Design & Innovation Award 2016 | Jury Profil 1 – Cesar Rojo
Bald ist es Zeit für den wichtigsten Preis der Fahrradwelt, den Design & Innovation Award 2016. Ab nächster Woche wird unser internationales Team die aufregendsten Produkte für 2016 fahren, testen und analysieren. Unsere Mission ist es, die besten Produkte der Welt und die innovativsten Technologien zu küren. Dabei werden wir von einer handverlesenen Jury aus sechs der fähigsten, einflussreichsten und analytischsten Geister der Bike-Industrie unterstützt. Es ist an der Zeit, unsere Jury kennenzulernen.
Jury Mitglied | Cesar Rojo
Beim Design neuer Bikes gibt es seit jeher eine Kluft zwischen den Ingenieuren mit technischer Begabung und Vision, und den Fahrern, die über die Fähigkeit verfügen, ihr Bike ans Limit zu bringen – und manchmal gehen die besten Ideen bei der Umsetzung verloren. Auftritt Cesar Rojo, ein zurückhaltender Katalane, der nicht nur mit einem ruhelosen, neugierigen Geist, sondern auch mit der vorgenannten Fähigkeit gesegnet ist, ein Bike an seine Grenzen zu bringen. Nachdem er Schulter an Schulter mit Legenden wie Greg Minnaar und Matti Lehikoinen im Downhill World Cup gefahren ist, wechselte auf die Rennmaschinen von KTM. Wofür Cesar aber am berühmtesten ist, sind seine inspirierenden Designs und Konzepte, die teilweise polarisierten – dann aber die Bike-Welt überzeugten. Wer könnte sein wildes Mondraker Summum vergessen, ein Rad, das alle Konventionen ablehnte. „Es ist zu lang, die Geo ist zu verrückt, das funktioniert nie!“ Die Zweifler verstummten, als Fabien Barel mit dem Bike beim World Cup aufs Podium fuhr. Mittlerweile leitet Cesar 19 Ingenieure, Designer und Entwickler in seiner Firma Cero Design. Er ist einer jener Visionäre, die Bewährtes hinterfragen und nicht zögern, außerhalb der üblichen Bahnen zu denken. Zusammen mit seinen hervorragenden Riding Skills machte ihn das zu einer perfekten Wahl für unsere Jury. Wir sollten mehr über ihn herausfinden.
Du wurdest von vielen als Visionär bezeichnet. Wie kamst du zum Product Design?
Wow! Mein Vater war Ingenieur und das erste Rad, auf dem ich Rennen fuhr, wurde von ihm entworfen. Ich hatte immer ein Verständnis dafür, wie Dinge funktionieren und wie man sie verbessern könnte. Es ist Teil meiner Natur, selbstkritisch zu sein, mich nicht mit dem Vorhandenen zufriedenzugeben und immer mehr zu wollen.
Du bist bekannt für deine radikalen Geometrien. Haben wir ein Plateau erreicht oder gibt es noch Dinge, die verbessert werden können?
Ich denke, wir sind an einem Punkt, wo wir sehr gute Geometrien haben. Raum für Verbesserungen gibt es immer. Es ist schwerer geworden, nach vorne zu kommen, weil wir inzwischen auch mit Variablen wie Achsversatz zum Verändern des Lenkverhaltens spielen müssen. Aber es geht immer etwas besser.
Wohin soll es deiner Meinung nach beim Mountainbike-Design in der nahen Zukunft gehen? Werden wir endlich Getriebebikes sehen?
Das ist schwer zu sagen, man weiß nie. Getriebebikes waren nie wirklich etwas für die breite Masse. Es gibt das Pinion, das aber noch fern von Perfektion ist: zu viel Reibung und Gewicht. In der Zukunft werden wir kleine Schritte sehen, denke ich, aber E-Bikes werden das nächste große Ding werden, besonders hinsichtlich der Integration und im E-MTB-Bereich.
Was wünschst du dir für die Zukunft?
Längere, flachere Bikes, die einen die Fahrt mehr genießen lassen und zugleich sicherer und schneller sind!
Was fasziniert dich so an MTB-Produkten?
Sie sind einfach Teil meines Lebens. Rad zu fahren macht mich glücklich, so einfach ist das. Warum? Dafür habe ich keine richtige Erklärung, aber nach einer Fahrt bin ich so entspannt, dass ich mich doch freue, diesen manchmal sehr stressigen Job machen zu können. Es ist fantastisch, die Produkte entwerfen und verbessern zu können, die ich für mein Hobby brauche, einfach super! Ich glaube, ich könnte mir nichts Besseres für mein Leben wünschen.
Glaubst du, dass wir mehr elektrische Integration sehen werden?
Definitiv! Ich bin zwar nicht der größte Fan davon, weil mir der Gedanke an Kabel und zu ladende Batterien bei meiner Gewohnheit, mich nicht viel um meine Bikes zu kümmern, Kopfschmerzen bereitet. Aber es wird kommen, also werden wir uns mit den guten und schlechten Seiten beschäftigen müssen.
Was denkst du zum momentanen Status quo, was Design und Innovation in der Mountainbike-Welt angeht – verschieben wir Grenzen oder hinken wir, verglichen mit anderen Industrien, hinterher?
Die Bike-Industrie ist gut dabei, wenn es um Materialien geht, hängt beim Testen und der Industrialisierung der Herstellung aber noch ziemlich hintendran. Der Löwenanteil unserer Arbeit bei Cero Design liegt im Motorrad-Sektor und dort muss man durch unendlich viele Stationen, Tests, Genehmigungen und Abnahmen, es ist wirklich schwierig.
Wie wichtig ist deiner Meinung nach die Rolle des Fahrers bei der Entwicklung eines neuen Produktes?
Das hilft natürlich immer, weil man so die Grenzen verschieben kann. Hauptsächlich braucht man aber ein Gefühl dafür, ob und was geändert wurde.
Was hoffst du beim Design & Innovation Award entdecken zu können?
Ich hoffe, mehr von den besten Produkten auf dem Markt lernen zu können, zu sehen, welche Lösungen andere Ingenieure gefunden haben. Zu lernen ist das Wichtigste für mich.
Text: Robin Schmitt Bilder: Daniel Geiger
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