Wenn der kühle Herbst einbricht, kann man sich mit seiner Liebsten ans Kaminfeuer kuscheln und bei einem guten Glas Rotwein die kalten Winterabende verbringen. Dazu noch… STOPP! Schluss mit der Sülze! Wer den folgenden Text ließt und Kraftausdrücke nicht vertragen kann oder mit nostalgischem Fernweh den Sommermonaten nachtrauert und im Winter in den Süden fliegt, weil es hier zu kalt sei, der sollte einfach weiterblättern – pardon, klicken.
Denn – das hat Mutti schon gewusst – nur die Harten geh’n in Garten. Und erst recht im Herbst!

Die Materialschlachten gehen mir manchmal ganz schön auf den Sack! Immer das Neuste, Beste und Bunteste. Dabei checken es die feinen Herren einfach nicht, dass es nicht am Material, sondern am Fahrer liegt. Und der letzte Sturz kein Materialfehler, sondern ein Fahrfehler war. Wieso, bitte, sollte ich mit meinem Jeanshemd nicht genauso schnell sein wie einer mit einer Multi-Layer-Softshell-Gaga-Membran-Jacke? Denn im wahren Leben gilt: Wer kann, der kann. Und nicht wer hat, der kann!

Wir haben einfach mal gedacht, wir können; und deshalb all das gemacht, was man nicht machen sollte. Wie manche zumindest sagen…

On the Highway to Hell3

Anfang der 1970er Jahre versuchten ein paar zweiradverliebte kalifornische Hippies mit Namen wie Breeze, Fisher oder Kelly das Rad neu zu erfinden. Mit lausigen Stahlrahmen und ein paar Stollenreifen machten die Jungs die Berge Kaliforniens unsicher, der Schwerkraft scheinbar hilflos ausgeliefert.

Wie fühlt es sich an, ohne Fahrassistent, ohne Rallye-Fahrwerk und Sicherheitsgurt auf die Piste zu gehen? – Scheiße! Und genau deshalb haben wir es auch gemacht! Mein Bike und ich! Der Berg war der Gegner. Und zwar nicht nur bergab!

On the Highway to Hell_geamt

Wir versetzen uns zurück an die Ursprünge des Mountainbikens: der Drang, sich waghalsig steile Berge hinunterzustürzen und der öden 26×1,35-Zoll-Gesellschaft den Mittelfinger zu zeigen. Dabei finden wir unser Bike nicht auf dem Schrottplatz oder in einem dunklen Keller, sondern wir fahren das brandneue Transition Klunker. Bleischwer, nur Rücktrittbremse und ohne Gangschaltung – das sind die Eckdaten des Gefährts.

Die Kombination von übermotiviertem Piloten und unterdimensioniertem Material verspricht allen Beteiligten jede Menge Spaß. Einmal in den Trail eingebogen gibt es nämlich kein Zurück mehr; und so bleiben auch wir von schmerzhaften und tränenreichen Bodenproben nicht verschont.
Die Kombination von übermotiviertem Piloten und unterdimensioniertem Material verspricht allen Beteiligten jede Menge Spaß. Einmal in den Trail eingebogen gibt es nämlich kein Zurück mehr; und so bleiben auch wir von schmerzhaften und tränenreichen Bodenproben nicht verschont.
Ein kurzes Gefühl der Schwerelosigkeit. Zwei, drei, vier Meter später landen wir mit dem Oberkörper auf dem breiten und robusten Lenker des Transition. Wer hoch fliegt, fällt tief. Wir zählen die Kieselsteine im Unterarm und trinken auf den Schock erst mal ein Bier. Aufstehen und weiterfahren.
Ein kurzes Gefühl der Schwerelosigkeit. Zwei, drei, vier Meter später landen wir mit dem Oberkörper auf dem breiten und robusten Lenker des Transition. Wer hoch fliegt, fällt tief. Wir zählen die Kieselsteine im Unterarm und trinken auf den Schock erst mal ein Bier. Aufstehen und weiterfahren.
Die Kippe im Mund, quarzt unsere eigene Freiheit vor uns hin, sich nicht den Zwängen der mit Milchshakes und Energie-Riegel verwöhnten Bikegroupies hinzugeben.
Die Kippe im Mund, quarzt unsere eigene Freiheit vor uns hin, sich nicht den Zwängen der mit Milchshakes und Energie-Riegel verwöhnten Bikegroupies hinzugeben.

An Bergauffahren ist mit dem Klunker nicht zu denken, deshalb schiebe ich und freue mich auf die Abfahrt. Der Singletrail, der sich vor mir auftut, tut vor allem eins: weh! Um die ersten Bäume und Kurven gekonnt herumgezirkelt, wird ein steiles Steinstück zum Verhängnis, auf dem die Rücktrittbremse nicht ganz so will wie ich. Nach ein bisschen Blut und ein paar Kratzern fege ich dann wieder über den Trail und erinnere mich daran, worum es eigentlich geht, den Spaß am Fahren – selbst mit dem dürftigsten Material.

Die Grenzen verschwimmen, die Limits sinken. Was auf einem High-Tech-Gefährt als Kinderspiel erscheint, wird mit dem Klunker zur Mutprobe. Wer cool sein will, muss leiden. Oder einfach nur zur nächsten Eisdiele rollern. Wir taten beides! Und hatten auf jeden Fall unseren Spaß!

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Text: Patrick Sauter Foto: Robin Schmitt


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