Sowohl das Canyon Strive CF 5.0 als auch das Canyon Torque AL 6.0 wurden entwickelt, um mit Vollgas bergab zu heizen und anschließend wieder zurück zum Gipfel pedalieren zu können. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten auch schon. Welches ist das richtige für euch? Speed oder Style? Wir helfen euch, die richtige Wahl zu treffen!

Canyon Strive CF 5.0 160/150 mm (v/h) | 29″ | 15,26 kg | 2.999 €
vs.
Canyon Torque AL 6.0 180/175 mm (v/h) | 27,5″ | 15,46 kg | 2.599 €

Die Herausforderer

Das Canyon Strive und das Torque sind zwei sehr verschiedene Bikes, die jedoch mit derselben Vorstellung entworfen wurden: Es sollte ein Bike kreiert werden, das den größtmöglichen Spaß bergab bietet, während es akzeptable Kletterfähigkeiten beibehält, sodass ihr entspannt bergauf fahren und wieder von neuem bergab heizen könnt. Auch wenn beide einen Riesenspaß machen, ist ihr Fahrverhalten doch äußerst verschieden.

Die Kandidaten: In der einen Ecke haben wir das Canyon Strive CF 5.0. Es hat einen Voll-Carbon-Rahmen, 29”-Laufräder, 150 mm Federweg am Heck und eine Federgabel mit 160 mm an der Front. Das in diesem Vergleich getestete CF 5.0-Modell kostet 2.999 €.
In der anderen Ecke lauert das Canyon Torque AL 6.0. An seinem Aluminium-Rahmen stehen am Heck 175 mm Federweg zur Verfügung und an der Front massive 180 mm. Das Torque rollt auf kleineren 27,5“-Laufrädern und ist für 2.599 € erhältlich.

Beide Bikes unterscheiden sich gewichtstechnisch lediglich um 200 Gramm, wobei das Carbon-Strive CF 5.0 satte 15,26 kg auf die Waage bringt und das Alu-Torque AL 6.0 mit 15,46 kg nur unwesentlich mehr. Man kann also behaupten, dass keines der beiden Bikes ein Leichtgewicht ist.

Das Canyon Strive CF 5.0 im Detail

Schnittig, elegant und schnell – drei Attribute, die einem sofort in den Sinn kommen, wenn man das Canyon Strive CF 5.0 beschreiben möchte. Wie ein moderner Sportwagen ist es vollgepackt mit technischen Raffinessen und modernster Technologie, wie etwa den 29“-Laufrädern, einem Voll-Carbon-Rahmen sowie Canyons Shapeshifter-Technologie. Das alles mit nur einem Ziel: die Performance des Bikes auf die Spitze zu treiben. Der Shapeshifter lässt euch zwischen Downhill- und XC-Modus wählen, wodurch der Lenk- und Sitzwinkel des Strive sich auf Knopfdruck um 1,5° verstellen lassen. Im XC-Modus wird zudem das Tretlager angehoben und der Federweg am Heck auf 135 mm reduziert. Die steilere Geometrie, der verringerte Federweg und das erhöhte Tretlager in der XC-Einstellung verändern die Kletterfähigkeiten des Strive vollkommen. Im Downhill-Modus erhält das Strive CF 5.0 dann seine vollen 150 mm Federweg am Heck zurück.

Canyon Strive CF 5.0 | 2.999 € | 160/150 mm (v/h) | 15,26 kg | 29″

Die Ausstattung des getesteten Strive CF 5.0-Modells besteht hauptsächlich aus zuverlässigen Komponenten. FOX stellt die Fahrwerkselemente, bestehend aus einem FLOAT DPX2 Performance-Dämpfer und einer 36 Rhythm-Federgabel. Antrieb und Bremsen kommen aus dem Hause SRAM, in Form ihres NX Eagle 12-fach-Antriebs und Guide T-Bremsen. Die einfache Schaltung funktioniert solide und bietet ein ausreichend breites Übersetzungsverhältnis. Den SRAM Guide T-Bremsen dagegen fehlt es an Power und sie lassen sich nur schwer dosieren. Wir sind der Meinung das sie an einem Bike dieses Kalibers nichts zu suchen haben. Das Paket wird abgerundet durch MAXXIS Minion DHR II-Reifen, die exzellenten Grip und Bremstraktion bieten.

Federgabel FOX 36 Rhythm 160 mm
Dämpfer FOX FLOAT DPX2 Performance 150 mm
Bremsen SRAM Guide T 200/180 mm
Antrieb SRAM NX Eagle 12-fach
Sattelstütze Iridium Dropper 150 mm
Vorbau Race Face Chester 50 mm
Lenker Race Face Chester Riserbar 780 mm
Laufräder Sun Ringlé Düroc
Reifen MAXXIS Minion DHR II 2,4 29″
Gewicht 15,26 kg
Preis 2.999 €

Unpassend – Wenn ihr vorhabt, auf steilen oder technischen Trails unterwegs zu sein, würden wir dringend dazu raten, bei den Bremsen ein Upgrade vorzunehmen. Stopper wie die am Torque verbauten SRAM Guide RE wären hier weitaus angemessener.
2 in 1 – Der Shapeshifter des Canyon Strive CF 5.0 verbessert dessen Kletterfähigkeiten drastisch.
Griffig – Sowohl das Canyon Torque AL 6.0 als auch das Canyon Strive CF 5.0 sind mit griffigen MAXXIS MaxxGrip und MaxxTerra Compound-Reifen ausgestattet. Für unsere Tage im Bikepark hätten wir uns jedoch etwas robustere Karkassen gewünscht.
Das Herzstück – Ganz klar der wunderschöne Carbon-Rahmen, ausgestattet mit soliden, aber vielleicht nicht ganz so erlesenen Komponenten. Trotzdem gefallen uns das Gesamtpaket und die Fahrqualität.
Größe S M L XL
Sattelrohr 400 mm 440 mm 455 mm 500 mm
Oberrohr 601 mm 627 mm 660 mm 695 mm
Steuerrohr 95 mm 100 mm 110 mm 130 mm
Lenkwinkel 66° 66° 66° 66°
Sitzwinkel 73,5° 73,5° 73,5° 73,5°
Kettenstrebe 435 mm 435 mm 435 mm 435 mm
BB Drop 36 mm 36 mm 36 mm 36 mm
Radstand 1.169 mm 1.196 mm 1.230 mm 1.268 mm
Reach 415 mm 440 mm 470 mm 500 mm
Stack 626 mm 631 mm 640 mm 658 mm

Das Canyon Torque AL 6.0 im Detail

Das Torque AL 6.0 ist der rüpelhafte Cousin in Canyons Gravity-Modellpalette. Ein langhubiger Rabauke der mit seinen 175 mm Federweg am Heck und überraschend vornehmen Kletter-Manieren die Grenzen zwischen den Kategorien verschwimmen lässt. Es ist ein Stück weit eine eierlegende Wollmilchsau. Verglichen mit dem eleganten Carbon-Rahmen des Strive erscheint das Alu-Canyon Torque AL 6.0 etwas lieblos. Es verzichtet auf den Shapeshifter und besitzt eine externe Zugverlegung – welche aber sehr elegant gelöst ist.

Canyon Torque AL 6.0 | 2.599 € | 180/175 mm (v/h) | 15,46 kg | 27,5″

Die Ausstattung des Canyon Torque AL 6.0 hat es wirklich in sich. RockShox kümmert sich mit seiner Lyrik RC-Federgabel und dem Super Deluxe RCT-Dämpfer um das Fahrwerk. Der SRAM GX Eagle-Antrieb treibt den SUNringlé Düroc-Laufradsatz an, der mit MAXXIS Minion DHR II-Reifen bestückt ist. Die nötige Brems-Power liefern SRAMs kraftvolle Guide RE-Bremsen.

Federgabel RockShox Lyrik RC 180 mm
Dämpfer RockShox Super Deluxe RCT 175 mm
Bremsen SRAM Guide RE
Antrieb SRAM GX Eagle 12-fach
Sattelstütze Iridium-Teleskopsattelstütze
Vorbau Canyon G5
Lenker Canyon G5 Riserbar
Laufräder Sun Ringlé Düroc
Reifen MAXXIS Minion DHR II 2,4 27,5″
Gewicht 15,46 kg
Preis 2.599 €

Stattlich – Der Rahmen des Canyon Torque AL 6.0 wirkt deutlich massiver als der des Strive mit seinen eleganten Carbon-Linien.
Extern – Das Canyon Torque AL 6.0 verfügt über außen verlegte Züge, wodurch sich die Reparatur bzw. das Ersetzen von Zügen äußerst unkompliziert gestalten sollte.
Kleiner – Die kleineren Laufräder des Torque machen es in der Luft und in engen Kurven zu einer wahren Spaßmaschine. Allerdings hält es seine Geschwindigkeit nicht ganz so gut wie das großfüßigere Strive.
Besser ausgestattet – Das Torque AL 6.0 ist besser ausgestattet als das Strive CF 5.0, verzichtet jedoch auf den Carbon-Rahmen des letztgenannten.
Größe XS S M L XL
Sattelrohr 380 mm 400 mm 440 mm 455 mm 500 mm
Oberrohr 571 mm 597 mm 620 mm 642 mm 665 mm
Steuerrohr 105 mm 105 mm 125 mm 135 mm 145 mm
Lenkwinkel 65° 65° 65° 65° 65°
Sitzwinkel 74° 74° 74° 74° 74°
Kettenstrebe 428 mm 428 mm 428 mm 428 mm 428 mm
BB Drop 15 mm 15 mm 15 mm 15 mm 15 mm
Radstand 1.147 mm 1.171 mm 1.195 mm 1.219 mm 1.243 mm
Reach 400 mm 420 mm 440 mm 460 mm 480 mm
Stack 609 mm 618 mm 627 mm 636 mm 645 mm

Der Kampf

Sowohl das Canyon Strive CF 5.0 als auch das Canyon Torque AL 6.0 lassen sich nur online, direkt auf der Canyon-Website bestellen und werden per Post in einer Bike-Box geliefert. Das Auspacken und die Montage beider Bikes wird einem dank der mitgelieferten Bedienungsanleitung und Werkzeuge leicht gemacht. Trotz seiner Shapeshifter-Funktion erweist sich der Aufbau des Strive nicht als komplizierter als der des Torque.

Das Canyon Torque AL 6.0 verfügt über die besseren Komponenten als das Canyon Strive CF 5.0, obwohl es 400 € weniger kostet. Die größten Unterschiede zwischen Torque und Strive lassen sich am Antrieb (SRAM GX Eagle anstelle von NX Eagle) und den Bremsen finden (SRAM Guide RE statt Guide T). Wenn ihr also hinter der besten Ausstattung für euer Geld her seid, hat das Torque die Nase vorn. Das Strive jedoch überzeugt mit einem geringeren Gesamtgewicht, einem Rahmen komplett aus Carbon sowie Canyons cleverer Shapeshifter-Technologie, die euch im Grunde zwei Bikes in einem verschafft.

Wie gut klettern beide?

Beide Bikes klettern gut, aber nichtsdestotrotz gibt es an dieser Stelle einen klaren Gewinner. Der Shapeshifter am Canyon Strive CF 5.0 verwandelt dessen Kletterfähigkeiten mit nur einem Knopfdruck. Die steileren Lenk- und Sitzwinkel im XC-Modus sind deutlich spürbar und verbessern Komfort und Effizienz bergauf. Auch der Federweg am Heck des Strive wird straffer, reduziert sich mit aktiviertem XC-Modus auf 135 mm und stellt so eine stabile Plattform zum Pedalieren her – bei trotzdem gutem Grip in technischen Passagen. Der Shapeshifter hebt auch das Tretlager des Strive an und reduziert somit beim Klettern massiv das Risiko, mit den Pedalen hängen zu bleiben.

Beim Canyon Torque AL 6.0 stellt Klettern auf jeden Fall eher ein Mittel zum Zweck dar. Es besitzt keine Geometrieverstellung, folglich seid ihr an den flachen 74°-Sitzwinkel gebunden. Dennoch klettert das Torque halbwegs gut, wenn man seinen massiven Federweg und die abfahrtsorientierte Geometrie in Betracht zieht. Wir würden jedoch bei beiden Bikes definitiv empfehlen, den Sattel so weit wie möglich nach vorn zu schieben, um ihre Kletterfähigkeiten zu verbessern. Solange ihr kräfitg kurbelt, wird sich das Canyon Torque AL 6.0 selbst die steilsten Rampen hinaufwinden, aber erwartet nicht dieselbe zackige Beschleunigung, wie ihr sie beim Strive bekommt.

Strive vs. Torque – wer ist der König der Abfahrten?

Beide Bikes sind auf ihre ganz eigene Art unglaublich spaßige Abfahrtsmaschinen. Das Canyon Strive CF 5.0 spricht jene an, die daran Freude haben, so schnell wie möglich unterwegs zu sein. Sobald man den höchsten Punkt seiner Tour erreicht hat, reicht ein Druck auf den Shapeshifter-Hebel, um den Downhill-Modus zu aktivieren. Das vorherige Shapeshifter-Design benötigte eine präzise getimte Bewegung, um zwischen den Modi hin- und her zu wechseln, der neue und verbesserte Shapeshifter jedoch ist deutlich einfacher zu bedienen. Sobald der Knopf gedrückt wird, wird der Modus völlig automatisch bei der ersten Gelegenheit gewechselt. Das Strive nimmt rasant Fahrt auf und man fühlt sich angenehm ausgewogen zwischen den Laufrädern positioniert. Genau diese Balance und das Gefühl, während der Fahrt in das Bike integriert zu sein, machen das Strive so hervorragend darin, selbst durch Kurven hindurch seine Geschwindigkeit zu halten. Wenn der Trail schneller und ruppiger wird, erwacht das Bike erst richtig zum Leben. Sein sanftes und gleichzeitig potentes Fahrwerk saugt Schläge ausgezeichnet auf und fühlt sich nach deutlich mehr als nur 150 mm Federweg am Heck an. Die ausgewogene Geometrie sorgt dafür, dass ihr sogar in den zornigsten Steinfeldern selbstsicher die Kontrolle behaltet.

Auf der anderen Seite geht es bei dem Canyon Torque AL 6.0 vor allem darum, mit dem Trail zu spielen. Seine kleineren 27,5”-Laufräder und die kompakte Geometrie haben zur Folge, dass das Bike es liebt, in der Luft herumgewirbelt und in Anlieger hineingefeuert zu werden. Obwohl die massiven 175 mm Federweg des Torque nicht zu den plushesten gehören, bietet es viel Grip und eimerweise Federwegsreserven. Auf gemäßigteren Trails mit geringerem Gefälle fühlt sich das Torque ein wenig schwerfällig an und hält seine Geschwindigkeit nicht ganz so gut wie das Strive mit seinen größeren Laufrädern. Alles in allem zeigten sich in unseren Testfahrten Aufbau und Rahmen des Torque AL 6.0 solide und ertrugen sämtliche Grobheiten, die wir ihnen zumuteten. Trotz des massiven Federwegs und der potenten Geometrie des Torques empfanden wir das Strive CF 5.0 in puncto Stabilität auf schnellen, ruppigen Strecken als die bessere Wahl. Zudem fuhr es sich direkter und angenehmer in flacheren Sektionen.

Welches Bike passt besser zu mir?

Das Canyon Strive CF 5.0 und das Canyon Torque AL 6.0 sind zwei äußerst verschiedene Bikes mit wirklich unterschiedlichen Fahreigenschaften. Wir würden das Strive CF 5.0 jedem empfehlen, der nach einem stabilen, souveränen und schnellen Bike sucht, das sich in gleichem Maße gut auf einer EWS-Stage wie auch bei der Eroberung lokaler Trails behauptet. Es ist das insgesamt rundere Bike.

Das Torque AL 6.0 hingegen passt am besten zu einer kleinen Nische von Fahrern. Und zwar zu jenen, die den Großteil ihrer Zeit auf Bikepark-Trails und beim Bewältigen mächtiger Sprünge im Wald verbringen. Das Handling ist noch agiler und verspielter als das des Strive, die Ausstattung des Torque und das Preis-Leistungs-Verhältnis sind beeindruckend. So ist das Bike die perfekte Wahl für alle, die es gern krachen lassen, ohne auf der Sekundenjagd zu sein.


Dieser Artikel ist aus ENDURO Ausgabe #039

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Text: Finlay Anderson Fotos: Christoph Bayer