Zu Beginn des Jahres stellten sich drei ENDURO-Redakteure einer Challenge – Ride Fit für die Saison 2015 zu werden. Unser 36jähriger UK-Redakteur Trev Worsey hätte sich zwar am liebsten gleich auf seine Rennperformance konzentriert – er wusste aber, dass er zunächst mal etwas Zeit in die Grundlagen würde investieren müssen (sein Statement könnt ihr hier lesen). Schauen wir doch mal, wie er vorankommt.

Neujahrsgeständnisse

OK, bevor ich anfange, muss ich noch etwas beichten. Der symbolische Glanz, der Fitnessbemühungen im Januar üblicherweise umgibt, zeigte bei mir leider keine Wirkung. Trotz bester Absichten brauchte ich vier Wochen, um mich wirklich aufzuraffen und einen Plan zu machen. Anfang Februar gelang es mir dann aber, meinen inneren Schweinehund zu überwinden. Letzte Saison bin ich viele Rennen gefahren – die lokale und internationale Enduro-Szene explodierte, überall gab es großartige Events und ich reiste von einem zum nächsten. Auf den Stages gab ich alles und dann verräumte ich das Bike für den Rest der Woche, bis zum nächsten Wochenende, bis zum nächsten Rennen. Ich hatte keinen Trainingsplan im eigentlichen Sinn, daher machte ich immer wieder die gleichen Fehler und hatte die gleichen Zweifel an meiner Fitness, so dass ich in eine Abwärtsspirale von immer schlechteren Ergebnissen geriet. Mir wurde irgendwann klar, dass ich mit meinen 36 Jahren nicht mehr einfach aufkreuzen und 100% geben konnte. Mir fehlte ein fünfter Gang und meine Sprintfähigkeiten ließen sich, naja, am ehesten als komödiantisch beschreiben.

I have some pretty strong motivation this year, the EWS is coming back to my home town
Ich habe dieses Jahr eine ziemlich gute Motivationshilfe: die EWS kehrt zurück in meine Heimatstadt.

Kein Rollentrainer für mich

Wenn ihr mir bis hierher gefolgt seid, dann sind wir uns vielleicht ein bisschen ähnlich, was die Sache mit der Fitness angeht. Ich fahre schon nicht wenig, zwei, drei Mal die Woche im Winter, aber das war schon immer eine unstrukturierte Angelegenheit, und ein Trainingsplan war immer etwas, worum ich mich dann ‚morgen‘ mal kümmere. Ich arbeite Vollzeit (und weit mehr), und das lässt nun mal herzlich wenig vom Tag übrig. Und das letzte, was ich nach Feierabend tun will, ist mich auf einem Rollentrainer abkämpfen und dabei stumpfsinnig die Garagenwand anstarren, während die Minuten ganz, ganz langsam vorbeiziehen. No way! Ich will mein Bike fahren – draußen – im Schlamm! Aber ich weiß, dass ich trainieren muss, wenn ich fitter und gesünder werden will, und angesichts der begrenzten Zeit, die ich dafür habe, muss ich das ein bisschen durchdachter angehen.

I really enjoy the downs, but have always fallen off the pace when it comes to sprints and sharp uphills
Runterfahren macht mir wirklich Spaß, aber bei Sprints und knackigen Anstiegen habe ich schon immer schnell nachgelassen.

Motivation ist alles

Motivation war schon immer eine schwierige Sache für mich, da ich viel unterwegs bin. Aber dieses Jahr habe ich einige große Rennen im Kalender stehen, und der 30. und 31. Mai sind dick rot angestrichen: die Tweed Valley Enduro World Series Runde 3, hier vor der Tür, in meiner Heimatstadt. Letztes Jahr konnte ich nicht teilnehmen, aber dieses Jahr bin ich am Start. Das Niveau wird sehr hoch sein, und ich will hier, auf heimischen Boden, wirklich mein Bestes geben. Mein bisher bestes EWS-Ergebnis war ein 130. Platz. Es wäre einfach großartig, wenn ich eine bessere Platzierung schaffen könnte, aber dafür, das weiß ich, muss ich trainieren, und ich brauche Unterstützung.

Es war also Zeit, sich Rat von Experten zu holen. Ich schickte eine E-Mail an Dirt School Mountain Bike Coaching – dort arbeiten Weltklasse-Coaches, die, jeweils maßgeschneidert auf die individuellen Ziele, Trainingspläne erstellen und beraten. Und ihr Trainingsethos – lieber im Sattel als auf dem Rollentrainer – passte perfekt, auch mit meinem eher hektischen Terminplan. Mein Coach würde Rab Wardell sein, Commonwealth- und World Cup-Racer, Geschichtenerzähler, und eines von diesen schlanken, zähen Fitnessmonstern. Auch er würde das EWS-Rennen im Tweed Valley fahren. Nachdem wir uns kurz darüber unterhalten hatten, was meine Ziele für die Saison waren, und woran ich glaubte arbeiten zu müssen (ich lag ziemlich daneben) wollte Rab möglichst schnell herausfinden, womit er es hier genau zu tun haben würde, und so wurde ich zu meinem ersten Ausdauertest angemeldet. Jetzt konnte ich mich also nicht mehr verstecken.

There would be no blagging or hiding now, it was time to get the hard numbers
Jetzt gab es keine Möglichkeit mehr, sich zu verstecken oder zu schummeln – nur noch harte Zahlen.

Unbequeme Zahlen

Schon eine Woche später betrat ich einigermaßen nervös die Napier University Sports Science Suite. Das geräumige Labor beherbergte eine Vielzahl von blinkenden und piependen wissenschaftlichen Apparaten und Gerätschaften. Ich hatte noch nie einen Ausdauertest absolviert, aber ich hatte viele Erfahrungsberichte gehört, und in den meisten ging es irgendwie um Leiden und Schmerz. Ich war nervös, aber auch gespannt, wie ich unter Druck performen würde. Es war ein harter Winter gewesen, und meine Work-Work-Balance hatte mir nicht allzu viel Freiraum zum Biken gelassen. Da stand ich nun in meinen Shorts, während Hautfaltenmessungen an mir durchgeführt wurden – die Messwerte bestätigten es, verdammt, ich musste etwas tun. Es freute mich zwar durchaus, zu hören, dass 58% meiner 75,1 Kilo Muskeln waren, ich fragte aber nicht nach, woraus die anderen 31,3 Kilo bestanden

It started easy enough but....
Am Anfang war’s einfach, aber…
...soon I was feeling the heat!
… schnell wurde mir ganz schön heiß!

Der gefürchtete Stufentest – kein Ende in Sicht

Die Doktorandin Lesley Ingram und Dr. Geraint Florida-James würden mich während des Tests anleiten. Als erstes stand ein Belastungs- und Stufentest an, der dazu diente, meine anaerobe Schwelle zu bestimmen, und festzustellen, wie lange ich nach deren Erreichen noch durchhalte. Dafür wird ein spezielles Fahrradergometer verwendet, mit dem sich die Wattleistung genau einstellen lässt. Außerdem musste ich eine spezielle Maske tragen, die die Sauerstoffversorgung der Muskeln überwacht. Der Test fing relativ einfach an, alle drei Minuten wurde ein kleiner Blutstropfen von meinem Ohrläppchen entnommen und es wurde etwas anstrengender, zu treten (jeweils 30 Watt mehr). Nach dem der erste Teil des Tests abgeschlossen war, fühlte ich mich eigentlich ganz gut – ich hatte nicht gar so schlecht abgeschnitten. Aber dann begann der Stufentest! Dabei wurde die Leistung um 15 Watt pro Minute gesteigert, und das so lange, bis ich die Trittfrequenz von 60 Umdrehungen pro Minute unterschreiten, oder, was wahrscheinlicher war, aufgeben oder kollabieren würde.

The power test, you just have to give it everything...
Man muss einfach alles geben…

An die Grenzen gehen

Die ersten fünf Minuten dachte ich “das ist ok, das halte ich aus”, aber als die Leistung mal über 300 Watt lag, war es, als würde ich gegen eine Mauer rennen. Meine Beine schrien nach Sauerstoff, ich überlegte, ob ich nicht doch irgendwie durch die Ohren atmen könnte, und ein mentaler Kampf begann, in dem es einfach nur um eins ging: nicht aufgeben. Ohne einen Endpunkt vor Augen zu haben, gab es nur ein Ziel: so lange wie irgend möglich weiter zu machen. Geraint und Lesley feuerten mich an, riefen, ich würde das gut machen. Würde dies doch noch ein glorreicher Moment für mich werden, würde ich mich selbst mit ungeahnter Zähigkeit überraschen? Nein. Nach weiteren 45 Sekunden gab ich auf. Ich hatte einfach nichts mehr, was ich hätte geben können, ich trainiere nie mit einer solchen Intensität und ich war schon überrascht, wie schnell ich kapitulierte. Mein Maximum beim Stufentest waren 335 Watt mit einer maximalen Sauerstoffaufnahmekapazität von 52,1 Litern. Nicht so schlecht, wie ich befürchtet hatte, aber doch ganz schön weit weg von den beeindruckenden Zahlen, die ich teilweise von meinen Elite-Racer-Freunden gehört hatte.

Der gefürchtete Stufentest war also vorbei, und nach einer angemessenen Erholungsphase und etwas gutmütigen Geplänkel ging es weiter mit Geraint’s Enduro-spezifischen Powertest, der auch von einigen der ganz großen Namen in der britischen Enduro-Szene erprobt wird. Dieser Test sollte meine Fähigkeit messen, wiederholte kraftintensive Anstrengungen zu erbringen. Sieben Sprints mit voller Kraft, die jeweils zwischen zwei und dreißig Sekunden dauern und erbarmungslos schnell aufeinander folgen. Der Test war kurz aber brutal, ich sprintete, bis man mir sagte ich solle aufhören – manchmal dauerte das quälend lang, manchmal nur zwei Sekunden. Ich musste eine hohe Trittfrequenz erreichen, da der Kraftaufwand hoch war und es anstrengend war, aus dem langsamen Tempo heraus zu beschleunigen. Ich strengte mich an, so sehr ich konnte, schwitzte und fIuchte, und je länger der Test dauerte, desto mehr hatte ich das Gefühl, nur gerade so bei Bewusstsein bleiben zu können. Bei den ersten paar Malen erreichte ich über 1000 Watt, was sich toll anhörte, bis mir klar wurde, dass das in etwa der Leistung eines billigen Wasserkochers entspricht. Nach einiger Zeit fiel meine Kraft rapide ab. Aus meiner Erfahrung bei Rennen wusste ich, dass das passieren würde – am Anfang langer Stages strotzte ich nur so vor Power und Enthusiasmus, und am Ende war ich ein erschöpftes Häufchen Elend. Das war meine Schwäche, und hoffentlich etwas, das ich durch Training verbessern konnte.

Going over the results with Rab, it certainly made him laugh
Als Rab und ich gemeinsam die Ergebnisse durchgingen, hatte er immerhin was zu lachen.

Die weitere Planung

Dann war es vorbei. Ich hing schlaff auf dem Bike, versuchte, wieder geradeaus zu sehen und Herr meiner Lunge zu werden. Ich konnte mich nicht bewegen, ich war noch nie so müde gewesen. Ich wusste jetzt nicht nur, wie es um meine Fitness stand, der Test hatte mir auch die Augen geöffnet für ein Training auf einem ganz neuen Level, für eine Intensität, die ich Hasenherz mir in den wildesten Träumen nicht ausgemalt hätte. Ich war erschöpft, aber auch enthusiastisch, meine Fitness zu verbessern – besonders jetzt, wo ich wusste, wo ich stand.

So, fitness plan sorted I had 3 months to get myself into shape.
So, der Fitnessplan war aufgestellt, ich hatte drei Monate Zeit, mich in Form zu bringen.

Das also war der Test. Ich hatte meine Ausgangsdaten, und würde in drei Monaten wieder kommen, um ihn zu wiederholen und zu sehen, ob und wie sich das Training ausgewirkt haben würde. Als nächstes brauchte ich einen strukturierten Plan, und so suchte ich erneut Rat bei der Dirt School. Eine Woche später saß ich mit Rab zusammen, wir besprachen die Ergebnisse und erstellten einen Trainingsplan, der mich rechtzeitig für die EWS fit machen sollte. Ich hatte das Gefühl, dass das erst der Anfang war – aber das ist eine Geschichte für nächste Woche.

Ein herzliches Dankeschön geht an das Team an der Napier University, Geraint und Lesley, und auch an Rab Wardell – ich freu mich schon darauf mit ihm zu arbeiten. Seid dabei, wenn ich mit Rabs Trainingsplan starte und wenn ich mein erstes Rennen der Saison fahre.

Mehr Informationen auf Dirt School Mountain Bike Coaching.

Text & Bilder: Trev Worsey


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