Alles beim Alten, trotzdem komplett neu. So könnte man das Ibis HD6 beschreiben, denn das neue Bike der kalifornischen Kultmarke kommt im neuen Look mit geraden Linien (sogar einem geraden Oberrohr), setzt aber weiterhin auf den bewährten DW-Link-Hinterbau. Ist die Mischung aus Tradition und Moderne gelungen?

Ibis HD6 GX AXS | 180/165 mm (v/h)
15,2 kg in Größe 3 | 8.898 € | Hersteller-Website

Ibis ist einer der ersten Hersteller überhaupt, die MTBs hergestellt haben. Sie haben sich immer mit organischen Formen und geschwungenen Linien ausgezeichnet. Bis jetzt. Denn mit dem HD6 bricht der Hersteller mit seiner bisherigen Formsprache und setzt auf cleane, gerade Linien. Beim Hinterbau-Konzept sind sie sich jedoch treu geblieben und setzen weiterhin auf den DW-Link. Dieses nach Fahrwerks-Guru Dave Wiegel benannte Twin-Link-Konzept setzt auf einen festen Hinterbau, der mit zwei kurzen Links mit dem Hauptrahmen verbunden ist. Das Ibis HD6 gibt es nur als Mullet, sprich, mit großem 29”-Vorderrad kombiniert mit einem kleinen 27,5er am Heck. Preislich liegt es mit 8.898 € knapp 1.000 € über dem Durchschnittspreis unseres Tests. Aber Sparfüchse aufgepasst: Alle Modelle des HD6 setzen auf das gleiche High-End-Fahrwerk, es gibt also auch deutlich günstiger Modelle, die auf dem Trail dennoch ordentlich abliefern. Mit einem Gewicht von 15,2 kg ist unser HD6 GX AXS mehr als ein halbes Kilo unter dem Testdurchschnitt. Und das trotz massivem 180/165 mm Federweg (v/h), mit dem es das langhubigste Bike im Test ist. Taugt das Ibis aber auch als guter Allrounder oder ist es nur eine stumpfe Ballermaschine?

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Das Ibis HD6 GX AXS 2024 im Detail

Die Leitungen des Ibis HD6 verschwinden hinter dem Steuersatz im Rahmen und obwohl sie am Ein- und Ausgang einfach in den Rahmen hineinlaufen, geben sie kein Klappern von sich. Zusammen mit dem langgezogenen Sitz- und Kettenstrebenschutz ist das HD6 dadurch absolut leise in der Abfahrt. Das Unterrohr ist mit einem dicken, großzügigen Schutz aus Gummi im Tretlagerbereich und einem Shuttle Guard weiter oben ebenfalls gut geschützt. Über dem unteren Hinterbaulink ist zudem ein kleines Plastik-Cover angebracht, das Steinchen aus dem kleinen Spalt fernhält.

Das Ibis HD6 bietet eine neue Designsprache mit cleanen, geraden Linien. Es sieht bereits im Stand extrem schnell aus.

An der Unterseite des Oberrohrs befindet sich ein Toolmount, an dem ihr Schlauch, Pumpe, etc. befestigen könnt, auf ein Staufach im Unterrohr verzichtet Ibis allerdings. Die Befestigung für den Flaschenhalter ist in einer kleinen Einbuchtung im Unterrohr angebracht, sodass sich die Rahmenform der Flasche anschmiegt – elegant. Eine Besonderheit bei dem Hinterbau ist, dass die unteren Links nicht mit Kugellagern ausgestattet sind, sondern stattdessen mit Gleitlagern. Laut dem Hersteller sollen diese leichter, steifer und komplett wartungsfrei sein. Um diese Behauptung zu bekräftigen, gilt auf die Gleitlager eine lebenslange Garantie.

Eingedellt
Der Flaschenhalter ist bei dem Ibis in eine Einbuchtung im Unterrohr eingelassen – elegant.
Shuttle-Runs können kommen
Der Shuttle-Guard am Unterrohr ist ein Must-have beim Transport der Bikes auf einer Pick-up-Pritsche.

Die Ausstattung des Ibis HD6 GX AXS 2024

An der Front des Ibis HD6 GX AXS arbeitet eine FOX 38 Factory-Federgabel mit GRIP2-Dämpfungskartusche und am Heck der passende FOX FLOAT X2 Factory-Luftfederdämpfer. Laut Hersteller soll der Hinterbau des HD6 allerdings auch mit einem Stahlfederdämpfer sehr gut funktionieren. Die BikeYoke Revive-Dropper-Post ist mit 185 mm Hub zwar etwas zu kurz für unseren Geschmack, lässt sich aber voll im Rahmen versenken. Gebremst wird mit SRAM CODE RSC, die mit 200-mm-Bremsscheiben an Front und Heck ordentlich Stop-Power bringen. Diese sind zwar nicht mehr das neueste Modell, unterscheiden sich abgesehen von der Leitungsführung aber nicht von den neuen CODE Ultimate Stealth-Modellen.

Schutzschild
Die kleine Plastikabdeckung verhindert einen Nussknacker-Effekt.
Klassiker
Der DW-Link-Hinterbau ist nach Fahrwerks-Spezialist Dave Wiegel benannt und schon seit langem an Ibis-Bikes zu sehen.
Lagerware
Im unteren Hinterbaulink sind Gleit- statt Kugellager verbaut. Diese sollen leichter, steifer und wartungsfrei sein.

Die elektronische SRAM GX Eagle Transmission-Schaltgruppe ist direkt an dem Rahmen montiert und bietet einfache Einstellung und zuverlässige Schaltvorgänge – auch unter Last. An unserem Testbike sind für die Laufräder die sehr breiten Ibis S35-Carbon-Felgen mit edler Industry Nine-Nabe verbaut. Am Serienmodell finden sich die hauseigenen Blackbird Send-Alu-Laufräder. In beiden Fällen sind sie aber von MAXXIS-Reifen in weicher MaxxGrip-Gummimischung geschützt: vorne ein ASSEGAI mit EXO+-Karkasse, hinten ein Minion DHR II mit robuster Doubledown-Karkasse.

Ibis HD6 GX AXS

8.898 €

Specifications

Fork FOX 38 Factory GRIP2 180 mm
Rear Shock FOX FLOAT X2 Factory 165 mm
Seatpost BikeYoke Revive 185 mm
Brakes SRAM CODE RSC 200/200 mm
Drivetrain SRAM GX Eagle Transmission 1x12
Stem Industry Nine A31 50 mm
Handlebar Ibis Hi Fi Bar Carbon 800 mm
Wheelset Ibis S35 Carbon, Industry 9 Hydra 29"/27,5"
Tires MAXXIS ASSEGAI, EXO+, MaxxGrip/MAXXIS Minion DHR II, Doubledown, MaxxGrip 2,5/2,4

Technical Data

Size 1 2 3 4 5
Weight 15,2 kg

Specific Features

Toolmount

Tuning-Tipps: keine

Helm Giro Tyrant Spherical MIPS | Brille Coast Optics Nita | Shirt Alpinestars Lead Tech Tee | Hose Alpinestars Techstar | Schuhe Crankbrothers Mallet Speedlace

Die Geometrie des Ibis HD6 GX AXS 2024

Das Ibis HD6 ist in fünf Größen erhältlich, die der Hersteller pragmatisch 1 bis 5 benannt hat. Unser Testbike in Größe 3 hat mit gerade einmal 406 mm das kürzeste Sattelrohr bei einer durchschnittlich langen Reach von 480 mm. Schade nur, dass man das durch den kurzen Dropper nicht komplett nutzen kann. Auch wenn das HD6 den meisten Federweg in unserem Test hat, weicht es von der Geometrie kaum von den Durchschnittswerten ab. Nur die Kettenstreben sind mit 435 mm sehr kurz. Und das über alle Größen hinweg, denn sie wachsen nicht mit der Rahmengröße mit und gerade in den großen Größen kann die Balance dadurch beeinflusst werden.

Größe 1 2 3 4 5
Reach 430 mm 454 mm 480 mm 508 mm 541 mm
Stack 621 mm 625 mm 630 mm 638 mm 651 mm
Kettenstrebe 435 mm 435 mm 435 mm 435 mm 435 mm
Tretlagerhöhe 345 mm 345 mm 345 mm 345 mm 345 mm
Sattelrohr 400 mm 400 mm 406 mm 450 mm 470 mm
Lenkwinkel 64° 64° 64° 64° 64°
Sitzwinkel 76° 76° 76,5° 77° 77,5°
Oberrohr 585 mm 610 mm 630 mm 655 mm 685 mm
Steuerrohr 81 mm 86 mm 91 mm 100 mm 115 mm
Radstand 1202 mm 1228 mm 1256 mm 1288 mm 1328 mm

Das Ibis HD6 GX AXS 2024 auf dem Trail

Tritt man die ersten Meter auf dem Ibis HD6, ist man erstmal überrascht, wie effizient es sich pedalieren lässt. Für ein so potentes Bike bleibt der DW-Link-Hinterbau ungewöhnlich straff und man kommt auch lange Climbs locker hoch. Dass der Dämpfer einen Climb Switch hat, könnt ihr direkt wieder vergessen, denn mit dem Ibis müsst ihr diesen in keinem Fall betätigen. Kombiniert mit einer entspannten Sitzposition, macht es das HD6 zu einem der besten Kletterern im Test. Nur das SCOTT Ransom kann da mit seiner TracLoc-Funktion mithalten.

Geht es bergab, gibt die hohe Front zusammen mit dem tiefen Heck direkt eine Menge Sicherheit. Man steht aber dennoch ziemlich kompakt und fühlt sich dabei saugeil zwischen den Rädern platziert und das Gewicht ist schön gleichmäßig zwischen Front und Heck verteilt. Zusammen mit dem superintuitiven Handling fühlt man sich ab der ersten Sekunde auf dem Ibis HD6 pudelwohl und kann es direkt richtig laufen lassen – egal, ob Anfänger oder Profi. Auf flowigen Trails bietet das Bike ein extrem wendiges Fahrverhalten und man fliegt förmlich von einem Anlieger in den nächsten. Das heißt aber nicht, dass das Bike auf rauen Trails überfordert ist – im Gegenteil. Je schneller und rougher der Trail, desto wohler fühlt sich das Bike. Denn trotz des agilen Handlings hat das Ibis eine Laufruhe, die kein Bike aus dem Testfeld überbieten kann. Man wird angespornt, von Lap zu Lap noch schneller in die Steinfelder und Kompressionen reinzuhalten. Und das Beste daran? Das Fahrwerk macht das alles mit, ohne mit der Wimper zu zucken. Es hat ein brutal sensibles Ansprechverhalten und bietet Grip in jeder Situation, auch auf den sandigen Felsen unserer Teststrecke in San Romolo. Trotzdem hat man genug Gegenhalt, um durch Pumpen Geschwindigkeit zu generieren und die Reserven des Hinterbaus sind scheinbar unendlich. Das alles macht das Ibis zu einer Macht auf dem Trail, die auf alles eine Antwort weiß.

Das Ibis HD6 ist eine Abfahrtsmaschine, die auf den Trails nicht aufzuhalten ist!

Bereits die ersten Meter auf dem Ibis fühlen sich vertraut an und man kann ohne Eingewöhnungszeit direkt richtig Gas geben.
Gegensätze ziehen sich an – zumindest beim Ibis, das trotz extrem hoher Laufruhe das agilste Bike im Test ist.

Für wen ist das Ibis HD6 GX AXS 2024?

Das Ibis sieht auf dem Papier vielleicht nach einer stumpfen Prügelmaschine aus, entpuppt sich aber als viel mehr. Es ist ein Bike für alle Skill-Levels, vom Einsteiger bis hin zum Profi, das mit seinem riesigen Einsatzgebiet für eine Vielzahl von Trails geeignet ist und dabei Grinse-Garantie mitbringt.

FAHREIGENSCHAFTEN

UPHILL

  1. schwerfällig
  2. effizient

AGILITÄT

  1. träge
  2. verspielt

LAUFRUHE

  1. nervös
  2. laufruhig

HANDLING

  1. fordernd
  2. gutmütig

FAHRWERK

  1. unsensibel
  2. feinfühlig

FAHRSPAß

  1. langweilig
  2. lebendig

PREIS-LEISTUNG

  1. schlecht
  2. sehr gut

EINSATZBEREICH

Cross Country

Trail

Enduro

Downhill

Das Fazit zum Ibis HD6 GX AXS

Mit dem Ibis HD6 GX AXS ist den Kaliforniern die perfekte Mischung aus Tradition und Moderne gelungen. Das Bike ist zwar nicht ganz billig und man muss auf ein Staufach im Unterrohr verzichten, startet man auf die Trails, kommt ihm allerdings kein anderes Bike hinterher. Es hat einerseits brutale Ballerqualitäten und massive Laufruhe, aber dennoch eine extrem hohe Agilität, die zusammen mit dem unglaublichen Fahrwerk nicht aufzuhalten ist. Als Bonus ist es auch eines der besten Bikes im Uphill. Testsieger!

Tops

  • megastarker Alleskönner
  • unglaublicher Mix aus Laufruhe und Agilität
  • brutal geiles Fahrwerk

Flops

  • kein Staufach

Mehr Infos Auf der Website von Ibis.


Das Testfeld

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Text: Simon Kohler Fotos: Peter Walker

Über den Autor

Simon Kohler

Simon liebt Geschwindigkeit. Als Downhill Skater ist er lange Zeit Rennen gefahren und mit seinem Longboard Alpenpässe runtergeknallt. Inzwischen hat er vier gegen zwei Reifen eingetauscht und heizt jetzt mit seinem Mountainbike auf Trails und Bikepark Lines. Bei verschiedensten Roadtrips durch die Alpen hat er seither einige der feinsten Trails Europas ausgekostet. Da er einige Zeit in Österreich gelebt hat, kennt er zudem die lokalen Bikeparks wie seine Westentasche. Durch sein Ingenieurstudium und seine Liebe zum Detail ist er ein echter Technik-Nerd und testet jetzt als Redakteur die aktuellsten Bikes und Parts auf Herz und Nieren. Als Frühaufsteher und selbsterklärter Müsli-Connaisseur lebt er sein Leben frei nach dem Motto „Powered by Oats. And also Legs.“