Die neue polnische Radmarke Prime stellt ihr brandheißes 29”-Enduro-Bike Thunderflash vor. Kann das verdammt schicke Rad mit seinem Vollcarbon-Rahmen und seinen sexy Linien überzeugen? Wir hatten als einziges Magazin der Welt die exklusive Chance, es für euch zu testen.

Prime Thunderflash RSX | 170/165 mm Federweg (v/h) | 15,04 kg (Größe L) | 29” | 8.999 € | Hersteller-Website

Die Bike-Industrie ist in einer rasanten Entwicklung und es sprießen nicht nur neue Bikes, sondern auch ganz neue Hersteller aus dem Boden. Dazu gehört auch die polnische Radmarke Prime. Der CEO und Gründer Peter Siulczynski hat bereits ein Downhill-Worldcup-Team geleitet und sich nun in jahrelanger Arbeit den Traum von einem eigens entwickelten Bike erfüllt. Das Prime Thunderflash läuft auf 29”-Rädern und hat stolze 170 mm Federweg an der Front. Die Entwicklung und das Design wurden maßgeblich vom Cero Design Studio in Spanien unterstützt, das bereits an Bikes wie dem Mondraker Summum, dem Intense M29 und dem UNNO Ever beteiligt war. Der Twin-Link-Hinterbau generiert 165 mm Federweg am Heck und lässt Stahl- sowie Luftfederdämpfer zu. Großes Augenmerk wurde auch auf ein stimmiges und modernes Design gelegt und das Bike ist bis auf das kleinste Detail durchgestylt. Wer genau hinschaut, erkennt die feinen Spritzer am Rahmen, die bei jedem Bike individuell und von Hand lackiert sind – sehr geil!

Das Prime Thunderflash im Detail

Beim Enduro-Bike Thunderflash setzt Prime ausschließlich auf Carbon als Rahmenmaterial. Unser getestetes Top-Modell Thunderflash RSX bringt damit ein Gewicht von 15,04 kg in Rahmengröße L auf die Waage. Alle Rahmen besitzen einen ausreichend großen Ketten- und Sitzstrebenschutz sowie einen Unterrohrschutz, um das Carbon vor nervigem Kettenschlagen und anfliegenden Steinen zu schützen. Außerdem gibt es einen kleinen Fender am Heck, um das Sitzrohr vor Dreckbeschuss zu bewahren.

Alle Züge verlaufen sauber im Inneren des Rahmens. Dort sind Kanäle verlegt, um das Einfädeln von Leitungen zu vereinfachen.
Das Tretlager ist im Carbonrahmen festgeschraubt. Das ermöglicht eine einfache Montage und freut den Heim-Mechaniker.
Regenbogen zum Anfassen – die schicke Kassette im Oilslick-Look rundet das stylishe Gesamtpaket ab.
Die Lager des Hinterbaus sind nur von innen zu erreichen. Das sorgt für einen cleanen Look.

Im Steuersatz ist ein Lenkanschlag integriert, der im Falle eines Sturzes das Unterrohr und die Züge schützen soll. Beim Fahren auf dem Trail stört er nicht und selbst wenn sich bei einem harten Sturz der Steuersatz verdrehen sollte, besitzt der Rahmen einen zusätzlichen Kunststoff-Bumper, um ihn zu schützen. Dieser Bumper dient unter anderem als Ein- bzw. Ausgang für Brems-, Schalt- und Sattelstützenleitung. Wenn ihr euch für ein Modell mit kabellosen AXS-Komponenten entscheidet, ist die Öffnung einfach durch ein Kunststoffstück verschlossen – schick! So verläuft unsere Bremsleitung sauber im Inneren des Rahmens und ist dort ausreichend geklemmt. Die Leitung der Hinterradbremse schlägt jedoch gegen die Gabelkrone und verursacht so ein leichtes Klappern auf dem Trail.

Das Prime Thunderflash kann mit einem Stahl- sowie einem Luftfederdämpfer gefahren werden.
Der kleine Fender soll das Sitzrohr vor dem Beschuss durch Dreck schützen.
Wer genau hinschaut, erkennt, dass es sich hier nicht um Dreckspritzer handelt. Die kleinen Flecken sind von Hand lackiert und machen jedes Bike zum Unikat.
Zum Schutz der teuren ENVE M730-Carbonfelgen solltet ihr die pannenanfällige EXO+ Karkasse gegen eine robustere austauschen. Zusätzlich hat uns Prime bereits versichert, dass für Endkunden eine MaxxGrip-Gummimischung an der Front verbaut ist.
Auch eine große Trinkflasche findet im Rahmen Platz.
Die schicken Industry Nine-Naben sind mit einer ENVE-Carbonfelge kombiniert. Am Heck sorgt der feine Freilauf der Nabe für ordentlich Lärm auf dem Trail.

Die Geometrie des Prime Thunderflash

Das Prime Thunderflash wird in den drei Rahmengrößen M, L und XL verfügbar sein. Unser Modell hatte Größe L und hat für unsere Tester mit einer Körpergröße zwischen 185 mm und 190 mm gut gepasst. Es hat einen Reach von 480 mm, einen Stack von 626 mm und mit 443 mm ein niedriges Sitzrohr – diese Kombination sorgt für eine gute Bewegungsfreiheit auf dem Trail. Die Sattelstütze lässt sich hier vollständig versenken und wer seine Rahmengröße anhand der Länge wählen möchte, kann entspannt zur nächsten greifen. Denn auch bei Rahmengröße XL und einem Reach von 505 mm beträgt die Höhe des Sitzrohrs nur 473 mm. Kleine Fahrer gehen jedoch leer aus: Auch das Modell in Größe M besitzt bereits einen Reach von 460 mm. Die Kettenstreben sind in allen drei Größen mit 445 mm eher auf der langen Seite. Das soll in Kombination mit dem flachen Lenkwinkel von 64° für mehr Stabilität bei Highspeed sorgen. Der steile Sitzwinkel von 77,8° positioniert den Piloten aufrecht und in einer komfortablen Position auf dem Bike und verhindert auch bei steilen Rampen, dass sich das Vorderrad anhebt. Eine Geometrie-Anpassung durch einen Flip-Chip bietet das Thunderflash nicht.

Die Geometrie des Prime Thunderflash

Größe M L XL
Oberrohr 602 mm 624 mm 651 mm
Sattelrohr 423 mm 443 mm 473 mm
Steuerrohr 100 mm 110 mm 120 mm
Lenkwinkel 64° 64° 64°
Sitzwinkel 77,6° 77,8° 78°
BB Drop 25 mm 25 mm 25 mm
Kettenstrebe 445 mm 445 mm 445 mm
Radstand 1243 mm 1267 mm 1296 mm
Reach 460 mm 480 mm 505 mm
Stack 617 mm 626 mm 634 mm

Die Prime Thunderflash-Modelle – Ausstattungsvarianten, Preise und Verfügbarkeiten

Alle Modelle des Prime Thunderflash werden mit einem Vollcarbon-Rahmen und 29”-Laufrädern verfügbar sein. Angeboten werden die beiden Farben Midnight-Blue und Gunmetal. Ein Rahmenkit (3.499 €) wird es vermutlich Anfang 2022 zu kaufen geben. Auch das Downhill-Bike Rocket wird ab sofort zum Verkauf angeboten. Preislich bewegen sich die Thunderflash-Modelle zwischen 4.999 € und 8.999 €. Kaufen könnt ihr das Bike in allen fünf Ausstattungsvarianten direkt auf der Website von Prime, wo ihr auch einen kleinen Konfigurator findet. Er ermöglicht euch bei gewissen Modellen die Wahl eines ENVE AM30 Carbon-Laufradsatzes und eines GEMINI KÄSTOR-Cockpits. Alle Bikes werden in Deutschland zusammengebaut und von dort aus direkt an euch verschickt. Verfügbar sind die Modelle ab Ende Mai 2021. Prime verspricht für Erstbesitzer eine lebenslange Garantie auf alle Rahmen und bietet zusätzlich für 5 Jahre ein Crash-Replacement an, bei dem ihr 50 % Rabatt bekommt, falls ihr doch mal euer Bike im Steinfeld parken solltet.

Die Ausstattung unseres Test-Bikes – Prime Thunderflash RSX

Das von uns getestete Top-Modell Prime Thunderflash RSX kommt mit einer FOX 38 GRIP2 Factory-Federgabel und dem dazugehörigen FOX DHX2-Stahlfederdämpfer. Als Antrieb dient eine kabellose SRAM AXS XX1 12-fach-Schaltgruppe mit der schicken 10–52-Rainbow-Kassette und einem montierten Bashguard, der euer Kettenblatt vor fiesen Einschlägen schützen soll. Eine Kettenführung fehlt jedoch! Ebenfalls kabellos ist die RockShox Reverb AXS-Sattelstütze mit 170 mm Hub bei Rahmengröße L. Gebremst wird mit der starken SRAM CODE RSC-Vierkolbenbremse mit 200-mm-Bremsscheibe an der Front und 180 mm am Heck. Leider überhitzt die kleine Scheibe am Heck auf steilen Abfahrten und wird dem Potenzial des Bikes nicht gerecht, hier raten wir euch zu einer größeren Scheibe für eine konstantere Bremsleistung. Als Lenker ist ein 780 mm breiter Renthal Fatbar Carbon verbaut, der in Kombination mit den AXS-Komponenten einen aufgeräumten Look erzielt. Für den Bodenkontakt sorgen MAXXIS-Reifen mit der pannenanfälligen EXO+ Karkasse: ein MAXXIS ASSEGAI 2,5” an der Front und ein MAXXIS Minion DHRII 2,4” am Heck. An unserem Test-Bike waren beide Versionen in der härteren MaxxTerra-Gummimischung montiert. Jedoch hat uns Prime versichert, dass an den Bikes für Endkunden ein MAXXIS ASSEGAI mit weicher MaxxGrip-Gummimischung verbaut ist. Dennoch solltet ihr euch zum Schutz des verbauten ENVE M730 Carbon-Laufradsatzes einen Reifen mit robusterer Karkasse zulegen. Hier würden wir euch zur Doubledown-Karkasse raten. Weitere interessante Möglichkeiten findet ihr in unserem großen Reifen-Test.

Prime Thunderflash RSX |170/165 mm Federweg (v/h) | 15,04 kg (Größe L) | 29” | 8.999 €

Die vernünftige Alternative – Prime Thunderflash C

Als günstigste Ausstattungsvariante mit einem Preis von 4.999 € gibt es das Prime Thunderflash C-Modell. Es besitzt eine FOX 38 Performance Elite-Federgabel, die in Sachen Performance dem Top-Modell mit Kashima-Beschichtung in fast nichts nachsteht. Kombiniert wird sie mit einem FOX X2 Performance Elite-Luftfederdämpfer, bei dem man ohne die Einstellbarkeit von High-Speed-Rebound und -Kompression auskommen muss, dafür aber mit Volumenspacern feintunen kann. Angetrieben wird das Thunderflash C-Modell von einer SRAM GX 12-fach-Schaltgruppe, die eine Top-Performance liefert mit nur minimalem Mehrgewicht gegenüber den teuren X01- und XX1-Modellen. Auch hier kommt eine SRAM CODE-Vierkolbenbremse zum Einsatz, jedoch in der schwächeren R-Version, die keine werkzeuglose Brems- und Druckpunktverstellung anbietet und ohne den Swing-Link des RSC-Modells auskommen muss. Auch hier raten wir am Heck zu einer größeren Bremsscheibe. Als Laufradsatz dient der robuste DT Swiss EX 1700 aus Alu. Wer also eine günstigere Alternative zum Thunderflash RSX sucht, bekommt mit dem C-Modell den gleichen hochwertigen Vollcarbon-Rahmen inklusive all seiner Features, kombiniert mit leistungsstarken Komponenten ohne viel Bling-Bling – unser Kauftipp für Sparfüchse!

Prime Thunderflash C | 170/165 mm Federweg (v/h) | 29” | 4.999 €

Erster Test – So verhält sich das Prime Thunderflash RSX auf dem Trail

Wir hatten als einziges Magazin die exklusive Chance, das Thunderflash RSX vorab für euch zu testen. Deshalb haben wir bereits über 5.000 Höhen- und Tiefenmeter auf unterschiedlichsten Flow-, Highspeed- und Techtrails verbracht und können euch damit einen ersten Fahreindruck bieten. Das Prime überzeugt auch im Uphill mit einer komfortablen und zentralen Sitzposition, die selbst auf längeren Touren bequem bleibt. Zusätzlich bietet das Fahrwerk guten Komfort und benötigt auch bei steilen Rampen keinen Climb-Switch. So lässt sich das Rad antriebsstark mit offenem Dämpfer treten und generiert auf technischen Uphills ausreichend Traktion. Auch bei engeren Kurven benötigt das Prime keine aktive Gewichtsverlagerung auf die Front, um durchgehend Lenkimpulse umzusetzen.

Bergauf geht es mit dem Thunderflash antriebsstark und mit ausreichend Traktion.
Forststraßen als Uphill sind langweilig … Kleine Spielereien auf dem Prime können das ändern.
Wer liebt nicht das Geräusch von Erde, die im Hintergrund landet, während ihr bereits den nächsten Anlieger anvisiert?

Neigt der Trail sich in Richtung Tal, nimmt man auf dem Thunderflash einen zentralen Stand zwischen den Laufrädern ein. Das Bike lässt sich intuitiv steuern und bietet auch ohne eine aktive Belastung der Front guten Grip in Kurven. Es gibt Lenkimpulse direkt ans Vorderrad weiter und ermöglicht eine präzise Linienwahl. Das Fahrwerk bietet einen starken Gegenhalt und man kann durch aktives Pushen in Anliegern und Wellen zusätzlich Speed generieren. Das macht das Prime auch auf flowigen, eher flachen Trails zu einem spaßigen Gefährt. Dennoch generiert das Fahrwerk auf ruppigen Strecken ausreichend Traktion und liefert obendrein Reserven für große Sprünge und Drops. Es vermittelt Sicherheit mit großer Laufruhe und lässt hohe Geschwindigkeiten zu. In Summe eignet sich das Thunderflash damit von flowigen Jumptrails bis hin zu richtig technischem Geballer.

Sideway is the right way – das Thunderflash macht’s möglich.

Unser Fazit zum Prime Thunderflash RSX

Prime macht mit seinem neuen Thunderflash vieles richtig und stellt ein im ersten Eindruck super gelungenes Enduro-Bike auf die Bühne. Der Rahmen besitzt eine hochwertige Verarbeitung, sinnvolle Features und die Ausstattung hat viel Prestige, ist jedoch nicht perfekt. Das Bike ermöglicht mit seinem Komfort auch lange Touren und ist selbst auf technischen Uphill-Trails antriebsstark unterwegs. Es bietet großen Fahrspaß auf flowigen Jumptrails und blüht bei technischem Highspeed-Geballer richtig auf.

Tops

  • starker Gegenhalt vom Fahrwerk
  • antriebsneutral, auch ohne Climb-Switch
  • intuitives, präzises Handling
  • durchdachte Rahmen-Features und geiler Look

Flops

  • kleine Ausstattung-Fails
  • Bremsleitung klappert an der Gabelbrücke
  • kleine Fahrer gehen mit nur drei Rahmengrößen leer aus
Helm Giro Montaro | Brille Melon Optics Alleycat | Jersey Loose Riders CS | Hose Troy Lee Designs Ruckus | Knieschoner ION K-Pact | Trail Secret and Selfmade ;)

Weitere Informationen findet ihr auf der Website von Prime.


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Text & Fotos: Peter Walker

Über den Autor

Peter Walker

Peter ist nicht nur ein Mann der Worte, sondern auch der Taten. Mit ernsthaften Bike- und Schrauber-Skills, seiner Motocross-Historie, diversen EWS-Teilnahmen und über 150 Bikepark-Tagen in Whistler – ja, der Neid der meisten Biker auf diesem Planeten ist ihm gewiss – ist für Peter kein Bike zu kompliziert und kein Trail zu steil. Gravel und Rennrad kann er übrigens auch! Das für unsere redaktionelle Arbeit wichtige Thema Kaufberatung hat Peter in Vancouvers ältestem Bike-Shop von der Pike auf gelernt und setzt sein Know-how auch im journalistischen Alltag um. Wenn er nicht gerade die Stuttgarter Hometrails auf neuen Test-Bikes unsicher macht, genießt er das Vanlife mit seinem selbst ausgebauten VW T5. Dass er dazu noch ausgebildeter Notfallsanitäter ist, beruhigt seine Kollegen bei riskanten Fahrmanövern. Zum Glück mussten wir Peter bislang nie bei seinem Spitznamen „Sani-Peter“ rufen. Wir klopfen auf Holz, dass es dazu auch nie kommen wird!