Das Norco Sight geht mit seinen 160/150 mm Federweg (v/h) als Underdog in den Enduro-Vergleichstest. Mit seinem High-Pivot-Hinterbau verspricht es aber dennoch, auf den Trails ordentlich Gas zu geben und bringt zusätzlich eine Menge Anpassbarkeit mit. Wie schlägt es sich gegen die Big Boys?

Norco Sight C1 | 160/150 mm (v/h)
16,2 kg in Größe 4 | 8.499 € | Hersteller-Website

Das Norco Sight will sich nicht in eine Kategorie drücken lassen. Mit einem Federweg von 160 mm an der Front und 150 mm am Heck ist es im Enduro-Vergleichstest zwar das kurzhubigste Bike, im Trailbike-Test wäre es aber in diesem Bezug ein Überflieger gewesen. Mit seinem High-Pivot-Hinterbau zeigen zudem alle Zeichen in Richtung: Abfahrt! Neben dem bekannten und kürzlich überarbeiteten Ride-Aligned-System, das detaillierte und gute passende Setup-Empfehlungen gibt, bietet das 8.499 € teure Norco Sight das sogenannte Missing Link Kit. Dieses zusätzlich erhältliche Set besteht aus einem Hinterbau-Link und einer Dämpferaufnahme, mit dem sich das Bike von seiner standardmäßigen 29er-Konfiguration zum Mullet-Bike umbauen lässt, ohne dass Geometrie oder Kinematik verändert werden soll. Für diesen Vergleichstest haben wir das Bike in der Mullet-Ausführung getestet, mit der es 16,2 kg auf die Waage bringt – immer noch schwerer als der Enduro-Bike-Durchschnitt.

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2024 – Die 14 spannendsten Bikes im großen Vergleichstest

Der Ride-Aligned-Setup-Guide von Norco gibt euch eine ausführliche und passende Anleitung zum Einrichten eures neuen Bikes – hier könnten sich viele Hersteller eine Scheibe abschneiden.

Das Norco Sight C1 2024 im Detail

Das Norco Sight mag weniger Federweg haben, als der Rest des Testfelds, aber es sieht trotzdem nach einer Abfahrtsmaschine aus. Das Bike setzt weiterhin auf einen klassischen Viergelenker-Hinterbau mit stehendem Dämpfer, am neuen Sight ist dieser jedoch als High-Pivot ausgeführt und hat somit auch eine Kettenumlenkrolle, um die Längung des Hinterbaus beim Einfedern zu kompensieren. Diese ist elegant in die Kettenstrebe eingearbeitet, was dem Bike zu einem cleanen Look verhilft. Die Leitungen verschwinden klassisch hinter dem Steuerrohr im Rahmen, leider herrscht am Lenker jedoch ein bisschen Kabelchaos und die Leitungen klappern so auf dem Trail aufeinander. Dafür ist vorne am Steuerrohr und hinter dem Dämpfer, wo die Leitungen kurz aus dem Rahmen kommen, Folie angebracht, um den Lack zu schützen. Ebenso an den Sitzstreben, wo man beim Pedalieren gerne mal mit der Ferse hängen bleibt. Zudem macht der umfangreiche Sitz- und Kettenstrebenschutz seinen Job gut und schont den Rahmen und eure Ohren. Auf ein Staufach im Rahmen verzichtet Norco, dafür befindet sich am Oberrohr ein Toolmount, an dem ihr Werkzeug oder Ersatzteile befestigen könnt und natürlich zwei Schrauben für den Trinkflaschenhalter auf dem Unterrohr. Um euren Rahmen vor hochfliegenden Steinen und Dreck zu schützen, ist an der Unterseite des Unterrohrs im Bereich des Tretlagers ein großer Kunststoffschutz angebracht, ebenso wie ein Shuttle-Guard, der den Rahmen beim Transport auf der Pick-up-Pritsche schützt.

Chic
Die Kettenumlenkrolle am Hinterbau ist elegant in die Kettenstrebe integriert.
Klapperschlange
Das Kabelchaos am Cockpit klappert auf dem Trail nervig aufeinander.

Die Ausstattung des Norco Sight C1 2024

Bei der Ausstattung des Sight C1 setzt Norco nur auf edle Teile, beim Fahrwerk haben sie sich aber direkt einen Kniff einfallen lassen: Am Heck ist der FOX DHX2 Factory-Stahlfederdämpfer verbaut, der auf eine Sprindex-Feder setzt, die ein Feintuning der Federhärte ermöglicht – nice. Kombiniert ist das mit einer passenden FOX 36 Factory mit GRIP2-Dämpfungskartusche. Bei der Dropper Post setzen die Kanadier auf ihre Landskollegen von OneUp mit dem V2-Dropper, der massige 210 mm Hub bietet und zudem voll im Rahmen versenkbar ist. Gebremst wird mit den SRAM CODE Silver Stealth-Bremsen, die mit einer 200-mm-Bremsscheibe an der Front und einer 180er-Scheibe am Heck kombiniert sind. Es ist das einzige Bike im Test, das hinten keine 200er verbaut hat und wir würden euch raten, das schleunigst zu ändern. Denn egal, in welche Kategorie man das Sight einordnen möchte, die kleine Bremsscheibe am Heck überhitzt auf langen Abfahrten gerne und führt so schneller zu Armpump.

Coilshock Tuning is not a crime
Durch die Sprindex-Feder des FOX DHX2-Dämpfers lässt sich die Federhärte perfekt auf eure Wünsche feintunen.
Feuerball
Die kleine 180-mm-Bremsscheibe am Heck raucht auf langen Trails ganz schön ab und die Bremse verliert ihre Bremspower.
I like to move it
Mit massiven 210 mm Hub gibt euch der OneUp-Dropper ordentlich Bewegungsfreiheit.

Auch die Schaltgruppe stammt von SRAM mit der elektronischen Eagle Transmission. Während Kassette, Kette und Kurbel aus der günstigeren GX-Gruppe kommen, verbaut Norco ein SRAM X0-Schaltwerk, das allerdings nur im Schaufenster – und nicht auf dem Trail – Vorteile bringt. Auf die soliden Stan’s NoTubes Flow S2-Alu-Laufräder sind MAXXIS-Reifen gezogen: vorne ein Minion DHF und hinten der passende Minion DHR II. Beide kommen in pannenanfälliger EXO+-Karkasse und harter MaxxTerra-Gummimischung. An der Front raten wir euch, einen Reifen mit weicher MaxxGrip-Mischung für mehr Grip und Kontrolle zu verbauen. Wer viele roughe Trails fährt, sollte zudem über ein Upgrade zu Reifen mit einer robusteren Karkasse wie Doubledown nachdenken.

Norco Sight C1

8.499 €

Specifications

Fork FOX 36 Factory GRIP2 160 mm
Rear Shock FOX DHX2 Factory 150 mm
Seatpost OneUp Dropper Post V2 210 mm
Brakes SRAM CODE Silver Stealth 200/180 mm
Drivetrain SRAM Eagle X0/GX Transmission 1x12
Stem Norco CNC Alloy 40 mm
Handlebar Deity Ridgeline Alu 800 mm
Wheelset Stan’s NoTubes Flow S2 Alu 29"/27,5"
Tires MAXXIS Minion DHF, EXO+, MaxxTerra/MAXXIS Minion DHR II, EXO+, MaxxTerra 2,5/2,4

Technical Data

Size 1 2 3 4 5
Weight 16,2 kg

Specific Features

Toolmount
Ride Aligned Setup Guide

Tuning-Tipps: Reifen mit weicherer Gummimischung an der Front | robustere Reifen für mehr Pannenschutz

Helm Troy Lee Designs D4 Carbon | Goggle 100 % Armega | Shirt Troy Lee Designs Sprint Ultra | Shorts Troy Lee Designs Skyline | Knieschoner Troy Lee Designs Stage | Schuhe Leatt ProClip 5.0 Armega

Die Geometrie des Norco Sight C1 2024

Das Norco Sight ist in fünf Größen erhältlich, die der Hersteller ganz einfach 1 bis 5 nennt. Durch die Bank fallen die Reach-Werte allerdings sehr lang aus, weshalb unser Sight in Größe 4 mit 497,5 mm mit Abstand die längste Reach im Test hat. Laut Größenempfehlung passt das Bike für unsere Tester, die alle zwischen 180 cm und 185 cm groß sind, allerdings perfekt. Für diesen massiven Reach ist das Sattelrohr mit gerade einmal 430 mm Höhe allerdings richtig schön flach, was euch zusammen mit dem langen Dropper eine sehr gute Bewegungsfreiheit auf dem Bike gibt. Die Kettenstreben an unserem Bike sind 438 mm lang, damit das Handling über alle Größen hinweg gleich bleiben soll, wächst deren Länge allerdings pro Rahmengröße um vier mm mit. Standardmäßig wird das Sight als 29er ausgeliefert, wir haben allerdings vom Missing-Link-Kit Gebrauch gemacht und es uns als Mullet-Bike mit großem 29”-Vorderrad und kleinem 27,5”-Hinterrad umgebaut. Durch das spezielle Umbaukit, das aus einem Hinterbau-Link und einer Dämpferaufnahme besteht, gelingt der Umbau von einem Laufradsetup zum anderen, ohne dass dadurch Geometrie oder Kinematik verändert werden sollen. Mega!

Größe 1 2 3 4 5
Reach 422 mm 447 mm 472 mm 497 mm 522 mm
Stack 618 mm 627 mm 636 mm 645 mm 654 mm
Kettenstrebe 420 mm 424 mm 428 mm 432 mm 436 mm
Tretlagerhöhe 353 mm 353 mm 353 mm 353 mm 353 mm
Sattelrohr 350 mm 370 mm 385 mm 430 mm 445 mm
Lenkwinkel 64° 64° 64° 64° 64°
Sitzwinkel 77° 77,25° 77,50° 77,75° 78°
Oberrohr 565 mm 589 mm 613 mm 637 mm 661 mm
Steuerrohr 105 mm 115 mm 125 mm 135 mm 145 mm
Radstand 1181 mm 1214 mm 1247 mm 1281 mm 1314 mm

Das Norco Sight C1 2024 auf dem Trail

Wenn man sich auf das Norco Sight 2024 C1 schwingt, nimmt man aufgrund der Länge eine leicht gestreckte und sportliche Sitzposition ein. Trotzdem sitzt man bequem auf dem Bike, sodass es sich auch für längere Touren eignet. Trotz seiner hohen Front hebt sich das Vorderrad des Sight dank der sportlichen Sitzposition auch bei steilen Rampen nicht vom Boden ab. Dabei bleibt der Hinterbau aktiv und schwingt mit. So bietet das Bike viel Komfort und zeigt auf technischen Uphills viel Grip. Auf Schotterrampen haben wir jedoch öfter den gut erreichbaren Climb Switch betätigt, um den Hinterbau zu sperren. Trotz des geringeren Federwegs gehört das Norco also zu den trägeren Kletterern im Test und reiht sich in etwa auf Höhe des Propain Tyee ein.

Das Sight bringt zwar sehr viel Laufruhe mit, dafür ist es aber auch etwas träge und sperrig in engen und kurvigen Sektionen.

Obwohl das Sight scheinbar als Underdog in den Test geht, boxt es doch eindeutig über seiner Gewichtsklasse und bietet eine sehr hohe Laufruhe.
Dem Fahrwerk des Norco Sight fehlt es trotz des Stahlfederdämpfers etwas an Sensibilität, dafür gibt es viel Feedback und hat massig Reserven.

Auch wenn es bergab geht, spürt man deutlich die Länge des Bikes. Denn dadurch hat man wenig Druck auf dem Vorderrad und gerade in flachen Trailsektionen muss man die Front aktiv belasten, um Grip und Kontrolle zu bekommen. Auch in langsamen, engen Sektionen stört die Länge des Bikes und man benötigt viel Einsatz, um es um scharfe Haarnadeln oder enge Anlieger zu zirkeln – trotz des kleinen Hinterrads, das ihm ein Plus an Agilität verleiht. Wird der Trail dann aber gerader und schneller, kommt das Sight in sein Element. Hier glänzt es mit sehr hoher Laufruhe, die trotz des geringen Federwegs mit Schwergewichten, wie dem Trek Slash oder Yeti SB160, mithalten kann. Einen Teil trägt hier sicher das Fahrwerk dazu bei, das zwar trotz des Stahlfederdämpfers nicht supersensibel anspricht, aber dafür ordentlich Reserven hat und schnelle Schläge gekonnt wegbügelt. Bei starken Kompressionen spürt man allerdings die für High-Pivot typische Längung des Hinterbaus, die die Balance zwischen Vorder- und Hinterrad etwas verändert und somit etwas Eingewöhnungszeit braucht.

Für wen ist das Norco Sight C1 2024?

Das Norco Sight ist ein Bike für alle, die Bock haben, ein schlichtes, aber dennoch sehr schickes High-Pivot-Bike zu fahren. Auch wenn es auf dem Papier als Trail-Bike eingeordnet wird, fühlt es sich dennoch auf schnellen und ruppigen Strecken am wohlsten. Ihr solltet allerdings bei der Größenwahl im Hinterkopf behalten, dass die Reach-Werte im Vergleich zu anderen Herstellern deutlich länger ausfallen.

FAHREIGENSCHAFTEN

UPHILL

  1. schwerfällig
  2. effizient

AGILITÄT

  1. träge
  2. verspielt

LAUFRUHE

  1. nervös
  2. laufruhig

HANDLING

  1. fordernd
  2. gutmütig

FAHRWERK

  1. unsensibel
  2. feinfühlig

FAHRSPAß

  1. langweilig
  2. lebendig

PREIS-LEISTUNG

  1. schlecht
  2. sehr gut

EINSATZBEREICH

Cross Country

Trail

Enduro

Downhill

Das Fazit zum Norco Sight C1

Das Norco Sight mag im Testfeld zwar auf den ersten Blick wie eine Blindschleiche in einer Grube voller Schlangen wirken, auf dem Trail ist es allerdings deutlich laufruhiger als viele der potenten Enduro-Bikes im Test. Ein Teil des Effekts ist sicher auf den langen Rahmen zurückzuführen, aber auch Fahrwerk und Geometrie tragen ihren Teil dazu bei. In puncto Handling und Agilität müssen jedoch Abstriche gemacht werden. Nice ist aber, dass man durch den ausführlichen Ride-Aligned-Setup-Guide gute Hilfe beim Einrichten des Bikes hat.

Tops

  • superausführlicher Setup-Guide
  • variable Laufradgröße bei gleicher Geo und Kinematik
  • hohe Laufruhe

Flops

  • sperriges Handling
  • wenig agil

Mehr Infos findet Ihr auf der Website von Norco.


Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Enduro-Bike 2024 – Die 14 spannendsten Bikes im großen Vergleichstest

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Text: Simon Kohler Fotos: Peter Walker

Über den Autor

Simon Kohler

Simon liebt Geschwindigkeit. Als Downhill Skater ist er lange Zeit Rennen gefahren und mit seinem Longboard Alpenpässe runtergeknallt. Inzwischen hat er vier gegen zwei Reifen eingetauscht und heizt jetzt mit seinem Mountainbike auf Trails und Bikepark Lines. Bei verschiedensten Roadtrips durch die Alpen hat er seither einige der feinsten Trails Europas ausgekostet. Da er einige Zeit in Österreich gelebt hat, kennt er zudem die lokalen Bikeparks wie seine Westentasche. Durch sein Ingenieurstudium und seine Liebe zum Detail ist er ein echter Technik-Nerd und testet jetzt als Redakteur die aktuellsten Bikes und Parts auf Herz und Nieren. Als Frühaufsteher und selbsterklärter Müsli-Connaisseur lebt er sein Leben frei nach dem Motto „Powered by Oats. And also Legs.“