Nach seinem Sieg bei der dritten Runde der EWS in Schottland ging es vergangenes Wochenende für Justin Leov in Samoens mit dem vierten EWS-Rennen 2015 weiter. Nahe des Mont Blanc warteten lange Stages in alpinem Gelände auf die Fahrer. Lest hier, wie es für den Trek World Racing-Fahrer lief.

Meine Vorbereitung für Samoens verlief gut. Das Wetter war trocken und warm in Finale Ligure, wo ich während der Saison wohne. Es herrschten also ideale Bedingungen, um zu fahren und mich an die sommerlichen Temperaturen zu gewöhnen. Ich fühlte mich ruhig und ausgeglichen hinsichtlich des bevorstehenden Rennens. Die Vorfreude auf das Gebirge sowie auf technisch und körperlich anspruchsvolle Strecken, wie ich sie mag, war groß.

The weekends you have to fight.
Die Vorfreude auf das Gebirge sowie auf technisch und körperlich anspruchsvolle Strecken war groß.

Die Wettervorhersage kündigte ein eher schönes und warmes Wetter mit möglichen Gewittern für das Wochenende an. Ich hatte solche Bedingungen schon in den Alpen gehabt. In diesen Fällen kümmere ich mich als Allererstes um meine Goggles und meine Brille, noch vor der Auswahl der Reifen. Roll-off System für den Fall der Fälle, Modell ID2 mit Doppelscheibe zur Vermeidung von feuchtem Beschlag und ein Paar Evil Eyes Evos zur Vervollständigung meines Arsenals. Ich war für alle Wetterbedingungen gerüstet!

"I felt a bit rushed actually when race day one came around."
Ready to race!

Am Freitag konnte man die Wertungsprüfung 3 zu Fuß erkunden, aber sie zu finden und abzulaufen nahm mehr Zeit in Anspruch als geplant. Ich verbrachte auch einen Großteil des Tages in der Stadt, um einige Details zu erledigen. Der Tag verging wie im Fluge, und als ich dann im Bett lag, konnte ich nicht einschlafen. Ich war schon in Wettkampfstimmung.

Samstagmorgen, Start um 7:15 Uhr. Mit der Seilbahn ging es in Richtung Wertungsprüfung 1 für einen Erkundungs-Run. Eine sehr abwechslungsreiche Strecke mit Steinen, Wurzeln, schnellen und weniger schnellen Abschnitten, eine gute Mischung. Das Gelände war trocken.

Es begann zu regnen, als ich gerade wieder in Richtung Wertungsprüfung 1 losging, um meinen Wertungslauf zu bestreiten. Ich stieg in den Sessellift ein und kurz darauf wurden alle Seilbahnen wegen Blitz und Donner angehalten. Bei diesen Bedingungen an einem Seil zu hängen bringt noch zusätzlichen Stress mit sich, auch weil man nie weiß, wie lange so etwas dauern wird. Nach 10 Minuten heiterte sich der Himmel zum Glück wieder auf und es ging weiter!

"Dropping into stage one I started on the attack."
Auf Stage 1 fuhr ich von Anfang an auf Angriff.

Ich fuhr schließlich für meinen ersten Run los. Ich griff gleich richtig an. Alles lief gut bis zu dieser Holzbrücke. Im selben Moment, wie mein Rad das Holz berührte, verstand ich, dass mir eine Bauchlandung bevorstand. Und es sollte wirklich ein schwerer Sturz werden. Mein Sattel war verbogen. Ich bog in wieder gerade, bevor ich weiterfuhr. Da ich mich im Stillstand am Anfang einer Steigung befand, blieb mir nicht anderes übrig, als sie raufzulaufen. Meine Herzfrequenz war im roten Bereich. Als ich aus dem Wald herauskam, kam gerade ein Hubschrauber einem verunglückten Fahrer zu Hilfe. Es ging ein furchtbarer Wind. Als ich auf die folgende Kurve zufuhr, war ich etwas zerstreut und es wurde mir klar, das es nicht gut gehen würde. Entweder würde ich durch das Absperrband durchfahren, oder gegen den Wegweiserpfahl stoßen. Ich zog die zweite Variante vor in der Hoffnung, ihn mit der Schulter wegdrücken zu können und wieder auf die Strecke zurückzufinden. Der Pfahl war aber nicht damit einverstanden. Er schob sich zwischen meine Gabel und mein Rad und ich flog unmittelbar über meinen Lenker! Mein Vorbau und mein Lenker waren beide verbogen. Mit starken Fußtritten gegen das Vorderrad versuchte ich, das Ganze wieder geradezubiegen, aber es half alles nichts. Es war so gut wie unmöglich, weiter zu fahren und das Ziel war noch weit entfernt. In der Zwischenzeit war Jérôme an mir vorbeigefahren. Das bedeutete, dass ich eine Minute verloren hatte!

Als ich wieder im Paddock war, hatte ich die Nase voll. Mein Wochenende drehte sich innerhalb einer Wertungsprüfung von himmelhoch jauchzend auf am Boden zerstört! Ich musste jetzt unbedingt ein perfektes und sturzfreies Rennen hinlegen und hoffen, dass ich die Schmerzen nach meinen beiden Crashs nicht zu sehr spüren würde.

" pressed the reset button and went up for a practice on stage 2."
Für Stage 2 drückte ich die “Reset-Taste” und ließ es laufen.

Es war an Zeit, die 2. Wertungsprüfung zu erkunden. Sie war kürzer, DH-typischer, spaßiger und gefiel mir gut. Man brauchte eine ganze Menge Mut, gute Bremsen und eine gute Sicht, um gut durchzukommen. Die Sonne schien wieder. Es war sogar richtig warm, als ich für meine Wertungsfahrt losfuhr. Ich drückte auf die “Reset-Taste” und fuhr mit Vollgas los. Dieses Mal beging ich keine großen Fehler und ich wurde 4.

"Dropping in things were going well but I was braking too much and fighting the bike in sections."
Stage 3 lief gut, aber ich bremste einfach zu viel.

Um zur 3. Wertungsprüfung zu gelangen, musste man 40 Minuten mit dem Rad fahren. Wir hatten diese Wertungsprüfung am Vortag zu Fuß erkundet. Um ehrlich zu sein, wusste ich, dass sie mir nicht liegen würde. Ich nahm mir also vor, sauber und ohne unnötige Risiken zu fahren. Ich fuhr vorsichtig los, was mich aber nicht daran hinderte, mit meinem Schaltwerk gegen einen Felsen zu stoßen. Ich konnte nur noch meine großen Übersetzungen benutzen. Etwas weiter kam mir eine Frau zu Fuß auf der Strecke entgegen. Alle um sie herum schrien. Ich dachte, dass sie mir ein Zeichen gab, dass ich anhalten soll, um vielleicht einem Verletzten zu helfen. Überhaupt nicht. Sie verließ die Strecke, aber ich hatte wiederum kostbare Zeit verloren. Was für ein Tag!

Ich war 17. zu Beginn des zweiten Tages. Mein Ziel war es jetzt, Plätze gut zu machen, um meinen Platz als Führender der Gesamtwertung zu verteidigen.

"I set off smooth and made sure to be slow enough for the danger bits."
Ich fuhr von Anfang an zügig, aber nahm Geschwindigkeit für die gefährlicheren Abschnitte raus.

Die 4. Wertungsprüfung war eher lang und wiederum eine gute Mischung unterschiedlicher Geländearten. Ich war motiviert, aber vor allem darauf aus, keine weiteren schweren Fehler zu begehen. Ich meisterte die meisten Schwierigkeiten ganz gut. Ich kam nur einmal etwas aus der Bahn, als ich eine Kurve zu schnell anging. Ich stürzte nicht, aber ich fuhr durch das Absperrband durch und verlor einige Sekunden, um den Ausrutscher wieder wettzumachen. Die Kurven waren sehr steinig und etwas weiter verlor ich die Kontrolle über mein Vorderrad und fand mich am Boden wieder. Ich stieg blitzartig wieder auf mein Fahrrad und kam trotzdem noch in die Top 10.

Die 5. und letzte Wertungsprüfung gefiel mir sehr gut. Schnell und technisch. Es gelang mir ein sauberer und effizienter Run für eine weitere Top 10 – Platzierung, auch wenn ich mir mehr erhofft hatte. Am Ende kam ich auf den 12. Platz des Rennens. Gewinner war ein überwältigender Richie Rude. Allerdings hatte ich es geschafft, auf dem ersten Platz der EWS-Gesamtwertung zu bleiben. Das ging gerade noch mal gut!

"A quick math calculation would reveal I had managed to keep the series lead by 40 points so that was another positive for me to take away. "
Ich hatte es geschafft, auf dem ersten Platz der EWS-Gesamtwertung zu bleiben.

Ich werde mich noch lange an dieses Rennen in Frankreich erinnern. Jetzt geht es erst mal nach Nordamerika!

Text: Justin Leov Bilder: Matt Wragg & Ale di Lullo


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