Wie lange dauert es, ganz Neuseeland zu erkunden? Vermutlich ein Leben lang, also formuliere ich das noch mal um: Wie lange dauert es, Neuseeland mit dem Bike zu erkunden? Immer noch verdammt lange – mehr Zeit, als viele Einheimische haben, mehr als viele Reisende im Gap Year und sehr viel mehr Zeit, als normale Urlauber haben, selbst wenn der Urlaub den ganzen Sommer dauert. Wir haben es trotzdem probiert!

Neuseeland tischt eine atemberaubende Auswahl an Trails auf: von beeindruckenden, wunderschönen Gebirgspässen über wundervolle blumenübersäte Täler im Hinterland bis hin zu schwerkraftlastig gebauten Bikepark-Trails vom Feinsten. Ich hatte zwar drei Monate Zeit, um so viel wie möglich zu sehen, aber es war immer noch knapp. Es gibt einfach zu viele und vielfältige Trails auf diesen beiden entlegenen Inseln, 90 Tage zum Fahren und Entdecken sind einfach nicht genug. An manchen Tagen haben mein Freund und ich Volltreffer gelandet und konnten viele Stunden auf feinsten Singletracks verbringen, an anderen war unsere Stimmung im Keller, weil wir uns ewig irgendwelche Forststraßen hochgequält hatten und die anschließende Abfahrt die Mühe absolut nicht wert war. Zugegeben, das kam äußerst selten vor, aber angesichts der begrenzten Zeit, die wir zur Verfügung hatten, waren wir eben enttäuscht, wenn sich herausstellte, dass wir nicht gerade auf einer heißen Spur waren. Natürlich war auch diese Art von Auf und Ab ein Teil des Abenteuers, ebenso wie die ganze Planung, Vorbereitung und Recherche, die da so zusammengekommen war – das kann schon aufwändig und anstrengend sein!

New Zealand, a mountain bikers paradise
Neuseeland – ein Paradies für Mountainbiker.
Striking MTB trail gold! Yeehaa!
Ein Trail-Volltreffer! Yeehaa!

Mit diesen Gedanken im Hinterkopf und mit der Aussicht auf meine geplante Woche mit JustMTB-Tours begann ich, über die Vorteile eines geführten Mountainbike-Urlaubs zu sinnieren. Ich malte mir aus, wie einfach meine Tage während eines solchen Urlaubs verlaufen würden – aufstehen, essen, Bike fahren, essen, Bier trinken, schlafen gehen und wieder von vorne anfangen. Jedes kleine Detail wäre bereits durchdacht und geregelt, egal ob Unterkunft, Essen oder die Trails – es klang wie der Himmel auf dem Fahrrad!

Just follow my leader down the awesome trails
Einfach nur dem Guide hinterher auf fetten Trails.

JustMTB bietet geführte Mountainbiketouren an und sitzt in Auckland auf der Nordinsel. Die Gründer Aaron und Mike haben hier eine Firma aufgebaut, die sich ganz der Aufgabe verschrieben hat, für jede Gruppe individuell gestaltete Touren mit handverlesenen Trails zu bieten. Neuseeland hat über 1.000 ausgewiesene MTB-Trails und die Jungs haben sie erkundet und geschaut, welches die besten davon sind – daher wissen sie ganz genau, wo sie euch wann wie hinbringen müssen. Ganz egal, ob ihr ganztägige XC-Einsätze auf wenig gefahrenen Strecken liebt, ob der schwerkraftorientierte Kick eher euer Ding ist oder ob eure Vorlieben vielleicht irgendwo zwischendrin liegen und ihr Fans von dem seid, was wir mittlerweile wohl alle Enduro nennen: JustMTB werden euch ein maßgeschneidertes Paket liefern. Der Firmensitz ist zwar auf der Nordinsel, aber das Team von JustMTB bietet Touren auf beiden Inseln an. Wie oben bereits angedeutet, kümmern sie sich dabei nicht nur um die gesamte Logistik und eure Trailwünsche, sondern auch um Aktivitäten, mit denen ihr die Zeit nach dem Fahren füllen könnt. Ich entschied mich für ein gemütliches Bier nach einem Bad im See, aber es wäre auch möglich gewesen, beim Bungee Jumping weiter den Nervenkitzel zu suchen.

New Zealand has hills, mountains and trails in abundance
Neuseeland hat Hügel, Berge und Trails in Hülle und Fülle.

Unsere Tour begann damit, dass wir mittags von Stu, unserem Guide für die Woche, an unserer Unterkunft abgeholt wurden. Die Bikes wurden sicher auf dem Heckfahrradträger eines schicken Pick-ups verstaut und los ging’s. Nachdem wir in Rotorua noch einen anderen Fahrer, Paul, eingesammelt hatten, wurden wir direkt in die Wildnis um den Lake Taupo auf der Nordinsel entführt. Ich war ziemlich aufgeregt, denn die Reise begann mit einem Knaller – Helibiking! Da ich zum ersten Mal in einem Hubschrauber saß, war ich ein wenig nervös, aber ich konnte es trotzdem nicht erwarten, dort oben zu sein und diese fabelhaften Gebirgszüge über Meilen hinweg sehen zu können.

In the cockpit of the chopper – what a view!
Im Cockpit des Hubschraubers – was für eine Aussicht!

Es war ein warmer, klarer Tag und die Sicht war unglaublich. Riesige bewaldete Flächen, gesprenkelt mit flachen Talböden, Flüsse und Bäche, die wie eingebettete Juwelen in der Landschaft lagen. Es war schwierig, das Gebiet, über das wir hinwegflogen, abzuschätzen – es schien einfach grenzenlos zu sein. Der Helikopter kam von einer Firma namens Helisika, die überwiegend Jäger und Fischer zu den bewohnbaren Hütten hier draußen in der Wildnis bringt, und natürlich wieder zurück. Heute aber transportierten sie stattdessen vier Mountainbiker inklusive Ausrüstung für die Übernachtung. Die Hütten werden vom New Zealand Department of Conservation (DOC) und einigen lokalen Vereinigungen verwaltet, die sie pflegen und in Schuss halten. Eine solche Hütte besteht typischerweise aus einem eingeschossigen Holzgebäude mit einigen Stockbetten und Matratzen, einem Holzofen und manchmal noch einem Wasseranschluss, ideal also für eine geruhsame Übernachtung da draußen im Back Country. Es gibt ein riesiges Netzwerk von Hütten, in denen man übernachten kann – wie gesagt, unglaublich viel zu entdecken!

Coming into land up at 1500m
Landeanflug auf 1.500 m.

Das Ziel unseres Helikopterflugs war auch eine dieser Hütten, die Oamaru Hut im Kaimanawa Forest Park. Aber vorher hatten wir noch unseren Spaß auf einem Singletrail an der offenen Bergflanke! Der Heli setzte uns am Beginn des Trails ab, oben auf einem Berggipfel auf 1.400 m Höhe und einer Fläche, die kaum größer war als der Vorgarten eines Einfamilienhauses. Wir bewunderten die Aussicht und rasten dann nach unten, wo der Helikopter schon wieder auf uns wartete.

Just a few minutes to unload and we were off!
Nur ein paar Minuten dauerte das Abladen, und schon ging’s los.
Beginning our descent with guide Stu out front.
Wir starten die Abfahrt, Stu fährt voraus.

Der Singletrail war wahnsinnig schön, ein Streifen heroischen Drecks, der sich zwischen dem tiefen Gestrüpp hindurchschlängelt, die Sonne wurde auf den langen Grashalmen … Die Gegend „malerisch“ zu nennen, wäre noch untertrieben. Unser Kameramann Cam war in seinem Element, aber er hatte Probleme, uns für ein Foto anzuhalten, während wir vor Freude jubelnd nach unten schossen. Stilvoll ging es weiter, der Heli sammelte uns unten ein und brachte uns in einem kurzen Flug rüber zur Oamaru-Hütte, wo er uns, unser Equipment und unsere Vorräte ablieferte. Die Hütte lag am unteren Ende eines Trails und unser Plan war, am nächsten Tag die 20 km rauszufahren bis zu dem Parkplatz, wo der Truck mit dem Mittagessen warten würde (gute Logistik, was?).

Our digs for night number one
Unsere Bude für die erste Nacht.

Wir richteten uns für die Nacht ein, krallten uns jeweils ein Bett, machten den Ofen an und setzten uns dann zum Essen auf die rustikalen Holzbänke. Nun durften wir herausfinden, dass die Freundin unseres Guides Stu eine äußerst talentierte Köchin ist: Sie hatte ein fantastisches, marokkanisch-inspiriertes Abendessen für uns zubereitet, in verschiedenen Behältern, auch mit einer glutenfreien Variante für mich und einer veganen für Paul. Wir wärmten es auf dem Campingkocher auf und aßen uns satt, während wir zuschauten, wie die Sonne über dem Fluss unterging.

Stoking the fire, keeping us warm all night
Das Feuer hielt uns die ganze Nacht warm.

Da es weit und breit keinen Handyempfang gab und auch keinen Strom, verbrachten wir den Abend mit Quatschen, Lachen und Bike-Talk, bevor wir uns schließlich hinlegten. Es hat etwas sehr befriedigendes und friedvolles, an so einem Ort zu sein, weit weg vom hektischen Trubel des normalen Lebens, in einer völlig anderen Welt als an den beliebten Trail-Locations, wo alles voller Menschen ist – ich liebe es!

 So far from anywhere……
So weit weg von allem …
Signing the visitor’s book in the hut – so interesting to see the people who have passed through.
Beim Eintragen ins Gästebuch der Hütte – sehr spannend, zu sehen, wer hier schon alles war.

Am nächsten Morgen ließen wir es gemütlich angehen und starteten um 9.00 Uhr, verteilten die Vorräte und den restlichen Kram auf die Rucksäcke und versicherten uns, dass die Schlafsäcke ordentlich festgemacht waren. Teils fuhren wir, teils trugen wir unsere Räder durch wunderschöne Buchen-Urwälder, bis wir am Beginn des Te Iringa-Trails ankamen – nun stand nur noch ein Stück fetter Singletrail zwischen uns und dem Mittagessen.

Setting out with morning mist still in the air
Der Morgennebel hing noch in der Luft, als wir uns auf den Weg machten.

Der Te Iringa-Trail wirkte ziemlich unberührt von Bikern, aber am Morgen hatte ich im Gästebuch der Hütte gesehen, dass viele Leute mit ihren Bikes hier übernachtet hatten und in den Genuss dieses Trails gekommen waren. Es war erfrischend, einen Trail zu fahren ohne die üblichen Fahrspuren, die ein Fahrer nach dem anderen dort hinterlässt. Auch das verdeutlichte uns wieder, dass wir allein hier draußen im neuseeländischen Busch waren.

Making tracks through dense bush
Spuren hinterlassen im dichten Busch.
Will a bunny hop do it?
Ob da ein Bunnyhop reicht?

Nachdem wir das Mittagessen verschlungen hatten wie die Raubtiere, machten wir uns auf den Weg zu unserer Basis für die Nacht in der Nähe von Rotorua. Das erhöht stehende Selbstversorgerhaus mit dem großen Balkon Richtung See sah schon auf den ersten Blick toll aus. Auf den zweiten Blick waren wir uns alle einig, dass es absolut geil war – es hatte eine riesige offene Küche mit Glasfront von einer Wand zur anderen, sodass wir die großartige Aussicht auf den See und die umliegenden Berge förmlich aufsaugen konnten. Nachdem Stu sein eigenes kulinarisches Können am Grill demonstriert hatte, fiel ich müde in mein luxuriöses Bett. Ich fühlte mich wohl und entspannt und war froh, dass ich mir keine Gedanken über die Logistik für den nächsten Tag machen musste, sondern einfach nur von den Trails träumen durfte.

Lucky it wasn’t windy on this swing bridge!
Zum Glück war es nicht windig, als wir diese Hängebrücke überquerten!

Tag drei brachte uns zum Rainbow Mountain, dessen Maori-Name Maungakakaramea lautet, was so viel bedeutet wie „Berg der bunten Erde“. Hier gibt es einen speziell angelegten MTB-Trail, der hoch zum Gipfel führt. Beim Gipfel handelt es sich um einen ungewöhnlich abgerundeten Knubbel, bekannt unter dem Namen Tihi-o-Rua oder „Sitzplatz der Eule“, wie ich aus zuverlässiger Quelle weiß. Von diesem Sitz aus hat man eine überwältigende Aussicht auf die umliegende geothermische Landschaft – ich konnte ein 360°-Panorama genießen und jede Menge Vulkane sehen, und das mit nur 400 m Anstieg, yay!

Rainbow Mountain single track – everyone felt like a hero!
Rainbow Mountain-Singletrail – hier fühlte sich jeder wie ein Held.

Die Abfahrt vom Rainbow Mountain, bekannt als Te Ranga-Trail, ist vermutlich die beste Abfahrt, die ich je gefahren bin! Nach drei Monaten mit dem Mountainbike in Neuseeland steht er an der Spitze meiner Charts – von allen Trails, die meine Reifen je berühren durften, hat er das breiteste Grinsen ins Gesicht gezaubert. Wer auch immer diesen Trail entworfen und gebaut hat, ich ziehe den Hut vor euch! Und ich danke Stu und JustMTB, dass sie mich dorthin gebracht haben. Aber damit, dass er uns das edelste Trailmaterial gezeigt hatte, war Stu noch lange nicht fertig. Er schnappte sich vier kalte Biere aus dem Truck und brachte uns zum einige Minuten weiter unten gelegenen Kerosene Creek, einem kleinen Fluss mit heißen Quellen. Das war so neu für mich, da konnte ich einem Bad nicht widerstehen – ein kaltes Bier in einem 30 °C warmen, dampfenden natürlichen Pool, das war ziemlich großartig. Neuseeland ist wirklich ein fantastischer Ort. Zurück im Haus ließen wir den Tag mit einem weiteren leckeren BBQ und Salat ausklingen – perfektes frisches Futter für hungrige Mountainbiker.

Kerosene Creek and a well deserved beer
Ein wohlverdientes Bier im Kerosene Creek.

Bisher hatte ich auf meiner Minitour dank JustMTB viele verschiedene Mountainbike-Szenerien erleben dürfen: Singletrail vom Gipfel runter, die Wildnis des Hinterlands und fantastische gebaute Trails. Tag vier brachte uns in eine weitere neue Sphäre und wir verbrachten einen Tag in Auckland im 440 Park mit Lift. Hier heizten wir durch Bikepark-Anlieger, über Tabletops und jagten einander über die Wurzeln, verbrachten den ganzen Tag damit, den Berg hinunterzufahren, um dann schnell und effizient wieder hochgebracht zu werden. Maximaler Downhill-Spaß und auch für unsere müden Beine ein tolles Ende für die Woche.

Riding in trains in the bike park!
Im Train gings durch den Bikepark.

Aus den Gesprächen mit unserem Guide Stu und aus meiner eigenen Fahrerfahrung sowohl auf der Nord- als auch auf der Südinsel weiß ich, dass die Touren von JustMTB ein paar fette Trails beinhalten und es möglich machen, wirklich das Beste zu erleben, was Neuseeland zu bieten hat – von den wilden Buchenwäldern an der Westküste der Südinsel über verschlafene alte Bergbaustädtchen wie Reefton bis hin zum quirligen, adrenalinreichen Queenstown, wo es einen Gondellift gibt. Auch zu erwähnen wären die unglaublichen Aussichten, die man von den Trails auf die umliegenden Vulkane hat, und die Unzahl an feinen Singletrails im Whakarewarewa Forest in Rotorua auf der Nordinsel. Neuseeland wird euch nicht enttäuschen. Ich glaube, man ist es diesem Ort schuldig, die Zeit die man dort hat, zu nutzen, so gut man kann – vergesst die Logistik, fahrt einfach!

Stunning trails from beginning to end!
Hammer-Trails vom Anfang bis zum Schluss!

Wenn ihr mehr wissen wollt, checkt die Website von JustMTB

Text: Rachael Gurney


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