Die Kalksteinmassive der Sierra de Grazalema erheben sich aus der Andalusischen Ebene und bilden mit ihren schrofen Felsen einen natürlichen Wall zum Atlantik. In ihnen fangen sich der Wind und die Luftfeuchtigkeit und machen das Gebiet zur regenreichsten Region auf der südlichen Iberischen Halbinsel. Auf einem Hügel liegend, hebt sich Zahara wie eine weise Blüte im dunklen Gebüsch von den schroffen Gebirgszügen ab und macht somit ihrem aus dem Arabischen stammenden Namen „Blume“ alle Ehre. Die antike Maurische Festung scheint, wie ein Wachturm über den El Gastor Stausee zu blicken.

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Zahara, eines der Weißen Dörfer Andalusiens, wirkt als würde es festgekrallt an einen Felsen, auf uns herabschauen. Bei einem Blick auf die Kennzeichen der Autos kommt man sich vor, wie in Brüssel während eines EU-Gipfels. Deutsche, Franzosen und Briten sind hierher gereist, um ein Spanien zu erkunden, das außerhalb der bevorzugten Touristengebiete liegt.

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Als wir in städtischer Manier versuchten, das Stadtzentrum mit dem Auto zu erreichen, mussten wir feststellen dass es in den steilen Straßen um den Stadtturm kaum Parkmöglichkeiten gibt. Also setzten wir unseren Weg zu Fuß fort. Auch wenn es sich nur um eine kurze Strecke handelte, forderte uns der steile Anstieg und uns wurde klar, warum der Steinbock eines der bekanntesten Tiere der hiesigen Fauna ist – ein Omen für unsere Reise.

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Auf der Suche nach einem Bier wurden wir verzaubert vom Charme der beleuchteten Straßen. Die Suche endete schließlich auf der Terrasse von Al-agua’s Bar. Hier wurden wir von der Marokkanischen Bedienung im besten, lokalen Dialekt gefragt, ob wir Spanisch sprechen, was uns zum Lachen brachte und wir uns in vergangene Jahrhunderte versetzt fühlten. Auch der Preis für unser Essen war wie aus einer anderen Zeit, denn für nur 30 EUR bekamen wir zu Dritt fünf Teller, vollgepackt mit Spanischen Spezialitäten, kaltem Bier, Kaffee und Kuchen.

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Eigentlich war unsere Vorbereitung für diese Tour unzureichend. Guide Jorge Talus hatte aus verschiedenen GPS-Tracks eine Tour zusammengestellt, oder eher zusammengebastelt. Im Prinzip handelte es sich mehr um eine Orientierungshilfe, als um eine wirkliche MTB-Tour. Der Monte Prieto, den wir uns zum Ziel gesetzt hatten, sah schon verrückt aus. Wird er befahrbar sein? Werden wir eine schöne Abfahrt finden? – Die Vorfreude auf unser Abenteuer lies uns kaum an Schlaf denken. Als wir der Sonne beim Untergang zusahen, war es für uns, als würde sie uns sagen wollen: “Bereitet euch und eure Ausrüstung für ein Abenteuer vor.”

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Von Zahara ging es über 9km Landstraße hoch zum Puerto de Las Palomas (Pigeon Pass), der laut aufgestelltem Schild auf 1375m liegt, auch wenn unser (mehr vertrauenswürdigeres) GPS 1198m anzeigte. Unser Plan war es, über eine der Flanken des Monte Prieto zum El Gastor Stausee abzufahren. Wir sahen uns drei Varianten an und entschieden uns für den höchstgelegensten Trail auf dem Westhang, da dieser sehr flowig schien, sowohl auf-, als auch abwärts.

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Der Trail über den Sandstein war eng und bedeckt mit rotem Staub. Die ihn zum Tal begrenzende Steinreihe wirkte, wie eine Warnung nicht zu stürzen, denn jeder Fehler hätte bestenfalls in einem Dornenbusch geendet. Dennoch fuhren wir durch seine schnellen und technischen Passagen und genossen den Ride über die nicht von Menschenhand bearbeiteten Trails. Bis auf ein paar Stellen an denen entweder jegliche Traktion fehlte oder Stufen vorhanden waren, konnten wir den Trail komplett durchfahren und stoppten nur, um die Aussicht zu genießen.

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Auf unserer Abfahrt sahen wir den Zahara-El Gastor Stausee, der sich wie ein Türkises Band in die braune Umgebung einfügt. Der See wurde 1995 angestaut, um die Region Villamartin zu versorgen. Dafür wurden Teile der Königlichen Hirten Route Seville-Ronda und die Ventas Nuevas Salzminen überflutet. Einzig eine mittelalterliche Brücke wurde abgebaut und vor den Wassermassen gerettet.

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Die flowige Abfahrt endete an steilen Serpentinen an denen wir uns auf die Strecke konzentrieren mussten, wenn wir im Gedanken auch schon bei den nächsten Stellen waren, wo wir in voller Fahrt den Adrenalinrausch weiter genießen konnten. Stellenweise kamen wir dabei näher an den Abgrund als wir sollten.

Wir fuhren zu einem kleinen Pass von dem wir beide Flanken des Monte Prieto sehen konnten und es eine technische Passage gab, deren starkes Gefälle uns zum Absteigen zwang. Kurz darauf mussten wir abermals runter vom Bike, um eine enge Spitzkehre zu durchqueren. Diese brachte uns weiter zu den Felsen von Los Espartales.

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Von dort aus konnten wir im Norden die Gipfel des Tajo las Grajas auf der linken und des Tajo Algarin auf der rechten Seite sehen, zwischen denen die Grenze zwischen Cádiz und Málaga verläuft. Im Hintergrund konnten wir das Hochplateau von Ronda sehen, auf dem die Ruinen der antiken Römischen Stadt Acinipo stehen und Südöstlich davon die Hügelkette von Libar, die das dahinterliegende Ronda verbirgt.

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Der starke Ostwind zwang uns zu erhöhter Aufmerksamkeit auf dem Weg, durch die vom Wind ungeschützten Abschnitte, bis wir zu einem traumhaften Trail kamen, der in einem Olivenhain endete. Als wir die Felsen von Los Espartales erreichten, mussten wir wieder absteigen. Die über unseren Köpfen fliegenden Geier erinnerten uns daran, dass Fehler in einer Gegend wie dieser sehr verheerend sein können. Die Geier von Grazalema gehören übrigens zu einer der wichtigsten Kolonien Europas. Durch die geringe Flughöhe konnte man ihre Größe und Flügelspanweite sehr gut erahnen.

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Wir folgten weiter unserem Trail, doch da sich hierher kaum ein Mensch zu verirren schien, verschwand er immer mehr. Wir fuhren weiter und fühlten uns, als ob wir ein unbekanntes Land erkundeten. Der Vorteil am Biken auf einem einsamen und verlassenen Trail ist, du hast deine Ruhe. Der Nachteil daran ist, du bist derjenige, der sich mit dem Dornengestrüpp auseinandersetzten muss und sich dabei unzählige Kratzer an Armen und Beinen zuzieht. Deshalb empfiehlt es sich pannensichere Reifen aufzuziehen und immer genügend Ersatzschläuche, Flicken und Ähnliches dabei zu haben. Die Trails sind sehr schroff und neben scharfkantigen Steinen, die dir den Reifen aufschlitzen können, gibt es auch noch Abschnitte mit vielen verschiedenen Dornenbüschen.

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Als wir unsere Tour beendeten, nahmen wir ein Bad in dem türkisen See, die uns unsere Kratzer schnell vergessen ließ. Vom El Gastor See, schauten wir auf zu den imposanten Felswänden, von denen wir bei unserer Ankunft nicht wussten, ob sie überhaupt befahrbar sein würden. Nun sind sie unsere Trophäen.

Für mehr Informationen, gehe auf www.trackmtb.com

Text & Bilder: www.trackmtb.com


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