Bikepacking beschert einem nicht nur unvergessliche Momente, sondern ist auch relativ einfach zu erleben und noch dazu günstig – vorausgesetzt man hat bereits Fahrräder. Aber kann man auch mit einem 3-jährigen Kind bereits Bikepacking-Touren unternehmen?

„Ich habe eine Idee: Lass uns als Familie einen Bikepacking-Trip machen!“ Wenn ihr das Drama des „Zubettgehen“ mit eurem eigenen Nachwuchs schon erlebt habt, werdet ihr wahrscheinlich gerade vor Lachen euren Kaffee auf den Bildschirm spucken. Es stimmt, die Vorstellung von einem quirligen Dreijährigen in einem beengten Zelt ist ein bisschen so, als würde man versuchen, das Herbstlaub mit einer Zahnbürste zusammen zu rechen. Dennoch bleibe ich dabei, dass Bikepacking das perfekte Familienabenteuer sein kann.

Lasst uns zuerst eine Sache klarstellen. Meine Frau und ich sind keine Vollblut-Abenteurer.
Ich habe zwar einen Bart, aber ich musste noch nie einen Bären abwehren, meine Frau war noch nie gezwungen, ihren eigenen Urin zu trinken und wir haben noch nie in einem Graben geschlafen. Wir sind nicht Hardcore, wir sind wahrscheinlich genau wie ihr. Und vielleicht seid ihr genauso Eltern wie wir.

Auch wenn wir keine Profis sind, ist das nicht unser erstes Bikepacking-Abenteuer. Wir haben als Paar schon viele erfolgreiche – und ebenso viele erfolglose – Bikepacking-Missionen erlebt. Allerdings geht es in dieser Geschichte nicht um die Umrundung des Mont Blanc oder einen Fast-Packing-Versuch der Great Divide. Dieses Mal war es unser Ziel, unseren dreijährigen Sohn in die Wunder des Schlafens unter Zeltplanen einzuweihen und mit Vogelgezwitscher aufzuwachen – inklusive steifem Hals und dem unvergesslichen Moschusgeruch eines Zeltes voller Menschen.

Während ich mich auf die Achterbahnfahrt des #dadlife begebe, ist die einzige Konstante der Wunsch, meinem Kind die Liebe zum Fahrrad und zur Natur zu vermitteln. Dieselbe Freude, die mir so viele unvergessliche Erlebnisse beschert hat.

Wir wollen mit unserem Sohn ein Fundament errichten aus Abenteuer, Spaß, Selbstvertrauen und einer „Ich kann das“-Einstellung.

Vielleicht wurde diese Idee durch den Beginn der schottischen Sommerferien hervorgerufen, vielleicht aber auch durch das Glück, von anderen Eltern umgeben zu sein, die „wie“ und nicht „warum“ fragen. Was auch immer der Grund war, es klang wie die perfekte Gelegenheit, mit der Aussicht auf einen lauen Sommerabends und einen trockenen Morgen. Ein einfacher Plan verdient eine einfache Ausführung, und wir hatten vor, einen leichten Trip nicht zu weit von zu Hause entfernt zu unternehmen. Wir freuten uns, dass der bereits heißgeliebte, auf dem Oberrohr montierte Kids Ride Shotgun-Kindersitz unseres Sohnes es erlaubte, unsere bewährten ORTLIEB Lenker- und Satteltaschen zu montieren. Sie wurden seit seiner Geburt leider viel zu selten benutzt.

Die Erfahrung hat uns gezeigt, dass der Schlüssel zum erfolgreichen Bikepacking darin liegt, nur das Nötigste mitzunehmen, gerade so viel, wie man zum Leben braucht – OK, und vielleicht etwas Alkohol. Daher war es ein wenig beunruhigend zu sehen, wie viele zusätzliche Dinge wir für unseren Sohne unterbringen mussten. Nach einer kurzen Rücksprache mit ihm bestätigte er, dass Märchenbücher, ein Bär und ein Spielzeugbagger überraschenderweise unverzichtbar waren und nicht zurückgelassen werden konnten. Eine Stunde Tetris-Packen später rollten wir los. Ich gebe zu, die 10 Kilometer bergauf zum Gipfel von Brown Knowe, unserem Hausberg im Tweed Valley, waren kein leichter Aufstieg. Ich liebe unsere „Shotgun“-Fahrten zu Feierabend, aber die beladene Lenkertasche und die Satteltasche, kombiniert mit dem zusätzlichen Gewicht eines 15 Kilogramm schweren Kleinkinds, sind bergauf ganz schön fordernd. Trotzdem hatte ich wie immer meinen wortgewandten Co-Piloten, der vom Vordersitz aus einen aufgeregten Kommentar abgab. „Was ist das, Daddy, warum ist das, Daddy, fahr schneller, Daddy.“

Schließlich rollten wir auf das Gipfelplateau und suchten zwei Quadratmeter flachen Boden auf dem pockennarbigen Hügel. Das Zelt war mithilfe des kleinen, eifrigen Campers schnell aufgebaut und der Kocher angeheizt. Das Menü des Abends bestand aus vegetarischen Würstchen und Nudeln, das zugegebenermaßen nicht als Gourmetessen durchgeht, aber zusammen mit dem Ausblick in die menschenleere Natur konnte es jedem Sternerestaurant etwas vormachen. Als die Sonne tiefer sank, lehnten wir uns zurück und genossen es, unseren Kleinen beim Herumtollen zu beobachten. Befreit von Bildschirmen und lautem Spielzeug passte er sich mühelos an seine neue Welt an und das weitäufige Gipfelplateau wurde zu seinem Spielplatz, auf dem er frei herumlaufen und alles erkunden konnte. Wir jagten Löwenzahnsamen, die im Wind flogen, riefen unbeeindruckten Schafen blöde Witze zu und ließen uns schließlich in der Wärme unserer Schlafsäcke nieder, während die Sonne uns in goldenes Licht hüllte.

Ganz zu sein. Um vollständig zu sein. Wildnis erinnert uns daran, was es bedeutet, ein Mensch zu sein, womit wir verbunden sind und nicht, wovon wir getrennt sind. – Terry Tempest Williams

Wenn ich sagen würde, dass es die beste Nacht war, die ich je hatte, würde ich lügen. Der Kleine beanspruchte seinen Platz im Zelt (der sich als viel größer herausstellte, als wir erwartet hatten) und schlief wie ein Stein. Unser Schlaf wurde jedoch durch sein unerbittliches Zappeln und gelegentliche Schläge ins Gesicht unterbrochen. Aber das war uns egal. Denn es bedeutete, dass wir früh wach waren und den majestätischen Sonnenaufgang in Ruhe genießen konnten, nur unterbrochen von gelegentlichen Furzgeräuschen aus dem Inneren des Zeltes. Später am Morgen, während wir bitteren Instantkaffee schlürften, tauchte er mit seinem typischen „Ich war campen“-Gesicht auf und suchte verzweifelt nach seinem eigenen Frühstücks-Hit aus warmer Milch und einem Haferpfannkuchen.

Wir haben auf ein Lagerfeuer verzichtet, der Boden war so trocken, dass ein Streichholz ein Feuer entfachen konnte. Allerdings haben wir trotzdem eine halbe Schachtel Streichhölzer gebraucht, um den Kocher anzuzünden … haha
Beim Camping sind die Stunden endlos und frei von Ablenkungen. Man ist an den Rhythmus des Tages gebunden und lebt viel bewusster.

Später, als wir bergab zum Haus zurückradelten und uns nach einem ordentlichen Kaffee und einer Dusche sehnten, dachte ich darüber nach, wie sich die Zeiten und unsere Ziele verändert haben. Wir hatten uns auf dieser Reise nicht an unsere Grenzen gebracht oder unsere Zehen ins Extreme getaucht. Stattdessen hatten wir als Familie ein Abenteuer erlebt, was sonst als Familie im Alltag unsere größte Herausforderung ist. Während ich meine Gedanken schweifen ließ und die leichte Geschwindigkeit genoss, wurde es für eine Minute still auf dem Beifahrersitz, dann hörte ich einen einzelnen Satz, nicht geschrien, sondern leise und aufrichtig ausgesprochen: „Ich liebe Camping, Daddy“.

Kleinkinder bewegen sich etwa mit der gleichen Geschwindigkeit wie ein Gletscher! Um den Horizont zu erreichen, braucht ihr ein Fahrrad.

Ich hoffte, dass wir Erinnerungen eingepflanzt haben, die ihm bleiben würden, Erinnerungen, die später helfen würden, Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein aufzubauen. Die Idee, dass alles möglich ist und Erfahrungen die Essenz des Glücks sind. Vielleicht wird er sich später an gar nichts von unserem Trip mehr erinnern, vielleicht sind aber doch einige unbewusste Grundlagen gelegt worden. Für meine Frau und mich war die Erfahrung zeitlos. Frei von den Alltagsaufgaben, einem Haus, das aufgeräumt werden muss, oder einer Spülmaschine, die befüllt werden sollte, tauchten wir in die vielen aufregenden Gespräche, spannende Fragen und lustigen Momente ein und stärkten das Band, das uns verbindet. Obwohl es auf dem Gipfel des Hügels kein WiFi gab, hatten wir nie eine bessere Verbindung erlebt.


Wenn ihr euch inspiriert fühlt, hier sind unsere Top-Tipps für das Bikepacking-Abenteuer mit Kind.

Nicht weit, nicht wild!

Es ist natürlich, dass Abenteuerlustige Eltern herausfordern und ihre Zeit erst mal auf den Kopf stellen. Aber es ist auch wichtig, die Erwartungen zurechtzurücken, damit jeder eine tolle Zeit hat. Bikepacking gibt euch reichlich Spielraum, um euren Platz zu finden, frei von Menschenmassen zu sein und euer Mini-Abenteuer zu gestalten. Ihr müsst oft nicht weit fahren, um die Wildnis zu erleben, also macht es nicht zu kompliziert. Ein Zelt, ein Feuer und ein Sternenhimmel reichen aus, um euren Nachwuchs eine unvergessliche Zeit zu bescheren.

Wählt das richtige Wetterfenster

Es ist Fakt: Eine Zeltplane zieht Regen magisch an. Es wurde schon beobachtet, dass Regenstürme tausende von Kilometer zurücklegen, nur um einen einzelnen Camper zu duschen. Wer kennt nicht das Geräusch von Regen, der auf das Zelt prasselt? Diese schöne Qual des Komforts, warm und trocken zu sein, kontrastiert mit der erdrückenden Erkenntnis, dass die Schuhe immer noch draußen stehen. Bikepacking mit Kindern ist 1000% besser, wenn ihr an einem freundlichen und trockenen Morgen aufwacht. Wählt das Wetterfenster daher gewissenhaft. Wenn ihr die Elemente auf eurer Seite habt, könnt ihr den Moment viel besser genießen.

Ihr werdet extra Ausrüstung benötigen

Wenn ihr bereits eine Campingausrüstung habt, dann besitzt ihr wahrscheinlich das meiste, was ihr braucht. Bikepacking ist wunderbar einfach, aber es lohnt sich, in die Grundausstattung zu investieren. Wenn ihr sie sorgfältig auswählt und benutzt, werden Bikepacking-Taschen, Zelt, Schlafsäcke, Isomatten und Kocher ein Leben lang halten, also recherchiert und kauft das Beste, was ihr euch leisten könnt. Alles, was ihr dann noch braucht, ist etwas zu Essen und einen guten Sinn für Humor. Natürlich ist eine zusätzliche Ausrüstung für euer Kind nötig, aber das muss kein Vermögen kosten, da ihr sie nie unter extremem Wetterbedingungen testen werdet (siehe Regel oben). Es gibt eine Reihe von Schlafsäcken, die mit eurem Kind mitwachsen und den finanziellen Stachel aus Wachstumsschüben nehmen. Wenn ihr ein fahrradbegeistertes Kleinkind habt, solltet ihr euch einen Sitz wie den von Kids Ride Shotgun zulegen. Damit könnt ihr normale Fahrradpacktaschen verwenden, das Fahren macht mehr Spaß als mit einem Sitz hinten am Rad und es wird ganz grundsätzlich eines der besten Dinge sein, die ihr für euer Fahrrad kauft.

Mach es!

Wenn ihr darüber nachdenkt, Bikepacking mit deinen Kindern auszuprobieren, dann tut es. Es gibt keinen besseren Weg, um als Familie zusammen zu wachsen, und die beste Zeit ist jetzt.


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Text & Fotos: Trevor Worsey