Ein Traumtag auf dem Mountainbike! Doch plötzlich verwandelt sich der Rausch im Kopf in Schädelbrummen. Crash! Als sich der Staub legt, bleibt die Erkenntnis: Der Helm hat Schlimmeres verhindert. Doch wie findet man eigentlich den perfekten MTB-Helm?

Der Markt für Mountainbike-Helme ist kaum zu überblicken, ständig buhlen neue Modelle und Sicherheitstechnologien um die Gunst der Käufer. Die Bandbreite reicht von ultraleichten XC-Halbschalen bis zu aufwendigsten Vollvisierhelmen für den DH-Einsatz. Zwischen den Extremen gibt es eine große Gruppe an Halbschalen-Helmen, die für Trail- und Endurofahrer optimiert wurden und die wir in diesem Test genauer unter die Lupe genommen haben. Wir haben die 14 spannendsten Modelle herausgepickt und intensiv getestet.

Darauf kommt es beim Helmkauf an

Passform

Das ausgeklügelste Verstellsystem und die aufwendigsten Sicherheitssysteme helfen nichts, wenn der Helm nicht zur eigenen Kopfform passt oder die falsche Größe hat. Daher führt beim Helmkauf kein Weg um eine ausführliche Anprobe vorbei, nur wenn der Helm zu euch passt solltet ihr ihn überhaupt in die engere Auswahl nehmen.

Verstellsystem

Im nächsten Schritt sollte man sich das Verstellsystem genauer anschauen. Generell gibt es 3-Punkt- und 4-Punkt-Systeme, bei denen die Gurte entweder innen oder außen befestigt sind. 3-Punkt-Systeme liegen oft besser am Kopf an, Helme mit 4-Punkt-Gurten wirken dagegen aufgeräumter. Die Riementeiler, die unter den Ohren sitzen, sind entweder fix oder verstellbar, wobei sich letztere besser anpassen lassen. Der Kopfring sorgt dafür, dass der Helm beim Sturz auf dem Kopf bleibt und lässt sich bei guten Helmen sowohl in der Höhe als auch im Umfang verstellen. Alle Features zusammen sorgen für den richtigen Sitz und erhöhen damit auch den Komfort.

Fixer vs. variabler Riementeiler: Während das fixe System keine Verstellung erlaubt, dafür jedoch schon ganz passabel sitzt, lassen sich beim variablen System die Riemen an den Kopf anpassen. Dies birgt jedoch auch die Gefahr einer falschen Einstellung.

Verarbeitung

Die Helme in diesem Test kosten zwischen 119 € und 250 € und die Verarbeitung liegt daher allgemein auf einem sehr hohen Niveau. Dennoch gibt es einige Unterschiede bei näherer Betrachtung, besonders freiliegender EPS-Schaum lässt den Helm schnell billig wirken. Helme, die auch an der Unterseite mit Kunststoff verkleidet sind, haben generell eine höhere Qualitätsanmutung. Auch bei Gurten und Schnallen gibt es Unterschiede, hier sollte man beim Kauf genau hinschauen.

Belüftung

Die meisten Biker sind am liebsten bei gutem Wetter unterwegs und ein schlecht belüfteter Helm kann einem schnell den Spaß an einem sonnigen Sommertag vermiesen. Umgekehrt kann die Belüftung im Herbst oder in den kühleren Abendstunden auch zu viel des Guten sein. Generell geht es nicht um die Anzahl der Öffnungen, vielmehr entscheiden die innenliegenden Belüftungskanäle und das Gesamtkonzept über den Durchzug.

Kompatibilität

Neben dem Helm sollte auch eine Brille oder Goggle zur Grundausstattung gehören. Nicht alle Helme vertragen sich gleichermaßen mit Brillen, bei einigen Kombinationen kommen sich die Bügel und das Haltesystem in die Quere oder die Brillen liegen gar an der Unterseite der Helmschale an. Daher bei der Anprobe immer die eigene Brille oder Goggle mitnehmen und ausprobieren.

Visier

Ein Visier gehört an jeden MTB-Helm und bietet neben einem lässigen Look auch einen gewissen Schutz vor Sonne, Regen und Ästen. Das Visier sollte am besten verstellbar sein, um das Sichtfeld des Fahrers nicht einzuschränken. Wer gerne mit Goggle fahren möchte, sollte zudem ausprobieren, ob diese auch unter dem Visier Platz findet.

Style

Machen wir uns nichts vor, ein Helm sollte neben guter Funktion auch in Sachen Optik überzeugen. Wie bei der Passform entscheidet hier vor allem der persönliche Geschmack. Was die Farbwahl angeht, bevorzugen wir meist einen neutralen Look in Schwarz, Weiß oder Grau – dann passt der Helm zu allen bunten Trikots und Jacken, die man im Schrank hat.

Warum wir keinen Labortest durchführen

Bei unserem letzten Helm-Test hatten wir uns voller Motivation ins Labor begeben um die subjektiven Eindrücke auszublenden und die Sicherheit der getesteten Helme auf den Prüfständen zu ermitteln. Das Ergebnis bereitete uns neben einem Haufen kaputter Helme auch einiges Kopfzerbrechen. Alle Helme bestanden die gültige Norm EN 1078 ohne Probleme – sonst dürften sie in Europa auch gar nicht verkauft werden. Tests, die die Helme über diese Norm hinaus belasten, sind zwar möglich, jedoch nicht genormt und daher zu Recht umstritten. Die Aussage, ein Helm mit X % weniger Restkraft sei auch X % sicherer, ist schlicht nicht korrekt.

Die aktuellen Test-Normen bilden die Realität nur bedingt ab, die Sicherheit von Helmen ist für uns ebenso wie für den Käufer daher kaum objektiv zu beurteilen. Ambitionierte Marketing-Versprechen von Helm-Herstellern lassen sich für uns nicht wissenschaftlich fundiert überprüfen, wir haben daher bewusst auf einen Labortest verzichtet. Wir hoffen aber, dass die Gesetzgeber und unabhängige Forschungseinrichtungen das Thema Helm-Sicherheit stärker in den Fokus rücken und die veralteten Test-Standards bald grundlegend überarbeiten.

MIPS und Co.

Das Multi-Directional Impact Protection System, kurz MIPS, ist nicht mehr vom Markt wegzudenken, über die Hälfte der getesteten Helme verfügt über das System. Es soll durch einen schwimmend gelagerten Kunststoffeinsatz im Helm in der Lage sein, Rotationskräfte, die bei Stürzen in der Praxis typischerweise auftreten, besser abzudämpfen. MIPS ist inzwischen in unterschiedlichen Varianten verfügbar. Specialized setzt beim Ambush als erste Marke auf eine Integration direkt in die Pads. Helme werden durch MIPS einen Tick schwerer, etwas teurer und können je nach Modell etwas schlechter belüftet sein. Doch angesichts des großen Sicherheitsplus sind diese Faktoren zu vernachlässigen. Wir maßen uns nicht an, die Wirksamkeit des Systems endgültig zu beurteilen, doch unabhängige Studien bestätigen die Schutzwirkung des MIPS-Systems.

Praxistest

Viele Schwächen offenbaren sich erst nach einem langen Tag auf dem Bike, daher haben wir die Helme ausgiebig in der Praxis getestet. Dabei wurden die Helme von verschiedenen Fahrern in unterschiedlichen Szenarien beurteilt. Die Gesamtbewertung ergibt sich aus den gebündelten Erfahrungen aller Testfahrer.

Tops und Flops

Oftmals sind es die Details, die den Unterschied machen: gelungene Integration, erstklassige Ergonomie und mit bedacht gewählte Komponenten. Hier findet ihr alle Tops und Flops der Bikes aus unserem großen Vergleichstest.

Tops

Top Integration
Specialized setzt als erster Hersteller auf MIPS SL, eine neue Variante des Sicherheitssystems, die direkt in die Helmpolster integriert ist und daher im Gegensatz zum klassischen System keine negativen Auswirkungen auf die Belüftung hat.
Montagepunkte
Wer regelmäßig mit einer Action-Cam oder einer Helmlampe unterwegs ist, sollte sich Helme mit einer Montagemöglichkeit genauer anschauen. Besonders elegant gelöst ist der magnetische Mount am Bontrager Blaze WaveCel.
Goggles für alle
Immer mehr Endurofahrer greifen regelmäßig zur Goggle, umso erfreulicher ist es, dass alle getesteten Helme grundsätzlich mit Goggles harmonieren. Dennoch empfiehlt sich, die eigenen Brillen bei der Anprobe dabei zu haben.

Flops

Auf den zweiten Blick
Material wie Koroyd oder WaveCel sind empfindlicher als klassisches EPS, alle getesteten Helme zeigen Anzeichen von gestauchtem Material und unsauberer Verarbeitung – angesichts der hohen Preise dieser Helme ärgerlich.
Mitgedacht
Specialized bietet mit ANGi ein innovatives System, um im Falle eines Sturzes Hilfe zu holen.
Hitzestau
Ein Helm diese Preisklasse sollte über eine hervorragende Belüftung verfügen, unter einigen Kandidaten wie dem ABUS oder dem Alpina wird es sehr warm.

Fazit – Passform ist alles

Bevor wir euch gleich den Testsieger und Kauftipp in diesem Test verraten wollen wir eine Sache nochmal besonders betonen: Der beste Helm nutzt nichts, wenn er nicht zu euch passt, eine ausführliche Anprobe ist daher unerlässlich! Nur so findet ihr heraus, ob der Traumhelm auch zu eurer individuellen Kopfform passt. Wenn er euch passt, ist der Specialized Ambush ANGi allerdings der Helm, mit den besten Features, dem geringsten Gewicht und der besten Belüftung – unser Testsieger. Wem die 199 € allerdings zu teuer sind, der findet mit dem Giro CHRONICLE MIPS eine spannende Alternative zum fairen Preis – unser Kauftipp!

Testsieger:Specialized Ambush ANGi
Kauftipp: Giro Chronicle MIPS

Dieser Artikel ist aus ENDURO Ausgabe #038

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