Mit Rallye- und Formel-1-Erfahrung im Gepäck will der italienische Hersteller EXT seine Expertise auch auf den Trail bringen: Die EXT ERA V2.1 – als einzige Enduro-Gabel im Test mit 36 mm dünnen Standrohren – verspricht dennoch maximale Steifigkeit und Top-Mid-Stroke-Support. Doch rechtfertigt das den Spitzenpreis von 1.759 €?

EXT ERA V2.1 | 36 mm | 140 bis 170 mm | HSC, LSC, Rebound, Mid-Stroke-Support, Endprogression | Fendermount: ja | PM 180 | 1.759 € | 2.341 g | Hersteller Website

In unauffälligem Schwarz mit bronzefarbenen Decals präsentiert sich die EXT ERA V2.1 edel, aber zurückhaltend – ganz im Gegenteil zum Preis von 1.759 €, der die Kreditkarte ordentlich belastet und die Gabel zur teuersten im Test macht. Mit einem Gewicht von 2.341 g liegt sie knapp unter dem Durchschnitt im Vergleichstest. Gleichzeitig ist sie die einzige Enduro-Federgabel im Test mit 36 mm dicken Standrohren, während alle anderen Konkurrenz-Modelle im Test auf dickere 38-mm-Standrohre setzen. Um trotz kleinerer Standrohre eine hohe Steifigkeit zu gewährleisten, ist der Gabelschaft zusätzlich unten am Konus verstärkt. In Sachen Haltbarkeit galt EXT in der Vergangenheit als anfällig, doch laut Hersteller wurde nachgebessert und in unserem Test traten keine Probleme auf.

Mit der 180-mm-Post-Mount-Bremsaufnahme lassen sich an der ERA V2.1 mit dem passenden Adapter Bremsscheiben bis zu 220 mm montieren. An zwei Befestigungspunkten der Gabel ist die Montage eines Mudguards vorgesehen, allerdings bietet EXT selbst kein speziell dafür entwickeltes Modell an und ein passendes Schutzblech muss von Drittanbietern erworben werden. Stattdessen wird ein universeller Mudguard mitgeliefert, der mit Kabelbindern am Casting fixiert wird und für nervige Kratzer sorgt.

Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Die beste MTB-Federgabel – 8 Modelle im Test

Das schwarze Ventil befüllt die Haupt-Positivkammer, das bronzene die zusätzliche Positivkammer zur Anpassung des Mid-Stroke-Supports sowie der Endprogression.
Die Klicks der Compression sind definiert und deutlich hörbar, die Beschriftung hingegen ist weniger eindeutig.

Neben der EXT ERA V2.1 bietet der Hersteller auch die ERA V2 LT mit Federwegen von 180 mm oder 190 mm an. Beide Modelle setzen auf das HS3-Drei-Kammer-Luftfedersystem. Diese Luftfederkartusche besteht aus einer Haupt-Positivkammer (+), einer Negativkammer und einer zusätzlichen Positivkammer (++). Über die zusätzliche Positivkammer (++), markiert durch das bronzefarbene Ventil, lässt sich der Mid-Stroke-Support sowie die Endprogression anpassen und regulieren.

Die richtige Reihenfolge beim Befüllen ist für das Setup entscheidend und macht es dadurch etwas aufwändiger: Zuerst wird die „++“-Kammer über das bronzene Ventil gefüllt, danach folgt die „+“-Kammer über das schwarze Ventil. Eine Tabelle am Standrohr gibt eine empfohlene Grundeinstellung vor, während EXT zusätzlich eine detaillierte Setup-Anleitung beilegt.

Der Rebound kann über die Dämpfungskartusche in 20 Klicks angepasst werden, während die Low-Speed-Compression 16 und die High-Speed-Compression 14 Klicks zur Verfügung stellen. Alle Versteller bieten ein gutes haptisches Feedback mit deutlich hörbaren Klicks. Die Beschriftungen sind jedoch etwas verwirrend: Sowohl die Compression- als auch der Rebound-Regler sind mit „Open“ und „Close“ gekennzeichnet. Dabei steht „Open“ bei der Compression für eine geringere Dämpfung (weicher) und „Close“ für eine stärkere Dämpfung (härter). Für den Rebound bedeutet „Open“ ein schnelleres Ausfedern der Gabel, während „Close“ das Ausfedern nach einem Schlag verlangsamt.

Die EXT ERA V2.1-Federgabel auf dem Trail

Nach dem Einbau in unser Testbike meldet sich die ERA V2.1 beim ersten Bodenkontakt des Vorderrads mit einem leichten Klackern, als würde sich etwas Loses in der Gabel befinden. Dabei wirken die ersten Millimeter des Federwegs etwas „tot” und ohne Funktion und geben ein deutlich hörbares Klackern von sich, das aber, sobald man auf dem Trail ist und die Gabel in ihrem SAG steht, vollständig verschwindet.

Startet man auf einem flachen Trail und in technische Offcamber-Sektionen, zeigt sich die ERA V2.1 anfangs etwas reserviert. Bei geringer Belastung der Front reagiert sie weniger sensibel auf kleine Unebenheiten und feine Schläge, was durch den hohen Stand im Federweg verstärkt wird. Hier fehlt ihr das feine Ansprechverhalten von Modellen wie der FOX 38 GRIP X2 oder der DVO Onyx 38 D1 SL. Sobald jedoch die Front aktiv belastet wird, wie beispielsweise beim Abbremsen, ändert sich das Verhalten der Gabel deutlich. Die ERA V2.1 klebt regelrecht am Boden und der hohe Stand im Federweg spielt seine Vorteile voll aus, sodass Überschlagsgefühle erst gar nicht aufkommen.

Trotz ihrer 36-mm-Standrohre bietet die ERA V2.1 eine hohe Steifigkeit, die eine präzise Linienwahl und eine hohe Spurtreue begünstigt. Sobald das Terrain auf anspruchsvolle Enduro-Trails wechselt, zeigt die EXT ERA V2.1 allerdings einen Schwachpunkt: Der geringe Mid-Stroke-Support lässt die Gabel bei mittleren bis harten Schlägen zügig durch den Federweg rauschen, was auf ruppigen Trails spürbar an Kontrolle kostet.

Die Grundeinstellung der zusätzlichen Luftkammer (++) passt hier nicht optimal und man vermisst etwas Unterstützung im mittleren Federwegsbereich. Um den Mid-Stroke-Support zu erhöhen, lässt sich die zusätzliche Positiv-Luftkammer zwar einfach mit mehr Luft befüllen. Das bringt jedoch zur Folge, dass gleichzeitig die sowieso schon deutlich spürbare Endprogression noch ausgeprägter wird. Dadurch wird die Gabel im letzten Drittel des Federwegs sehr progressiv, ähnlich der DVO Onyx 38 D1 SL, allerdings etwas sanfter und später im Federwegsverlauf. Hier führen andere Federgabeln kontrollierter ans Federwegsende heran. Schwerere Fahrer haben außerdem mit einem schnellen Rebound zu kämpfen, denn selbst bei ganz geschlossenem Rebound federt die bei hohem Luftdruck in der Gabel EXT ERA V2.1 rasant aus, was in High-Speed-Passagen für weniger Kontrolle sorgt.

Fazit zur EXT ERA V2.1-Federgabel

Die EXT ERA V2.1 glänzt in unserem Test mit guter Bodenhaftung bei aktivem Belasten und hoher Spurtreue, aufgrund ihrer Steifigkeit. Der anpassbare Mid- und End-Stroke ermöglichen flexible Feinabstimmungen. Allerdings fällt sie durch wenig Mid-Stroke-Support in der Grundeinstellung, ein weniger sensibles Ansprechverhalten und eine stark ausgeprägte Endprogression hinter der Konkurrenz zurück. Damit reicht die EXT ERA V2.1 im Vergleich nicht an die Spitzenmodelle heran und platziert sich im hinteren Mittelfeld unseres Testfelds.

Tops

  • starke Bodenhaftung bei aktivem Belasten
  • hohe Spurtreue
  • anpassbarer Mid- sowie End-Stroke

Flops

  • weniger sensibles Ansprechverhalten
  • hohe Endprogression
  • wenig Mid-Stroke-Support

Mehr Infos findet ihr auf der Website von EXT.


Alle Federgabeln im Test:
DVO Onyx D1 38 SL | EXT ERA V2.1 | Formula Selva S | FOX 38 GRIP X2 | FOX 36 GRIP X | Öhlins RXF38 | RockShox ZEB Ultimate | RockShox Lyrik Ultimate |


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Text: Benedikt Schmidt Fotos: Peter Walker