Glückwunsch! Ihr habt einen weiteren zermürbenden Winter überlebt, doch nach Monaten der Unbarmherzigkeit wird euer Ein und Alles aller Wahrscheinlichkeit nach etwas Liebe brauchen. Unser Zehn-Punkte-Plan bringt euer Bike für den Frühling in Topform.

Für viele Mountainbiker ist jetzt die Zeit, ihr Bike aus seinem langen Winterschlaf aufzuwecken und ihm einen Komplettservice zu verpassen, als Vorbereitung auf die neue Saison. Für alle, die auch während des Winters fahren können, ist dieser Service sogar überfällig. Während die Trails trocknen, der Grip sich mehr und mehr verbessert und die Geschwindigkeiten sich erhöhen, ist es außerdem sinnvoll, euer Bike genau auf diese veränderten Bedingungen einzustellen. Doch sich auf eine neue Saison vorzubereiten bedeutet nicht allein, euer Bike zu warten. Es geht auch darum, die Vorfreude auf den Frühling zu schüren und den Übergang in eine sonnigere Jahreszeit zu zelebrieren!

1. Waschen

Dauer: 30 min | Schwierigkeit: super einfach

Okay, das mag jetzt offensichtlich klingen, doch wann habt ihr euer Bike das letzte Mal gründlich gereinigt? Benutzt ein hochwertiges Bike-Reinigungsmittel und vernünftige Bürsten, damit ihr an all die schwer erreichbaren Stellen rankommt. So lasst ihr euer Bike wieder erstrahlen! Das wird nicht nur euren Stolz auf eure Maschine wiederherstellen, ihr werdet währenddessen auch Abnutzungsspuren entdecken – was die weitere Wartung schneller und einfacher macht.

Pro-Tipp: Mit dem richtigen Reiniger löst sich Dreck nicht nur leichter, das Bike hat nach dem Waschen auch weniger Flecken und strahlt wie neu.

2. Lager, Lagerschalen und Schrauben checken

Dauer: 60 min | Schwierigkeit: einfach bis moderat

All der Schlamm, der Schweiß und die Tränen der Vorsaison haben wahrscheinlich ihren Tribut von euren Lagern gefordert und die Chancen stehen gut, dass sich auch Schrauben gelockert haben. Daher ist es für die Gesundheit von euch und eurem Bike entscheidend, dafür zu sorgen, dass euer Bike sicher ist, bevor ihr irgendwelche anderen Handgriffe tätigt.

Es kostet euch weniger als 10 min, einen einfachen Sicherheits-Check durchzuführen: Überprüft alle Schrauben, idealerweise mit einem Drehmomentschlüssel, und achtet dabei besonders auf die Schlüsselstellen eures Dämpfers bzw. Hinterbaus, Lenkers und Vorbaus.

Steuersatz: Dreht den Lenker von einer Seite zur anderen. Fühlt sich das Ganze rau an und geht schwer, versucht es zunächst mit erneutem Einfetten, bevor ihr das Lager ersetzt. Zieht nun die Vorderradbremse und bewegt das Bike vorwärts und zurück. Falls ihr Spiel im Steuersatz feststellt, zieht die Vorspannschraube des Steuersatzes nach, um ihn wieder straff zu bekommen. Benutzt nun einen Drehmomentschlüssel, um die Schrauben des Vorbaus sowohl auf der Steuerrohr- als auch auf der Lenkerseite zu überprüfen.

Rahmenlager: Entfernt euren Dämpfer aus eurem Rahmen und bewegt den Rahmen durch seinen Federweg. Falls dabei Spiel oder seitliche Beweglichkeit herrscht oder es sich hakelig und steif anfühlt, wird es Zeit, jedes einzelne Lager zu überprüfen, bis ihr die Schuldigen ausfindig gemacht habt. Ersetzt diese Lager im Anschluss, bevor sie Schaden anrichten.

Tretlager: Der beste Weg um herauszufinden, ob die Lager eures Tretlagers ihr Lebensende erreicht haben: Nehmt die Kurbeln ab und dreht jedes Lager von Hand. Wenn sie rau laufen oder generell schwer drehen lassen, wird es Zeit, sie zu ersetzen. Viele Lager für Tretlager können separat vom Gehäuse erworben werden. Daher müsst ihr womöglich nicht die gesamte Einheit ersetzen, falls ihr nur die Lager tauschen wollt. Eure Lager laufen geschmeidig, aber ihr könnt mit den Kurbelarmen von einer Seite zur anderen wackeln? Und ihr habt schon gecheckt, dass alle Schrauben korrekt angezogen sind? Dann hilft alles nichts: Ihr müsst wohl doch die gesamte Einheit austauschen.

3. Haucht euren Bremsen neues Leben ein

Dauer: 90 min | Schwierigkeit: moderat

Ironischerweise wird euch suboptimale Bremsleistung langsamer machen. Die erste Aufgabe lautet daher, die Schrauben an der Bremse zu überprüfen: Bremsen verursacht Vibrationen, was die Bauteile eurer Bremse lockern kann – mit potenziell ernsthaften Konsequenzen. Checkt alle Schrauben, mit denen die Bremsen an Rahmen und Federgabel befestigt sind.

Als Nächstes entlüftet eure Bremsen. Das entfernt die Luft und Verunreinigungen aus eurer Bremsflüssigkeit und sorgt dafür, dass sich die Stopper wieder wie neu anfühlen. Anleitungen, die euch Schritt für Schritt durch den Ablauf begleiten, lassen sich in der Regel für jede Bremse auf der jeweiligen Herstellerseite finden.

Durch einen Herbst und Winter voller Schmutz und Wasser entsteht eine Paste, die Bremsbeläge rasch abnutzt. Wenn ihr also im kommenden Sommer schneller fahren wollt, ersetzt eure Bremsbeläge. Checkt auch eure Bremsscheiben: Falls sie abgenutzt aussehen oder verbogen sind, dann bietet es sich an, sie zu ersetzen, wenn ihr eure Beläge wechselt. Falls ihr es noch nicht probiert habt: Vielleicht wollt ihr auch hinsichtlich der Scheibengröße an Front und Heck auf 203 mm wechseln, um eine noch bessere Bremsleistung zu erreichen.

Pro-Tipp: verbaut am Heck gesinterte Beläge für maximale Hitzestabilität und in Front organische Beläge für eine optimale Dosierbarkeit.

4. Wechselt die Reifen

Dauer: 20 min | Schwierigkeit: einfach bis moderat, abhängig von Felge und Reifen

Falls ihr eure Reifen nicht wechseln müsst und den gesamten Winter über das Glück hattet, keine Reifenpanne zu erleiden, solltet ihr vielleicht trotzdem eure Tubeless-Milch nachfüllen. Mit der Zeit wird das flüssige Dichtmittel nämlich eintrocknen und euch mit Silikon-Klümpchen und ohne Pannenschutz zurücklassen. Damit würde sich dann die Wahrscheinlichkeit einer Reifenpanne erhöhen – und das lässt sich leicht vermeiden.

Pro-Tipp: Das erneuern der Milch ist ein guter Zeitpunkt einmal ein Tire-Insert im Laufrad zu montieren. Checkt das Modell von Rimpact oder Nukeproof.

5. Neue Züge

Dauer: 15 min | Schwierigkeit: moderat

Fühlen sich Gangwechsel wie Daumen-Catchen mit einem Gorilla an? Falls ja, dann hat der Winter die Zughüllen durchdrungen und Korrosion hat die Reibung der Züge erhöht. Zum Glück ist das Ersetzen durch einen neuen Zug inklusive Hülle eine unkomplizierte Aufgabe, die eure Schaltung wieder auf die Knackigkeit des Werkszustandes zurückbefördern wird. Sollte euer Bike innenverlegte Züge besitzen, dann vergesst nicht, den alten Zug zu nutzen, um den neuen durch den Rahmen zu ziehen – andernfalls kann sich die benötigte Zeit leicht verdreifachen.

6. Gabel- und Dämpfer-Service

Selbst Dauer: 1-2 Stunden | Schwierigkeit: moderat
Einschicken Dauer: 5–10 Tage | Schwierigkeit: einfach

Wann habt ihr eurem wertvollen Dämpfer zuletzt einen Service oder etwas Tuning gegönnt? Die Chancen stehen gut, dass es länger her ist als die empfohlenen 60–100 h Fahrzeit!
Kompetente Heimwerker können zwar selbst einen Lower-Leg-Gabelservice durchführen, doch wenn ihr das Beste aus euren Federelementen herausholen wollt, dann sorgt ein kompletter Service dafür, dass euer Fahrwerk besser denn je laufen wird. Eine Tuning-Firma kann Gabel und Dämpfer außerdem speziell auf euer Bike, euren Fahrstil und euer Gewicht abstimmen. Fall ihr euer Bike für gemächlichere und rutschigere Winterbedingungen abgestimmt hattet, dann ist jetzt die Zeit, es an die Unerbittlichkeit des Frühlings anzupassen.

Pro-Tipp: Wenn ihr das Casting ohnehin schon entfernt, lohnt es sich ggf in eine neue Luft-Feder zu investieren. Gerade bei RockShox und FOX kann man die Performance der Gabel durch eine DebonAir- oder Evol-Luftkammer deutlich erhöhen.

7. Wartet eure Sattelstütze

Dauer: 20 min | Schwierigkeit: einfach bis moderat

Wann habt ihr das letzte Mal eure Sattelstütze herausgenommen? Die Materialien aus Aluminium und Stahl, die in Sattelstützen und Rahmen Verwendung finden, sind anfällig für Korrosion, wenn sie nicht gewartet werden – was dazu führen kann, dass sich eure Sattelstütze im Inneren eures Sitzrohres selbst anschweißt. Genau wie eure Schaltung kann nach dem Winter auch eure höhenverstellbare Sattelstütze schwergängiger funktionieren, also wechselt gleich noch den Zug, wenn die Stütze schon nicht mehr im Rahmen steckt.

8. Checkt eure Kette

Dauer: 30 Sekunden! | Schwierigkeit: einfach

Der Winter zerstört Ketten und alte Ketten zerstören Antriebe. Dreck und Wasser vereinigen sich und werden zu einer Paste vermengt, die eure Kettenglieder quält und selbst der gründlichsten Reinigung widersteht. Zähflüssige Kettenöle fördern noch diese Schweinerei aus püriertem Schlamm, die Ketten schnell verschleißt und mit einem permanenten Knirschen die Reibung in eurem Antrieb erhöht. Gönnt eurer Kette also zumindest ein vernünftiges Ketten-Bad und werdet den ganzen Dreck los, bevor ihr sie mit einem hochwertigen Produkt schmiert, damit die Dinge wieder rundlaufen. Checkt zudem den Verschleiß mit einer Kettenlehre: Hat sich die Kette gelängt, wird es Zeit für eine neue. Günstige Ketten öfter zu ersetzen kann effektiver sein, als teure Ketten länger zu nutzen – und regelmäßiges Wechseln bedeutet, dass ihr die teuren Kassetten nicht so oft ersetzen müsst.

9. Pimpt eure Pedale

Dauer: 60 min | Schwierigkeit: moderat

Eure Pedale haben ein schweres Leben: Sie sind dem Dreck wahnsinnig nah, außerdem sind sie ständigem Felskontakt ausgesetzt und werden generell als selbstverständlich erachtet. Nach einem Winter der Nichtbeachtung wird es daher höchste Zeit für etwas Aufmerksamkeit! Fettet eure Pedal-Achsen – einige Pedale kommen sogar mit Abschmiernippeln, die daraus einen 2-Minuten-Job machen. Löst bei anderen Pedalen einfach die Haltebolzen, zieht die Achse heraus und drückt etwas Fett in den Pedalkörper. Klickpedal-Fahrer sollten ihre Cleats hinsichtlich der Abnutzung checken und sie ersetzen, falls sie mitgenommen aussehen. Fahrer, die auf Flat-Pedalen unterwegs sind, sollten verloren gegangene Pins ersetzen, um die Pedale so griffig wie möglich zu halten.

10. Bringt eure Rahmenschutzfolie auf Vordermann

Dauer: 15 min | Schwierigkeit: einfach

Löst sich eure Rahmenschutzfolie nach all den Reinigungsorgien ab und ist noch dazu verziert mit Dreck, der unter den Rändern festhängt? Zerschlissene Rahmenschutzfolie sieht übel aus und kann noch dazu Lackschäden verursachen, da eingeschlossener Dreck am Rahmen schleift. Zieht die entwürdigende Folie ab und ersetzt sie, damit euer Rahmen weiterhin geschützt ist und euer Bike wie neu aussieht.

Pro-Tipp: Je nach Rahmen kann eine Folie mit Design dem Rad eine komplett neue Optik verleihen. Eine große Auswahl gibt es im Shop von AllMountainStyle.

Von runtergerockt zurück zum Werkszustand – diese 10 unkomplizierten Schritte werden euch helfen, euer Bike fit zu machen für die neue Saison. Viel Spaß beim Shredden!

Für diese Story haben wir die Werkzeuge von Unior-Tools genutzt.

Dieser Artikel ist aus ENDURO Ausgabe #038

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Text: Thomas Corfield Fotos: Christoph Bayer

Über den Autor

Thomas Corfield

Nach fast 30 Jahren auf dem Bike und einer Karriere im Vertrieb einer Fahrradmarke begeistert mich das Thema Mountainbike noch wie am ersten Tag. In meiner Heimat in der Nähe der schottischen Grenze genieße ich Solo-Abenteuer in den Bergen ebenso wie Nightrides in größeren Gruppen.