Wer von euch erinnert sich nicht an die dicken, gefütterten Fäustlinge, in die er seine Hände als Kind stecken musste? Die Finger derart zusammengepfercht, war man zur Grobmotorik verdammt und konnte mit seinen Händen in diesen Stoffpaketen ähnlich viel anfangen wie ein Pinguin mit seinen Flügeln. Dieses schreckliche Gefühl brachte allerdings einen unschlagbaren Vorteil: warme Hände bis in die Fingerspitzen. Keiner hätte je gedacht, dass er sich nach diesem flauschigen Hummerscherenfeeling zurückzusehnen würde – aber genau das passiert, wenn man sich nach einer langen Tour durch die Kälte aus seinen durchnässten Handschuhen schält.

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Aus unseren Fäustlingen sind wir längst entwachsen – zum Glück! Denn gerade auf dem Bike brauchen wir mehr Fingerspitzengefühl als sonst wo, müssen wir doch über lange Strecken gleichzeitig kräftig zupacken und wohldosiert bremsen können. Moderne Mountainbike-Winterhandschuhe versprechen, den Spagat zu schaffen: Mit hochwertigem Leder, Softshell- oder Synthetikmaterialien ausgestattet, ermöglichen sie Feingefühl und schützen dabei genauso effektiv vor Kälte wie die Fäustlinge aus der guten alten Zeit. Die vielversprechendsten Modelle haben wir zusammengestellt und getestet: Welcher Handschuh hält selbst beim kältesten Winterride warm und bietet gleichzeitig hohen Tragekomfort, Feingefühl und besten Grip? Hier kommen 6 Modelle in der Übersicht – los geht es mit unserem Favoriten:

Giro Blaze – Test Sieger

Minimalistischer Favorit – 34,95 €

Schlicht und mit wenig Extras: Der Giro überzeugt durch seine Einfachheit. Die Außenhand schützt ein innen aufgerautes Softshell- Material und fühlt sich damit sehr flexibel und angenehm auf der Haut an. Die Innenhand besteht aus griffigem Kunstleder, ein dünnes Polster am Handballen verleiht Komfort. Auffallend ist der fehlende Klettverschluss am Bündchen, über den allen anderen Handschuhe im Testfeld verfügen. Der Giro lässt sich dadurch schnell und einfach über die Hand stülpen, lästiges Auf- und Zumachen entfällt. Besonders bei widrigen Wetterbedingungen entpuppt sich das als klarer Vorteil.

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Fazit: Weniger ist mehr! Das schlichte Design des Blaze geht Hand in Hand mit einem Mehr an Funktionalität. Der empfohlene Einsatzbereich von 10 Grad kann für unser Gefühl noch unterschritten werden: Auch bei Temperaturen um den Gefrierpunkt hält der Blaze warm und das Softshell-Material überrascht sogar mit einer hohen Wasserresistenz. Am meistens überzeugt die einfache Handhabung – kein Klettverschlussbündchen, das unter den Schichten aus Pullis und Jacken verstaut werden muss. Überziehen, wohlfühlen, ab in die Kälte! Unser Testsieger erhält wegen des günstigen Preises auch zusätzlich den Kauftipp!
giro.com

Mavic Stratos Thermo Glove

High-End-Wärmer – 60,00 €

In typischem Gelb präsentiert Mavic seinen Allwetter-Handschuh. Die Stratos Thermo Gloves bieten so viele Features wie kein Zweiter: Polster am Handballen und Silikonstreifen am Fingerballen ermöglichen besten Grip, die Membran der Außenhand ist in Sachen Wärmeisolierung und Wasserundurchlässigkeit unschlagbar, die Fingerspitzen sind touchscreenfähig und die Verarbeitung ist hochwertig. Einziges Manko: der Schnitt. Besonders um die Finger fällt der Handschuh eher eng aus und wollte damit keinem unserer Tester so richtig passen.

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Fazit: Ein erstklassiger Allround-Handschuh, hochwertiges wasserabweisendes Material, sehr gute Verarbeitung und solide Wärmeisolierung: der Stratos Thermo Glove wäre unser Favorit, wenn der Schnitt besser gepasst hätte. Für alle mit schmalen Fingern jedoch eine klare Kaufempfehlung.
mavic.de

GORE ALP-X 2.0 WINDSTOPPER Soft Shell Light Handschuhe

Hauchdünner Kälteschutz – Preis: 59,95 €

Die ALP-X 2.0-Handschuhe von GORE überzeugen mit einer Kombination aus robustem Material an der Handinnen- und dem hauchdünnen WINDSTOPPER-Material an der Handaußenseite. Die Schaum- und Gelpolster an der Handinnenseite machen das Zupacken äußerst komfortabel, die Silikonbeschichtung an den Fingerspitzen sorgt für eine zuverlässige Kontrolle des Bremshebels. Das dünne Softshell Material an der Außenseite wird dabei seinem Namen gerecht und hält kalte Luft draußen, nicht allerdings Nässe. Bei Feuchtigkeit, die über ein bisschen Spritzwasser vom Untergrund hinausgeht, werden die Finger deshalb schneller nass als bei den anderen Modellen im Test – und kühlen damit auch schneller aus.

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Fazit: Die GORE ALP-X. 2.0 eignen sich hervorragend bei trockenem Wetter und Temperaturen über dem Gefrierpunkt. Das leichte, windabweisende Obermaterial wird vor allem denen gefallen, die sich von viel Material um den Fingern schnell eingeengt fühlen und Bewegungsfreiheit der Wärmeisolierung vorziehen, dabei aber Wert auf eine großzügige Polsterung der Handfläche legen.
goreapparell.de

HIRZL GRIPPP Tour Thermo

Känguruh-Komfort – 54,90 €
Wie eine zweite Haut schmiegen sich die GRIPPP TOUR THERMO um die Hand. Kein anderes Modell im Testfeld konnte eine solch angenehme Passform leisten. Möglich macht das die Innenhand aus flexiblem Känguruhleder, die zusätzlich mit der pre-curved-Technologie ausgestattet ist, welche bei der Herstellung die natürliche Krümmung der Finger berücksichtigt. Das Bündchen ist aus Neopren und reicht ungewöhnlich weit bis über die Handknöchel. Auch hier fühlt man sich angenehm gut eingepackt. Das Obermaterial ist eine robuste Softshell, die jedoch im Vergleich mit den anderen Modellen in Punkten Wärmeisolierung etwas schlechter abschneidet. Möglicherweise ist der enge Schnitt für ein früheres Durchdringen der Kälte bis zur Haut verantwortlich.

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Fazit: Der HIRZL GRIPPP TOUR THERMO ist schick anzusehen und passt wie eine zweite Haut. Er stellt eines der wenigen Modelle im Testfeld mit Echtleder an der Innenseite dar und begeistert mit außergewöhnlichem Tragekomfort. Der Hersteller empfiehlt, die GRIPPP TOUR THERMO für die kälteren Tage als Baselayer unter einem zweiten, wärmenden Paar zu tragen – diese Einschätzung bestätigt sich bei Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt: ein waschechter Winterhandschuh müsste hier mehr Wärmeisolierung leisten. Es lohnt sich, den GRIPPP als Übergangshandschuh für Herbst und Frühling vorzumerken.
hirzl.com

SixSixOne Storm Glove

Für die harten Einsätze – 59,90 €

Der Storm Glove fällt ein wenig aus der Testreihe heraus, da er als einziger Handschuh nicht auf ein Softshell-Material an der Außenseite setzt, sondern mit zwei Lagen aus Neopren und Polyester sowie Fütterung ausgerüstet ist. Das macht ihn zum wärmsten und auch wasserresistentesten Handschuh in der Testreihe. Mit seiner Außenseite kommt er einem Skihandschuh am nächsten und ist damit die beste Wahl für die wirklich kalten Tage bzw. die echten Frostbeulen unter uns. Die Innenseite ist aus dünnem, weichen Leder, das besten Grip ermöglicht. Durch die dicke Außenseite wirkt er aber etwas bewegungseinschränkend.

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Fazit: Achtung! Die Storm Gloves wollen es kalt – bei Belastungsphasen, in denen man schwitzt, können sie schnell zu warm werden und mit ihrer dicken Polsterung stören. Dafür sind sie eine echte Waffe gegen Eisfinger auf längeren Abfahrten. Wir können ihn uns besonders gut als Reservehandschuh im Rucksack vorstellen, der nach dem Erklimmen des Berges für den Downhill ausgepackt wird.
sixsixone.com

100% Brisker

Schlicht und warm – 29,90 €

Das günstigste Modell im Testfeld reduziert sich auf das Wesentliche: Kunstwildleder an der Innenseite ohne Verstärkungen oder Polster, isolierendes Softshell-Material an der Handaußenseite. Der Grip ist gut, das flexible Material ermöglicht Bewegungsfreiheit und schützt dennoch zuverlässig gegen Kälte und Nässe. Lediglich die Verarbeitung und die Materialqualität sind weniger hochwertig als bei der teureren Konkurrenz.

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Fazit: Ein Handschuh, der allen gefällt, die sich ohne Verstärkungen und Polster an der Innenseite am wohlsten fühlen. Das Außenmaterial hält warm und lange trocken. Der Brisker ist damit wie gemacht für alle, die für die kalten Tage im Jahr einen günstigen Schutz suchen. Der kleine Preis macht sich lediglich in der Verarbeitungsqualität bemerkbar.
ride100percent.com

Text: Hannah Röther Fotos: Christoph Bayer


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