Der Grat zwischen Genie und Wahnsinn ist oft sehr schmal. Aus welchem von beiden ist der BMB Raised Reversed-Vorbau entstanden? Der skurill aussehende Vorbau soll ohne wirkliche Nachteile die Bergab-Performance verbessern. Das klingt zu gut, um wahr zu sein, deshalb haben wir herausgefunden, was er wirklich kann.

BMB Raised Reversed Vorbau | Preis: 500 USD | Gewicht: 390 g | Hersteller-Website

Für geniale Erfindungen muss man die üblichen Pfade oft verlassen. Und BMB, kurz für Be More Bikes, hat mit seinem Raised Reversed-Vorbau definitiv komplettes Neuland eingeschlagen. Der schicke Alu-Vorbau wird in Kalifornien produziert und kommt in auffällig goldener Lackierung, die vom Hersteller selbstsicher „Race Winning Caramel Gold“ genannt wird. Mit einem Preis von 500 USD brennt er allerdings ein ganz schönes Loch in euren Geldbeutel. Vor allem, weil zwischen 10 und 70 USD Versandkosten hinzukommen. Das Besondere ist, dass der Raised Reversed-Vorbau extrem hoch ist und den Lenker um 150 mm anhebt, während er mit -15 mm Vorbaulänge den Lenker etwas hinter die Steuerrohrachse platziert. Sieht verrückt aus, aber was soll das bringen?

BMB gibt an, dass durch den erhöhten Lenker mehr Gewicht auf den Füßen lastet und weniger auf den Händen, was ein besseres Gefühl für das Vorderrad geben soll und zudem mehr Bewegungsfreiheit in den Armen gewährleistet, sodass man sich in steilen Passagen weit genug nach hinten wegdrücken kann, ohne dass die Arme komplett gestreckt sind. Das soll mehr Selbstvertrauen geben und weniger schnell Überschlagsgefühle aufkommen lassen. Da sich der Lenker hinter der Lenkachse befindet, soll außerdem ein Einklappen der Front in engen Kurven vermieden werden und es soll möglich sein, in Kurven das Gewicht weiter nach außen zu bekommen und das Bike gleichzeitig tief in die Kurve reinzulegen und in allen Situationen ein besseres Gefühl für das Vorderrad zu bekommen. Um diesen vielen hochgesteckten Behauptungen auf den Grund zu gehen, haben wir den Raised Reversed-Vorbau ausgiebig getestet und sagen euch, was er wirklich bringt.

Der BMB-Vorbau platziert den Lenker etwas hinter der Lenkachse.

Der BMB Raised Reversed-Vorbau auf den Trails

Die Montage des RR-Vorbaus funktioniert wie mit jedem herkömmlichen Vorbau und die Klemmung am Gabelschaft erfolgt sicher mit drei Schrauben. Allerdings müsst ihr darauf achten, dass eure Bremsleitung lang genug ist, damit sie auch mit der erhöhten Front noch bis an den Lenker reicht. Schwingt man sich in den Sattel und fängt an zu treten, nimmt man mit dem BMB Raised Reversed-Vorbau eine angenehme und sehr entspannte Sitzposition ein. Durch den hohen Lenker fühlt es sich ein bisschen an wie auf Omas E-Bike. Geht es bergauf, sitzt man weiter bequem und Schotterrampen sowie Teerstraßen lassen sich gut rauftreten – solange es nicht zu steil wird. Denn dann hat man durch die extrem hohe Front keinen Druck auf dem Vorderrad und kann somit auch keine Lenkimpulse geben. Technische Uphills sind mit dem BMB-Vorbau also deutlich schwieriger.

Die Klemmung ist mit drei Schrauben sicher, allerdings muss die Bremsleitung lang genug sein.
Auf dem Trail ändert der hohe Vorbau das Fahrverhalten grundlegend. Aber nicht nur zum Positiven.

Aber nun zur großen Frage: Wie fährt sich der Vorbau bergab? Auf den ersten Metern zunächst etwas komisch, da die Körperposition auf dem Bike deutlich anders ist. Viel aufrechter, mit viel Gewicht auf den Pedalen und kaum Druck auf den Händen. Bereits nach wenigen Metern stellt sich dadurch allerdings ein hohes Sicherheitsgefühl ein und besonders wenn es steil wird, ist man durch die superhohe Front vor Überschlagsgefühlen bewahrt. Auch Kurven klappen mit dem Raised Reversed-Vorbau zunächst ganz gut, durch den langen Hebel an der Front und die negative Vorbaulänge kann man das Bike schön schräg in die Kurven legen, genau wie versprochen. In offenen Kurven ohne Anlieger oder sonstigen Gegenhalt fehlt allerdings Druck auf der Front und dadurch ist es schwer, das Vorderrad unter Kontrolle zu halten und man muss sich sehr weit über den Lenker nach vorne lehnen, um Grip zu finden. Auf Dauer ist das aber ganz schön anstrengend, da man konstant in einer Liegestütz-Position hängt, bei der man fast mit der Brust den Lenker berührt. Auch auf ruppigeren Trails ist die fehlende Kontrolle über die Front ein Problem und das Vorderrad spielt schnell mal Pingpong. Das macht die Sicherheit, die man durch die hohe Front bekommt, wieder zunichte und kostet sehr viel Bike-Kontrolle. Der BMB Raised Reversed-Vorbau ändert also die Fahreigenschaften eures Bikes grundsätzlich und verbessert sie auch in manchen Bereichen. Durch den verringerten Druck auf der Front sowie die extreme Vorbauhöhe verliert man allerdings viel von der Kontrolle über das Vorderrad, was wiederum ordentlich Sicherheit kostet. Dadurch überwiegen in der Abfahrt die Nachteile über die Vorteile des Vorbaus.

Das Fazit zum BMB Raised Reversed-Vorbau

Der BMB Raised Reversed-Vorbau ist ein neuartiger Vorbau, der die bisherigen Geometrien von Mountainbikes in Frage stellt. In steilen Passagen bringt die hohe Front sehr viel Sicherheit und die Schräglage in Kurven wird erleichtert. Allerdings hat man wenig Kontrolle über die Front, was zu fehlendem Grip führt und das Bike damit sehr anstrengend zu fahren macht. Trotz der selbstbewussten Behauptungen von BMB sind die veränderten Fahreigenschaften für uns primär negativ.

Tops

  • hohe Sicherheit in steilen Passagen
  • Schräglage in Kurven erleichtert

Flops

  • wenig Kontrolle über Vorderrad
  • fehlender Grip an der Front
  • anstrengend zu fahren
  • Bremsleitung muss lang genug sein

Mehr Infos findet ihr auf der Website von BMB.


Hat dir dieser Artikel gefallen? Dann würde es uns sehr freuen, wenn auch du uns als Supporter mit einem monatlichen Beitrag unterstützt. Als ENDURO-Supporter sicherst du dem hochwertigen Bike-Journalismus eine nachhaltige Zukunft und sorgst dafür, das die Mountainbike-Welt auch weiter ein kostenloses und unabhängiges Leitmedium hat. Jetzt Supporter werden!

Text: Simon Kohler Fotos: Simon Kohler

Über den Autor

Simon Kohler

Simon liebt Geschwindigkeit. Als Downhill Skater ist er lange Zeit Rennen gefahren und mit seinem Longboard Alpenpässe runtergeknallt. Inzwischen hat er vier gegen zwei Reifen eingetauscht und heizt jetzt mit seinem Mountainbike auf Trails und Bikepark Lines. Bei verschiedensten Roadtrips durch die Alpen hat er seither einige der feinsten Trails Europas ausgekostet. Da er einige Zeit in Österreich gelebt hat, kennt er zudem die lokalen Bikeparks wie seine Westentasche. Durch sein Ingenieurstudium und seine Liebe zum Detail ist er ein echter Technik-Nerd und testet jetzt als Redakteur die aktuellsten Bikes und Parts auf Herz und Nieren. Als Frühaufsteher und selbsterklärter Müsli-Connaisseur lebt er sein Leben frei nach dem Motto „Powered by Oats. And also Legs.“