Am 1. April 2014 haben alle gescherzt, nur Santa Cruz nicht: 165 Millimeter Federweg , 27.5“ Laufräder, 65° Lenkwinkel, 12,9 Kilogramm – die Eckdaten des neu vorgestellten Santa Cruz Nomad Carbon sind alles andere als ein schlechter Aprilscherz. Nicht weniger selbstbewusst ist die Farbgebung in Aqua-Mangenta-Tönen.

Update December 2015: Wir hatten das Nomad in unserem Enduro Vergleichstest 2015. Werft einen Blick in den Santa Cruz Nomad C X01 Test.

Das neue Santa Cruz Nomad Carbon ist eines: extrem in jeder Hinsicht!
Das neue Santa Cruz Nomad Carbon ist eines: extrem in jeder Hinsicht!

Wenige Tage später – ehe wir uns versahen – saßen wir im Flieger nach Santa Cruz, um dort das neue Nomad zu testen. Und das haben wir auch gemacht! Nach zwei Tagen fiesem Ballern in Demo Forest und weiteren Trails rund um Santa Cruz lest ihr nun hier unsere Eindrücke.

Kompromisslos 1x11! Das Nomad bietet keine Option für die Montage eines Umwerfers.
Kompromisslos 1×11! Das Nomad bietet keine Option für die Montage eines Umwerfers.

Der Voll-Carbon-Rahmen des neuen Santa Cruz Nomad wurde kompromisslos auf 1×11 Antriebe getrimmt, so gibt es keine Möglichkeit einen Umwerfer zu montieren. Kettenführungen montiert man über die ISCG05 Aufnahme.

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Das Resultat ist ein sehr kompakter Hinterbau mit 433 Millimeter kurzen Kettenstreben. In Anbetracht der naturgemäß breiteren Bauweise eines VPP-Hinterbaus ist das für ein 27.5“-Bike ein sehr guter Wert. Darüber hinaus ließ sich der Hinterbau so auf genau ein Kettenblatt optimieren und entsprechend die Pedalier-Eigenschaften verbessern.

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165 Millimeter Federweg bietet der VPP-Hinterbau, der optional mit RockShox Monarch Plus DebonAir oder mit RockShox Vivid Air RC2 angeboten wird. Eine dritte Option wird demnächst mit Fox Float X Dämpfer erhältlich sein (sobald auch die neue Fox 36 verfügbar ist).

Erstmals innen verlegte Züge bei Santa Cruz!
Erstmals innen verlegte Züge bei Santa Cruz!

Bei Santa Cruz sind innen verlegte Züge Glaubenssache, so waren bis dato die Züge stets extern verlegt, was zwar praktisch aber weniger ästhetisch war. Beim Nomad wird nun der Schaltzug, sowie der Reverb-Stealth-Zug innen verlegt. Um unnötiges Gefummel zu vermeiden ist ein vollkommen durchgehendes Carbon-Rohr im Unterrohr angebracht. Kabel rein, Kabel raus – so einfach kann’s gehen! Ein weiteres Feature: Im Hauptrahmen findet ein Flaschenhalter Platz. Das Rahmengewicht liegt laut Santa Cruz bei 2.8 Kilogramm inklusive Monarch Plus DebonAir.

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Der Rahmen inklusive Dämpfer geht für knapp über 3.000 Euro ($2.999) über die Ladentheke. Das Komplettbike wird es in zwei verschiedenen Ausstattungsvarianten (X01/XT oder (XX1/XTR) geben, jeweils mit optionalem Dämpfer (MonarchPlus DebonAir oder VividAir) und Laufrad-Upgrade (WTB oder Enve M70 Carbon). Preise für Deutschland liegen uns aktuell nicht vor, in den USA beginnen die BuildKits ab $6.599 und reichen locker in den fünfstelligen Bereich.

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Wir testeten das „günstigere“ Modelle mit SRAM X01-Antrieb, Shimano XT-Bremsen, 785 Millimeter breitem RaceFace SIXC Carbon Lenker und 50 Millimeter Vorbau, RockShox Reverb Stealth und – blingbling – Enve M70 Thirty Laufrädern. An der Front federte eine RockShox Pike RCT3 Solo Air mit 160 Millimetern Federweg. Am Heck fuhren wir zuerst mit RockShox Monarch Plus DebonAir Dämpfer, wechselten anschließend dann auf den VividAir, um die Unterschiede zu erfahren.

Showdown in den Redwoods von Santa Cruz.
Wir waren zum Showdown in den Redwoods von Santa Cruz.

Und dann ging es auch schon ab auf die Trails. Bergauf schlägt sich das Nomad erstaunlich gut. Mit 12,9 Kilogramm (ohne Pedale, Größe M, VividAir) Gewicht, kompakter und effizienter Sitzposition (nicht zuletzt dank des mit 74.2° recht steilen Sitzwinkels) klettert das Nomad ohne Meckern. Selbst bei steilen Passagen hat man immer noch genügend Druck auf dem Vorderrad. Limitierender Faktor wird bei längeren Anstiegen vielmehr der 1×11-Antrieb sein. Die Hinterbauoptimierung auf lediglich ein Kettenblatt hat hingegen Früchte getragen, so gibt sich der Monarch Plus DebonAir bergauf überraschend wippfrei, selbst der später montierte VividAir war noch gut effizient. Störend: Aufgrund des sehr flachen Lenkwinkels (65°) tendiert das Vorderrad dazu, seitlich wegzuknicken.

Keine Gnade - Robin fliegt mit Highspeed gen Tal!
Keine Gnade – Robin fliegt mit Highspeed gen Tal!

Bergab ließen wir es dann richtig krachen – und das darf man auch! Denn man sollte sich über das leichte Gewicht und die Enduro-typische Ausstattung nicht hinweg täuschen lassen: Das Nomad hat eine Downhillgeometrie und ist entsprechend nichts für entspannte Touren im Mittelgebirge oder sonstigen Hügelchen. Mit seiner extremen Geometrie, die eher an ein sportliches Downhillbike als an ein entspanntes Trailbike erinnert, entfaltet es sein volles Potential erst im steilen Gelände oder bei Highspeed (welches wir in Santa Cruz hatten).

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Nicht nur die Geometrie, sondern auch das massive RaceFace Cockpit mit 785 Millimeter breitem Lenker und 50 Millimeter kurzem Vorbau ist auf maximale Kontrolle bergab ausgelegt. Der für das eigentlich kompakte Medium-Bike (585 Millimeter Oberrohrlänge) recht lange Radstand (1170 Millimeter) sorgt zusätzlich für Laufruhe. Die RockShox Pike erledigt ihre Arbeit mit Bravour! Sensible, schluckfreudig und dennoch sehr definiert nimmt sie jedem Hindernis den Schrecken. Mit sehr gutem Ansprechverhalten weiß der MonarchPlus DebonAir zu überzeugen, lediglich ein wenig mehr Support im mittleren Federweg hätten wir uns in Kompressionen und bei Absprüngen gewünscht, da er hier dazu tendiert, leicht durch den Federweg zu rauschen. Ein Luftvolumenspacer könnte hier Abhilfe schaffen, um eine etwas progressivere Kennlinie zu erreichen. In getesteten Setup fährt sich das Bike sehr spritzig, enge Richtungswechsel und generell enge Sektionen bedürfen hingegen ein wenig Nachdruck. Den Lenker auf etwa 760 Millimeter zu kürzen hätte hier schon einiges bewirkt. Den Vortriebswillen der leichten und sehr steifen Enve M70 Thirty Laufräder spürte man sofort.

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Insgesamt ist das Nomad (merklich) sehr steif und messerscharf präzise. Manche mögen das, für uns war es teilweise schon ein wenig zu krass. Die sehr steifen Enve M70 Thirty Laufräder „schlagen“ in ruppigen Kurven und verlieren ein bisschen an Traktion, da sie anstatt sich durch Flex dem Untergrund ein wenig anzupassen, leicht springen. Auch die Kette schlägt bei harter Fahrweise laut. Was die Laufräder angeht, so ist zwar der Optik-Gewinn grandios – der Performancegewinn ist hingegen marginal beziehungsweise gar kontraproduktiv (je nach persönlicher Vorliebe). Ein weiterer Faktor ist der happige Aufpreis.

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Mit dem VividAir wird das Bike auf jeden Fall noch einmal abfahrtslastiger und harmonischer. Der großvolumige Dämpfer bügelt gnadenlos die Unebenheiten aus und bietet im mittleren Federwegsbereich ein wenig mehr Support als der Monarch Plus. Eine angenehme Endprogression verhindert Durchschläge. Unser bevorzugtes Setup ist definitiv mit dem VividAir – die rund 200 Gramm Mehrgewicht nehmen wir für den Performancegewinn gerne in Kauf. So ist das Nomad kompromisslos für die harten Enduro-Rennen dieser Welt, anspruchsvolle Alpentrails und ausgiebige Bikeparktrips gewappnet.

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Summa summarum schafft das neue Nomad einen weiten Spagat zwischen passablen Bergaufeigenschaften und purer Abfahrtsperformance. Dieses Bike macht traditionelle Bikepark-Bikes sowie viele Downhillbikes überflüssig. Leicht, schnell und sexy sucht das Santa Cruz Nomad Carbon mit seiner extremen aber ausgewogenen Geometrie nach schnellen, steilen Herausforderungen und meistert diese mit Bravour. Einziges Problem für viele: der hohe Preis.

Update December 2015: Wir hatten das Nomad in unserem Enduro Vergleichstest 2015. Werft einen Blick in den Santa Cruz Nomad C X01 Test.

Text: Robin Schmitt Foto: Gary Perkin/Santa Cruz Bicycles


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Über den Autor

Robin Schmitt

Robin ist einer der zwei Verlagsgründer und Visionär mit Macher-Genen. Während er jetzt – im strammen Arbeitsalltag – jede freie Sekunde auf dem Bike genießt, war er früher bei Enduro-Rennen und ein paar Downhill-Weltcups erfolgreich auf Sekundenjagd. Nebenbei praktiziert er Kung-Fu und Zen-Meditation, spielt Cello oder mit seinem Hund (der eigentlich seiner Freundin gehört!), bereist fremde Länder und testet noch immer zahlreiche Bikes selbst. Progressive Ideen, neue Projekte und große Herausforderungen – Robin liebt es, Potenziale zu entdecken und Trends auf den Grund zu gehen.