Die Enduro-Saison ist vorrüber und vermutlich jeder Enduro-Neuling hat bitter erfahren müssen, wo seine Stärken liegen und vor allem wo nicht. Am Beispiel der CUBE Action Team Fahrer André Wagenknecht und Ludwig Döhl wollen wir zeigen, dass es für das Enduro-Training keine allgemeingültige Formel gibt, sondern jeder erst einmal an seinen eigenen Schwächen arbeiten muss. Wie auch Ludwig und André – der eine EX-Cross-Country-Fahrer, der andere EX-Downhiller…

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Ludwig Döhl:

Ridingskills statt Ausdauertraining

„Vom Cross-Country kommend war mein Training die letzten Jahre sehr ausdauerlastig aufgebaut. Im Frühjahr habe ich zwar noch sehr viele Kilometer auf dem Rennrad gesammelt, je näher die Saison jedoch kam, desto mehr Einheiten habe ich auf dem MTB verbracht, meist Intervalltraining. Generell habe ich mich heuer sozusagen auf meinen „Lorbeeren“ im Ausdauerbereich etwas ausgeruht, um mehr an meiner Fahrtechnik zu feilen. Was aber nun nicht heißen soll, dass ich keine langen Touren mehr fahre oder nur noch im Bikepark abhänge. Mein Training ist einfach nur vielseitiger geworden. Jetzt fahre ich zum Beispiel technische Passagen auf Singletrails mehrmals ab, um die richtige Linie zu finden oder versuche flüssiger zu fahren, indem ich bewusst nicht trete und versuche, Speed durch „Pushen“ zu generieren.

Während ich früher einfach nur Vollgas gefahren bin, nehme ich mir nun mehr Zeit und versuche meine Fahrweise zu perfektionieren. Insgesamt würde ich sagen, spiele ich mehr mit dem Gelände – auch weil das Enduro-Bike im Vergleich zu meinem Hardtail einfach mehr hergibt. Nichtsdestotrotz werde ich nächstes Jahr wieder das eine oder andere Marathon-Rennen bestreiten, um meine physische Fitness nicht zu verlieren.“

Linienwahl

“Anfang der Saison hatte ich ziemliche Probleme mit der Linienwahl, da ich noch nie ein Fully besessen hatte und im Cross-Country unter dem Aspekt “Kraft sparen und erholen” die Abfahrten versuchte zu meistern. Im Enduro ging es dann auf einmal um Zehntel-Sekunden und nicht mehr darum, den Gegnern in der Kurve zu schneiden oder ähnliches. Ein Paradebeispiel dafür war, als ich zusammen mit André in Winterberg die Downhill-Strecke abgefahren bin. Als ich unten ankam schüttelte ich nur noch den Kopf und sagte ihm, dass er wie ein Anfänger fahre, da ich in jeder Kurve Platz zum Überholen gehabt hätte. Im zweiten Trainingsrun sind wir an allen Schlüsselstellen stehen geblieben und er hat mir dann erklärt, warum er genau diese Linie gefahren ist. Mit jeder weiteren Schlüsselstelle habe ich verstanden, um was es geht. Nämlich nicht darum sich in einem 100-Mann Feld zu behaupten, sondern darum, mehr Speed aus Kurven mitzunehmen und den Kurs so flüssig wie möglich zu meistern.”

Augen auf bei der Linienwahl! So lässt sich Kraft sparen, mehr Schwung durch Kurven mitnehmen und üble Materialbehandlungen vermeiden!
Augen auf bei der Linienwahl! So lässt sich Kraft sparen, mehr Schwung durch Kurven mitnehmen und üble Materialbehandlungen vermeiden!

Highspeed-Passagen & Sprünge

“Ein weiteres Relikt aus meiner Hardtail-Zeit ist meine Hemmung vor großen Sprüngen oder extrem schnellen Streckenabschnitten. Im Rennen springe ich zwar so gut wie alles, aber meistens kostet es mich große Überwindung. Wenn ich zu Hause auf einer Trainingsrunde unterwegs bin, überwinde ich mich meistens nicht und umgehe die Sprünge. Unterwegs mit meinen Teamkollegen pushen wir uns meist gegenseitig. Eigentlich fährt André immer voraus, weil er den saubersten Fahrstil hat und die meiste Routine. Er zieht mich dann über schwierige Sprünge drüber. Ich glaube, ihm ist bei der ganzen Sache immer weniger wohl als mir selbst. Nächstes Frühjahr will ich mit dem Downhill-Bike trainieren und eventuell auch das ein oder andere Downhill-Rennen bestreiten, um vertrauter mit Geschwindigkeit und Sprüngen zu werden.”

Konzentration

“Als ich mit Enduro-Rennen begonnen hatte, konnte ich zwar einzelne Sektionen extrem schnell fahren, hatte aber auf fast jeder Stage einen Sturz. Das lag zum einen daran, dass ich das hohe Tempo nicht gewohnt war, zum anderen an meiner Konzentration. Anstatt meine Gedanken immer voll auf die Strecke und mich zu fokussieren, hatte ich manchmal sogar noch Augen für die Zuschauer am Streckenrand. Es ist zwar extrem schwierig „Konzentration“ zu trainieren, aber ich habe ein paar Übungen dafür gefunden. Man muss sich einfach sehr schwere Dinge suchen, welche die volle Konzentration benötigen, damit man sie überhaupt bewältigen kann.
Dabei spreche nicht von großen Drops oder schwierigen Trails, sondern eher von Dingen, wie Jonglieren oder Slacklinen. Ich verknüpfe meist sogar verschiedene Übungen miteinander.

Zum Beispiel jongliere ich mit drei Bällen, während ich auf einem großen Gymnastikball balanciere. Wenn ich mich bei dieser Übung nicht voll konzentriere, falle ich vom Ball. Und genau diese maximale Konzentration benötige ich am Start und während des Rennens, um einen sauberen und fehlerfreien Lauf nach unten zu bringen.“

Andre Wagenknecht:

„Um ehrlich zu sein: In der Zeit, als ich Downhill gefahren bin, war ich leider kein „Trainingsstreber“, sondern immer der Typ, der seine Freiheit auch beim Biken gesucht hat. Es war mir immer wichtig, genau das zu tun, worauf ich Lust hatte. In den Juniorenzeiten hatten wir schon einen Trainingsplan, aber irgendwann bemerkte ich, dass ich nicht ganz der Typ dafür bin und der Kopf ebenfalls eine große Rolle spielt. Somit hieß es fit sein und Spaß haben – irgendwie ging der Plan meistens auch auf. Der Wechsel zu Enduro war für mich eine neue Herausforderung. Das Biken ist nicht neu, es geht noch immer um die Zeit, aber es kamen neue Faktoren hinzu. Und dann kam das große BAMMMMM! Verdammt!

Ich muss ja richtig fit für über drei bis vier Minuten Rennzeit sein. Ich hatte mir den Wechsel zu Enduro definitiv einfacher vorgestellt. Auf kurzen Etappen bin ich mit meiner Form immer gut dabei gewesen, aber wenn es länger wurde, dann bekam ich die Keule an den Kopf.

"Wir haben viel über das Training und die Vorgehensweise des einzelnen diskutiert und sind zum Entschluss gekommen, dass es keine allgemeingültige Formel gibt. Jeder verfolgt seine eigenen Ziele."
“Wir haben viel über das Training und die Vorgehensweise des einzelnen diskutiert und sind zum Entschluss gekommen, dass es keine allgemeingültige Formel gibt. Jeder verfolgt seine eigenen Ziele.”

Meiner Meinung nach ist ein sehr gut trainierter Fahrer mit guter Technik in summa schneller, als der beste technische Fahrer mit nur etwas Fitness. Dies bedeut für mich, dass ich das aufholen muss, was Ludwig noch in den Knochen steckt, wohingegen er seine Technik anpassen muss. Wir ergänzen uns also sehr gut. Ich hatte lange keine solch gute und angenehme Saison wie diese, da das Klima im Team ausgesprochen gut ist.

Ich werde mich wohl mit einer Menge Intervallen über den Winter quälen müssen. Der schwierigste Teil dabei ist die Überwindung des inneren Schweinehundes!

Ludwig und ich versuchen jetzt eine Motivation für den Winter zu finden. Das heißt auch mal weg vom Bike und ab auf die Ski (Nordic und Alpin), Laufschuhe, Badehose und eine “Halbliterhopfenmasseinheit” für den Kopf!”

Andrés Übungstipps

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„Um über den Winter fit zu bleiben, mache ich oft ganz einfache und simple Übungen, die im Prinzip jeder bei sich in der Wohnung machen kann. Der schwierigste Teil dabei ist die Überwindung des inneren Schweinehundes. Ich arbeite hauptsächlich nur mit dem eigenen Körpergewicht, verwende weder Hanteln noch große Fitnessgeräte. Ich nutze lediglich die „Blackroll“ als Trainingshilfe für die Tiefenmuskulatur. Bei allen Übungen rund 20 Wiederholungen á drei Sätze. Im Verlauf des Winters steigere ich dann immer die Wiederholungszahlen. Aktuell trainiere ich mit niederer Intensität. Soll heißen, super leichte Ausfahrten oder Läufe kombiniert mit ein paar Übungen für Bauch, Beine, Schulter und Rücken. Dazu nutze ich aktuell nur das Körpergewicht, den Peziball und leichte Gewichte. Für die Übungen nehme ich mir maximal dreimal pro Woche Zeit und mache á drei bis vier Durchgänge. Für die Ausdauer gehe ich meist drei Tage infolge Radfahren, Laufen oder Langlaufen und mache einen oder zwei Tage Pause. Im Prinzip trainiere ich aktuell für das Training. Ich mache mir also aktuell keinen Stress, aber die geringe Belastung macht mich wieder locker für das neue Training. Innerhalb der Saison verliert man oftmals mehr als man glaubt. Man wird fest und gestresst.”

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Liegestützen in verschiedenen Variationen

Die Blackroll liegt dabei unter den Zehenspitzen. Meist beginne ich mich mit den Händen Schulterbreit abzustützen und verringere dann pro Satz den Abstand zwischen den Händen. Je enger die Hände zusammen sind, desto mehr wird auch der Unterarm mittrainiert.

Einbeinige Kniebeugen

Einbeinige Kniebeugen sind eine Mischung aus Kraft- und Balance-Übung. Hier ist eine saubere Ausführung das A und O, ansonsten ist das schädlich für die Kniegelenke. Ich versuche immer das Knie hinter den Zehenspitzen zu lassen beim Abhocken und strecke das Bein, das nicht belastet wird, nach vorne aus.

Klimmzüge

Dabei halte ich die Hände wie beim Biken an der Klimmzug-Stange. Es gilt zu beachten, dass die Handhaltung einer am Lenker ähnelnden entspricht. Wer die Stange andersherum hält, trainiert nur den Bizeps und nicht wie gewollt den ganzen Oberkörper. Auch hier variiere ich mit der Breite der Armstellung. Je weiter auseinander die Hände an der Stange sind, desto fieser und schwieriger ist die Übung.

Situps

Hier klemme ich mir die Blackroll unter den Hintern und mache ganz „normale“ Situps. Dabei variiere ich, indem ich den Oberkörper nach links oder rechts drehe.

Seitliche Liegestützen

Hier stütze ich mich mit einem Unterarm am Boden ab und mein Fußgelenk liegt auf der Blackroll auf. Ich bewege die Hüfte zum Boden und wieder hoch. Eine sehr gute Übung für die seitliche Rückenmuskulatur. Achtet darauf, dass ihr gerade bleibt und die Übung wie alle anderen nicht zu hektisch ausführt.

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Text: André Wagenknecht | Illustration: Albert Escoda


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