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Bereits fünf Tage nach dem Auftaktrennen zur Specialized-SRAM Enduro Serie in Treuchtlingen lockte die Rennserie am vergangenen Wochenende viele Endurobegeisterte ins sonnige Riva del Garda, wo sich ohnehin schon einige tausend Radsportbegeisterte zum Bike-Festival einfanden.
Bereits im Vorfeld war bedingt durch das dortige Terrain, mit knüppelharten Strecke zu rechnen. Die Trails rund um den See sind überwiegend stark felsig, schroff und ausgesetzt. Wer hier auf flowigen Nadelboden und epische Trailverläufe hoffte, wurde spätestens am Trainingstag wieder in die Realität zurückgeworfen.

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Traumhafte Aussichten – Petrus gab alles und verwandelte den Gardasee in ein Sonnenmeer

Da stand manch einer nun am Fuße des Berges und staunte ganz verdutzt über die hohen Kuppen und Gipfel, die zur Begrüßung gleich einen Anstieg mit rund 800 Höhenmeter parat hatten.
Glück denen, die den leisen Stimmen nach Shuttles bereits in Treuchtlingen folgten, denn wer sich nicht rechzeitig darum kümmerte, durfte bereits am Trainingstag die rund 30km lange und mit gut 2000 Höhenmeter (laut GPS) wenig zimperliche Runde von Manneskraft und im eigentlichen enduristischen Sinn bewältigen, während eine Vielzahl lediglich das Aufheulen des Motors vernahm und die Haare im kühlen Wind der Klimaanlage flattern ließ, ehe Mensch und Maschine bequem mit dem Auto auf den Berg gebracht waren.
Wer hat, der kann – so nahm das fröhliche Shuttlen am Freitag eine Dimension an, die eigentlich mehr an ein Downhillrennen erinnerte, als an eine Enduroveranstaltung. Das Kräftegleichgewicht und die Chancenverhältnisse schienen stark unausgeglichen, was oft als Beschwerde derer ausging, die die einzelnen Stages mit eigener Kraft anfuhren und so im Training nur einmal durchfahren konnten.
Die ökologische und soziale Gewichtung der Enduro-Gemeinde war an diesem Tag aus den Fugen geraten, aber dazu in Kürze mehr!

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Dan Atherton hat mächtig Dampf im Kessel – Bestzeit auf dem Prolog für ihn

Der am Freitagabend stattfindende Prolog im Zentrum von Riva brachte den bis dato etwas ausgelagerten Endurosport mitten in die Stadt. Weltstars waren plötzlich für den Fan zum Greifen nahe. Das bereits in Treuchtlingen schon hochkarätige Fahrerfeld wurde in Riva um weitere Topfahrer wie Dan Atherton, Fabien Barel, Manuel Ducci, Duncan Riffle uvm. erweitert. Unter der stimmungsvollen Moderation von Uwe Buchholz sicherte sich der Brite Dan Atherton den Sieg des Prologs am Freitagabend. Selbige Strecke war zwar ein absolutes Zuschauermagnet, doch bleibt die Frage ob dies nicht vorwiegend auf die direkt daneben angrenzenden und weitaus mehr spektakulären Dirtjumps zurückzuführen war.
Der Kommentar eines englischsprachigen Rennteilnehmers:”They make us look like shit”, mag zwar etwas hart formuliert sein, stellt aber die Frage, ob ein etwas spektakulärer und schnellerer Kurs dem Ganzen hilfreicher gewesen wäre?

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Jerome Clementz kennt nur eines: Vollgas!

Spektakulär ging es ohnehin am Samstagmorgen mit dem Rennen weiter. Von Stage 1 an bereits nach rund zwei Stunden und 53 Minuten im Ziel, führte Jerome Clementz (Cannondale) die Ergebnisliste mit 15:34,50 vor dem Sieger von Treuchtlingen, Nicolas Lau, mit einer Zeit von 15:42,96 an. Dan Atherton reihte sich mit einer etwas größeren Zeitlücke (16:06,59) einen Platz dahinter ein.
Bis dato nicht im Ziel gewesen waren zwei hochgehandelte Anwärter auf den Sieg: Joe Barnes und Fabien Barel. Letzterer nahm sich viel Zeit und erreichte als einer der letzten, hochgehandelten Favoriten das Ziel – und zwar als Sieger. Barel, der laut Augenzeugen mehr in der Luft, als auf der Strecke war, sicherte sich gleich auf 3 Stages die Bestzeit. Seine Gesamtzeit für sieben gewertete Etappen betrug in Summe 15:26,04.
Die Stärke und absolute Brillanz des Franzosen war somit einmal mehr bestätigt.
Die Leistung der deutschen Fahrer zeigte, dass ein Mitspracherecht im internationalen Endurosport absolut gegeben ist. Mit einem 5. Platz für Petrik Brückner (Rose Vaujany), Platz 8. für Jasper Jauch (MTB-ACADEMY) und Fabian Scholz (ENDURO-MTB.COM) Platz 10, fuhren gleich drei deutsche Fahrer in die Top Ten.
Ebenso stark war die Leistung von Maxi Dickerhoff (Platz 12) und Marcus Klausmann (Platz 14). Wer die Serie aufmerksam verfolgt stellt fest, dass es immer mehr Deutsche schaffen, sich im inzwischen stark internationalen Fahrerfeld nach vorn zu kämpfen, was den Sport, seine Begeisterung und seine Ausrichtung hierzulande bestätigen sollte.
Da darf man dem Start der Enduro World Series in Punta Ala hoffnungsvoll entgegenfiebern.

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Der Sieger des Tages: Fabien Barel vom Canyon Factory Racing Team

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Bei den Frauen dominierte Anneeke Beerten (Specialized Factory Racing) das Fahrerfeld mit einer Siegeszeit von 20:09,13 vor Ines Thoma (Canyon Factory Racing). Dritte wurde Antje Kramer (Giant). Beerten scheint nicht nur technisch enorm fit zu sein, sondern auch derart gut trainiert, dass selbst solch physisch zehrende Strecken ihr nicht viel anhaben können. Auch hier darf man dem Start der World Series gespannt entgegen sehen.

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Das Podium der Herren mit Jerome Clementz, Fabien Barel und Nico Lau

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Die Teamwertung sicherte sich das Canyon Factory Racing vor dem Cube Action Team 1 und dem Norco Enduro World Team

Nachdem mehr als 10% der gestarteten Fahrer das Ziel entweder aufgrund technischer Defekte oder gar Stürze nicht erreichten, machte sich die Frage breit, ob derartige Strecken für ein Jedermann-Fahrerfeld nicht zu gefährlich werden?
Bei Enduro besteht die Kunst darin, einen guten Kompromiss aus Herausforderung und angenehmem, massentauglichem Spaßfaktor auf den Strecken für das breite Fahrerfeld von Amateur bis Profi zu gewährleisten. Aus unserer Sicht ist die Kombination bei diesem Stopp der Serie etwas zu extrem ausgefallen. Das Bike-Festival in Riva ist generell ein perfekter Ort, um den dortigen Massen an Mountainbikern aus allen Disziplinen den Enduro-Sport näher zu bringen. Eine Enduro-Veranstaltung, bei der die technischen, psychischen und physischen Teilnahmevoraussetzungen für die Partizipation sehr hoch sind und gar die Profis zum Nachdenken bewegen, ist definitiv nicht die optimale Lösung für diese Location! Kurzum: Auch dieses Rennen haben wir wieder Einiges gelernt und hoffen in regem Austausch mit Organisatoren, Sponsoren und Fahrern den Enduro-Sport in die richtige Richtung weiterzuentwickeln. Denn nur wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen bekommen wir das, was wir alle wollen: Die besten Trails, maximalen Spaß und ein kühles Bier am Ende des Tages!

Specialized SRAM Enduro Series #2 – Riva del Garda from Lars Veenstra on Vimeo.

Unterm Strich gebührt das Lob den Veranstaltern für einen gut organisierten Rennablauf und eine dennoch spaßige Veranstaltung.
In drei Wochen geht es am 25. Mai gen Samerberg zum 3. Stopp der Specialized Enduro Series. Wir freuen uns! Bis dahin.

Foto: Christoph Bayer


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