuart mit dem Nukeproof Mega 290 Pro
Der Elite-Racer und ENDURO Mountainbike Magazine-Testfahrer Stuart Wilcox wird dem Nukeproof das Jahr über die Sporen geben!

Text und Bilder: Trev Worsey


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