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The Syncronicles II with Rob J – The Ramp

Der Ursprung eines Traums

Es war 1988, ich 7 Jahre alt als wir von Prag, Tschechien nach Kempten ins Allgäu zogen. Zum Geburtstag bekam ich von meiner Mutter mein erstes BMX, mit Schutzblechen, Licht und Reflektoren. Ich war das glücklichste Kind auf Erden, denn jetzt konnte ich endlich so so fliegen wie der Junge aus dem Film E.T. Ich begann mir mit ein paar Brettern kleine Schanzen zu bauen, um die ersten Zentimeter Airtime unter die Reifen zu bekommen. Ab dem Zeitpunkt war ich gefesselt vom Biken und ich konnte an nichts anderes mehr denken. In der Schule war ich der Junge der immer hinten am Fenster sitzen wollte, damit ich raus schauen konnte, um mir vorzustellen wie und wo ich im Schulhof eine Bike-Strecke bauen könnte. Meine Hefte und Bücher waren vollgekritzelt mit Skizzen von Rampen und BMX Bahnen. Das Hobby und die Träumerei gaben mir auch Mut als meine Mutter ein Jahr später an Krebs starb. Kurze Zeit darauf kam ich ins Waisenhaus und das BMX war einerseits mein Ventil Dampf abzulassen aber auch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, denn es gab mir das Gefühl von unendlicher Freiheit.

10 Jahre vergingen… mit 17 arbeitete ich nach der Schule im Bike-Shop um mir nicht Geld, sondern auch Ersatzteile für mein Bike zu verdienen. Ich fuhr zu dem Zeitpunkt bereits Dual Slalom Rennen. Bald hatte ich schon erste kleine Sponsoren aus der Branche und bei meinen ersten World Cup Rennen traf ich dann auch meine großen Helden wie Brian Lopes, Dave Cullinan und Mike King. Es eröffnete sich eine neue Welt für mich und ich wollte nicht weniger erreichen als Teil davon zu werden. Jeden Tag fuhr ich zum Skatepark und sprang stundenlang mit meinem Mountainbike die Kicker und feilte im Slalom um die Bäume an meiner Kurventechnik. Ein paar meiner jungen Race Freunde hatten ein mobiles Rampen Set-up mit dem wir dann zu unterschiedlichen Anlässen Jump-Shows gaben und uns so etwas Geld für unsere Rennen verdienen konnten. Bald hatte ich endlich auch meinen langersehnten Führerschein und ich träumte von einem Leben im Bus, vom Biken, Rennen fahren und meiner eigenen Rampe, um mir so die nötige Kohle zu verdienen.

Die Falle des Erwachsenwerdens

Nachdem ich meine Schule abgeschlossen hatte, machte ich erst mal eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Ich saß die drei Jahre ab und schwor mir, dass ich von da an nie wieder in meinem Leben solch ein Büro betreten würde. Von meinem Lehrlingsgehalt kaufte ich mir einen alten VW-Bus für 890 € auf Ebay und verkaufte alles was nicht in den Bus passte. Ich hatte nur noch mein Bike, mein Surf- und Snowboard und ein paar Klamotten. Mehr brauchte ich nicht und so gab ich meine Wohnung auf und zog für die folgenden Jahre in den VW Bus. Vanlife vom feinsten.

Ich verdiente meine Kohle aber nicht mit Shows, sondern mit Gelegenheitsjobs und als Barkeeper in einem Münchner Restaurant. Ich setzte alles auf eine Karte und hatte kurze Zeit später plötzlich meinen ersten richtigen Vertrag mit Specialized und verdiente plötzlich Geld. Der alte Bus wurde geparkt und ein neuer kam her. Ich lebte ein Leben auf der Überholspur – dachte ich – und merkte dabei nicht wie ich geradezu auf die Mauer zu raste. Das Arbeitspensum und die Reiserei waren absurd. Plötzlich hatte ich auch noch Miete und Leasing zu bezahlen und ich fand mich in der Falle des Erwachsen-Seins wieder. Es kam wie es kommen musste: ich verletze mich beim Biken und merkte dass das nicht das Leben ist von dem ich träumte. Ich schmiss den Job hin, löste mich von allem finanziellen Laster und zog zurück in meinen alten Van.

Die besten Jahre folgten. Ich reiste als Profi um die Welt, fuhr die besten Trails auf Erden, traf faszinierende Menschen und lernte viel über andere Kulturen. Ich bin so unglaublich dankbar für jede noch so kleine Erfahrung die ich machen durfte und mehr als glücklich darüber, dass ich dieses „Profi-Dasein“ bis heute als meinen Job bezeichnen kann.

Heute bin ich 35, habe eine kleine Familie, einen alten restaurierten VW Bus und noch immer einen unvollendeten Kindheitstraum im Hinterkopf: Ich wusste – eines Tages muss ich die Rampe bauen. Als Freerider habe ich ein Auge für mögliche Lines in der Landschaft. Wo einer nur langweiliges Brachland sieht, sehe ich einen imaginären Bikepark. Mit Schaufel und Schweiß können Lines entstehen – und manchmal fehlt einfach nur ein fetter Kicker…

Die Rampe – ein Projekt unter Freunden

Als ich vor drei Jahren mit der Restauration meines Busses begann, hatte ich bereits eine genauere Vorstellung wie mein Kicker aussehen sollte – also baute ich den Bus so auf, dass dieser als tragendes Element für die Rampe dienen konnte. Dank der herausragenden Allrad-Eigenschaften des Syncros könnte ich den Bus überall dort im Gelände platzieren, wo ich dahinter eine natürliche Landung finde. Soweit die Theorie. Ich fragte meinen alten Bike-Kumpel, Sebastian Happ, um Hilfe denn er ist was Rampen-Design und außergewöhnliche Konstruktionen angeht – mit denen man sich in den Orbit schießen kann – das absolute Genie. Er brachte meine Ideen auf Papier, errechnete Statik und Radien und kam kurze Zeit später mit einem Bauplan für einen Superkicker aus Edelstahl und Aluminium an. Mit der Hilfe eines weiteren alten Race-Kumpels aus den guten alten 4X Zeiten, Nicolas Thrun, bauten wir in seinem Familien-Unternehmen welches auf gewaltige Edelstahl Silos spezialisiert ist, an einem Wochenendtag die großen Transitions. Um diese stabil zu verbinden und gleichzeitig einen griffigen Fahrbahn-Belag zu haben, besorgte ich 12 Alu-Offroad-Snadbleche.

Nun musste ich noch Lösungen für den Transport und die Montage finden. Dafür habe ich meinen Dachträger, der mir mit zahlreichen Befestigungspunkten die perfekte Basis liefert. Ich konnte zudem auch die einzelnen Rampenteile so miteinander verbinden, dass diese als ausklappbare „Flügel“ funktionieren. Dafür benötigte ich spezielle Edelstahl-Lager und die Feinmechaniker-Künste von Flo Bleyler – ebenso ein Bike begeisteter Freund der nur den Kopf geschüttelt hat als ich ihm mein Vorhaben erklärte. Dank seiner präzise angefertigten Bushings kann ich nun die Kicker-Teile – wenn nicht als Rampe verwendet – schön platzsparend transportieren und ausgeklappt als Vorzelt sowie als Aufnahme für meine Hängematte benutzen. Den Stoff für das Vorzelt schneiderte mir noch in letzter Sekunde mein guter Freund, Leander Angerer, in seinem Racing Atelier. Mit ihm bin ich seit unserem gemeinsamem ersten Dual-Rennen vor bald 20 Jahren bis heute regelmäßig auf dem Bike.

Das einzige was zum Schluss fehlte war: eine Landung. Es war Anfang dieses Jahres im Schneesturm als alles fertig wurde. Ich hatte das ganze Set-Up nur einmal zusammen gebaut, um zu sehen ob die Rampe an sich stabil genug ist. Aber ich konnte mich nicht drüber schmeißen, um diese zu testen. Trotzdem packte ich ich mein frisch aufgebautes Evil Wreckoning in meinen Bus, sowie alles was ich für eine lange Reise bis nach Afrika benötigen würde, und fuhr los nach bis in den hohen Atlas von Marokko. Genau dafür habe ich ursprünglich den Bus vor vielen Jahren angeschafft: um eines Tages von München bis nach Marokko zu fahren.

Die Zeit war also gekommen, um endlich meinen Kindheitstraum zu leben. Sieht wohl so aus als ob ich etwa 28 Jahre für die Umsetzung gebraucht habe. Letzen Endes fand ich mich genau dort wieder wo ich schon immer sein wollte: In meiner eigenen Vorstellung von dem was Mountainbiken für mich bedeutet – unendliche Freiheit und endlich die Option mich in den Orbit zu schießen.

Danke an alle die mir beim Bau geholfen haben. Ich sehe euch dann alle beim Lake Jump diesen Sommer wieder und dann darf sich jeder von euch mal über den Kicker lassen!

Ganz besonderer Dank an IONbike, EVIL und SPANK für die Unterstützung des Films. Ich schulde euch ein Bier oder zwei…
Und zu guter Letzt: Sebastian Doerk für eine Mega Zeit on the Road und dass du all den Epic shit eingefangen hast.


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Text: Rob Heran Fotos: Sebastian Doerk