Pedalrückschlag ist schon lange als Performance-Killer bekannt, für die einen mehr, für die anderen weniger. Der amerikanische Hersteller E*thirteen will mit seiner neuen Sidekick Nabe die Lösung im Ärmel haben. Ob sich das rund 500 € teure System lohnt und wie das funktionieren soll, erfahrt ihr hier.
Pedalrückschlag beeinflusst die Performance im Mountainbike-Sport und so auch eure Fahrt – auch wenn man nicht weiß, was Pedalrückschlag eigentlich ist. Als prominentes Beispiel für eine mögliche negative Auswirkung lässt sich Aaron Gwins Fahrt beim Downhill-Weltcup 2015 in Leogang heranziehen. Trotz gerissener Kette fuhr er die Bestzeit, was darauf hindeuten kann, dass der fehlende Pedalrückschlag hier eine maßgebliche Rolle gespielt haben kann. Pedalrückschlag tritt auf, wenn beim Einfedern sich die Distanz zwischen dem Kettenblatt am Hauptrahmen und der Kassette, die am Hinterbau befestigt ist, verlängert. Dadurch zieht die Kette am Kettenblatt und das vordere Pedal kickt nach oben und baut so einen Gegendruck zu euren Beinen beim Pedalieren auf. Das beeinträchtigt die Performance des Hinterbaus, vermindert den Grip und kostet zusätzlich Energie, da man die plötzlichen Pedalbewegungen mit Kraft abfangen muss. Eine detaillierte Beschreibung, wie Pedalrückschlag zustande kommt, findet ihr weiter unten.
Die Marke E*thirteen wurde 2001 in Boston gegründet und hat sich vor allem durch seine Kettenführungen einen Namen im Mountainbikesport gemacht, auch im Rennbereich. Nun gibt E*thirteen an, die Lösung für das Problem des Pedalrückschlags gefunden zu haben: Mit der neuen E*thirteen Sidekick-Nabe soll es sich beim Biken anfühlen, als würde man ohne Kette fahren. Ob und wie das tatsächlich funktioniert, haben wir für euch getestet. Vorab aber eins: Pedalrückschlag wirkt sich auf die Fahrleistung eines Bikes aus, doch gilt dabei zu bedenken: Jedes Bike – genauer gesagt, jedes Hinterbau-System – hat einen unterschiedlich starken Pedalrückschlag, sprich, je nach Bike macht es mehr oder eben weniger Sinn.
Was ist Pedalrückschlag eigentlich?
Um die Funktionsweise der E*thirteen Sidekick-Nabe zu verstehen, sollte man sich zuerst damit beschäftigen, was Pedalrückschlag, auch Pedal Kickback genannt, eigentlich ist und wann er auftritt.
Kurz und knackig: Hebt man das Fahrrad im Stand an und lässt es auf die Reifen fallen, sodass der Dämpfer einfedert, drehen sich die Pedale meist rückwärts. Das nennt sich dann Pedalrückschlag.
Aber von vorn: Der Hinterbau eines Fahrrads ist nicht einfach die Summe seiner Teile, sondern ein dynamisches, komplexes System. Falls ihr euch detaillierter mit diesem Thema beschäftigen wollt, werft einen Blick auf unseren umfassenden Leitfaden zu den Eigenschaften von Bike-Hinterbauten. Grundsätzlich gilt: Jedes Bauteil, das die Kettenkräfte beeinflusst oder die Charakteristik des Hinterbaus verändert, wirkt sich unterschiedlich aus – je nach Bike-Design, Dämpfer, Übersetzung und vielen weiteren Faktoren. Zur Veranschaulichung nehmen wir das einfachste Hinterbau-Design als Beispiel: Den Eingelenker (Single Pivot). Wenn die Schwinge dieses Bikes bei einem Stoß nach oben schwenkt, dreht sie sich um den Hauptdrehpunkt. Befindet sich dieser Drehpunkt genau im Zentrum des Tretlagers, bleibt der Abstand zwischen Kassette und Kettenblatt während des Einfederns gleich.
Befindet sich der Hauptdrehpunkt des Hinterbaus nicht direkt am Tretlager – wie bei fast allen Bikes –, verändert sich der Abstand zwischen Kettenblatt und Kassette, wenn die Schwinge nach oben rotiert. In den meisten Fällen vergrößert sich dieser Abstand zunächst. Da das Kettenblatt und die Kassette durch die Kette verbunden sind, entsteht dabei ein Zug auf der Kette, der das Kettenblatt und die Pedale rückwärts rotieren lässt. Das Ergebnis ist ein unangenehmes Gefühl, als ob die Pedale ruckartig nach hinten gezogen werden. Wichtig zu wissen ist: Der Pedalrückschlag wird nur dann spürbar, wenn der Freilauf eingerastet ist, also entweder beim Pedalieren oder wenn der Hinterbau schneller einfedert als sich das Hinterrad dreht. Beim schnellen Fahren, bei dem sich das Hinterrad schneller dreht als der Hinterbau einfedert, rotiert die Hinterradnabe so schnell vorwärts, sodass der Freilaufkörper nicht einrastet und somit auch kein Zug auf der Kette entsteht. Die Rückwärtsrotation der Kurbel beim Pedalrückschlag wird in Grad angegeben.
Fast alle Hinterbau-Konstruktionen von Bikes sind von Pedalrückschlag betroffen – manche mehr, manche weniger. Wie stark der Pedalrückschlag beim eigenen Bike ausfällt, hängt vom Design des Hinterbaus, der Gangwahl und auch davon ab, wie tief das Bike im Federweg steht. Einige Hinterbau-Designs hätten konstruktionsbedingt besonders viel Kettenzug, wie zum Beispiel High-Pivot-Bikes, hier wird allerdings durch die Umlenkrolle der Pedalrückschlag und somit auch der Kettenzug fast vollständig eliminiert. Andere Hinterbau-Konstruktionen, wie Eingelenker mit einem hohen Drehpunkt, sind hingegen berüchtigt für eine deutliche Längung der Kettenstreben. Bei solchen Modellen können die Kurbeln in einem 32/50-Übersetzungsverhältnis um bis zu 35° rückwärts rotieren!
Generell gilt: Pedalrückschlag ist in den inneren Gängen am stärksten ausgeprägt und verringert sich, sobald man auf kleinere Ritzel, sprich äußere Gänge wechselt. Der Trend zu kleineren Kettenblättern und Kassetten mit größerer Bandbreite verstärkt den Pedalrückschlag in den inneren Gängen zusätzlich.
Wie funktioniert die E*thirteen Sidekick Nabe?
Die E*thirteen Sidekick-Nabe erinnert in ihrer Funktion an einen Sperrklinkenfreilauf: Drei Sperrklinken greifen bei der Kraftübertragung in eine gezahnte Ratsche, und das Rad bewegt sich. Der Unterschied zu anderen Naben (Freiläufen) besteht darin, dass die Sperrklinken immer inaktiv sind und nicht wie in einem normalen Sperrklinkenfreilauf ein Surren erzeugen. Sprich, der Freilauf ist bis auf ein minimales Klicken mucksmäuschenstill.
Bei herkömmlichen Naben tritt man in die Pedale und hat je nach Hinterradnabe einen Einrastwinkel, in dem der Freilauf greift. Je niedriger dieser Winkel ist, desto weniger Kurbelbewegung hat man, bevor die Kraftübertragung einsetzt. Bei der E*thirteen Sidekick Nabe funktioniert das etwas anders: Hier schiebt der Sperrklinkendrücker, der sogenannte „Pawl Pusher, die sonst inaktiven Sperrklinken in die gezahnte Ratsche, und man kann pedalieren.
Bevor allerdings eine Kraftübertragung stattfindet, gibt es einen Leerweg, in dem der Pawl-Pusher dreht, bevor er die Sperrklinken anhebt. Dieser Abstand zwischen dem Drücker und den Sperrklinken ist einstellbar. So kann sich der Freilaufkörper um einen bestimmten Winkel relativ zum Sperrklinkendrücker bewegen, bevor die Sperrklinken greifen. Der Leerweg gleicht die Kettenspannung aus, die durch das Einfedern des Hinterbaus entsteht, indem er der Kette sozusagen Platz lässt, sich noch zu bewegen. So wird der Pedalrückschlag verhindert.
Das bedeutet allerdings auch, dass man beim Antritt je nach eingestelltem Leerweg ins Nichts tritt, bevor man Widerstand spürt. Dabei kann der Winkel einmal 30° sein, das andere Mal nur 5°. Damit dieser Leerweg immer gleich bleibt, besitzt der Sperrklinkendrücker eine Timing-Sperrklinke. Diese ist schwach gespannt, sitzt in der gezahnten Ratsche und erzeugt das minimale Klickgeräusch der Nabe – man hört es nur, wenn es ganz still um einen herum ist.
Je nach Bedarf oder Vorliebe kann man den Leerweg zwischen 12°, 15° und 18° einstellen. Dazu muss man einfach nur die Abdeckung auf der der Kassetten abgewandten Seite abschrauben und die Achse samt Kassette aus dem Nabengehäuse ziehen. Zum Vorschein kommen die Sperrklinken und der rote Sperrklinkendrücker, auf dem die drei Einstellwinkel markiert sind. Jetzt nur den Sperrklinkendrücker anheben, in der gewünschten Position wieder auf die Achse schieben – fertig. Das Einstellen ist im Handumdrehen erledigt und erfordert kein Werkzeug. Das geht sogar direkt auf dem Trail. Allerdings Vorsicht: Das Innere der Nabe ist ordentlich eingefettet – also darauf achten, keinen Schmutz ins System zu bringen oder anschließend wichtige Dokumente mit fettigen Fingern anzufassen!
Varianten der E*thirteen Sidekick Nabe
Die Hinterrad-Nabe ist in zwei Farben erhältlich: Sterling Silber und Schwarz. Außerdem bietet E*thirteen ihre neuen Grappler Flux Downhill- und Enduro-Laufräder wahlweise mit oder ohne Sidekick-System an, ob als Alu- oder Carbon-Modell. Auch die Sylvan All-Mountain-Laufräder kommen mit bereits integrierter Sidekick-Nabe.
Zur E*thirteen Sidekick-Hinterradnabe gibt es natürlich auch eine passende Vorderradnabe. Laut Hersteller bringt sie 196 g auf die Waage und ist in den Farben Schwarz und Sterling Silber für 169,95 € zu haben. Zudem ist auch eine Sidekick SL-Version der Vorderradnabe erhältlich, für die E*thirteen ein Gewicht von 132 g angibt.
Die Grappler Sidekick Flux Enduro-Laufräder kommen in den Größen 29″ vorne und wahlweise 27,5″ oder 29″ hinten. Für den Carbon-Satz muss man mit 799,95 € für vorne und 1.199,95 € für das hintere Laufrad tiefer in die Tasche greifen. Die Aluminium-Version ist günstiger: 379,95 € für vorne und 649,95 € für hinten.
In der Downhill-Variante sind die Grappler Sidekick Flux sowohl in den Größen 29″ für das Vorderrad sowie 27,5″ oder 29″ für das Hinterrad erhältlich. Der Carbon-Satz setzt sich zusammen aus einem 849,95 € teuren Vorderrad und einem Hinterrad, das je nach Laufradgröße 1.349,95 € bzw. 1.499,95 € kostet. Die Aluminium-Version ist vorne für 379,95 € und hinten für 659,95 € und 799,95 € erhältlich.
Auch der dritte Einsatzbereich wird bedient und so ist der Sylvan All-Mountain Flux-Laufradsatz ebenfalls mit der Sidekick Nabe verfügbar, und zwar in den Größen 29″ für das Vorderrad und 27,5″ oder 29″ für das Hinterrad. Für die Carbon-Variante müsst ihr 779,95 € für das vordere Laufrad und 1.119,95 € für das hintere hinlegen. Die Aluminium-Version ist günstiger, mit einem Preis von 379,95 € für das Vorderrad und 629,95 € für das Hinterrad.
Die E*thirteen Sidekick Nabe auf dem Trail
Wir haben die Nabe für das Testing in unterschiedlichen Test-Bikes verbaut und sind damit auf unseren Hometrails, aber auch in verschiedenen Bikeparks unterwegs gewesen.
Das Erste, woran man sich gewöhnen muss: Sobald man in die Pedale tritt, tritt man anfangs ins Leere, sodass die Kraftübertragung ein Tick später einsetzt. Mit etwas Übung allerdings kann man den Leerweg bewusst vorsichtig überbrücken, indem man die volle Kraft etwas verzögert auf die Pedale bringt. Dennoch lässt sich im technischen Uphill so nur schwer durch kleine Kicks vorarbeiten, vor allem mit einem E-Mountainbike. Im Uphill oder beim einfachen Pedalieren bemerkt man die Nabe jedoch nicht.
Bei E-Bikes sollte man bedenken, dass die Kraftübertragung des Motors durch den Leerweg leicht verzögert ist – je nach Motorsystem hat das seine Vor- und Nachteile. Hier arbeitet man mit der E*thirteen Sidekick-Nabe eigentlich gegen das Prinzip hinter jedem Motorsystem, für das der Hersteller einen kurzen Zeitwert vordefiniert hat, bis die Power kommt. Wenn man ins Leere tritt, bevor der Motor greift, wird in dem Moment, in dem die Kraft kommt, ein starker Schub ausgelöst, denn der überbrückte Leerweg liefert extra Energie – Vorsicht ist also geboten.
Auf dem Weg nach unten macht sich die Sidekick-Nabe deutlich bemerkbar. In schnellen Passagen, wo man in der Regel in äußeren Gängen fährt und der Freilauf nicht greift, ist der Pedalrückschlag weniger spürbar. Man merkt aber hier bereits, dass sich das Bike ruhiger und stabiler anfühlt. Den größten Vorteil kann die E*thirteen Sidekick-Nabe ausspielen, wenn man dann im Steinfeld ankommt und die Bremse zieht. Aber auch bei schnellen Wurzelfeldern, Drops und Stufen macht sich die E*thirteen Sidekick Nabe positiv bemerkbar durch den Leerweg, den die Nabe dem Freilauf gibt. In solchen Situationen bleibt das Bike ruhiger, man braucht weniger Kraft zum Gegenhalten und der Dämpfer kann freier arbeiten. Das Bike liegt spürbar satter auf dem Trail, was den Grip und das Sicherheitsgefühl verbessert.
Was die ideale Einstellung der E*thirteen Sidekick Nabe angeht, hängt stark vom eingesetzten Bike, dem Hinterbau und den verbauten Komponenten ab. Trotzdem hatten wir nie das Bedürfnis, den Leerweg mit mehr als 18° einzustellen – je nach Bike eher sogar etwas niedriger. In diesem Punkt hat das Ochain-System die Nase vorn, das sich bis auf 4° anpassen lässt, während bei E*thirteen mit 12° die untere Grenze erreicht ist.
Für wen ist die E*thirteen Sidekick Nabe?
Hat man ein Problem mit Pedalrückschlag, ist die E*thirteen Sidekick-Nabe eine effektive Lösung, da sie das Problem behebt, bevor es auftritt. Besonders bei Drops oder beim Anbremsen in Steinfeldern zeigt sich die Stärke des Systems: Es sorgt für mehr Grip und ein ruhigeres Fahrgefühl. Gerade für Flat-Pedal-Fahrer verbessert das System das Fahrgefühl, da man stabiler auf den Pedalen steht und bei Vibrationen weniger abrutscht. Insgesamt profitieren aber alle Fahrer von weniger Vibrationen auf dem Pedal.
Allerdings erhält man durch die Sidekick-Nabe etwas weniger Feedback vom Untergrund, was manchen Fahrern vielleicht fehlen könnte. Für alle, die weniger Wert darauf legen, ist die E*thirteen Sidekick-Nabe eine gute Möglichkeit, seine Skills oder Zeiten auf Trails zu verbessern, da das Bike sein Hinterbau-/Dämpfer-Potenzial besser ausschöpft.
Der leicht erhöhte Leerweg der Kurbel erfordert zwar zunächst etwas Eingewöhnung, doch geht es dann schnell in Fleisch und Blut über.
Fazit zur E*thirteen Sidekick Nabe
Die E*thirteen Sidekick-Nabe ist eine clevere Lösung gegen Pedalrückschlag und sorgt für mehr Kontrolle und Grip in sehr vielen Trail-Abschnitten. Vor allem Flat-Pedal-Fahrer profitieren von mehr Stabilität, da Vibrationen bei den Pedalen reduziert werden. Der erhöhte Leerweg beim Pedalieren erfordert zwar etwas Eingewöhnung, lässt sich aber schnell beherrschen. Wer jedoch ein direktes Feedback vom Untergrund bevorzugt, könnte die Sidekick-Nabe als nachteilig empfinden.
Tops
- leises Bike
- weniger Pedalrückschlag
- Bike liegt satter und verleiht mehr Sicherheit
Flops
- leises Bike:)
- weniger Feedback vom Untergrund
Mehr Infos unter gibt es unter E*thirteen.com
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Text: Robin Ulbrich Fotos: Peter Walker