Der stationäre Handel besitzt mehr Potenzial denn je – man muss es nur erkennen.

Pizza vom Lieferservice, Schuhe von Zalando oder Bikes und Komponenten von unzähligen Online-Anbietern und Direkt-Versendern – heutzutage kann man (fast) alles online bestellen und sich bequem nach Hause liefern lassen. Unser Konsumverhalten hat sich drastisch geändert und nun liegt es am Handel, sich richtig zu positionieren und das für sich zu nutzen.

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Online-Shopping ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken. Wir arbeiten von nine to five und meist noch deutlich länger. Im Anschluss geht’s zu Verabredungen mit Freunden, zum Nightriden und am Wochenende für ein Abenteuer in die Berge. Zum Einkaufen verlassen wir dagegen immer seltener das Haus, sondern erledigen das entspannt mit dem iPad auf der Couch.

Das belegt auch unsere Leserumfrage: Vergleicht man die Zahlen von 2015 mit denen des Vorjahrs, dann fällt auf, dass 10 % weniger Leser ihr Rad im lokalen Bikeshop gekauft haben. Dennoch sind wir uns sicher, dass der stationäre Handel nicht aussterben wird. Er wird sich nur verändern.

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Online gewinnt, offline verliert?

Egal ob durch Testberichte in Magazinen, Rezensionen in Online-Shops oder Ratschläge von Freunden, noch nie war der Kunde so gut informiert wie heute. Was ist der beste Reifen? Welche die standfesteste Bremse und welche Federgabel aktuell State of the Art? Die Antworten auf all diese Fragen liefert das Netz – und damit auch oft die Kaufentscheidung.

Verstärkt wird der Online-Boom durch das immer bessere Angebot vieler Direktversender. Die Zeiten, in denen ihre Räder nur mit einer guten Ausstattung glänzen konnten, sind vorbei.

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Mittlerweile gehören Firmen wie Canyon zu den Innovationsschmieden der Industrie und drängen mit stimmigen Produkten und großen Marketingkampagnen auf den globalen Markt.
Sie liefern bis ins letzte Detail perfektionierte Bikes mit unglaublicher Ausstattung zum Knaller-Preis. Und da auch die Performance stimmt, sichern sie sich verdient Testsiege und sind so nicht mehr nur für preisbewusste Käufer interessant.

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Große Potenziale

Doch der Wegfall eines Vertriebsschritts ist der größte Vorteil und zugleich der größte Nachteil des gesamten Online-Business. Denn nach wie vor kann und will ein Großteil der Kunden nicht auf einen Ansprechpartner vor Ort verzichten und das beste Online-Beratungs-Tool ist selten so gut wie das persönliche Gespräch mit geschultem und qualifiziertem Fachpersonal. Ein Produkt live zu betrachten, es anzuprobieren oder es, wie im Fall von Bikes, zu testen, ist für viele Konsumenten wichtiger als der günstigste Preis.

„Der stationäre Handel wird nicht aussterben, er wird sich nur verändern”.

Und hier liegt das größte Potenzial, sowohl für Online-Anbieter als auch für stationäre Händler. Was in Zukunft zählt, ist eine umfassende Vernetzung aller Kanäle, online wie offline. Das bedeutet nicht, dass jeder kleine Bikeladen von nun an einen Online-Shop benötigt, denn um mit den Big Playern konkurrieren zu können, bedarf es entweder cleverer Strategien oder einer großen finanziellen Power. Dennoch ist es auch für kleine Shops ratsam, ihre Kunden im Internet und auf Social Media mit einer digitalen Präsenz abzuholen. Hier gilt wie so oft im Leben: Weniger ist mehr. Und lieber macht man wenig gut statt alles irgendwie. Man sollte also online Anreize schaffen, den Shop zu besuchen. Was zählt, ist unter anderem ein ansprechendes Design des Ladens, oder noch besser: Der Einkauf sollte zum Erlebnis werden und der schnöde Point of Sale zum spannenden Point of Interest. Kurz gesagt: Der Shop sollte im Idealfall der Dreh- und Angelpunkt einer lokalen Szene werden, mit Events, Touren, Workshops etc. Wer seine Kunden auf diese Art und Weise bindet und mit kompetentem Service überzeugt, braucht keinen Preiskampf zu fürchten. Wir werden uns in den nächsten Wochen aufmachen, genau solche Shops für euch zu finden und sie mit dem Top100 – Deutschlands beste Bikeshops-Siegel zu zertifizieren.

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Ein Direktversender, der in beispielhafter Form den umgekehrten Weg gegangen ist und den Kontakt zu seinen Kunden erneut gesucht und gefunden hat, ist der Bike-Gigant ROSE. Nach den Anfängen mit einem lokalen Shop hat der spätere Versandhändler mittlerweile wieder zwei spannende Shopping-Erlebniswelten geschaffen, eine beim Firmensitz in Bocholt, eine in der Fahrrad-Hauptstadt München. Die beiden modern, offen und freundlich gestalteten Läden bieten entspannte Atmosphäre und top Beratung. Bei ROSE hat der Kunde die Wahl, wo und wie er sein Rad kaufen möchte, online von der Couch aus oder offline im Laden. Einen Ansprechpartner vor Ort hat er in beiden Fällen – und darauf wird es auch in Zukunft ankommen.

Dieses Konzept entdecken mittlerweile immer mehr Hersteller. So hat auch Trek in den USA angefangen, Bikes übers Internet zu verkaufen. Die Auslieferung erfolgt aber über einen lokalen, zertifizierten Shop, der dann eben auch wieder als Anlaufstelle dient und dem Kunden beim Set-up und der Abstimmung der oft komplexen Bikes hilft.

„Online oder Offline? Am Ende zählt eine Kombination aus beidem”

Am Ende zählt wie so oft das Gesamtpaket. In einem immer härter umkämpften Markt reicht es nicht, sich auf einem bekannten Markennamen und der damit verbundenen hohen Anziehungskraft des Produkts auszuruhen oder Bikes zum Schleuderpreis zu verkaufen. Kunden erwarten Service und sind bereit, dafür einen angemessen Preis zu zahlen. Wer das erkennt, passende Produkte liefert und es schafft, sich von der Masse abzuheben, der muss sich auch in Zukunft keine Sorgen machen: weder Direktversender noch stationärer Handel.

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Text: Christoph Bayer Bilder: Christoph Bayer/Klaus Kneist


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