Front-Kindersitze sind für Mountainbiker-Eltern eine Offenbarung. Wie sonst können wir erleben, wie Einjährige die Aufregung genießen, über Stock und Stein zu flitzen und um die Kurven zu sausen, und das alles zwischen den Armen der Menschen, denen sie am meisten vertrauen?

Das Beste an einem vorne angebrachten Fahrrad-Kindersitz ist, dass euer Kind nicht nur als Passagier mitfährt, sondern ihr das Fahrerlebnis wirklich teilt. In dieser Position könnt ihr euch mit eurem Kind unterhalten, singen, könnt es während der Fahrt beruhigen und mit einem Blick checken, ob alles in Ordnung ist. Da die Kleinen komfortabel über der Federgabel positioniert sind, könnt ihr Singletrails und moderat anspruchsvolles Gelände fahren, ihr müsst euch nicht mit einem Fahrradanhänger abmühen und natürlich sind auch die Anstiege einfacher.

Mit einem Front-Kindersitz sind die Kleinen immer in der Pole Position

Ab welchem Kindesalter kann man einen Front-Kindersitz verwenden?

Als junge Eltern wollt ihr wahrscheinlich so schnell wie möglich damit anfangen, kaum dass die ersten Laute über die Lippen der Sprösslinge kommen, die ihr selbstverständlich als Ride-Aufforderung versteht. Doch durch die Positionierung vor euch auf dem Bike haben diese Fahrrad-Kindersitze wenig oder keine Stütze für den Kopf, deshalb muss die Nackenmuskulatur des Kindes bereits stark genug sein, um den Kopf auch auf ruppigerem Gelände zu halten. Die Hersteller gehen hier lieber auf Nummer sicher und empfehlen ein Mindestalter von 12 Monaten für den sicheren Gebrauch, doch in der Regel findet man auch den Hinweis, dass eine frühere Verwendung nach Rücksprache mit einem Kinderarzt in Ordnung ist. Am anderen Ende des Spektrums haben die meisten Kindersitze ein zulässiges Maximalgewicht von 15 kg. Doch wenn eure Kinder mal so schwer sind, wollen sie vermutlich ohnehin ein eigenes Bike.

Full Enduro! Goggles schützen auch kleine Äuglein vor Dreck und Insekten

Was macht einen guten Fahrrad-Kindersitz für die Frontmontage aus?

Leichte Montage:: Wenn ihr nicht gerade ein weiteres Bike eigens für den Kindersitz reservieren wollt, dann ist das einfache Anbringen und Abnehmen des Sitzes an deinem Bike, mit dem du immer fährst, ein enormer Vorteil. Je einfacher die Montage und je dezenter die Halterung, desto öfter werdet ihr den Kindersitz nutzen! Zusätzliche Halterungen können praktisch sein, denn so könnt ihr und eure bessere Hälfte während der Fahrt abwechseln. Ideal ist es also, wenn diese Zusatzhalterungen günstig zu erwerben sind.

Passen die Kindersitze an mein Fully? Die Fahrrad-Kindersitz, die wir getestet haben, passen quasi an jedes moderne Mountainbike, mit mehr oder weniger Montageaufwand. Wenn ihr einen kurzen oder abgesägten Gabelschaft mit weniger als 20 mm Spacern habt, müsst ihr aber leider eine neue Federgabel kaufen, bevor ihr einen der Sitze zur Anbringung am Schaft verwenden könnt. Der WeeRide ist für die Montage am exponierten Steuerrohr konzipiert, lässt sich aber stattdessen auch per Adapter am Oberrohr anbringen.

Gemeinsam Biken ist super für den Familienzusammenhalt!

Gewicht: Euer Fahrrad-Kindersitz sollte so leicht wie möglich sein – schließlich müsst ihr ein 15+ Kilo Extragewicht an Sitz und Sprössling den Berg hoch kurbeln . Und vergesst nicht, eurem Dämpfer entsprechend mehr Druck zu geben, sonst wird das Handling eures Bikes leiden.

Kniefreiheit: Ihr braucht natürlich genug Platz für eure Knie, um komfortabel pedalieren zu können. Hier unterschieden sich die getesteten Sitze gewaltig. Große Fahrer/Innnen müssen sich selbst bei langen Oberrohren und bei den besten Kindersitzen mit ein wenig Kniekontakt arrangieren.

Komfort: Irgendwann wird euer Kind müde. In manchen Fahrrad-Kindersitzen kann es dann schlafen, andere sind dafür nicht geeignet, weil es keine Möglichkeit gibt, den Kopf abzulegen. Das ist also ein Faktor, der eure Fahrzeit beeinflusst.

Sicherheit: Sicherheitsstandards für Fahrrad-Kindersitz hin oder her, am Ende seid ihr zu 100 Prozent für das Wohlergehen eures Kindes verantwortlich. Ob es sich nun um einen Kindersitz mit 3-Punkt- oder 5-Punkt-Gurt oder gar ohne Gurt handelt: Ihr müsst sicherstellen, dass der Sitz korrekt montiert ist, dass euer Bike in einem gut gewarteten Zustand ist, dass euer Kind einen Helm trägt und dass ihr immer in einer Fahrweise unterwegs seid, die euren Fähigkeiten und denen eures Kindes entspricht.

Windschutzscheiben: Unglücklicherweise kriegen eure Kids da vorne eine Menge Wind und Schrott ins Gesicht. Bei manchen Kindersitzen sind zusätzliche Windschutzscheiben erhältlich, die den Spaß vielleicht etwas teurer und den Sitz noch etwas Raum einnehmender machen. Wir haben aber festgestellt, dass ein Schutzblech und Goggles auch gut funktionieren und viel Enduro-mäßiger aussehen.

Die Testkandidaten

Thule Yepp Nexxt Mini – 124 €
MacRide – 230 €
WeeRide Deluxe – 110 €
I-Bert Safe-T-Seat – 103 €

Folgende Kindersitze haben wir ausgewählt, um sie auf ihre Offroad-Tauglichkeit und Kompatibilität mit modernen Mountainbikes zu testen: Der Thule Yepp Nexxt Mini für 124 € kommt von einem der bekanntesten Hersteller für Transportlösungen am Markt, der in Sachen Design einen guten Ruf hat. Der optisch auffällige iBert safe-T-seat für 103 € bietet ausreichend Halt und Schutz für die Beine des Kindes, und den WeeRide sieht man auf Freizeitbikes häufig, das kindgerechte Design lässt eure Kleinen in Ruhe schlafen. Und schließlich der Außenseiter im Testfeld, der-Mac Ride für 230 €, der mit seinem einzigartigen Design die üblichen Regeln über Bord wirft.

Tops

Dank Sattel und Steigbügeln kann euer Kind aufstehen und so Stöße absorbieren
Platz für die Knie ist für pedalierende Eltern entscheidend
Der Mac Ride ist extrem einfach zu montieren und wieder zu entfernen
Beim Thule sind die stützende Konstruktion und der Haltebügel super für kleinere Kinder

Flops

Die Befestigungsstange des WeeRide passt ohne zusätzlichen Adapter nicht an Zero-Stack-Steuerrohre
Poröse Materialien sind für einen Kindersitz nicht wirklich praktisch
Die Gurte beim iBert sind sehr dürftig ausgeführt und können während der Fahrt verrutschen
Egal wie gut euer Fahrrad-Kindersitz ist, am Ende wollen sie ohnehin selber fahren!

Fazit

Die Gurte beim iBert safe-T-seat haben uns ein wenig Sorgen bereitet, und dass man einen längeren Vorbau dafür montieren muss, hat unsere Bereitschaft, den Sitz häufig zu nutzen, reduziert. Der WeeRide Deluxe hat uns den kleinsten Platz für die Knie beim Pedalieren gelassen. Außerdem braucht man für die Montage an modernen Zero-Stack-Steuerrohren einen speziellen Adapter, was den Sitz schwerer und teurer macht und mehr Zeit kostet.

Wenn wir uns für einen einzigen Sitz über die gesamte Dauer, bis das Kind selber fährt, entscheiden müssten, würden wir den Thule Yepp Nexxt Mini nehmen. Der Thule ist ein fantastischer Sitz, unsere Kinder haben es sehr genossen, darin unterwegs zu sein. Doch wenn euer Kind schon zwei Jahre alt ist, würden wir euch ohne Bedenken den super einfach zu benutzenden Mac Ride empfehlen. Sein Design eignet sich besser für’s Offroad-Fahren, lässt euch am meisten Platz für die Knie und vermittelt eurem Kind nebenbei grundlegende Skills für’s Mountainbiken!


Hier gehts zu den Kindersitzen!

Über den Autor

Thomas Corfield

Nach fast 30 Jahren auf dem Bike und einer Karriere im Vertrieb einer Fahrradmarke begeistert mich das Thema Mountainbike noch wie am ersten Tag. In meiner Heimat in der Nähe der schottischen Grenze genieße ich Solo-Abenteuer in den Bergen ebenso wie Nightrides in größeren Gruppen.