Hype, Trend oder wirklich geil und schon massentauglich? Diese Frage stellt sich aktuell bei Down-Country-Bikes. Aber was muss ein Down-Country-Bike eigentlich können und wer sollte sich eins kaufen? Wir haben die 6 heißesten Flitzer geschnappt, einen klaren Sieger gekürt und sagen euch, was Hype, was real ist, und worauf es ankommt.

Inhaltsverzeichnis: Das erwartet euch in diesem Test

  1. Was ist eigentlich ein Down Country-Bike und was muss es können?
  2. Das Down Country-Testfeld
  3. Wie und wo haben wir getestet?
  4. Die ENDURO-Testcrew
  5. Unser Down Country Bike Vergleichstest in Zahlen
  6. Unsere Test- und Bewertungskriterien
  7. Die Tops und Flops unseres Down Country Bike-Vergleichstests
  8. Das beste Down Country Bike 2022

Moment mal, was machen die da eigentlich? Fein profilierte Reifen, Lockouts am Fahrwerk und Höhenmeter schinden zum Spaß statt nur zum Zweck? Auch wenn wir meistens mit wehendem Party-Shirt oder Startnummer auf Enduro-, Trail- oder auch Bikepark-Bikes unterwegs sind, bedeutet das nicht, dass man nicht auch eine mega Gaudi mit kleinkalibrigeren Bikes haben kann. Im Gegenteil: Häufig hat man mit „weniger“ sogar noch mehr Spaß – das haben wir bereits 2015 bei unserem ersten Down-Country-Vergleichstest erkannt, den wir mit unserem damaligen US-Team in Kalifornien gerockt haben! Die meisten Biker leben eben nicht direkt neben einem Bikepark, in Finale Ligure oder Whistler, sondern in Regionen mit gemäßigtem Terrain. Und gerade hier ist die Wahl des richtigen Kalibers entscheidend. Denn worin liegt schon der Reiz, mit Panzerfäusten auf Tontäubchen zu schießen?

Wer uns kennt, der weiß, dass wir für alles zu haben sind, das Spaß verspricht – Gravel-Rides, Enduro-Rennen, Camper-Abenteuer, E-MTB-Rides, Motocrosstouren, Oldtimerrennen und eben auch Down-Country-Bikes fahren! Denn weniger verspricht häufiger mehr Spaß!

Was ist eigentlich ein Down-Country-Bike und was muss es können?

Neue Bike-Kategorien, neue Modell-Bezeichnungen oder neu definierte Einsatzgebiete – die Bike-Branche hat noch nie mit Kreativität und Neologismen gegeizt. Es gab bereits unzählige Bike-Hypes. Manche behaupten sich, viele aber fallen nach kurzer Zeit wieder in Vergessenheit oder setzen sich nur in bestimmten Regionen oder Ländern durch. Aktuell ist der Begriff Down-Country richtig en vogue – aber was bringt es und was ist wirklich neu daran?

Viele große Bike-Hersteller wie Canyon, Trek, Specialized oder SCOTT führen ein sogenanntes Down-Country-Bike in ihrem Line-up. Fakt ist aber: Diese Bikes gibt es schon lange, so hat sich lediglich die Namensgebung und die damit verbundene Vermarktung verändert. Bereits 2015 haben wir in Kalifornien Down-Country-Bikes unter dem Working Title „New School XC-Bikes“ getestet. War das exakt das Gleiche? Yes!
Dennoch ist das Ganze bereits über 7 Jahre her und technisch hat sich in der Bike-Welt extrem viel getan. Kurioserweise sind sich aber Eckdaten wie Laufradgröße, Federweg und sogar das Gewicht noch immer sehr ähnlich. Aber seht selbst und gönnt euch einen Blick zurück, in unsere ENDURO-Ausgabe #015. Jetzt aber zurück zum Thema Kategorien.

Was ist der Unterschied zwischen Cross-Country-, Down-Country-, All-Mountain- oder Trail-Bikes?

Cross-Country-Bikes werden meist entwickelt, um Rennen zu gewinnen – Leichtbau und maximale Performance zählen! Wer nicht auf Sekundenjagd ist, hat mit Cross-Country-Bikes meist gewisse Nachteile. Es fährt ja auch niemand mit einem Formel-1-Auto zum Einkaufen. So leiden oftmals Komfort, Haltbarkeit und Handling. Down-Country-Bikes hingegen sind nicht speziell für den Renneinsatz entwickelt und modifiziert – auch wenn sie hin und wieder an Startlinien wie dem kanadischen BC Bike Race zu finden sind. Für sie zählt maximaler Fahrspaß!

Aber ab wann sprechen wir dann von Down-Country-Bikes und was sind Trail-Bikes, All-Mountainbikes, Tourer oder wie auch immer man sie nennen mag? Wichtig ist: Moderne Bikes lassen sich nicht anhand von Eckpunkten oder bestimmten Merkmalen definieren, sondern viele Faktoren und vor allem die angestrebte Ausrichtung bestimmen über ihr Einsatzgebiet – oder eben den Namen. Das hat nicht nur unser großer Mountainbike-Vergleichstest gezeigt, sondern auch viele weitere in der Vergangenheit.

Down-Country-Bikes sind auf der ständigen Suche nach der richtigen Balance. Der Balance zwischen Fitness und Fahrspaß. Sie versuchen, die Uphill-Eigenschaften eines Cross-Country-Bikes mit dem Abfahrtspotenzial eines Trail-Bikes zu verbinden. So ergeben sich die unterschiedlichsten Charaktere und eine große Vielfalt an Bikes. Deshalb sollte sich jeder fragen: Was ist das Richtige für mich?

Die meisten Down-Country-Bikes in unserem Test haben ihren Ursprung im XC-Rennbereich. Auch hier gab es in den letzten Jahren einige technische Revolutionen und Evolutionen – und damit auch eine starke Tendenz zu mehr Federweg und aggressiveren Geometrien. Zum Spaß-orientierten Down-Country-Einsatz kommt jetzt noch mehr Federweg, eine robustere Ausstattung und eine angepasste Geometrie dazu. Aber auch die andere Richtung ist möglich, wie es das YT IZZO UNCAGED 7 zeigt. Es ist das einzige Bike in unserem Test, das weniger Federweg als sein Namensvetter besitzt und eine „leichtere“ Ausstattung verpasst bekommen hat.

Was spricht für ein Down-Country-Bike, was dagegen?

Mit dem Formel-1-Auto zum Einkaufen? Mit dem Monster-Truck über Bordsteinkanten ballern oder eben mit einem Enduro-Bike einfache Singletrails und Schotterwege fahren? Kann man schon machen, aber ist halt kacke … , oder weniger drastisch gesagt: Macht halt einfach nicht so viel Spaß!

Sind wir mal ehrlich. Viele von uns würden auf den Trails, die wir die meiste Zeit im Jahr fahren, auch mit weniger potenten Bikes auskommen. Zusätzlich schleppen wir unnötigen Federweg und Masse über Schotterwege und Pfade zu Trail-Einstiegen. Kurzum: So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Seid ihr mit weniger potenten Bikes unterwegs, tun sich neue Herausforderungen und Fahrgefühle auf. So kommt ihr – insofern ihr das möchtet – im Downhill eher an euer Limit, es fühlt sich realer und eben auch schneller an. Wie mit einem alten 911er Porsche auf einem Bergpass eben. Natürlich ist man mit einem neuen Fahrzeug meist schneller, aber das Fahrgefühl ist dafür unbeschreiblich besser! Aber zurück in den Wald: Zusätzlich wird der Weg zum Trail und der Uphill – von dem wir bislang auch keine Fans waren – wesentlich spaßiger und nicht nur Mittel zum Zweck. Alles in allem also mehr Fahrspaß, und das sollte doch das Ziel sein, oder nicht? Problematisch wird es allerdings bei ruppigen Trails oder sehr alpinem Gelände. Wird der Trail zu hart, ist das Limit schnell erreicht und ein Trail-Bike würde durch seine zusätzlichen Reserven mehr Fahrfehler verzeihen und weniger unter diesem Einsatz leiden. Solltet ihr also lediglich ein einziges Bike besitzen, schränkt der spezielle Charakter von Down-Country-Bikes das Einsatzgebiet ein.

Wie mit einem alten 911er Porsche auf einem Bergpass eben. Natürlich ist man mit einem neuen Fahrzeug meist schneller, aber das Fahrgefühl ist dafür unbeschreiblich besser!

Das Testfeld: Die 6 spannendsten Down-Country-Bikes für 2022 im Überblick

Mountainbikes mit den technischen Eckpunkten, wie sie sich in unserem Test finden, gibt es viele. Viel wichtiger war uns bei der Wahl unseres Testfelds jedoch die Ausrichtung der jeweiligen Hersteller. So haben wir uns die spannendsten Bikes ausgesucht, die dann den Rahmen unseres Testfelds abgesteckt haben. Einige Hersteller haben bereits von vornherein dankend abgelehnt, weil sie wussten, dass ihr Bike zwar das Label Down-Country trägt, aber wenig Trail-Performance bietet!

Bike Preis Gewicht Federweg v/h
BMC Fourstroke 01 LT ONE
(Zum Test)
8.499 € 11,6 kg 120/120 mm
SCOTT Spark 900 Tuned AXS
(Zum Test)
9.499 € 11,5 kg 130/120 mm
SIMPLON Cirex SL 120
(Zum Test)
9.389 € 9,98 kg 120/116 mm
Specialized Epic EVO Expert
(Zum Test)
7.000 € 11,4 kg 120/110 mm
Trek Top Fuel 9.9 XX1 AXS
(Zum Test)
12.099 € 12,2 kg 120/120 mm
YT IZZO UNCAGED 7
(Zum Test)
6.999 € 11,8 kg 120/120 mm
BMC Foursroke 01 LT | 120/120 mm (v/h)
11,6 kg in Größe L | 8.499 € | Zum Test
SCOTT Spark 900 Tuned AXS | 130/120 mm (v/h)
11,5 kg in Größe L | 9.499 € | Zum Test
SIMPLON Cirex SL 120 | 120/116 mm (v/h)
10 kg in Größe L | 9.389 € | Zum Test
Specialized Epic EVO Expert | 120/110 mm (v/h)
11,4 kg in Größe L | 7.000 € | Zum Test
Trek Top Fuel 9.9 XX1 AXS | 120/120 mm (v/h)
12,2 kg in Größe M/L | 12.099 € | Zum Test
YT IZZO UNCAGED 7 | 120/120 mm (v/h)
11,8 kg in Größe L | 6.999 € | Zum Test

Alle 6 Bikes im Test rollen auf 29”-Laufrädern und besitzen einen Carbon-Rahmen. Der Gewichtsunterschied liegt bei über 2 kg. Das leichteste Bike im Test, das 9.389 € teure Simplon Cirex SL 120, unterbietet sogar knapp die 10-kg-Marke! Welchen Einfluss das auf dem Trail hat und warum das Cirex im Uphill dennoch hintenansteht, erfahrt ihr später ;)

Ebenso ist der Federweg der Bikes nicht entscheidend für ihre Performance im Up- oder Downhill. Hier gab es maximal 130 mm Federweg an der Front und mindestens 110 mm am Heck. Auch preislich zeigen sich große Unterschiede. So teilen sich das Specialized Epic EVO Expert und das YT IZZO UNCAGED 7 mit einem Preis von 7.000 € den Platz als günstigste Bikes im Test. Auf der Gegenseite findet sich das für 12.099 € erhältliche Trek Top Fuel 9.9 XX1 AXS – mit 12,24 kg übrigens auch das schwerste Bike im Test. Zusätzlich ist das für 9.499 € erhältliche SCOTT Spark 900 Tuned AXS mit seinem revolutionären Rahmendesign und eigens entwickeltem TwinLoc-System im Test. Auch der Schweizer Nachbar BMC hat ein Rad im Angebot und schickt sein 8.499 € teures Fourstroke 01 LT ins Rennen. Aufgrund der momentanen Lieferengpässe konnten Canyon, Rocky Mountain und CUBE keine Bikes liefern.

Wie und wo haben wir getestet?

Foodorama, Lycra und wir – Bon dia Girona

Down-Country-Bikes sorgen nicht nur für ein anderes Fahrerlebnis, sondern bieten euch auch die Möglichkeit, ganz neue Locations zu erkunden. Die spanische Stadt Girona ist vor allem bei unseren Dropbar-Lenker-Kollegen ein begehrtes Reiseziel und obendrein eine der renommiertesten Flecken der Erde, wenn es um Trinken und Essen auf Sterne-Niveau geht. Somit hatten wir nicht nur perfekte Testbedingungen, sondern konnten uns nebenher noch die Revierstreitigkeiten zwischen der Foodblogger-Szene und den Roadies anschauen ;)

Zusätzlich haben wir die Bikes auf unseren Hometrails rund um Stuttgart bewegt und dabei eine Menge neuer Trails, sowie Herausforderungen entdeckt.

Die ENDURO-Testcrew

Peter
Peter steht in der Regel auf viel Federweg und ballert als Whistler-Bikepark-Veteran am liebsten über größere Jumps und durch Steinfelder. Auf der schnellen Feierabendrunde über die Stuttgarter Hometrails und beim Pendeln darf’s aber gerne etwas weniger sein, damit es nicht langweilig wird.
Ben
Ex-Downhill Racer und Gravel-Aficionado. Mit diesen beiden Gegensätzen ist Ben der perfekte Mann, um die goldene Mitte zu testen. Er weiß, was geringer Rollwiderstand und Überschlagsgefühle sind, und liefert mit seiner jahrelangen Erfahrung wichtigen Input.
Tobi
Wo andere kotzen, lacht er noch. Mit 2 % Körperfett und über 20.000 km Straßenkilometer im Jahr – ohne E-Antrieb versteht sich – sprintet Tobi jedem im Team davon und weiß einen routinierten Trainingsplan zu schätzen. Den ständigen Wechsel zwischen Laktatüberschuss und Adrenalin-Rausch beherrscht er bestens.
Simon
Aerodynamik? Fehlanzeige! Simon ist meistens mit wehendem Hemd und driftendem Hinterrad unterwegs. Da macht der Schnauzer auch keinen Unterschied mehr. Würden wir unsere Testfahrten aufzeichnen, hätte er bestimmt doppelt so viel Strecke zurückgelegt wie der Rest. Denn das ständige Spielen mit dem Trail und die schnellen Richtungswechsel sind seine Spezialität.
Mike
Während der Rest vom Team noch untätig rumsitzt, hat Mike schon das halbe Bike zerlegt und analysiert. Kein Feature und kein Anbauteil bleibt unberührt, Ursachen werden gesucht, gefunden und wenn es nötig ist, auch behoben. So genau wie er schaut keiner hin und mit geballtem technischen Wissen und seiner Finesse werden teils vernichtende Urteile gefällt.

Unser Down-Country-Bike Vergleichstest in Zahlen

Unsere Test- und Bewertungskriterien für das beste Down-Country-Bike 2022

Was macht ein Down-Country-Bike zum besten Kletterer und braucht es einen Lockout?

Egal ob ihr den ganzen Tag oder nur eine kurze Runde auf dem Rad verbringen wollt. Eine komfortable Sitzposition ist immer von Vorteil. Für den Down-Country-Einsatz, bei dem der Uphill-Anteil eine entscheidende Rolle spielt, darf es dennoch etwas sportlicher – also gestreckter – sein. So habt ihr immer ausreichend Druck auf der Front, um präzise zu lenken. Besonders in ganz steilen Anstiegen entpuppen sich jedoch handlastige Sitzpositionen aus der Ebene zum Vorteil. Das Trek Top Fuel und das SCOTT Spark zeigen hier, dass Touren-Komfort und starke Klettereigenschaften vereint werden können. Allerdings auf komplett unterschiedliche Weise: Das Trek kommt nämlich ganz ohne am Lenker bedienbaren Lockout aus und zeigt, dass mit der richtigen Wahl der Komponenten und einer stimmigen Geometrie und Kinematik darauf verzichtet werden kann. Das SCOTT hingegen setzt auf einen – für das Bike passenden – Lockout mit 3 Stufen. Sprich Open, Pedal und Lock. Andere Bikes im Test, wie z. B. das YT, setzen lediglich auf einen Lockout mit Open- oder Lock-Modus. Wichtig beim Thema Lockout ist, dass das System zum Hinterbau des Bikes passt. Denn einige Bikes im Test besitzen eine unnötige Einstellungsstufe, wohingegen andere Bikes von einem zusätzlichen Modus profitieren würden. Das BMC besitzt z. B. einen 3-stufigen Lockout, hat jedoch bereits im offenen Modus einen derart straffen Hinterbau, dass der Unterschied zwischen Open und Pedal nur marginal ist. Das Simplon hingegen hat dann nur die Optionen Open und Lock, würde allerdings stark von einem Pedal-Modus profitieren, da der Hinterbau im offenen Modus stark wippt und im gesperrten Modus nicht ausreichend Traktion auf losem Untergrund generieren kann. So kann das Simplon trotz seines niedrigen Gewichts nicht mit der Konkurrenz mithalten.

Wie sollte ein perfektes Fahrwerk am Down-Country-Bike aussehen?

Das Fahrwerk eines Bikes hat einen großen Einfluss auf die Gesamt-Performance. Down-Country-Bikes kommen selbstverständlich mit wesentlich weniger Federweg aus als z. B. Enduro-Bikes. Daher ist es hier noch viel wichtiger, wie der Federweg genutzt wird. Das perfekte Fahrwerk vereint Traktion, Gegenhalt und Reserven miteinander. Nur so habt ihr beim Anbremsen und in Kurven ausreichend Grip, könnt aktiv durch Wellen und Anlieger pushen, auf dem Trail Geschwindigkeit generieren und habt ausreichend Reserven, um Fahrfehler oder unsaubere Landungen abzufangen. Das SCOTT besitzt einen sehr sanft ansprechenden Hinterbau, der für sehr guten Grip auf dem Trail sorgt, jedoch fehlt es ihm an Gegenhalt. Bunny-Hops benötigen einen höheren Impuls und durch aktives Pushen kann nicht so viel Speed generiert werden. Mit dem YT könnt ihr an Kanten und Anliegern richtig in die Höhe schießen und dank seines sehr progressiven Hinterbaus extrem gut Geschwindigkeit aus dem Trail holen. Allerdings mangelt es beim Anbremsen oder in offenen Kurven an Traktion und Grip, da der Hinterbau auch hier noch sehr straff ist und Unebenheiten schlecht ausgleicht. Alle drei Eigenschaften zu vereinen, schafft nur ein Bike im Test. Das Trek Top Fuel überzeugt mit viel Traktion, geilem Gegenhalt und ausreichend Reserven und zeigt der Konkurrenz wie’s geht!

Wie sieht die perfekte Ausstattung an einem Down-Country-Bike aus?

Neben der richtigen Verwendung des Federwegs spielt auch die Wahl der Komponenten eine große Rolle. Im Test negativ aufgefallen sind die FOX-Gabeln mit Step-Cast-Aussparung. Bei ihnen wird durch ein schmäleres Gabel-Casting Gewicht gespart. Das kostet allerdings auch Steifigkeit, sprich Präzision auf dem Trail. Deshalb raten wir euch für den Down-Country-Einsatz, auf die Gewichtsersparnis von ca. 200 g zugunsten einer besseren Performance auf dem Trail zu verzichten. Auch die Wahl der Reifen nehmen einen großen Einfluss auf die Trail-Performance, und zwar nicht nur in der Abfahrt. Denn auch im Uphill spart ihr durch mehr Traktion einiges an Kraft. Das erreicht ihr zum einen durch ein grobstolliges Profil und eine weiche Gummimischung, aber auch durch niedrige Luftdrücke, die sich jedoch nur mit einer passenden Karkasse realisieren lassen. Das Gleiche gilt für die Downhill-Performance. Auf der Gegenseite stehen der Rollwiderstand und das Gewicht des Reifens, was – neben den Laufrädern – maßgebend für die Beschleunigungswerte bzw. die rotierende Masse des Bikes ist. Hier gilt es, eine gesunde Balance zu finden, die zum jeweiligen Terrain passt. Die Kombination aus einem leicht rollenden Hinterreifen und einem griffigen Vorderreifen macht hier am meisten Sinn. Durch die Wahl einer robusten Karkasse, wie z. B. der MAXXIS EXO, könnt ihr den Luftdruck senken und sorgt so für mehr Grip, Dämpfung und dank der stärkeren Karkasse auch mehr Pannenschutz.

Das Plus an Traktion hilft auch, die volle Verzögerungskraft der Bremsen ausnutzen. Gute Bremsen ersparen euch nicht nur nervigen Armpump und lassen eine bessere Dosierbarkeit zu, sondern sind auch maßgeblich für eure Sicherheit verantwortlich, falls ihr doch mal ein spontanes Bremsmanöver einlegen müsst. Deshalb gilt: Gewicht sparen bei der Bremse ist ein absolutes No-Go! SCOTT zeigt hier, wie es geht, und montiert kräftige Shimano XTR-Vierkolbenbremsen am Spark, kombiniert mit 180-mm-Bremsscheiben an Front und Heck. Zweikolbenbremsen, wie sie am BMC und Simplon zu finden sind, werden den Anforderungen eines Down-Country-Bikes nicht gerecht und lassen ausreichend Sicherheit für längere oder steilere Abfahrten missen – mit zunehmendem Körpergewicht des Fahrers potenziert sich die Wichtigkeit dieser Aussage! Auch die Bewegungsfreiheit auf eurem Bike trägt zum großen Teil dem Sicherheitsempfinden auf dem Trail bei. Deshalb sollten, neben niedrigen Sitzrohren, auch die Sattelstützen ausreichend Hub haben und voll im Rahmen versenkbar sein. Die meisten Hersteller im Test setzen auf 150 mm Hub, wobei bei einigen auch mehr möglich gewesen wäre. Habt ihr hingegen lediglich 80 mm Hub – wie beim BMC –, müsst ihr in der Abfahrt mit ständigem Sattelkontakt kämpfen.

Lässt sich die Performance eines Down-Country-Bikes an der Ausstattungsliste ablesen?

Der Preis spielt in diesem Down-Country-Vergleichstest eine untergeordnete Rolle und zwar nicht, weil uns Geld egal ist, sondern weil er immer im Verhältnis zur Leistung des Bikes stehen sollte. Deshalb messen wir das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht anhand der Ausstattung eines Bikes oder möglichst viel Bling-Bling für möglichst wenig Kohle. Uns geht es um die Performance auf dem Trail und die Benefits, die man als Fahrer von einem Bike erhält. Denn was nützen die besten Teile, wenn sich das Rad am Ende nicht gut fährt? So können auch teure Bikes, die aber nur eine eher günstige Ausstattung haben, eine sehr gute Preis-Leistung besitzen – vorausgesetzt, sie überzeugen im Gelände. Gleichzeitig können vermeintlich preiswerte Bikes mit guten Komponenten hier eine schlechte Bewertung erhalten, wenn sie auf dem Trail nicht überzeugen. Denn am Ende entscheidet das Zusammenspiel aller Komponenten des Bikes: von Fahrwerk über Geometrie bis hin zur Ausstattung. Und damit ist es auch klar, dass teure Komponenten noch lange nichts über die Performance eines Bikes aussagen!

Welchen Einfluss hat das Gewicht auf die Performance eines Down-Country-Bikes?

Prinzipiell lässt sich sagen, dass mit zunehmendem Fokus auf die Uphill-Performance auch der Vorteil aus einem niedrigen Gesamtgewicht steigt. Denn die Masse muss schließlich beschleunigt und bergauf befördert werden. Viel wichtiger ist jedoch, wo das Gewicht eingespart wird. Denn der Spaß-Faktor und vor allem die Sicherheit auf dem Trail sollten davon nicht beeinflusst werden. Gewichtstuning durch schwächere Bremsen oder dünne Reifen bringen das genau nicht, außer vielleicht das Gegenteil! Zudem hat unser Test ein weiteres Mal gezeigt, dass ein effizientes Fahrwerk viel wertvoller als ein niedriges Gewicht ist. Das Trek Top Fuel ist das schwerste Bike in unserem Test und besitzt verhältnismäßig grobstollige Reifen, zieht aber im technischen Uphill dennoch gekonnt am leichtesten Bike im Test vorbei.

Die Tops und Flops unseres Down-Country-Bike-Vergleichstests

Tops

Sicherheit geht vor!
Standfeste Bremsen sind ein absolutes Muss, wenn es um den Einsatz auf Trails geht. Das SCOTT Spark 900 Tuned AXS zeigt, wie’s geht, und verbaut Shimano XTR-Vierkolbenbremsen mit 180-mm-Bremsscheiben.
Immer alles dabei!
Versteckte Staufächer und Tool-Integrationen finden sich immer häufiger an modernen Mountainbikes. Das Trek Top Fuel 9.9 XX1 AXS bietet in seinem Unterrohr ausreichend Platz für Snacks und Ersatzteile.
Gasgriff
Ein Lockout sollte simpel zu bedienen und das Verwechslungsrisiko so klein wie möglich sein. Denn keiner fährt gerne seine Dropper aus, wenn es gerade in die Abfahrt geht. Das YT IZZO UNCAGED 7 mit seinem RockShox TwistLock ist klar im Vorteil.
Die heilige Dreifaltigkeit
Das Fahrwerk des Trek Top Fuel 9.9 XX1 AXS schafft es als einziges im Test, die Eigenschaften von Gegenhalt, Traktion und Reserven zu vereinen und kommt ganz ohne Lockout am Lenker aus. Denn den braucht es nicht!
Mutti hat aufgeräumt
Viele Bikes im Test haben einen cleanen Rahmen durch innenverlegte Züge, doch die unzähligen Kabel am Cockpit sorgen meist für einen chaotischen Look. Das Trek Top Fuel 9.9 XX1 AXS besitzt sehr wenige Leitungen und kombiniert das noch mit einem einteiligen Cockpit – cleaaaaaan!

Flops

Feuerball
Das BMC Fourstroke 01 LT und das Simplon Cirex 120 SL hatten lediglich Zweikolbenbremsen an Front und Heck montiert. Die bieten nicht genügend Bremspower und halten längeren Abfahrten nicht stand.
Rutschpartie
Feinstollige Reifen mit harter Gummimischung mögen auf ebenem Untergrund und Asphalt schnell sein. Im Uphill und Downhill bieten sie jedoch nicht ausreichend Traktion und Grip. Zudem haben die teuren Carbon-Felgen der Bikes ein gefährliches Leben, wenn sehr pannenanfällige Karkassen zum Einsatz kommen.
Daumenkampf
Eine unhandliche Remote sorgt nicht nur für hohe Verwechslungsgefahr auf dem Trail, sondern versaut auch den Look am Bike und läuft Gefahr, bei einem Sturz beschädigt zu werden.
Bei Hempels unterm Sofa
Viele Hersteller legen einen großen Fokus auf cleane Zugverlegungen und schöne Cockpits. Die schiere Masse an Leitungen, die oft durch die Lockout-Remote entsteht, vermiest jedoch den cleanen Look am Bike.
Potenzvergleich
Sattelstützen mit einem Hub von lediglich 80 mm bei Rahmengröße L sind viel zu wenig und schränken die Bewegungsfreiheit unnötig ein. Hier wünschen wir uns in Zukunft mindestens 150 mm.

Was ist das beste Down-Country-Bike 2022? Der Gewinner und weitere Empfehlungen

Alle Bikes im Überblick

Selten sind die Eckdaten eines Testfelds so ähnlich wie in diesem Test und dennoch unterschieden sich die Bikes in ihren Charakteren extrem und sprechen so ganz unterschiedliche Fahrertypen an. Das SCOTT Spark 900 Tuned AXS mit seinem revolutionären Rahmendesign sorgt direkt für neidische Blicke, auch wenn es den cleanen Look nicht vollständig durchziehen kann. Der hauseigene TwinLoc-Hebel sorgt nämlich für reichlich Leitungen, mit etwas Eingewöhnungszeit aber auch für reichlich Spaß auf dem Trail. So zaubert euch das Spark sowohl im Up- als auch im Downhill ein Grinsen ins Gesicht und vor allem Fahrer, die ein extra an Sicherheit und viel Traktion und Grip suchen, finden hier ein geiles Bike. Allerdings fehlt es ihm etwas an Pop, um so richtig mit dem Trail zu spielen. Das YT IZZO UNCAGED 7 sticht in Knallgelb aus dem Testfeld heraus. Es ist auch das einzige Bike im Vergleichstest, das weniger Federweg als sein Namensvetter besitzt. Der handliche TwistLock von RockShox ist super zu bedienen und Verwechslung ist beinahe ausgeschlossen. Allerdings braucht es ihn nur selten, denn das Fahrwerk des IZZO ist ohnehin extrem straff und lässt euch im Uphill ordentlich wegschanzen. In der Abfahrt könnt ihr mit dem Trail spielen, flink um die Bäume zirkeln und an Kanten abziehen, ohne Angst vor einen Durchschlag zu haben. Allerdings fordern der straffe Hinterbau und die fein profilierten Reifen auch ihr Tribut und es mangelt etwas an Traktion beim Bremsen und in Kurven.

Das Trek Top Fuel 9.9 XX1 AXS setzt bereits beim Ausladen am Trail-Center ein Statement. Mit 12.099 € ist es das teuerste und mit 12,2 kg auch schwerste Bike im Test. Es überzeugt aber mit einem extrem cleanen Look von vorne bis hinten und verzichtet komplett auf einen Lockout als Remote am Lenker. Sowohl hoch wie auch runter brennt ihr mit dem Top Fuel Bestzeiten in den Trail und das Fahrwerk glänzt mit Traktion, Gegenhalt und Reserven. Zusätzlich vermittelt das Trek viel Sicherheit und spricht so jeden Fahrertypen an. Egal ob ihr mit dem Trail spielen, mit Vollgas über Wurzeln ballern oder einfach sicher ans Ziel kommen wollt. Obendrauf könnt ihr noch den im integrierten Staufach transportierten Energie-Riegel genießen, während ihr auf eure Kumpels wartet. Das Specialized Epic EVO Expert kommt in schlichtem Rot und mit coolen Detaillösungen wie dem integrierten Minitool. Im Uphill wippt es ordentlich – ein Lockout am Lenker ist nicht vorhanden – und so bringt euch das Epic zwar bequem, aber nicht sonderlich schnell ans Ziel. Dafür könnt ihr im Downhill so richtig den Hahn aufdrehen und schanzt mit dem Epic von Kante zu Kante oder driftet lässig um Kurven. So viel Spaß in der Abfahrt bekommt ihr mit keinem anderen Bike im Test und vor allem verspielte und stylishe Fahrer werden das Bike lieben.

Steht ihr auf Laktatschlachten, könnt ihr mit dem Simplon Cirex 120 SL sprinten, bis die Beine brennen. Mit knapp unter 10 kg ist es das leichteste Bike im Test und geht auf smoothem Untergrund so richtig vorwärts. Im technischen Up- und Downhill müsst ihr aber Gas rausnehmen, denn die Ausstattung bremst das Bike ein und fordert ein hohes Skill-Level, um an der Konkurrenz dranzubleiben. Solltet ihr also viel im technischen Terrain unterwegs sein, ist das Bike nichts für euch. Gleiches gilt für das BMC Fourstroke 01 LT. Auch mit ihm ballert ihr im Cross-Country-Style die Forstwege hoch und fliegt in sportlicher Fahrposition über die Trails. Im Downhill lässt sich das BMC einfacher fahren als das Simplon und liefert ein präziseres Handling. Die kurze Sattelstütze mit nur 80 mm Hub demoralisiert allerdings in steilen Passagen und durch die schlechten Bremsen müsst ihr schon den Anker werfen, wo eure Kumpels noch voll am Gas hängen.

Das beste Down-Country-Bike 2022: Trek Top Fuel 9.9 XX1 AXS

Trek Top Fuel 9.9 XX1 AXS (Zum Test)
120/120 mm (v/h) | 12,2 kg in Größe M/L | 12.099 €

Das Trek Top Fuel 9.9 XX1 AXS 2022 überzeugt nicht nur mit einem verdammt cleanen Look, praktischen Detaillösungen wie dem integrierten Staufach und einer stimmigen Ausstattung, sondern liefert auch auf dem Trail richtig ab. Der antriebsneutrale und traktionsstarke Hinterbau lässt euch auch ohne Lockout jeden Anstieg hochjagen und das intuitive Handling, gepaart mit dem progressiven Fahrwerk, macht richtig Laune und Bock auf lange Tage im Sattel. Egal ob Laktatschlacht, Feierabendrunde oder Singletrail-Mission: Das Top Fuel bringt top Leistung und sichert sich so den Testsieg im Down-Country-Vergleichstest.

Wenn ihr eine noch größere Laktatschlacht sucht und Bock auf einem revolutionären Vergleich zwischen Drop-Bar- und Flat-Bar-Bikes habt, solltet ihr den visionären Konzept-Vergleichstests unseres Schwester-Magazins GRAN FONDO auschecken.


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Text: Peter Walker Fotos: Peter Walker, Benjamin Topf, Robin Schmitt

Über den Autor

Peter Walker

Peter ist nicht nur ein Mann der Worte, sondern auch der Taten. Mit ernsthaften Bike- und Schrauber-Skills, seiner Motocross-Historie, diversen EWS-Teilnahmen und über 150 Bikepark-Tagen in Whistler – ja, der Neid der meisten Biker auf diesem Planeten ist ihm gewiss – ist für Peter kein Bike zu kompliziert und kein Trail zu steil. Gravel und Rennrad kann er übrigens auch! Das für unsere redaktionelle Arbeit wichtige Thema Kaufberatung hat Peter in Vancouvers ältestem Bike-Shop von der Pike auf gelernt und setzt sein Know-how auch im journalistischen Alltag um. Wenn er nicht gerade die Stuttgarter Hometrails auf neuen Test-Bikes unsicher macht, genießt er das Vanlife mit seinem selbst ausgebauten VW T5. Dass er dazu noch ausgebildeter Notfallsanitäter ist, beruhigt seine Kollegen bei riskanten Fahrmanövern. Zum Glück mussten wir Peter bislang nie bei seinem Spitznamen „Sani-Peter“ rufen. Wir klopfen auf Holz, dass es dazu auch nie kommen wird!