Federweg en masse, geringes Gewicht, edle Ausstattung, und krasse Optik: Neben dem SCOTT-typischen TwinLoc-System hat das Ransom 900 Tuned AXS noch so einiges zu bieten und schickt sich an, der Meister aller Klassen zu sein. Kann das 170-mm-Bike dieses Versprechen halten? Zumindest auf den ersten Blick ist das Ransom ein heißer Kandidat für das beste Mountainbike des Jahres.

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Mountainbike 2021 – 22 Modelle im Test

SCOTT Ransom 900 Tuned AXS | 170/170 mm (v/h)
13,72 kg in Größe L | 8.999 € | Hersteller-Website

Auffälliger geht’s nicht! Das SCOTT Ransom 900 Tuned AXS mit seinem weiß und blau gehaltenen Carbon-Rahmen ist von oben bis unten durchgestylt. Alle Anbauteile und Details sind optisch perfekt an das Farbkonzept angepasst. Allen voran das super schicke, hauseigene Syncros Hixon iC-Cockpit, bei dem Carbon-Lenker und Vorbau eine Einheit wie aus einem Guss sind. Das 800 mm breite Cockpit ist leicht, lässt sich aber – mit Ausnahme der Vorbauhöhe – nicht anpassen. So bringt es das Ransom auf ein Gewicht von 13,72 kg. Highlight des Ransom ist das 170 mm FOX Factory-Fahrwerk mit dem TwinLoc-System. Mit einer Remote am Lenker lassen sich die drei Fahrstufen Lockout, Traction Control und Descend wählen. Bei der FOX 38 in Front setzt SCOTT gezwungenermaßen nicht auf die GRIP2-Dämpfung, sondern auf die einfachere FIT4-Version. Denn nur Letztere ist mit dem TwinLoc kompatibel und eigentlich gar nicht für die 38 vorgesehen. Schade! Auch am Heck kommt eine Spezialanfertigung zum Einsatz. Der FOX Nude TR-Dämpfer kommt ohne Piggyback und – mit Ausnahme der TwinLoc-Einstellungen – ohne anpassbare Druckstufendämpfung. Dafür ist seine Luftfeder mit einem kleinen Hebel (Ramp +/-) im offenen Descend Mode anpassbar: Durch den sogenannten Ramp-Adjust lässt sich die Endprogression auch auf einer Tour an die Trail-Bedingungen anpassen. Auf dem Trail ist das Ransom dank umfangreichem Kettenstrebenschutz leise und auch die Verarbeitungsqualität ist sehr hoch. Einzig im Cockpit kann die Kabelführung nicht überzeugen und die Optik nicht mit cleanen Lösungen wie beim Specialized Stumpjumper EVO mithalten. Denn obwohl alle Züge durch Kabelspiralen gebündelt sind und die Schaltung ganz ohne Zug auskommt, ist die Front unaufgeräumt und überladen. Vor allem der linke Daumen ist gefordert, denn er muss gleich drei verschiedene Hebel – die beiden vom TwinLoc und Variostütze – bedienen.

FOX 38 und dünnwandige Reifen? Die Ausstattung des SCOTT Ransom 900 Tuned AXS

Den Beinamen „Tuned“ bekommen bei SCOTT nur die Top-Modelle und auch das 8.999 € teure Ransom 900 Tuned AXS setzt auf edle Parts. Geschaltet wird mit der kabellosen SRAM X01 AXS 12-fach-Schaltung und gebremst mit Shimano XTR-Vierkolbenbremse mit 200-mm-Scheiben in Front und 180 mm am Heck. Obwohl Bremse und Schaltung von rivalisierenden Herstellern kommen, hat SCOTT einen Adapter gefunden, mit dem Brems- und Schalthebel an nur einer Klemmschelle befestigt werden können. Cool! Das Ransom 900 läuft auf 29”-Alu-Laufrädern von Syncros. Auf sie sind super breite (2,6”) MAXXIS-Reifen aufgezogen. Vorne der griffige ASSEGAI in EXO und hinten der schneller rollende DISSECTOR in der EXO+ Karkasse. Für richtig schnelle und ruppige Trails liefern die Reifen trotz des großen Volumens nicht ausreichend Pannenschutz. Abgerundet wird das FOX Factory-Fahrwerk von einer Transfer-Sattelstütze mit 175 mm Hub in Größe L.

Volumenspacer? Nein Danke!
Der FOX Nude TR ist eine Spezialanfertigung fürs Ransom. Neben den drei Fahrstufen des TwinLocs lässt sich auch noch die Endprogression einstellen. Der Ramp-Adjust funktioniert in etwa wie ein Volumenspacer, nur viel schneller, sodass man ihn von Trail zu Trail wechseln kann.
Klavierspielen bei 30 km/h im Rockgarden
Der linke Daumen ist von den zahlreichen Hebeln von TwinLoc und Sattelstütze koordinativ gefordert. An die Anordnung kann man sich gewöhnen, an die hohen Bedienkräfte und scharfen Kanten nicht.
Vorne Flop, hinten Top
Die Zugführung im Cockpit wirkt trotz kabelloser AXS-Schaltung unordentlich. Am Heck hingegen ist sie vorbildlich umgesetzt.

SCOTT Ransom 900 Tuned AXS

8.999 €

Specifications

Fork FOX 38 Factory 170 mm
Rear Shock FOX Nude TR 170 mm
Seatpost FOX Transfer Factory 175 mm
Brakes Shimano XTR M9120 200/180 mm
Drivetrain Shimano XTR 1x12
Stem Syncros Combi IC SL 50 mm
Handlebar Syncros Combi IC SL 800 mm
Wheelset Syncros Revelstoke 1.5 29"
Tires MAXXIS ASSEGAI EXO 3C MaxxTerra/DISSECTOR EXO+ 3C MaxxTerra 2,6

Technical Data

Size S M L XL
Weight 13,72 kg


Just Look at it
Wenn jemand Bikes von oben bis unten durchstylen kann, dann SCOTT. Das Syncros Hixon Carbon-Cockpit wie aus einem Guss ist nicht nur leicht, sondern auch optisch perfekt auf das Ransom abgestimmt. In Sachen Ergonomie lässt sich mit Ausnahme der Spacer-Anordnung nicht mehr viel anpassen.
König der offenen Kurven
Die 2,6” breiten MAXXIS-Reifen tragen einen erheblichen Teil zum hohen Grip in offenen rutschigen Kurven bei. Auf hartem Untergrund und bei hohen G-Kräften – z. B. in Anliegern und Senken – walgen sie jedoch spürbar und sind unpräzise.
Fragwürdige Spezialanfertigung
Die FOX 38 Factory gibt es eigentlich nur mit der hervorragenden GRIP2-Dämpfungskartusche. Das ist allerdings nicht mit dem TwinLoc kompatibel, sodass sich SCOTT eine 38er Spezialanfertigung mit der spürbar schwächeren FIT4-Dämpfung bauen lässt. Auf den Lockout hätten wir für die bessere Dämpfungs-Performance gerne verzichtet!

SCOTT Ransom – Wie gut kann ein Bike mit 170 mm Federweg klettern?

Obwohl das Ransom einen Flip-Chip am Rahmen hat, lässt sich die Geometrie des Bikes nicht ohne Weiteres anpassen. Er dient lediglich der Anpassung von 29” auf die kleineren 27,5”-Laufräder, die SCOTT fürs Ransom aber gar nicht mehr im Programm hat. An der Front liefert das Ransom mit 467 mm Reach und 628 mm Stack (Größe L) ausreichend Bewegungsfreiheit vor und zurück, ohne dabei zu lang und sperrig zu werden. Mit 470 mm ist das Sitzrohr jedoch sehr lang und kann vor allem bei kleineren Fahrern die Bewegungsfreiheit unnötig einschränken. Wer für mehr Laufruhe gerne zur nächst größeren Rahmengröße greift, geht beim Ransom entsprechend leer aus. Der Sitzwinkel des Ransom ist flach und positioniert seinen Fahrer in der Ebene komfortabel, aber hecklastig auf dem Bike. Im offenen Descend-Mode ähnelt das Fahrwerk einer Sänfte, sodass längere Touren auch dank der voluminösen Reifen und der Sitzposition ein echter Genuss sind. Dennoch meistert das Ransom auch steile, und verblockte Anstiege sehr gut – allerdings nur im Traction-Control-Mode. Denn die mittlere TwinLoc-Einstellung ist mehr als eine Plattformdämpfung. Sie reduziert auch das Luftvolumen im Dämpfer, sodass man höher im Federweg steht. Im Traction-Control-Mode positioniert das Ransom seinen Fahrer ähnlich wie das Propain Hugene zentral und aufrecht im Bike. Auch auf technischen Trails generieren Hinterbau und Reifen dann noch immer genug Grip für Steinkanten und feuchte Wurzeln. Spielverderber ist dann aber die Gabel, die vom TwinLoc ebenfalls verhärtet wird, sodass das Vorderrad an Hindernissen hängen bleibt. Wir empfehlen euch, den TwinLoc-Seilzug an der Gabel auszuhängen. Denn auch dann ist das Ransom im Traction-Control Mode ein guter Kletterer und auf Touren sowohl effizient als auch komfortabel.

Das TwinLoc-System am Ransom ist Fluch und Segen zugleich: Bergauf verwandelt der Traction-Control-Modus das Ransom in einen top Kletterer auf Forstwegen. Leider verhärtet er aber auch die Gabel, sodass an technischen Herausforderungen das Vorderrad hängen bleibt.

Größe S M L XL
Sattelrohr 420 mm 440 mm 470 mm 500 mm
Oberrohr 571 mm 604 mm 635 mm 671 mm
Steuerrohr 100 mm 100 mm 115 mm 130 mm
Lenkwinkel 64,5° 64,5° 64,5° 64,5°
Sitzwinkel 75,0° 75,0° 75,0° 75,0°
Kettenstrebe 438 mm 438 mm 438 mm 438 mm
BB Drop 22 mm 22 mm 22 mm 22 mm
Radstand 1.183 mm 1.216 mm 1.249 mm 1.289 mm
Reach 406 mm 440 mm 467 mm 500 mm
Stack 614 mm 614 mm 628 mm 641 mm
Helm Fox Speedframe | Brille 100% Glendale | Rucksack Fox Utility Hydration Pack | Shirt Deus Jersey
Shorts Fox Ranger Short | Schuhe Ride Concepts Men’s Transition Clipless

Geringes Gewicht = agiles Fahrverhalten? Das SCOTT Ransom 900 Tuned AXS im Test

Bergab positioniert das SCOTT Ransom seinen Fahrer nicht so zentral zwischen den großen Laufrädern wie das Nukeproof Reactor oder das Canyon Spectral. Man steht eher auf statt im Bike. Dennoch ist die Lastverteilung zwischen Vorder- und Hinterrad sehr ausgewogen. Daran nicht ganz unbeteiligt ist die starre Cockpit-Ergonomie, die den Fahrer in eine aktive Fahrposition zwingt. Besonders auf flacheren Trails und in offenen Kurven ist das ein echter Vorteil und macht das Ransom in Kombination mit den breiten Reifen und dem traktionsstarken Fahrwerk zum Grip-Meister. Davon können besonders Einsteiger profitieren, die dank des intuitiven Handlings mit dem leichten Ransom auch auf losem Schotter problemlos um Kurven carven. Auch auf verblockten, alpinen Wegen überzeugt der Grip in der ganz offenen „RAMP-“ Einstellung des Dämpfers bei langsameren Geschwindigkeiten. In Steilstücken offenbart sich außerdem die Schattenseite der Cockpit-Ergonomie: Sie zieht den Fahrer weit übers Vorderrad und sorgt trotz der üppigen Federwegsreserven für Überschlagsgefühle statt Sicherheitsempfinden.

Bergab liefert das Ransom richtig viel Traktion in offenen Kurven und auf rutschigem Untergrund. Für hohe Geschwindigkeiten und richtig ruppige Trails mangelt es ihm trotz 170 mm Federweg aber an Reserven und Präzision. Hier gibt es Bikes mit deutlich weniger Federweg und mehr Baller-Qualitäten

Tuning-Tipps: TwinLoc an der Gabel aushängen | schmalere Reifen

Auch für hohe Geschwindigkeiten und richtig ruppige Trails mangelt es dem Ransom trotz 170 mm Federweg an Reserven und Präzision. Hier gibt es Bikes mit deutlich weniger Federweg und deutlich besseren Baller-Qualitäten. Richtig schnellen und aktiven Fahrern fehlt es dem Ransom an Präzision, um ans Limit zu gehen. Hier zeigt sich der Nachteil der 2,6” breiten Reifen, die in Anliegern, Kompressionen und auf hartem Untergrund walgen und zu unpräzise sind. Selbst in der progressiven „RAMP+“ Einstellung ist das Fahrwerk im offenen Descend-Modus zu schwammig und liefert zu wenig Gegenhalt für aktive Fahrmanöver. So lohnt sich auf besonders sprunglastigen, glatten Flowtrails auch der Griff zum TwinLoc. Denn im Traction-Control-Mode (bei ausgehängter Gabel) liefert das Ransom Popp und Gegenhalt ohne Ende, leitet die Schläge von verpatzten Landungen und Hindernissen aber auch spürbar an die Sprunggelenke weiter.

Riding Characteristics

12

Uphill

1
  1. sluggish
  2. efficient

Agility

2
  1. cumbersome
  2. playful

Stability

3
  1. nervous
  2. confident

Handling

4
  1. demanding
  2. balanced

Suspension

5
  1. harsh
  2. plush

Fun Factor

6
  1. planted
  2. poppy

Value for money

7
  1. terrible
  2. very good

Intended Use

XC

8

Trail

9

Enduro

10

Downhill

11

Fazit

Wenn es ein Mountainbike gibt, das sich nicht in Schubladen stecken lässt, dann das von oben bis unten durchgestylte SCOTT Ransom 900 Tuned AXS. Obwohl es richtig viel Federweg bietet, bringen es hohe Geschwindigkeiten und harte Trails an sein Limit. Dafür überzeugt es bei niedrigen bis mittleren Geschwindigkeiten mit seinem intuitiven Handling sowie hohem Grip und empfiehlt sich besonders für Einsteiger. Das TwinLoc-System ist Fluch (Federgabel) und Segen (Heck) zugleich, macht das Ransom aber auch zu einem super komfortablen Bike für lange Touren. Gemessen am tatsächlichen Einsatzbereich ist das Ransom overequipped und liefert trotz hoher Verarbeitungsqualität nur ein bescheidenes Preis-Leistungs-Verhältnis.

Tops

  • duchgestylter auffälliger Look
  • intuitives Handling
  • komfortabel und flott auf Touren

Flops

  • undefiniertes Fahrverhalten bei hohen Geschwindigkeiten
  • Hebelergonomie am Cockpit
  • inkonsequente Ausstattung

Mehr Informationen findet ihr unter scott-sports.com

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Mountainbike 2021 – 22 Modelle im Test

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Text: Fotos: Diverse