Die Bike-Brand Bold war die erste, die den Dämpfer bei Fullys im Rahmen versteckt hatte. Jetzt setzen sie ihr langjähriges Know-how in ihr potentestes Bike: Das Bold Unplugged bietet 170/160 mm Federweg (v/h) und verspricht Vollgas-Qualitäten. Wie fährt sich der Houdini unter den Enduro-Bikes?
Auch wenn ein im Rahmen integrierter Dämpfer inzwischen mit SCOTT-Bikes in Verbindung gebracht wird, so waren die Schweizer von Bold die Ersten, die auf diese Idee gekommen sind. Sie haben bereits vor über fünf Jahren Bikes gebaut, bei denen der Dämpfer im Rahmen versteckt war. Mit ihrer neuesten Kreation, dem Bold Unplugged, bringen sie nun ein Vollblut-Enduro-Bike auf den Markt, bei dem natürlich der Dämpfer auch im Hauptrahmen versteckt ist. Ein Twin-Link-Hinterbau entlockt dem Rahmen 160 mm Federweg, der mit einer 170er-Gabel gepaart ist. Der Dämpfer kann mit dem TracLoc-Hebel am Lenker dreistufig gelockt werden – ein weiteres Detail, dass das Bold sich mit dem SCOTT Ransom im Test teilt. Trotz des hohen Maßes an Integration liegt das Gewicht des Bold Unplugged 400 g unter dem Durchschnittsgewicht im Testfeld und zwar bei 15,5 kg. Der Preis ist mit 8.999 € zwar deutlich über dem Mittelwert, allerdings ist er seit dem Release des Bikes bereits um 2.000 € gefallen – praktisch.
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Das Bold Unplugged Ultimate im Detail
Das Bold Unplugged zeigt organische Rahmenformen und besticht gleichzeitig mit einem supercleanen Look, der natürlich auch durch den im Rahmen integrierten Dämpfer kommt. Trotzdem ist noch Platz im Rahmen für ein Staufach, das von unten mit einem Druckknopf geöffnet werden kann. Das passt zum minimalistischen Look des Bikes, allerdings funktioniert der Schließmechanismus bei dem ganzen Dreck – der auf der Fahrt an das Fach geschleudert wird – nicht mehr wirklich gut und man saut sich ganz schön die Hände ein, wenn man kurz was aus dem Fach holen möchte. Wenn man die Klappe abgenommen hat, hat man Zugriff auf das Save the Day-Kit, das standardmäßig mit dem Bike mitgeschickt wird und Multitool, Schlauch und eine Mini-Pumpe beinhaltet.
Die Schweizer Firma Bold ist Vorreiter in Sachen Integration. Kein Wunder, dass das Unplugged superschick ist und einige gute Rahmendetails zeigt.
Zusätzlich hat die Steckachse eine zweite Funktion als weiteres Minitool mit einem T25, T30 und 6er-Inbus. Die Leitungen verschwinden durch den Acros-Steuersatz im Rahmen, werden sauber geordnet hineingeführt, sodass kein nerviges Klappern entsteht – obwohl durch das TracLoc-System einige Leitungen vor dem Lenker entlanglaufen. Auch der Kettenstrebenschutz trägt seinen Teil zu einem leisen Bike bei und ist zudem schön in die Linien der Kettenstrebe integriert. Als letztes kleines Detail hat Bold dem Unplugged eine schicke, eigens entwickelte Kettenführung verpasst.
Die Ausstattung des Bold Unplugged Ultimate
Als einziges Bike im Test hat das Bold Unplugged Ultimate an der Front eine Öhlins RXF38 M.2-Federgabel verbaut. Bei dieser benötigt man etwas mehr Zeit für das initiale Setup, da zwei Luftkammern separat befüllt werden müssen, dafür lässt sich die Endprogression der Gabel über die Ramp-up-Kammer fein auf eure Vorlieben einstellen. Am Heck ist ein FOX FLOAT X Nude verbaut, der speziell für Bold und SCOTT entwickelt wurde und die Einstellungen für Luftdruck und Rebound am unteren Ende hat, damit man sie trotz der Position im Rahmen gut bedienen kann. Der SAG kann über einen Magnet außen am Bike abgelesen werden, sobald der Rahmen etwas eingedreckt ist, funktioniert das allerdings nicht mehr sehr zuverlässig.
Der Dämpfer kann per TracLoc-Remote zwischen den drei Modi Climb, Ramp Control und Descend umgeschaltet werden. Im Climb-Mode wird die Kompression am Dämpfer geschlossen, damit im Uphill weniger Energie im Fahrwerk verloren geht. Im Ramp-Control-Modus wird eine der beiden Luftkammern des Dämpfers blockiert. Dadurch erhält man eine höhere Progression, die euch laut Bold Cycles die Möglichkeit geben soll, auf flacheren Abschnitten mehr zu pushen und ähnlich wie auf einem Pumptrack Speed zu generieren. Der Descend-Modus für die Abfahrt entspricht dann dem ganz normalen offenen Setting, wie man es auch von anderen Dämpfern kennt. Der Dropper kommt von SCOTTs Tochterfirma Syncros mit dem Duncan 1.5 und liefert 200 mm Hub.
Ebenso von Syncros ist das Onepiece-Cockpit, das mit 780 mm zwar eine gute Breite für ein Bike in Größe L hat, aber in der Anpassung an eure Vorlieben dafür eingeschränkt ist. Die Syncros Revelstoke 1.5-Laufräder sind aus Aluminium, haben aber im Test mehrere Dellen abbekommen, sodass sie bereits nach kurzer Zeit nicht mehr fahrbar waren. Und das trotz des MAXXIS DISSECTOR-Reifens mit MaxxGrip-Gummimischung, der am Heck die Felge mit robuster Doubledown-Karkasse schützt. Kombiniert ist er mit einem MAXXIS ASSEGAI mit MaxxTerra-Gummimischung und EXO+-Karkasse an der Front. In Serie kommt das Bike allerdings mit MAXXIS DHF-Reifen vorne und hinten, die beide mit EXO+-Karkasse ausgestattet sind und eine harte MaxxTerra-Gummimischung haben. Hier raten wir euch zu einem Upgrade auf einen Reifen mit weicher MaxxGrip-Mischung an der Front für mehr Grip und Kontrolle sowie einen Reifen mit robusterer Doubledown-Karkasse am Heck, um die sensiblen Felgen zu schützen. Gebremst wird mit einer Shimano XTR-Bremse mit 200-mm-Bremsscheiben vorne und hinten. Im Serienmodell kommt hier allerdings eine 180er am Heck zum Einsatz, die wir schnell gegen eine größere Scheibe upgraden würden, um auch auf langen Abfahrten zuverlässige Bremspower zu haben. Abgerundet wird die Ausstattung mit einer elektronischen SRAM X01 Eagle AXS-Schaltung, bei der es sich allerdings noch um das alte Modell handelt, das noch nicht direkt am Rahmen verbaut ist.
Bold Unplugged Ultimate
8.999 €
Specifications
Fork Öhlins RXF38 M.2 170 mm
Rear Shock FOX FLOAT X Nude 160 mm
Seatpost Syncros Duncan 1.5 200 mm
Brakes Shimano XTR 200/200 mm
Drivetrain SRAM X01 Eagle AXS 1x12
Stem Syncros Onepiece 45 mm
Handlebar Syncros Hixon IC SL Carbon Onepiece 780 mm
Wheelset Syncros Revelstoke 1.5 Alu 29"
Tires MAXXIS ASSEGAI, EXO+, MaxxTerra/MAXXIS Dissector, Doubledown, MaxxGrip 2,5/2,4
Technical Data
Size S M L XL
Weight 15,5 kg
Specific Features
Integrierter Dämpfer
Flip Chip
TracLoc-System
Save the Day Kit
Tuning-Tipp: 200-mm-Bremsscheibe am Heck, wie an unserem Testbike | robusterer Reifen mit Doubledown-Karkasse am Heck, wie an unserem Testbike | Reifen mit weicher MaxxGrip-Gummimischung an der Front
Die Geometrie des Bold Unplugged Ultimate
Das Unplugged ist in vier Größen von S bis XL erhältlich. Standardmäßig werden die Größen S und M als Mullet-Versionen ausgeliefert, während L und XL als 29er konfiguriert sind. Jede Größe kann jedoch nach Belieben mit einer anderen hinteren Laufradgröße gefahren werden. Mit einer Reach von 490 mm in Größe L ist es nach dem Norco das zweitlängste Bike im Test. Alle vier Rahmengrößen haben eine Kettenstrebenlänge von 437 mm. Viele Bikes im Test setzen auf Kettenstreben, die mit der Rahmengröße mitwachsen, um das Fahrverhalten über alle Größen hinweg konstant zu halten. Dafür gibt es viele Möglichkeiten, das Bike individuell anzupassen: Die Lagerschalen des Acros-Steuersatzes können um 180° gedreht werden, wodurch der Lenkwinkel um 1° steiler oder flacher eingestellt werden kann. Mit einem Flip Chip an der Sitzstrebe wird das Tretlager um 5 mm abgesenkt, was zur Feinabstimmung der Geometrie dienen kann, aber auch benötigt wird, um zwischen einem 27,5”- und einem 29”-Hinterrad zu wechseln. Wir sind das Bold vornehmlich im Low-Setting gefahren.
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Reach | 423 mm | 458 mm | 488 mm | 518 mm |
Stack | 617 mm | 631 mm | 644 mm | 657 mm |
Kettenstrebe | 438 mm | 438 mm | 438 mm | 438 mm |
Tretlagerhöhe | 340 mm | 340 mm | 340 mm | 340 mm |
Sattelrohr | 217 mm | 240 mm | 275 mm | 320 mm |
Lenkwinkel | 63,2° | 63,2° | 63,2° | 63,2° |
Sitzwinkel | 78,5° | 77,7° | 77,7° | 77,7° |
Oberrohr | 558 mm | 595 mm | 628 mm | 661 mm |
Steuerrohr | 90 mm | 105 mm | 120 mm | 135 mm |
Radstand | 1205 mm | 1246 mm | 1283 mm | 1320 mm |
Das Bold Unplugged Ultimate auf dem Trail
Tritt man die ersten Meter auf dem Bold Unplugged, sitzt man direkt in einer angenehmen Position, in der nicht zu viel Druck auf den Händen lastet. Dennoch hat man bei steilen Rampen genug Druck auf der Front, damit diese zuverlässig am Boden bleibt und ihr weiterhin Lenkimpulse geben könnt. Durch die TracLoc-Technologie ist es zudem eins der besten Bikes im Uphill. Bereits im Descend-Modus wippt der Hinterbau nur wenig, schaltet man dann aber in einen der anderen Modi, steht man höher im Federweg und kann noch effizienter treten. Wir sind das Bold bergauf hauptsächlich im Ramp-Control-Modus gefahren, mit dem man sehr effizient pedalieren kann, aber trotzdem noch gute Traktion hat. Den Climb-Modus haben wir nur auf Asphalt-Uphills genutzt, da er auf Schotterstraßen wenig Komfort bietet und zudem weniger Traktion bei Unebenheiten des Untergrunds bringt.
Trails fahren mit dem Bold Unplugged gleicht einem Ritt auf einem wilden Bullen. Hier ist Vorsicht geboten.
Geht der Trail in Richtung Tal, steht man gut integriert im Bold Unplugged und ist gut zwischen Vorder- und Hinterrad ausbalanciert. Fährt man dann allerdings in die ersten Kurven, bietet das Bike zwar gute Agilität, aber ein supersteifes und direktes Fahrverhalten, das giftig ist und kaum Fahrfehler verzeiht. Hinzu kommt ein sehr progressives Fahrwerk, das zum straffen Fahrverhalten des Bold Unplugged beiträgt und einiges an Traktion vermissen lässt. Auf flowigen Trails mit vielen Wellen und schnellen Anliegern kann man mit dem Bike zwar gut Speed generieren, allerdings macht sich auch hier bei höheren Geschwindigkeiten das fordernde Handling bemerkbar.
Wird der Trail dann rougher, wird es schwer, die angepeilten Linien zu halten und bereits kleine Unaufmerksamkeiten werden hart bestraft. Trifft man seine Linie, kann das Unplugged superschnell sein, allerdings braucht es eine erfahrene Hand am Lenker des Bikes und ordentlich Kraft, um das Bike unter Kontrolle zu halten. Zudem bekommt man durch das straffe Fahrverhalten schnell Armpump und ermüdet deutlich schneller als mit anderen Bikes im Test.
Für wen ist das Bold Unplugged Ultimate?
Durch sein superdirektes, straffes Fahrverhalten spricht das Bold Unplugged Racer an, die mit dem ungefilterten Feedback des Bikes umgehen können. Hat man die nötige Power und ein hohes Skill-Level, kann das Bold sehr schnell sein, die breite Masse spricht es damit allerdings weniger an. Wem Trail-Performance weniger wichtig ist und wer Wert auf hohe Integration und ein elegantes, durchgestyltes Bike legt, der kann mit dem Bold Unplugged sein Wohnzimmer zusätzlich schmücken.
Das Fazit zum Bold Unplugged Ultimate
Bold war Integrations-Vorreiter und hat schon vor einigen Jahren Bikes mit versteckten Dämpfern hergestellt. So ist es kein Wunder, dass das Unplugged Ultimate einen schicken Rahmen mit einigen eleganten Details bietet. Bergauf gehört es unter anderem durch das TracLoc-System zu den besten Bikes im Test. Auf dem Trail ist das Bold zwar agil, aber sehr straff und fordernd zu fahren. Dadurch braucht man volle Aufmerksamkeit und eine Menge Körpereinsatz, um das Bike unter Kontrolle zu halten.
Tops
- agiles Fahrverhalten
- hohe Integration
- variable Geometrie
Flops
- sehr fordernd zu fahren
- Fahrwerk fehlt Traktion
- Schwächen in der Ausstattung
Mehr Infos auf der Website von Bold.
Das Testfeld
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Text: Simon Kohler Fotos: Peter Walker