Wenn es darum geht, das perfekte Laufrad zu konstruieren, hatte Crankbrothers schon immer seine eigenen Ideen, die zwar vielleicht nicht perfekt waren, aber mit Sicherheit unverwechselbar. Die Nachricht über einen neuen Laufradsatz und Crankbrothers’ ersten Vorstoß in die Carbonlaufrad-Technologie befeuerte unsere Vorstellungskraft und zauberte Bilder von völlig verrückten Laufrädern der Jungs aus Laguna Beach vor unser inneres Auge… Daher waren wir schon fast enttäuscht, als sich der Rauch der großen Enthüllung aufgelöst hatte und einen zwar sehr schönen, aber total normal aussehenden Laufradsatz hinterließ. Was ist mit der Verrücktheit geschehen?

Crankbrothers Synthesis E 11 ist ein ausgeklügelter Carbon Laufradsatz, wiegt 1760 g (in 27,5“) und kostet 2.400 €
Auf den ersten Blick sehen Vorder- und Hinterrad gleich aus
Eine genauere Prüfung offenbart jedoch zwei sehr unterschiedliche Laufräder

Setzt man sich mit der Idee hinter dem Laufradsatz auseinander, zeigt sich, dass diese keineswegs verrückt ist – vielmehr offenbart sie ein tiefes Verständnis davon, wie Carbon als Werkstoff verwendet und aufgebaut werden kann, um spezifische Leistungsanforderungen zu erfüllen. Crankbrothers wollte einen Laufradsatz entwickeln, der die Ansprüche von Hochleistungs-Mountainbikern erfüllt. Die Forschungs- und Entwicklungsabteilung fand heraus, dass Vorder- und Hinterräder unterschiedliche Aufgaben verrichten und daher die Herangehensweise an die Konstruktion der beiden Räder unterschiedlich erfolgen sollte. Das Resultat ist das Angebot an Synthesis Laufrädern und speziell der E-Laufradsatz (Enduro/Trail-spezifisch), der ein nachgiebiges Vorderrad für verbessertes Kurvenfahrverhalten mit einem steifen Hinterrad kombiniert, dass dem Untergrund folgt.

Eilmeldung: Crankbrothers Laufräder sehen normal aus

Crankbrothers Synthesis E 11 im Detail

Das Vorderrad wurde mit mehr vertikaler Nachgiebigkeit in der Felge als das Hinterrad konzipiert: Durch die Verwendung von 28 Speichen und weniger Speichenspannung in den leichtgewichtigen Sapim CX-Ray Messerspeichen wurde der Konstruktion mehr Flex verliehen. Diese Herangehensweise verspricht durch die verbesserte Qualität der Dämpfungseigenschaften ein gutmütigeres Handling und mehr Kontrolle für den Fahrer. Das Laufrad soll im rauen Gelände besser seiner Spur folgen und in Kurven schöner seine Linie halten, da das Laufrad die Bodenhaftung aufrechterhält, während es Schläge eher absorbiert, als darüber hinwegzuhüpfen. Die Felge für die Front besitzt eine Innenweite von 31,5 mm, um sie für Reifenprofile von 2,4” – 2,6” zu optimieren und somit die Kurvenfähigkeiten des Vorderrades noch weiter zu erhöhen.

Ein breiteres, nachgiebigeres Vorderrad wird gekontert mit einem schmaleren und steiferen Hinterrad
Sind Crankbrothers Synthesis Laufräder das beste aus beiden Welten?

Das nachgiebige Vorderrad ist “synthetisiert” mit dem steifen Hinterrad und darauf abgestimmt, Prügel über sich ergehen zu lassen. Die Heck-spezifische Konstruktion verwendet 32 stählerne Sapim CX-Sprint Messerspeichen mit höherer Speichenspannung. Diese sind dicker und dadurch steifer als die CX-Ray und zusätzlich an einer robusteren und steiferen Felge befestigt, die verspricht, die Stabilität in Fahrtrichtung zu verbessern – essenziell bei halsbrecherischen Kurvenfahrmanövern und dem Misshandeln von Anliegern. Das steife Hinterrad ist konstruiert, um schnell zu sein und reaktionsschnell unter Last sowie sich ohne zu zögern dahin zu bewegen, wohin man es ihm befiehlt. Kombiniert mit einer reduzierten Innenweite von 29,5 mm zielt Crankbrothers zudem darauf ab, den Rollwiderstand durch ein geringere rotierende Masse und eine kleinere Aufstandsfläche des Reifens zu reduzieren.

Obwohl die 1.825 g schweren Synthesis Laufräder in 29” keine Schwergewichte sind, wurde der Laufradsatz mit deutlicher Betonung auf Funktion, Stabilität und Zuverlässigkeit konstruiert. Anstelle von Crankbrothers polarisierenden „Markenzeichen“ – den zweiteiligen Aluminiumspeichen – wurden stählerne J-bend Messerspeichen benutzt, wegen der erhöhten Beanspruchung, die eine Carbonfelge für die Speichen bedeutet. Die Messerspeichen wurden wegen ihre Strapazierfähigkeit ausgewählt, nicht wegen ihrer aerodynamischen Eigenschaften. Aggressives Mountainbiken ist eine Tortur für die Laufräder, daher konstruierte Crankbrothers seine Carbonfelge auf besondere Weise: Falls das Material doch einmal Versagen sollte, würde dies allmählich passieren, ganz wie bei einer Alufelge und eben nicht wie der oftmals mit Carbonfelgen assoziierte Totalausfall. So kann der Fahrer noch nach Hause gelangen oder seine Runde beenden, bevor sein Laufrad sich in eine Wolke aus Carbonstaub verwandelt.

Crankbrothers ist derart überzeugt von seinen Laufrädern, dass sie eine lebenslange Garantie und kostenfreie Crash Replacements für Felgen anbieten – wobei die Betonung auf „Crash“ liegt, nicht „Rückwärts mit meinem Auto drüber gefahren“…

Project 321 Naben und Sapim Speichen sind hochwertige Mitwirkende am Synthesis Projekt.

Crankbrothers hat natürlich auch die Naben nicht vergessen. Für die Synthesis E 11 Laufräder haben sie sich mit dem (unter anderem auf Naben spezialisierten) Hersteller Project 321 zusammengetan, um das Herzstück für ihre neuen Felgen in den USA zu fertigen. Die Freilauf-Konstruktion verfügt über 6 Sperrklinken und 144 Einrastpunkte (was einem Einrastwinkel von 2,5° entspricht) und einen Magnet-Mechanismus. Mit der Verwendung von Magneten als Zugfedern (im Gegensatz zu mechanischen oder magnetischen Druckfedern) um die Sperrklinken zu bewegen, ist P321 in der Lage, weniger Widerstand und einen kleineren Geräuschpegel zu erreichen, als bei anderen schnelllaufenden Sperrklinken-Mechanismen. Weniger Lärm ist ein zusätzlicher Bonus und die Nabe läuft beinahe geräuschlos, obwohl Crankbrothers für den Zubehörmarkt auch eine Ausführung mit lauten Sperrklinken anbietet – für Fahrer, die das Summen des Freilaufs als einen Ausdruck schätzen, andere Fahrer wissen zu lassen, dass sie teure Naben ihr eigen nennen.

Der Crankbrothers Synthesis E 11 Laufradsatz kostet 2.400 € und ist sowohl in 27,5” als auch 29” erhältlich – allerdings nur in Boost-Einbaubreite, jedoch mit HG oder XD Freilauf. Das Gewicht liegt bei ca. 1.760 g beziehungsweise 1.825 g.

Der Crankbrothers Synthesis E 11 Laufradsatz im Test

Den fühlbaren Unterschied zwischen „guten“ Laufradsätzen zu beschreiben, ist nicht immer einfach. Verbesserungen hinsichtlich des Fahrgefühls und der Performance werden eher häppchenweise erzielt, als in monumentalen Umfang. Daher ist wohl der beste Beweis für einen großartigen Laufradsatz, dass man ihn überhaupt nicht bemerkt.

Durch die steife Machart des Hinterrades weist das Handling keinerlei Unschärfe auf

Mit unserem üblichen „Kontrollreifen“ an der Front, einem MAXXIS Minion DHF mit idealem Luftdruck, spürten wir ein feines, aber deutliches zusätzliches Level an Dämpfung. Die vertikale Nachgiebigkeit des Synthesis Vorderrades und seine “weichere” Abstimmung sorgen dafür, dass sich das Laufrad mehr wie ein leichtgewichtiges Aluminium-Laufrad anfühlt, allerdings ohne die schwammigen Handling-Charakteristika, die oft mit dieser Art Laufrad einhergehen. Es folgt seiner Spur deutlich sicherer, wenn man in ruppige Linien hineinsticht, während seine Steifigkeit in Fahrtrichtung bedeutet, dass man es hart rannehmen kann und es trotzdem seine Linie halten wird und euch somit das Selbstvertrauen gibt, schneller zu fahren.

Fahrer, die an ein Carbon-Hinterrad gewohnt sind, werden kaum einen Unterschied spüren, da das Synthesis Hinterrad konzipiert wurde, um ganz wie andere hochwertige Carbon Laufräder auf dem Markt zu funktionieren. Fahrer, die bisher jedoch mit Aluminium-Laufrädern unterwegs waren, werden auf Anhieb das direkte Gefühl und die Reaktionsfähigkeit des Hinterrades bemerken. Es drängt vorwärts und bleibt stur wo ihr es haben wollt, ohne schwammiges Handling beim Hineinfahren in oder herausfahren aus Kurven. Was Crankbrothers seinen Konkurrenten möglicherweise voraus hat: bisher konnte man entweder einen super steifen oder einen eher nachgiebigen Laufradsatz haben, wobei jede Option ihre Vor- und Nachteile hat. Mit dem Synthesis-Laufradsatz kann man nun das beste aus beiden Welten haben.

Ein Laufrad fährt Kurven, ein Laufrad folgt. Simpel.
Das nachgiebige Vorderrad gewährte ein feines, aber deutlich spürbares zusätzliches Level an Dämpfung

Die unterschiedlichen Innenweiten machten weder einen positiv, noch negativ bemerkbaren Unterschied. Die 2,4” – 2,5” breiten Maxxis Minions harmonieren bestens an Felgen mit einer Innenweite von 30 mm und die Synthesis Felgen bewegen sich nahe an dieser Abmessung – die Reifenprofile waren daher 1A. Die Reifenbreite erhöht sich um 0,4 mm pro 1 mm Zuwachs der Innenweite und da die anderen Tuning-Faktoren einen größeren Einfluss auf die Performance der Laufräder hatten, war es fast unmöglich, irgendwelche Vorteile zu spüren.

Auf dem Trail beeindruckte uns die Hinterradnabe und bei 144 Einrastpunkten erfolgte die Kraftübertragung augenblicklich. Die – anstatt per Feder – magnetisch aktivierten Sperrklinken schienen ihre Arbeit mühelos zu verrichten und wir gewöhnten uns Ruck zuck an die gespenstische Stille beim Dahingleiten. Vielmehr nervte uns sogar ein Kumpel mit seiner klickenden Nabe und verdarb die bedächtige Stille unserer Ausfahrt.

Fazit

Die Philosophie hinter Crankbrothers Synthesis E 11 ist absolut einleuchtend, hat es bis jetzt jedoch trotzdem nicht zur Norm in der Bike-Industrie geschafft: Spezifische Anpassungen für Vorder- und Hinterrad machen absolut Sinn und die Kombination aus einem steifen Hinterrad mit einem etwas weicheren Vorderrad bedeutet dass man die Vorzüge aus beiden Welten genießen kann. Die Zukunft wird zeigen, wie es um die Dauerhaltbarkeit des Laufradsatzes bestellt ist, aber die Verarbeitungsqualität fühlt sich hochwertig an, die Detailgenauigkeit ist goldrichtig und die lebenslangen Garantie spricht für sich. Wer nach einem neuen Satz leistungsstarker Carbonlaufrädern Ausschau hält, sollte die Crankbrothers Synthesis E 11 ernsthaft in Betracht ziehen.

Mehr Infos auf crankbrothers.com


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Text: Thomas Corfield Fotos: Trev Worsey

Über den Autor

Thomas Corfield

Nach fast 30 Jahren auf dem Bike und einer Karriere im Vertrieb einer Fahrradmarke begeistert mich das Thema Mountainbike noch wie am ersten Tag. In meiner Heimat in der Nähe der schottischen Grenze genieße ich Solo-Abenteuer in den Bergen ebenso wie Nightrides in größeren Gruppen.