Der Fasst Flexx-Lenker polarisiert! Ja, er kostet knapp 500 € und ja, er besitzt Lager, die extra Wartung benötigen. Auf dem Trail ist er aber eine echte Offenbarung, vor allem für diejenigen, die unter Armpump leiden. Am Ende wollte unser Testfahrer Trevor ihn gar nicht mehr hergeben. Warum? Das erfahrt ihr in diesem Test.

Fasst Flexx-Lenker | 461 g | 497 € | fasstmtb.com

Als Bike-Tester ist das wohl einer der undankbarsten Testberichte überhaupt, denn das Interesse vieler Leute wird beim Titelbild schnell schwinden und spätestens beim Blick auf den Fasst Flexx-Lenker ist ihr Urteil bereits gefällt. Zugegeben: Wir hatten noch nie zuvor so viele Diskussionen mit fremden Bikern beim Warten auf ein Shuttle. Außerdem ist da der Preis: Fast 500 € für einen Lenker schrecken viele potenzielle Käufer auf Anhieb ab. Auch wir können nicht leugnen, dass es uns zu Beginn ähnlich ging. Aber wie wir nunmal so sind, probieren wir gerne Neues aus und siehe da: unser erster Eindruck hätte uns fast total verarscht! Schiebt man die eigenen Vorurteile beiseite und bewertet den Lenker allein anhand seiner Leistung, dann ist es gut möglich, dass dieser Lenker eines der besten Performance-Upgrades darstellt, die ihr für euer Bike bekommen könnt.

Was macht den Fasst Flexx-Lenker so besonders?

Unnötiges Marketing-Geschwafel beiseite: Der Flexx-Lenker „dämpft“ den Bereich der Griffe am Lenker und verfügt über ein Paar stoßdämpfender Elastomere zwischen euren Händen und dem Befestigungspunkt des Lenkers am Bike. Dadurch reduzieren sich die vom Vorbau an eure Hände übertragenen Vibrationen drastisch und ihr habt die Möglichkeit, den vertikalen Flex an den Griffen einzustellen (um bis zu 5°). Die Drehpunkte sind auf horizontaler Ebene – also beim Lenken – außerordentlich steif und wir haben keinerlei Flex verspürt. Das Ganze mag zunächst beängstigend wirken, aber das Konzept des Fasst Flexx-Lenkers ist bei Quads und Motocross-Bikes bereits weit verbreitet – die beim Mountainbiken wirkenden Kräfte sind daher locker innerhalb des Möglichen.

Der Lenker wird in den USA aus UD-Carbon gefertigt, mit Drehpunkten aus 7075er Aluminium und Titanschrauben. Der Enduro-Lenker verfügt über 25 mm Rise, besitzt eine Breite von 800 mm, 5° Upsweep und 8° bzw. 12° Backsweep sowie einen Durchmesser von 31,8 mm an der Klemmung. Auf unserer Waage schlägt er mit satten 461 g zu Buche. Es gibt außerdem ein „DH“-Modell, das ein wenig breiter ausfällt, um im Mittelteil Platz für Doppelbrücken-Federgabeln zu bieten. Der Lenker wird mit vier verschiedenen Elastomeren für die Drehpunkte geliefert: soft (blau), medium (gelb), hard (rot) und extra hard (schwarz), sodass sich das Level an Flex feintunen lässt. Verglichen mit anderen guten Lenkern, die eine hervorragende Nachgiebigkeit bieten, geht der Fasst Flexx noch einen ganzen Schritt weiter und erlaubt es euch außerdem, den Lenker an euer Gewicht und euer bevorzugtes Feeling anzupassen.

Der Fasst Flexx-Lenker nutzt Elastomere, die in steife Drehpunkte eingebettet sind und Nachgiebigkeit in Lastrichtung verleihen, nicht jedoch in Lenkrichtung.
Die mitgelieferten unterschiedlichen Elastomere bieten einen einstellbaren Flex.
Der Lenker fühlt sich hochwertig an und das Carbon ist dicker, als man es normalerweise gewohnt ist.

Der Fasst Flexx-Lenker im Test

Manchmal weiß man einfach nicht, was man hat – bis es plötzlich wieder weg ist. Nach fünf Testmonaten haben wir den Fasst Flexx-Lenker schließlich wieder von unserem Test-Bike demontiert und ihn durch einen standardmäßigen Highend-Carbon-Lenker ersetzt. Wie sich das Bike nun anfühlt? Schlechter. Manchmal muss man eben einen Schritt zurück machen, um die kleinen Verbesserungen in der Performance erkennen zu können,
die moderne Bike-Technik mit sich bringt. Und manchmal ist es leichter festzustellen, wenn etwas schlechter funktioniert, als umgekehrt.

Dieser Anblick ist sehr polarisierend! Doch in der Realität vergisst man schnell, dass man eine „Dämpfung“ an seinem Lenker hat – und lässt es einfach weiterhin knallhart krachen.

Wir haben den Fasst Flexx-Lenker in jeder erdenklichen Situation getestet, von endlos langen Trail-Rides bis hin zu Vollgas-Shuttle-Wochenenden. Nachdem wir einen Tag lang die unterschiedlichen Elastomere ausprobiert hatten, entschied sich unser 80 kg schwerer Tester für die Flex-Elastomere in medium. Bei der Auswahl des richtigen Elastomers sollte man aufmerksam sein: Das Weiche fühlte sich auf unseren Testfahrten deutlich zu weich an und das Fahrgefühl war dadurch schwammig und unpräzise. Im Gegensatz dazu war das harte Elastomer zwar super präzise, doch es fehlt dann an dämpfenden Eigenschaften. Der Fasst Flexx fühlte sich damit mehr wie ein „sensibler“ Carbon-Lenker mit solidem Flex an, wie etwa der Lenker von OneUp Components – was den hohen Preis natürlich nicht rechtfertigen würde. Genau richtig empfanden wir dann das Elastomer in medium: Ohne unpräzise zu sein, vermittelte es uns ein deutlich dämpfendes Gefühl. Mit diesem Elastomer hatten wir den Eindruck, das Optimum aus unserem Lenker herauszuholen. Genau wie beim Einstellen der Low-Speed-Druckstufe an eurer Federgabel müsst ihr genau das Elastomer auswählen, das so weich wie möglich ist, ohne dass ihr ein unerwünschtes Eintauchen beim starken Bremsen spürt.

Nach fünf Monaten im Gebrauch erwies sich der Fasst Flexx-Lenker als eines der beeindruckendsten Performance-Upgrades an unserem Test-Bike.

Wenn man das erste Mal mit einer FOX 38 am Limit fährt, dann ist man vom Fahrgefühl und der Dämpfung beeindruckt. Erst wenn man dann mit der FOX 36 unterwegs ist, wird einem klar, dass man mit der FOX 38 deutlich härter fahren kann als mit der 36. Genauso verhält es sich mit dem Fasst Flexx-Lenker.

Wir waren uns zunächst nicht sicher, was wir von dem Lenker erwarten sollten – und um ehrlich zu sein, hatten wir fast schon sicher ein negatives Testurteil erwartet. Doch wenn man das richtige Elastomer verwendet, dann verschafft einem der Fasst Flexx-Lenker einen spürbaren Performance-Vorteil. Lenkt man in Kompressionen hart ein – selbst mit einer steifen FOX 38 an der Front – dann spürt man am Lenker keinerlei seitlichen Flex. Die präzise gefertigten Drehpunkte sind super steif in horizontaler Richtung und ihr könnt eure Linie punktgenau wählen, genau wie mit jedem anderen Highend-Lenker aus Carbon oder Alu. In vertikaler Richtung sieht das Ganze jedoch anders aus: Unerwünschter Flex ist Fehlanzeige, es wird so aber auch nicht jede Wurzel und jedes Steinchen an eure Griffe weitergereicht. Wir haben den Lenker mit einigen brandneuen Federgabeln getestet, wie etwa der FOX 38, RockShox ZEB und Marzocchi Z1-Stahlfedergabel. In jedem Fall fühlte es sich an, als hätten wir zusätzliche vier Klicks an Low-Speed-Druckstufendämpfung zur Verfügung, die wir öffnen können, jedoch ohne irgendwelche Nachteile. Der Trail fühlte sich einfach smoother an. Wir alle wissen: Smooth bedeutet schnell, und sobald wir uns einmal an das Design gewöhnt hatten, konnten wir es im ruppigen Terrain mehr laufen lassen, Wurzeln als Landezonen nutzen und das Quäntchen extra Kontrolle voll auskosten.

Nach ein paar Ausfahrten hatten wir zu 100% Vertrauen in den Lenker und waren begeistert von dem beeindruckenden Fahrgefühl.

Besonders spürbar waren die Vorzüge des Lenkers etwa in Momenten, in denen wir über daumenbreiten Wurzeln hart bremsten – also in Situationen, wo eure Hände in Erwartung der scharfen, stotternden Vibrationen instinktiv fester zupacken. Auch wenn man eigentlich weiß, dass diese Vibrationen gleich kommen müssten – mit dem Fasst-Lenker werden sie erheblich gedämpft, sodass ihr mehr Selbstvertrauen und Kontrolle habt. An langen Shuttle-Tagen fühlten sich unsere Hände und Unterarme weniger beansprucht an. Auch lange vier- bis fünfminütige „Race-Runs“ waren weniger ermüdend. Das einzige kleinere Problem, das auftrat: Wir vertrauten dem Lenker irgendwann so sehr, dass wir völlig aus den Augen verloren, dass dieser auch bewegliche Teile hat. So vergaßen wir dann auch, regelmäßig das Anzugsdrehmoment der Schrauben an den Elastomeren zu checken, sodass sich eine davon lockerte. Das wirkte sich jedoch in keiner Form negativ auf die Funktion aus, da das Elastomer von oben eingesetzt wird und daher nicht nach unten herausfallen kann. Sobald ihr das richtige Elastomer gefunden habt, ist ein klein wenig Loctite 243 auf den Schrauben sicherlich keine schlechte Idee. Falls ihr bei eurem Vorbau den Lenker hineinschieben müsst, statt ihn mit vier Schrauben zu klemmen, dann wird der Lenker jedoch leider nicht passen.

Nach fünf Monaten mit dem Lenker fühlen sich seine Drehpunkte und Elastomere wie neu an – es hat sich kein Spiel entwickelt. Allerdings können sich die Schrauben lockern – wir empfehlen Loctite zur Lösung des Problems.
Ihr unterhaltet euch gern mit Wildfremden? Jeder da draußen wird mit euch mit diesem Lenker ansprechen wollen.
Nachdem wir den Fasst Flexx-Lenker von unserem Test-Bike wieder entfernt hatten, fühlte sich dieses weniger smooth an.

Ohne Frage ist der Fasst Flexx-Lenker eine gute Investition für jemanden mit einer Verletzung oder all jene, die unter Armpump leiden. Solltet ihr mehr über Armpump und Tipps zu seiner Vermeidung erfahren wollen, findet ihr alles dazu in diesem separaten Artikel. Allerdings würde man dem Lenker Unrecht tun, ihn als „Nischenprodukt“ abzustempeln, da er einen spür- und messbaren Performance-Vorteil bietet, der sich auch auf der Stoppuhr ablesen lässt. Böse Zungen würden behaupten (was durchaus nachvollziehbar ist), dass dieser Lenker die Kosten für eine normalerweise erschwingliche Komponente in astronomische Höhen treibt. Doch sobald wir den Lenker vorurteilsfrei an unserem Bike montiert hatten, stellten wir fest, dass wir mit ihm schneller, länger, komfortabler und kontrollierter fahren konnten, als mit jeder anderen Vorbau-Lenker-Kombi – so lauten die harten Fakten. Es schmerzt sicherlich immer, fast 500 € für ein Gadget abzudrücken. Daher ist es eine feine Sache, dass Fasst eine 30-tägige Geld-zurück-Garantie bieten, die sie selbst „Ride it, believe it“ nennen. Für euch bedeutet das konkret: Ihr habt 30 Tage Zeit, um den Lenker ausgiebig zu testen – und wenn er für euch nicht funktioniert, bekommt ihr den kompletten Preis zurückerstattet. Außerdem gibt es mittlerweile auch ein günstigeres Aluminium-Modell, sodass das Konzept auch für einen breiteren Nutzerkreis erschwinglich ist.

Ihr ahnt nicht, welchen Einfluss Vibrationen auf eure Kraft und eure Kontrolle haben – bis ihr sie plötzlich nicht mehr spürt. Mit dem Fasst-Lenker konnten wir präziser und kontrollierter fahren.

Fazit

Der Fasst Flexx-Lenker ist ein wirklich überraschend gutes Produkt. Es ist ein Jammer, dass viele nicht hinter die Fassade seines Preises, Gewichts oder ungewöhnlichen Konzepts blicken werden – denn wenn man das tut, dann bietet der Fasst Flexx-Lenker mehr Kontrolle, Komfort und somit auch mehr Speed als jeder andere Lenker. Er glättet tatsächlich den Trail und verbessert schlicht und einfach die Performance eures Bikes.


Mehr Informationen findet ihr unter fasstmtb.com

Tops

  • Flex/Nachgiebigkeit einstellbar
  • weniger Erschöpfung/Armpump
  • erlaubt es euch, härter zu fahren

Flops

  • funktioniert nur mit Lenker-Klemmungen mit vier Schrauben
  • teuer
  • schwer – wenn euch so etwas Vernachlässigbares wie Gewicht interessiert

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Text: Fotos: Finlay Anderson