Betrachtet man die Silhouette des neuen Giant Reign, so wird schnell klar: Dieses Bike will es wissen. Im Vergleich zum Vorgänger macht es fast den Anschein, dass es in eine Monster-Presse gesteckt wurde und jetzt noch tiefer, noch flacher und vor allen Dingen noch länger daherkommt.

Update August 2016: Dieser Test bezieht sich auf das 2015er Modell, inzwischen hatten wir auch das Giant Reing 1 2016 im Test!

The Giant Reign 2.
Das Giant Reign 2.

Und mit „länger“ meinen wir wirklich „länger“, wie ein Blick auf die Geometrie-Daten unschwer erkennen lässt: Der Reach von 458 mm (Rahmengröße L) und der enorme Radstand von 1.217 mm sind nicht die einzigen Eckdaten, die auf die Angriffslust dieses Endurobikes hindeuten.

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The Reign has been around for a while and is tried and tested, how would the latest incarnation face up?
Das Reign ist nun schon länger auf dem Markt – wie würde sich das aktuelle Modell schlagen?

Das Reign beansprucht aber nicht nur den Titel des längsten, sondern auch den des günstigsten Bikes im Test für sich. Für das Giant wird mit 2.299 € weniger als ein Drittel dessen fällig, was man für das teuerste Bike im Test berappen muss und so waren wir natürlich sehr gespannt, wie sich dies in der Praxis bemerkbar machen würde. Der Rahmen kann mit seinen klaren Linien und dem schön geformten Rohrsatz mit den innenverlegten Zügen begeistern. Der erste Eindruck ist qualitativ hochwertig, was in dieser Preisklasse sicher nicht selbstverständlich ist. Bei näherer Betrachtung wird aber schnell deutlich, wie der niedrige Einstandspreis zustande kommt. Der 2×10 Deore/SLX-Antrieb sorgt zwar für eine angemessene Übersetzungsbandbreite, aber auch für zusätzliches Gewicht. Auch die Deore-Bremsen gehören mit zu den günstigsten am Markt, was aber ihrer Funktion keinen Abbruch tut. Das Cockpit besteht aus einem hauseigenen 800-mm-Contact-Lenker und einem 40-mm-Vorbau von TRUVATIV. An unserem Testbike war eine Reverb Stealth von RockShox verbaut. In der Serienausstattung fehlt diese jedoch, was den Einsatzbereich deutlich schmälert.

Hat man auf dem Reign Platz genommen, beschleicht einen das Gefühl, auf einem Weltcup-DH-Bike zu sitzen, so lang und tief präsentiert es sich. Der Hinterbau fühlt sich bereits im Stand sehr aktiv an und lässt erahnen, dass das Bike seinen klangvollen Namen nicht zu Unrecht trägt. Die lange Front ermöglicht selbst in unwegsamstem Gelände aberwitzige Geschwindigkeiten und so bleibt das Reign stets gelassen und bügelt souverän alles nieder, was ihm in die Quere kommt. Die unglaublichen Nehmerqualitäten werden lediglich durch die Skills (oder Nerven) des Piloten und die unzureichenden sowie günstigen Hans Dampf- Faltreifen aus Schwalbes Performance- Linie begrenzt. Letztere waren nicht nur zu schmal (2,35″), sondern erwiesen sich zudem als äußerst pannenanfällig.

The longest wheelbas eon test at 1217mm.
Mit 1217mm der längste Radstand im Test.

Auf langen Touren waren wir froh um den 2×10-fach Antrieb. Auch wenn das Bike verhältnismäßig gut und effizient kletterte, forderte das hohe Gewicht (14,79 kg) aufgrund der doch eher schweren Anbauteile seinen Tribut. Jeder der Testfahrer hätte gerne noch ein besser ausgestattetes Modell getestet, um das volle Potenzial des Reigns auszuloten. In dieser Ausstattung wirkt das Reign im Flachen etwas träge, kann dafür aber dort, wo die Schwerkraft ins Spiel kommt, mit erstklassiger Performance in High-Speed-Passagen und erstklassigem Sicherheitsgefühl auftrumpfen.

Auf langen Abfahrten neigt der RockShox Debon Air RT etwas zum Überhitzen, was sich in der Dämpfungsperformance niederschlägt. Außerdem lässt das enorme Selbstvertrauen des Reigns in engen Kehren nach, wenn man entgegen der Gesetze der Physik versucht, das extrem lange Giant um tighte Kurven zu manövrieren. Maximale Wendigkeit findet man an anderen Bikes dieses Vergleichstests.

Details

Low and long: The Giant Reign is low and very long, giving it amazing stability on the descents. The stretched top tube made it a firm favorite with taller riders and provided a central riding position that inspired confidence in steep terrain.
Lang und tief: Das Geheimnis der beeindruckenden Laufruhe und Stabilität des Giant Reign liegt in dessen tiefer und langer Geometrie. Mit seinem gestreckten Oberrohr konnte es besonders bei den größeren Fahrern punkten. Die Sitzposition ist sehr zentral und schafft in steilem Gelände viel Vertrauen.
A real maestro: The Giant Reign’s Maestro suspension makes easy work of big rocks and trail obstructions, smoothing out square edges effectively. The low-spec RockShox Monarch RT was great for trail riding, but was out of its depth on rough, lift-assisted trails.
Meisterlich: Mit dem bewährten Maestro-Hinterbau im Reign werden große Felsen und andere Hindernisse zum Kinderspiel. Der unterdimensionierte Monarch RT im Heck eignet sich für leichte Trails, kommt aber auf Parkstrecken schnell an seine Grenzen.
Double up: On long climbs the extra ratios provided by the 2x10 drivetrain proved useful, but on the descents the double was noisy. The Shimano Deore / SLX drivetrain shifted well and even though the chain device did not stop every derailment, it helped keep everything in order.
Nervig: So sehr wir die 2×10-fach-Schaltung auf langen Anstiegen auch zu schätzen wussten, so sehr nervte sie bergab. Die Schaltperformance der Deore/SLX-Komponenten war tadellos. Die verbaute Führung war zwar hilfreich, konnte aber einen Abflug der Kette nicht immer verhindern.

Spezifikation: Giant Reign 2 2015

  • Gabel: RockShox Pike SoloAir RC 160mm
  • Dämpfer: RockShox Monarch RT Debonair 160mm
  • Antrieb: Shimano Deore
  • Bremsen: Shimano Deore M615 203/180mm
  • Sattelstütze: RockShox Reverb Stealth
  • Vorbau: Truvativ Holzfeller 50mm
  • Lenker: Giant Contact SL DH 800mm
  • Reifen: Schwalbe Hans Dampf Performance
  • Laufradgröße: 27,5″
  • Naben: Formula Tracker
  • Felgen: Giant P-AM-2
  • Preis: 2.299 €
Foto 10.12.15, 11 12 31

Tops

  • beeindruckender Preis
  • extrem stabiles Fahrverhalten

Weaknesses

  • billige, unbrauchbare Reifen
  • Monarch DebonAir RT-Dämpfer unterdimensioniert
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Fazit

Was uns am Reign am meisten überzeugt hat, ist das Maß an Performance für diesen Preis. Das Bike kostet fahrfertig gerade mal so viel wie bei manch anderen Herstellern nur der Rahmen. Allerdings lässt die Serienausstattung so einige Wünsche offen und allen potenziellen Käufern seien ein Reifenwechsel sowie ein Tuning des Dämpfers wärmstens empfohlen.
Trotz allem kann das Bike seine enormen Nehmerqualitäten unter Beweis stellen, und wer es gerne auf so manchen Bikeparkstrecken ordentlich krachen lässt, der wird mit dem Giant viel Freude haben.

Mehr Information zum Giant Reign gibt es auf der Giant Webseite.

Alle Bikes im Test: Cannondale Jekyll Carbon 1 | Canyon Strive CF 9.0 Race | Rose Uncle Jimbo 3 | Santa Cruz Nomad C X01 | Trek Slash 9 | Vitus Sommet VRX | Yeti SB6C X01 | YT Capra CF Pro Race.

Dieser Artikel ist Teil unseres Enduro Vergleichstests 2015.

Update August 2016: Dieser Test bezieht sich auf das 2015er Modell, inzwischen hatten wir auch das Giant Reing 1 2016 im Test!

Text & Photos: Trevor Worsey


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