Zart, zurückhaltend und gutmütig – alles Wörter, die nicht im Vokabular des Cotic RocketMAX vorkommen. Man braucht nur auf die tief gezogene Silhouette und die flachen Winkel schauen, um zu wissen, dass das RocketMAX ein Biest ist! Aber kann es auch auf dem Trail überzeugen?

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: 3 spannende Enduro-MTBs aus Stahl im Test

Cotic RocketMAX Gen3 | 160/160 mm (v/h)
15,40 kg in Größe L | 5.575 € | Hersteller-Website

Seit 18 Jahren ist der Hersteller Cotic fest in der britischen MTB-Szene verankert. Nur einen Steinwurf von den anspruchsvollen Trails des Peak District entfernt, sieht man den Bikes ihre Herkunft förmlich an. Bekannt ist die Marke seit einigen Jahren für ihre aggressiven Stahl-Hardtails. Das neueste 29er-Fully ist aber ein völlig anderes Kaliber: ein wildes Gebräu aus Cotics „Longshot“-Geometrie, das einen schottischen Reynolds 853-Hauptrahmen mit einem Aluminium-Hinterbau vereint.

Das Cotic RocketMAX Gen3 im Detail

Die neueste Gen3-Version des beliebten RocketMAX kommt mit 160 mm Federweg, einem neuen Unterrohrdesign und einer überarbeiteten Hinterbaukinematik sowie einem steileren Sitzwinkel um die Ecke. Der Cotic-Rahmen ist einfach schön, er trumpft mit einem einzigartigen ovalen Reynolds 853-Stahloberrohr, intelligenter Kabelführung und vielen Designmerkmalen. Mit einem Gewicht von 15,4 kg ist das 5.575 € teure Bike ohne jeden Schnickschnack aufgebaut und ready to rock. Cotic bietet eine Reihe von Standardausführungen an, aber ihr habt unbegrenzte Freiheiten, wenn ihr das Bike als Custom-Version aufbauen wollt. Die Highlights unseres Test-Bikes sind die 160 mm lange RockShox Lyrik Ultimate-Gabel und der Cane Creek DB Air CS-Dämpfer. Es besitzt außerdem einen Shimano XT 12-fach-Antrieb und SRAM G2 RSC-Bremsen mit 200-mm-Scheiben vorne und 180 mm hinten. Das Bike rollt auf HUNT Trail Wide 29″-Laufrädern, die vorne mit einem WTB Verdict 2,5″-Reifen in der Light/High Grip-Mischung und hinten mit einem WTB Trail Boss 2,4″ in der Tough/Fast Rolling-Mischung ausgestattet sind. Die X-Fusion-Sattelstütze mit 150 mm Hub, der hauseigene 35-mm-Vorbau und der breite 800-mm-Lenker runden den Aufbau ab.

Rocket Science
Der Cane Creek-Dämpfer ist ziemlich kompliziert – im Gegensatz zur RockShox Lyrik, die nach wenigen Minuten auf dem Trail perfekt eingestellt ist. Wir würden den RockShox Super Deluxe oder sogar einen Stahlfederdämpfer vorziehen, um die progressive Kinematik zu unterstützen.
Sehr einfach
Lenker und Vorbau des Cotic stammen von Superstar Components und machen einen guten Job. Wir hätten uns bei einem Bike für über 5.000 € jedoch etwas Exklusiveres gewünscht.
Schöne Zugführung
Liebe zum Detail wird bei Cotic großgeschrieben und das sieht man schon anhand der perfekten Zugführung.

Cotic RocketMAX Gen3

5.575 €

Specifications

Fork RockShox Lyrik Ultimate 160 mm
Rear Shock Cane Creek DB Air CS 160 mm
Seatpost X-Fusion Manic 150 mm
Brakes SRAM G2 RSC 200/180 mm
Drivetrain Shimano XT 1x12
Stem Cotic 50 mm
Handlebar Cotic 800 mm
Wheelset HUNT Trailwide 29
Tires WTB Verdict/WTB Trail Boss 2.5"/2.4"

Technical Data

Size S M L XL
Weight 15,40 kg

Specific Features


Guter Gummi
Bei trockenen Bedingungen passen die WTB Verdicts- und die Trail Boss-Reifen gut zusammen – eine gut gewählte Kombination für die meisten Trail-Bedingungen.
Eine schlanke Silhouette
Der Hauptrahmen aus Reynolds 853-Stahl ist eine echte Schönheit. Elegante Rohrformen, die perfekt zum massiven Aluminium-Hinterbau passen.

Die Geometrie des Cotic RocketMAX Gen3

Das Cotic RocketMAX Gen3 ist ein großzügig geschnittenes Bike. Durch den langen Reach von 490 mm in Größe Large und dem relativ flachen Sitzrohrwinkel von 75,8° ergibt sich eine sehr geräumige Sitzposition. Die langen 448,2-mm-Kettenstreben passen perfekt zum langen Hauptrahmen. Der Stack ist 638,3 mm hoch und der BB-Drop beträgt 27 mm. Der flache Lenkwinkel mit 63,5° verrät uns schon einiges über die Trailvorlieben des Bikes und der 1.290,3 mm lange Radstand spielt schon fast in der „1.300er-Liga“. Das Cotic RocketMAX Gen3 kann man mit drei Worten beschreiben: lang, tief und flach.

Zurückhaltende Fahrer werden die lange Geometrie unhandlich finden und sollten am besten eine Größe kleiner wählen. Wenn ihr es aber krachen lassen wollt, wird das Bike die Grenze eurer Komfortzone mühelos verschieben.

Größe S M L XL
Sattelrohr 390 mm 425 mm 460 mm 495 mm
Oberrohr 604 mm 631 mm 657 mm 686 mm
Steuerrohr 100 mm 110 mm 120 mm 130 mm
Lenkwinkel 63,5° 63,5° 63,5° 63,5°
Sitzwinkel 75,8° 75,8° 75,8° 75,8°
Kettenstrebe 448 mm 448 mm 448 mm 448 mm
Radstand 1.234 mm 1.262 mm 1.290 mm 1.319 mm
Reach 443 mm 467 mm 490 mm 515 mm
Stack 620 mm 629 mm 638 mm 647 mm

Das Cotic RocketMAX macht auf dem Trail keine Gefangenen!

Die Geometriedaten verraten schon einiges über dieses Bike: Ja, das RocketMAX ist für die härtesten Trails gerüstet. Wir waren aber erstaunt, wie leichtfüßig es sich im Uphill verhält – wir hatten ein behäbigeres Fahrverhalten erwartet. Trotz der gestreckten Proportionen hat das Cotic einiges an Wendigkeit vorzuweisen. Der vergleichsweise niedrige Anti-Squat-Wert liefert viel Traktion bei kleinen Schlägen und der Hinterbau verhält sich dennoch angenehm neutral beim Treten. Uphill-Sprints können den Hinterbau zwar zum Wippen bringen, wenn man den Dämpfer offen lässt. Die Reifen haben aber jede Menge Grip und so klettert das Cotic RocketMAX steile Rampen mit Leichtigkeit hoch. Durch die relativ langen Kettenstreben ist das Gewicht gut ausbalanciert und das Vorderrad bleibt am Boden, auch wenn’s steil wird. Das Cotic RocketMAX verwendet das Droplink-Fahrwerkssystem, eine interessante Interpretation des Linkage-Driven Single-Pivot-Layouts. Der Dämpfer wird direkt über die lange Sitzstrebe angesteuert, die über das kleine Droplink mit dem Sitzrohr verbunden ist. Das Cotic fühlt sich straff an und bietet viel Gegenhalt. Obwohl wir mit dem Cotic die gleichen Trails gefahren sind wie mit den anderen Stahl-Bikes, fühlte es sich an, als wäre man plötzlich auf einem einfacheren Trail unterwegs. Die Progression des Fahrwerks vermittelt ein straffes und ausgewogenes Fahrgefühl und der Support, den man beim Herauspressen aus Kurven hat, ist herrlich. Nur der Midstroke-Support des Cane Creek DB Air CS kam uns in manchen Situationen etwas zu hoch vor, deshalb würden wir die Druckstufe etwas mehr reduzieren als vom Hersteller empfohlen.

Unsere Tester fanden das Setup des komplexen Cane Creek DB Air CS sehr aufwendig. Man kann zwar ein gutes Setup hinbekommen, aber das erfordert Zeit und Erfahrung und ist das genaue Gegenteil der simplen Lyrik Ultimate-Gabel, die nach 10 Minuten auf dem Trail perfekt eingestellt ist.

In offenem Terrain fühlt sich das Cotic besonders wohl. Es fliegt mühelos und mit unverschämt hohem Speed durch weite Kurven. Diese Souveränität wird nur bei sehr engen und verblockten Trails gedämpft. Hier muss man sein Gewicht ordentlich einsetzen, um den langen Radstand um die Ecke zu bekommen. Wie viel vom ausgewogenen und ruhigen Fahrgefühl vom Stahlrahmen kommt und wie viel vom Fahrwerk ausgeht, kann man nicht sagen. Die Verarbeitungsqualität ist hervorragend und uns ist kein Knarzen aufgefallen. Es war nur das Geräusch von fliegenden Steinen zu hören, die die Reifen aus dem Boden gerissen haben. Die SRAM G2 RSC-Bremsen hatten mit den 200- bzw. 180-mm-Scheiben auf steilen Trails etwas zu kämpfen. Wir würden definitiv auf CODEs upgraden, was das Bike absolut renntauglich machen würde. Wie bei allen langen Bikes darf man nicht zögerlich sein, auch das RocketMAX erfordert eine Menge Input – aber wenn man mit Entschlossenheit auf dem Trail agiert, ist es eine echte Rakete. Wenn man allerdings den Fokus verliert und zu weit nach hinten geht, fühlt es sich an, als würde das Bike euch fahren und nicht umgekehrt.

Das RocketMAX ist ein unglaubliches Bike! Man sollte es nicht nach seinem „nischigen“ Rahmenmaterial bewerten, sondern nach seiner Fahrperformance. Und darin steht es Big Playern wie z. B. dem YT CAPRA 29, dem Nukeproof Mega oder dem Specialized Enduro in nichts nach. Zwar könnt ihr mit dem Cotic RocketMAX – genau wie mit der Konkurrenz – auch lange Tage im Sattel genießen oder über Flowtrails heizen, aber dafür wurde dieses Bike nicht gemacht. Wenn ihr keine Downhill-Trails vor der Haustür habt oder eher nach einem Allrounder sucht, dann seid ihr beim FlareMAX mit 140/125 mm besser aufgehoben. Das RocketMAX ist ein Bike, das gefordert werden will. Mit ihm kann man auf Rennen glänzen und es auf den härtesten Trails richtig krachen lassen.

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Fazit

Das unglaublich potente, schnelle Cotic RocketMAX Gen3 schmeißt verklärte Meinungen über Stahlrahmen über Bord! Ein spielerisches, agiles Handling ist nicht gerade die Stärke dieses Enduro-Bikes, stattdessen punktet es mit brachialem Speed und einer Menge Laufruhe. Das Cotic fühlt sich auf schnellen, offenen Trails wohler als in verblocktem Gelände. Wer zwischen zwei Größen steht, sollte wegen der langen Geometrie die kleinere wählen. Wenn ihr etwas Besonderes sucht, das mit langhubigen Carbonexoten problemlos mithält, dann ist das RocketMAX genau die richtige Wahl!

Tops

  • super definiertes und ausgewogenes Droplink-Fahrwerk
  • leicht zu fahren auf offenen Trails
  • solider Kletterer

Flops

  • komplexes Dämpfer-Setup
  • SRAM G2-Bremsen etwas unterdimensioniert
  • fordernd auf engen Trails

Mehr Informationen findet ihr auf cotic.co.uk

Das Testfeld

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: 3 spannende Enduro-MTBs aus Stahl im Test

Alle Bikes im Test: Cotic RocketMAX Gen3 | Pipedream The Full Moxie (Zum Test) | Starling Twist (Zum Test)


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