„Tour, Trail, All-Mountain? Was denn jetzt? Das neue Hugene hat die Antwort parat.“ Mit diesem Claim bewirbt die deutsche Bike-Schmiede Propain das neu vorgestellte Hugene und verspricht das eine Bike für alles geschaffen zu haben. Ideal also für unseren großen Mountainbike-Vergleichstest! Ob Propain ihr Versprechen halten kann?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Mountainbike 2021 – 22 Modelle im Test

Propain Hugene | 150/140 mm (v/h)
13,98 kg in Größe L | 7.203 € | Hersteller-Website

Das im Frühjahr 2021 neu vorgestellte Propain Hugene hat tiefgreifende Updates und einen neuen Look bekommen und ähnelt jetzt wieder stark seinen größeren Geschwistern Tyee und Spindrift, wobei es weiterhin auf das PRO10-Federungssystem setzt. Alle Modelle des Hugene besitzen einen Carbon-Rahmen mit Alu-Umlenkung, der sich im hauseigenen Konfigurator mit verschiedenen Rahmenfarben und Decals gestalten lässt. Darüber hinaus könnt ihr die Ausstattung im umfangreichen Konfigurator nach euren Vorlieben anpassen. Der 29”-Rahmen in mattem Creme-Lack hat in unserem Test jedoch schon nach kurzer Fahrzeit deutliche Abriebspuren gezeigt. Der Rahmen besitzt gedichtete Lager, die den gröbsten Dreck abhalten und für eine längere Haltbarkeit sorgen sollen. Trotz der aufwendigen PRO10-Dämpferanlenkung im Rahmendreieck bietet er genug Platz für eine große Flasche und hat sogar einen Tool-Mount am Oberrohr. Alle Leitungen besitzen eine Gummi-Fixierung, die an die Cableports der innenverlegten Züge gehören. Dort bleiben sie allerdings nicht und das Verrutschen der Fixierungen sieht nicht nur komisch aus, sondern sorgt auch für nerviges Klappern der Leitungen am Rahmen. Ebenso ist die Kette sehr laut, denn der aufwendig verbaut erscheinende Kettenschutz ist aus viel zu hartem Plastik. Das macht das Hugene zu einem der lautesten Bikes, die wir in den letzten Jahren getestet haben. Zum Schutz des Rahmens vor anfliegenden Steinen ist zusätzlich ein Protektor am Unterrohr angebracht.

Unikate vom Band – Die Custom Ausstattung unseres Propain Hugene

Das Hugene wird in drei vorgefertigten Ausstattungsvarianten angeboten oder lässt sich komplett individuell konfigurieren – ideal, um es an individuelle Vorlieben anzupassen! Unser 13,98 kg schweres Test-Bike basiert auf dem 7.203 € teuren High-End-Modell, hat aber einige Upgrades spendiert bekommen. Allen voran die FOX 36 GRIP2-Gabel, die 150 mm Federweg statt 140 mm der FOX 34-FIT4 bietet. Der zusätzliche Zentimeter Federweg, die fetteren Standrohre und die bessere Dämpfung kosten 355 € mehr als das Modell mit FOX 34 FIT4. Am Heck befindet sich der FOX Factory DPX2-Dämpfer und verschafft dem Bike 140 mm Federweg. Geschaltet wird mit einer SRAM XX1 AXS 12-fach-Schaltgruppe mit 10–52-Kassette. Als Bremse dient eine SRAM G2 Ultimate mit 200-mm-Bremsscheiben an Front und Heck. Im Gegensatz zu den anderen Modellen besitzt die G2 Ultimate einen Bremshebel aus Carbon und schicke Schrauben aus Titan für zusätzliche Gewichtsersparnis. Sie bietet mit den großen Bremsscheiben zwar eine konstantere Leistung als die meisten anderen G2-Bremsen im Test, kommt allerdings bei langen Fahrten und schweren Fahrern dennoch an ihre Grenzen und fordert hohe Bedienkräfte.

Der hauseigene Konfigurator bietet eine Menge sinnvoller Möglichkeiten, sein Bike auf die eigenen Vorlieben anzupassen. Einen schmaleren Lenker gibt es aber leider nicht. Hier sollte nachgebessert werden.

Als Sattelstütze dient eine BikeYoke REVIVE mit 185 mm Hub. Alle Hebel sind an einem SIXPACK Millenium Carbon-Lenker befestigt, der jedoch sehr steif und mit 805 mm extrem breit ist. Hier hätten wir uns, selbst bei einer Fahrergröße von 190 cm, eine schmalere Option im Konfigurator gewünscht, da das Kürzen den Lenker nur noch steifer macht. Propain setzt mit dem Schwalbe Magic Mary in Front und Big Betty am Hinterrad auf eine starke Reifenkombination. Denn die Super Trail-Karkasse beider Reifen bietet einen tollen Kompromiss aus Pannenschutz und niedrigem Gewicht und auch die ADDIX Soft-Gummimischung passt mit ihrer Kombination aus Grip und Rollwiderstand gut zum Einsatzbereich des Hugene – top! Dank der robusten Karkasse sind die NEWMAN Advanced SL A.30 Carbon-Laufräder besser vor Durchschlägen geschützt als beim RAAW Jibb.

Wo gehören die hin?
Wir können nur vermuten, dass die Gummi-Fixierungen an den Leitungen für die Ausgänge am Rahmen gedacht sind. Dort bleiben sie aber leider nicht.
Jackpot
So mögen wir unsere Reifen: robuste Karkasse und ausreichend Grip! Hier hat Propain mit den Schwalbe-Reifen alles richtig gemacht und die verbaute Super Trail-Karkasse bietet einen guten Kompromiss aus Pannenschutz und niedrigem Gewicht.
Laut, lauter, am Hugene …
Der Kettenstrebenschutz ist viel zu hart und so ist nerviges Kettenschlagen ein ständiger Begleiter. Slapper-Tape sollte hier Abhilfe schaffen.

Propain Hugene

7.203 €

Specifications

Fork FOX 36 Factory 150 mm
Rear Shock FOX DPX2 Factory 140 mm
Seatpost BikeYoke REVIVE 185 mm
Brakes SRAM G2 Ultimate 200/200 mm
Drivetrain SRAM XX1 Eagle AXS 1x12
Stem SIXPACK Millenium 45 mm
Handlebar SIXPACK Millenium805 Carbon 805 mm
Wheelset NEWMEN Advanced SL A.30 29"
Tires Schwalbe Big Betty/Magic Mary Super Trail ADDIX Soft 2,4

Technical Data

Size S M L XL
Weight 13,98 kg

Specific Features

Konfigurator


Ausgeklügelt
Es gibt Hinterbau-Systeme, bei denen man auf 100 Metern Entfernung erkennt, wie sie funktionieren. Beim PRO10-Federungssystem von Propain ist allerdings ein gutes Vorstellungsvermögen erforderlich. Auf dem Trail sorgt es dennoch für guten Vortrieb.
Streckbank
Der mit 805 mm viel zu breite SIXPACK-Lenker zieht den Fahrer weit nach vorne. Zusätzlich ist er super steif und ein Kürzen würde keine Verbesserung im Flex bieten. Hier fehlt es an Alternativen im Konfigurator.
Rubbellos
Gewinnen kann man hier nichts! Gespannt, was darunter zum Vorschein kommt, waren wir trotzdem, denn der Lack vom Hugene war schnell abgeschliffen.
Orange is the new black
Die schicke FOX 36 GRIP2 besitzt 10 mm mehr Federweg als die Konkurrenz im Konfigurator und verpasst dem Bike 150 mm an der Front. Leider ist sie auch die einzige FOX-Gabel, die mit der besseren Kartusche zur Auswahl steht.

Die Geometrie des Propain Hugene

Das Propain Hugene ist in vier Größen von S–XL erhältlich und deckt eine Fahrergröße von 158 cm bis 202 cm ab. Es hat einen Reach von 476 mm und sorgt in Kombination mit einem Stack von 634 mm und einer Sattelrohrlänge von 450 mm dennoch für ausreichend Bewegungsfreiheit. Das Sattelrohr erlaubt auch das vollständige Einschieben der Sattelstütze und bietet so eine gute Bewegungsfreiheit im Stehen. Die Kettenstreben bleiben dennoch bei allen Größen gleich und gehören mit 445 mm zu den längsten im Test. Das Hugene gesellt sich auch zu den Bikes im Test mit einem flachen Lenkwinkel. Dieser liegt mit einer 150-mm-Gabel bei rund 65,1°. Der Sitzwinkel von 76,1°sorgt im Flachen für zu viel Druck auf den Händen, entwickelt sich jedoch im steileren Uphill zur optimalen Sitzposition mit aufrechtem Oberkörper. So klettert das Hugene antriebsstark jeden Berg hinauf. Der Hinterbau bleibt trotz offenem Dämpfer straff und wandelt Druck am Pedal direkt in Geschwindigkeit um. Dennoch muss sich das Hugene dem Kletterass Yeti SB115 auf richtig groben Pfaden knapp geschlagen geben. Denn unter Kettenzug verhärtet der Hinterbau, sodass das Hinterrad an Kanten hängen bleibt. So vermittelt das Hugene trotz offenem Dämpfer bei rundem Tritt, im Antritt und an Hindernissen den Eindruck und die Traktion eines Hardtails.

Größe S M L XL
Sattelrohr 400 mm 425 mm 450 mm 480 mm
Oberrohr 578 mm 605 mm 632 mm 660 mm
Steuerrohr 100 mm 110 mm 120 mm 130 mm
Lenkwinkel 65,1° 65,1° 65,1° 65,1°
Sitzwinkel 76,1° 76,1° 76,1° 76,1°
Kettenstrebe 445 mm 445 mm 445 mm 445 mm
BB Drop 30 mm 30 mm 30 mm 30 mm
Radstand 1.188 mm 1.217 mm 1.246 mm 1.275 mm
Reach 426 mm 451 mm 476 mm 501 mm
Stack 616 mm 625 mm 634 mm 644 mm
Helm POC Kortal Race MIPS | Brille 100% Glendale | Hippack USWE Zulo 2
Jacke Patagonia Classic Retro-X Shell-Trimmed Fleece Gilet | Shirt Second Hand Flanellhemd
Shorts POC Resistance Shorts | Knieschoner POC Joint VPD System Knee
Schuhe Ride Concepts Men’s Transition Clipless

Ping-Pong – Das Propain Hugene auf dem Trail

Sobald sich der Trail in Richtung Tal windet, ist das Hugene von Weitem zu hören. Das laute Schlagen der Kette und das nervige Klappern der Leitungen sind ständiger Begleiter. Im ruppigen Downhill erfordert das Hugene eine hohe Konzentration und sehr genaue Linienwahl, um auf der Strecke zu bleiben. Denn bereits kleinere Einwirkungen auf das Vorderrad, wie Steine oder Wurzelfelder, sorgen durch die sehr steife Front für ein Fahrgefühl, was einem Flipper-Automaten ähnelt. Die Kombination aus sehr steifen Komponenten gibt Impulse direkt und ungefiltert an den Fahrer weiter und erfordert extrem schnelle Reaktionen. Das macht vor allem harte Trails zu einer Herausforderung und bringt auch geübte Fahrer an ihr Limit. Bikes wie das Canyon Spectral oder Nukeproof Reactor können hier mit Leichtigkeit vorbeiziehen und verzeihen mehr Fahrfehler. Der sehr breite Lenker zieht den Fahrer über die Front und so ist das Bike bei Highspeed, trotz der langen Kettenstreben, unruhig und erfordert permanent eine sehr aktive und wachsame Fahrweise.

Bergauf ist das Propain Hugene einer der besten Kletterer. Es ist bei offenem Dämpfer antriebsneutral und bringt die Power auf den Boden. Lediglich an Kanten muss wegen dem Kettenzug auf ein gutes Timing geachtet werden.

Tuning-Tipps: Für mehr Compliance im Konfigurator einen Alu-Laufradsatz auswählen | schmalerer Lenker (leider keine Option im Konfigurator) | schwere Fahrer sollten eine stärkere Bremse im Konfigurator wählen – z. B. eine Formula Cura 4 für denselben Preis | Slapper-Tape auf den Kettenstrebenschutz

Bei sehr langsamen Fahrmanövern und großen Kompressionen wird die extreme Steifigkeit zum Vorteil und das Bike lässt sich extrem präzise durch Kurven fahren und verwindet sich selbst bei einem Durchschlag kaum. Das Propain Hugene macht vor allem auf Flowtrails so richtig Spaß und liegt mit seinem agilen Handling auf einem Niveau mit dem YT IZZO. Es bietet geilen Gegenhalt in Anliegern und Sprüngen und kann die Geschwindigkeit gekonnt halten, da es nicht in seinem Fahrwerk versackt. Wellen pushen und Doubles springen machen so auch dank des niedrigen Gewichts richtig Bock.

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Der Propain-typische Konfigurator bietet super Möglichkeiten, sein Bike an die individuellen Vorlieben anzupassen. Bergauf ist das Hugene eine richtige Rakete und meistert auch steile Rampen mit Leichtigkeit. Im ruppigen Downhill ist das Bike selbst für geübte Fahrer eine Herausforderung, denn seine super steife Front sorgt für einen Ping-Pong-Effekt auf dem Trail. Hohe Geschwindigkeiten kosten enorm viel Aufmerksamkeit und erfordern einen erfahrenen Piloten. Bei langsamer Fahrt oder auf Flowtrails macht es hingegen richtig Spaß und kann mit gutem Gegenhalt aus dem Fahrwerk viel Geschwindigkeit behalten und verleitet zum Abziehen an Kanten.

Tops

  • sehr umfangreicher Konfigurator
  • Rakete bergauf

Flops

  • sehr forderndes Handling bergab
  • sehr laut im Downhill
  • schlechte Lackqualität

Mehr Informationen findet ihr unter propain-bikes.com

Das Testfeld

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Text: Peter Walker Fotos: Diverse

Über den Autor

Peter Walker

Peter ist nicht nur ein Mann der Worte, sondern auch der Taten. Mit ernsthaften Bike- und Schrauber-Skills, seiner Motocross-Historie, diversen EWS-Teilnahmen und über 150 Bikepark-Tagen in Whistler – ja, der Neid der meisten Biker auf diesem Planeten ist ihm gewiss – ist für Peter kein Bike zu kompliziert und kein Trail zu steil. Gravel und Rennrad kann er übrigens auch! Das für unsere redaktionelle Arbeit wichtige Thema Kaufberatung hat Peter in Vancouvers ältestem Bike-Shop von der Pike auf gelernt und setzt sein Know-how auch im journalistischen Alltag um. Wenn er nicht gerade die Stuttgarter Hometrails auf neuen Test-Bikes unsicher macht, genießt er das Vanlife mit seinem selbst ausgebauten VW T5. Dass er dazu noch ausgebildeter Notfallsanitäter ist, beruhigt seine Kollegen bei riskanten Fahrmanövern. Zum Glück mussten wir Peter bislang nie bei seinem Spitznamen „Sani-Peter“ rufen. Wir klopfen auf Holz, dass es dazu auch nie kommen wird!