Es scheint, als hänge eine riesige schwarze Wolke über ganz Europa, als wäre der Sommer bereits vorbei. Nicht nur bei den World Championships in Andorra versanken die Starter im Matsch, auch in Paganella (Norditalien) bahnten sich am vergangenen Wochenende nicht nur Fahrer, sondern auch Massen an Wasser den Weg ins Tal. Hier unser Bericht vom vorletzten Rennen der European Enduro Series.

Dichte Wolken und höchstens 10 °C erwarteten die Fahrer am Samstagmorgen in Italien.
Dichte Wolken und höchstens 10 °C erwarteten die Fahrer am Samstagmorgen in Italien.

Am Samstagmorgen hatte es bereits seit 24 h ununterbrochen geregnet, die Sonne versteckte sich hinter dichtem Tiefnebel, die Quecksilbersäule im Thermometer erreichte mit Mühe die 10-°C-Marke. Kurzerhand erklärte der Veranstalter vor Ort das Training für verpflichtend, jeder sollte die fünf technischen Stages bei den schwierigen Bedingungen wenigstens einmal gefahren sein – nicht, dass sich jemand von dem erhöhten Schwierigkeitsgrad hätte abhalten lassen …
Trotz der Umstände war den 146 Startern die Motivation bereits ins Gesicht geschrieben, schließlich kannte man die Region und die perfekten natürlichen Trails beispielsweise vom gelungenen Rennen in Terlago im letzten Jahr.

Die Trails waren durchweg rutschig, machten aber auch verdammt viel Spaß!
Die Trails waren durchweg rutschig, machten aber auch verdammt viel Spaß!
Auch die an Wind und Wetter gewöhnten Schotten benötigten etwas Eingewöhnungszeit, hier driftet James Shirley um eine Kurve.
Auch die an Wind und Wetter gewöhnten Schotten benötigten etwas Eingewöhnungszeit, hier driftet James Shirley um eine Kurve.

So konnten auch kritische Schlüsselstellen, der anhaltende Nieselregen und die vielen Stürze kaum einem die gute Laune verderben. Schnell formten sich Rillen und kleine Anlieger, viele Stellen boten aufgrund des losen Bodens auch im wassergetränkten Zustand ausreichend Grip. Lediglich die Wurzeln und Steine, die sich im Laufe des Tages herausfuhren und einige Off-Camber-Sektionen forderten teils spektakuläre Fahrmanöver.
Die schon aus Riva bekannten weißen Steine im Boden boten mit Matsch bedeckt auch in Paganella nur wenig bis keinen Halt. An steilen Stellen war daher bedachtes Einsetzen der Vorderbremse Schlüssel zum Erfolg. Immer entlang des Abgrunds hätte ein Sturz hier einen hohen Zeitverlust im Rennen bedeuten können. So war „sketchy“ wohl das meistgehörte Wort des Tages …

Geile Typen – wie hier ich höchstpersönlich – trotzten natürlich jeglichen Bedingungen.
Geile Typen – wie hier ich höchstpersönlich – trotzten natürlich jeglichen Bedingungen.
Bestes Rennwetter begrüßte die Starter am Sonntagmorgen. Ob die Trails bereits etwas abtrocknen konnten?
Bestes Rennwetter begrüßte die Starter am Sonntagmorgen. Ob die Trails bereits etwas abtrocknen konnten?

Raceday! Ohne Prolog am Vortag war am Sonntag alles offen, strahlender Sonnenschein begrüßte die Fahrer in der Startzone. Durch Bodenproben der Wiesen rund um den Startbereich versuchten einige Fahrer den Zustand der Trails abzuschätzen, noch konnte die Sonne lediglich den Asphalt trocknen.
Gegen 8.30 Uhr machte sich die erste Startgruppe auf den Weg zu Stage 1. Hier konnte noch einmal die Aussicht aus Gondel und Sessellift genossen werden, die die Fahrer auf den Berg brachten.

Tiefe Rillen zwischen den Steinen machten Stage 1 auch im trockenen Zustand anspruchsvoll.
Tiefe Rillen zwischen den Steinen machten Stage 1 auch im trockenen Zustand anspruchsvoll.

Die im Vergleich zu den anderen Strecken nicht zu steile erste Stage war perfekt, um wach zu werden. Der lose Nadelboden hatte einen Großteil des Wassers aufgenommen, wer auf der Hauptlinie und in den Rillen des Vortags fuhr, hatte ausreichend Grip – rund hundert Mal mehr als am Vortag, wie unser Fotograf es beschreibt. Wer allerdings schneller als die Konkurrenz sein wollte, musste die Hauptlinie verlassen, wobei besonders auf versteckte Steine und rutschige Querwurzeln geachtet werden musste.

Auf den alpinen ersten Abschnitt folgte ein perfekter Singletrail – insgesamt war Stage 2 mit knapp 15 min die längste.
Auf den alpinen ersten Abschnitt folgte ein perfekter Singletrail – insgesamt war Stage 2 mit knapp 15 min die längste.
Markus Reiser auf dem Weg zum Sieg.
Markus Reiser auf dem Weg zum Sieg.

Auf einen kurzen Transfer und erneuten Aufstieg per Gondel folgte die zweite Stage, die sofort höchste Konzentration und ein vielseitig aufgestelltes Fahrerkönnen forderte. Vom Gipfel gestartet war der erste Abschnitt vor allem von spitzen Steinen und Switchback-Kurven geprägt. Nach einem kräftezehrenden Gegenanstieg folgte ein Singletrail, ähnlich der ersten Stage.

Die extrem rutschigen natürlichen Steinfelder forderten teils spektakuläre Fahrmanöver.
Die extrem rutschigen natürlichen Steinfelder forderten teils spektakuläre Fahrmanöver.
Rudolf Biedermann konzentriert auf dem Weg zu einem starken, dritten Platz.
Rudolf Biedermann konzentriert auf dem Weg zu einem starken, dritten Platz.

Auch die restlichen Stages glichen sich, boten aber an sich ausreichend Abwechslung. Stage 5 verlangte nach einem langen Uphill noch einmal alles von den Startern. Neben technischem Fahrkönnen war aufgrund der rund 100 Höhenmeter vor allem auch Tretstärke gefragt.

Mit dem Sieg in Paganella übernimmt Markus Reiser die Führung in der Gesamtwertung.
Mit dem Sieg in Paganella übernimmt Markus Reiser die Führung in der Gesamtwertung.

Mit einer Zeit von 34:52 min platzierte sich Markus Reiser (Focus Trail Team) nicht nur ganz oben auf dem Podium, er übernahm auch die Führung in der Gesamtwertung der European Enduro Series. Auf den zweiten Platz fuhr Teamkollege Fabian Scholz (Focus Trail Team), dicht gefolgt von Rudolf Biedermann auf Rang drei.

Raphaela Richter konnte erneut in der Klasse Pro-Women dominieren.
Raphaela Richter konnte erneut in der Klasse Pro-Women dominieren.

Mit einem Vorsprung von über 2 Minuten dominierte Raphaela Richter (Radon Factory Enduro Team) erneut in der Kategorie Pro-Woman und sicherte sich den Sieg vor Lisa Policzka und Monika Büchi auf den Rängen zwei und drei.
In der Kategorie Masters konnte Marcin Motyka den Sieg einfahren, gefolgt von Jan Vaner und Nicolas Siedel.

Mehr Informationen und die vollständige Ergebnisliste auf: europeanenduroseries.com/paganella

Text: Daniel Schlicke Bilder: Ross Bell


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