First Ride: das neue Nukeproof Mega 275 und 290

Es gibt Trails, die ein Bike besser dastehen lassen, als es eigentlich ist. Und es gibt Trails, die jede Schwäche gnadenlos zutage fördern. Von Letzterem kann man getrost sprechen, wenn man die unfassbar verblockten Dolceacqua Trails hinter sich hat. Mit jedem weiteren Einschlag wurde das nötige Vertrauen ins Bike wichtiger, ein Vertrauen, dass mitnichten im Laufe einer Saison gewonnen wurde. Es war der erste Ritt auf dem brandneuen Nukeproof Mega Pro und es machte einen Heidenspaß! Dank massiver Veränderungen im Vergleich zum Vorgängermodel und ganz neuen Formaten scheinen Nukeproof 2016 hoch hinaus zu wollen.

Das zugrunde liegende Nukeproof Mega war zu Recht ein beliebtes Bike. Den gut zu handlenden Eingelenker sah man auf vielen Hobbyrennen, wo er mit seinem etwas bulligen Design und vehementem Bremsstempeln für Kontroversen sorgte. Das neue Mega ist davon Welten entfernt; abgespeckt, mit neuem, sportlichen Look und einem komplett neuen Fahrwerk. Als ob das nicht genug wäre, gibt es das Mega jetzt auch noch in 27,5 und 29 Zoll.

Das Nukeproof Mega setzt jetzt auf einen Horst-Link-Hinterbau
Das Äußere des neuen Mega ist völlig neu und man merkt schnell, woran das liegt: der am Oberrohr montierte Dämpfer samt Eingelenker-Hinterbau wurde durch einen Horst-Link-Hinterbau mit vier Streben ersetzt. Da der Dämpfer nun nicht mehr am Oberrohr sitzt, konnte dieses ehemals bullige Bauteil deutlich verschlankt und besser ins Design eingepasst werden, wodurch zusätzlich noch ein paar Gramm gespart werden konnten. Um kurz etwas technisch zu werden: durch die Verlagerung des Dämpfers in Richtung Unterrohr wurde der Hinterbau im Vergleich zum Vorgänger deutlich linearer. „Linearer? Das ist doch nicht gut!“, wird jetzt mancher rufen. Tatsächlich ist die landläufige Meinung, ein progressiver Dämpfer wäre zwangsläufig etwas Gutes, aber eine falsche. Durch den linearen Hinterbau kann der Fahrer durch den Einbau von Volume-Spacern die Federkinematik ganz nach Belieben anpassen. Der Horst-Link sollte auch bewirken, dass das nervige Bremsstempeln des Vorgängers weitgehend abgeschaltet ist.

Das neue Nukeproof Mega 29 wird Fans großer Laufräder begeistern!
Eine weitere angenehme Neuerung ist die Adaption des abfahrtorientierten Systems, der klaren Designsprache und aggressiven Geometrie auf den 29er Rahmen mit 150 mm Federweg. Diese klingen in Verbindung mit 66° Steuerwinkel nach Gravity-Spaß, was von der Ausstattung unterstützt wird. Ein Bike also, das viele Fahrer interessieren wird, die ein Bike für schnelle Abfahrten bei entspanntem Handling suchen. Den großspurigen Trailbändiger wird es in den gleichen drei Ausstattungsvarianten geben wie das 27,5er Modell.

Reden wir mal über den neuen Nukeproof Hinterbau.
Wenn euch die Fahreigenschaften mehr interessieren als Raderhebungskurven und Hebelverhältnisse solltet ihr zum nächsten Teil springen. Für die Nerds unter euch haben wir uns mit Dale McMullan, dem Ingenieur hinter dem neuen Fahrwerk, über das neue Bike und den Wechsel zum Horst-Link unterhalten. „Der größte Vorteil ist die reduzierte Blockierung des Hinterbaus beim Bremsen (Bremsstempeln), er bleibt also aktiver. Die Raderhebungskurve ist davon abgesehen dieselbe wie ohne Horst-Link. Sie sinkt also, bevor sie sich hebt; nur, dass man nun entscheiden kann, ob man das Abfallen zu Beginn oder am Ende des Federweges haben möchte. Ich habe es gern am Anfang, da das Fahrergewicht im Sag-Bereich unterstützt wird und man über den gesamten Federweg einen aktiveren Hinterbau hat. Der RockShox Debonair funktioniert hier übrigens sehr gut.“

„Wir wollten von Anfang an, dass das neue Mega mehr in Richtung Gravity geht, weswegen wir an den Faktoren für Pedalrückschlag gedreht haben, was das Bike auf Abfahrten sehr aktiv macht. Beim Anstieg muss man nun allerdings den Dämpfer umstellen; die zusätzliche Druckstufe beim Monarch eliminiert dann jedes ungewollte Wippen. Die Anti-Wipp-Plattform ist zwar reduziert, wirkt aber im gesamten Federweg, während sie bei anderen Bikes gleich zu Beginn stark abnimmt.“
Die Geometrie des neuen Nukeproof Mega
Sometimes the sizing of bikes can be a minefield, but the new Mega offers no nasty surprises. the low slung frame and long top tube, combined with a 50 mm stem made the size Large perfect for our 180 cm tall tester, as expected. With a 460 mm reach the cockpit is comfortable and aggressive, and we were big fans of the sweep of the Nukeproof Warhead 20 mm rise 760 mm bars.

Die Geometrie des Nukeproof Mega 275
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sitzrohrlänge | 38,1cm | 42,0cm | 45,8cm | 50,8cm |
Oberrohrlänge | 56,0cm | 58,5cm | 61,1cm | 63,2cm |
Steuerrohr | 10,5cm | 10,5cm | 11,0cm | 11,5cm |
Lenkwinkel | 65° | 65° | 65° | 65° |
Sitzwinkel | 75.5° | 75.5° | 75.5° | 75.5° |
Kettenstrebenlänge | 43,5cm | 43,5cm | 43,5cm | 43,5cm |
Tretlagerabsenkung | -1,0cm | -1,0cm | -1,0cm | -1,0cm |
Radstand | 11,62cm | 11,87cm | 12,14cm | 12,36cm |
Reach | 41,00cm | 43,50cm | 46,00cm | 48,00cm |
Geometrie des Nukeproof Mega 290
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sitzrohrlänge | 38,1cm | 42,0cm | 45,8cm | 50,8cm |
Oberrohrlänge | 57,0cm | 59,5cm | 62,1cm | 64,2cm |
Steuerrohrlänge | 10,0cm | 10,0cm | 10,5cm | 11,0cm |
Lenkwinkel | 66° | 66° | 66° | 66° |
Sitzwinkel | 75,5° | 75,5° | 75,5° | 75,5° |
Kettenstrebenlänge | 45,0cm | 45,0cm | 45,0cm | 45,0cm |
Tretlagerabsenkung | -3,0cm | -3,0cm | -3,0cm | -3,0cm |
Radstand | 11,72cm | 11,97cm | 12,24cm | 12,46cm |
Reach | 41,00cm | 43,50cm | 46,00cm | 48,00cm |
Das Nukeproof Mega 275 auf dem Trail.
Man hatte uns eingeladen, die Bikes vor der Veröffentlichung im italienischen Ferienort Dolceacqua zu testen, der zwischen Finale Ligure und Nizza liegt. Während der zweitägigen Test-Session sollten uns die Guides von Supernatural mit der Unterstützung von keinem Geringeren als Sam Hill ein paar wirklich außergewöhnliche Enduro-Trails zeigen. Für das 27,5er Mega wählten wir zwei Bottomless Token in der Gabel und 35% Sag am Heck. Wir waren gespannt, das Bike auf den Trails zu erleben.

Bei den ersten Rampen machte sich das gesenkte Gewicht bemerkbar und das Mega ließ sich motiviert nach vorne bringen. Die neue Federungskinematik hat zur Folge, dass das Bike im Sag-Bereich butterweich ist und förmlich am Untergrund klebt. Die Fahrt war ausgeglichen und angenehm, nur bei längerem Wiegetritt mussten wir den Dämpfer entsprechend umstellen. 65° an der Front fühlen sich flach an und wirken bei langsamer Fahrt unruhig, wenn man diese aggressive Position nicht gewohnt ist. Der flache Rahmen samt langem Radstand passen zu diesem „Vollgas-Bild“.


Es war also nicht verwunderlich, dass sich das Bike sofort zuhause fühlte, kaum, dass es bergab ging. Die Reinkarnation unterscheidet sich stark vom alten Mega, das ein solides Bike für einen bodenständigen Fahrstil war. Der Eingelenker schluckte die größten Schläge weg, hatte aber Probleme mit Bremsstempeln, wenn stark verzögert werden musste. Das neue 27,5er Mega ist deutlich ausgeglichener und verleitet dazu, Gas zu geben. Die dünneren Rohre lassen es filigraner wirken und wir waren alle überrascht, wie leise es ist. Das Cockpit ist vertrauenserweckend und half uns, mit dem Mega an unsere Grenzen zu gehen. Das Bike schien richtiggehend Spaß daran zu haben, Steine und Wurzeln zu doublen, war aber auch für die Variante „drauflos und festhalten“ zu haben. Dank des flachen Rahmens kann man sich in Kurven über dem Bike gut bewegen, Drifts waren also Ehrensache. Bei größeren Einschlägen kam der lineare Hinterbau an seine Grenzen, aggressivere Fahrer werden hier mehr Volumen-Spacer im Dämpfer verbauen müssen. In zwei Tagen lässt sich nicht allzu viel sagen, aber die Trails von Dolceacqua machten mit dem neuen Mega 275 richtig Laune und wir freuen uns schon darauf, es länger testen zu dürfen.

Das Nukeproof Mega 290 auf dem Trail.
Das neue 290 wird einige Biker interessieren: ein ambitioniertes 150-mm-Bike, das Verspieltheit mit den Vorteilen von größeren Rädern vereint. Wir fanden die Qualitäten des 275 im 290 wieder, sei es das unbeschwerte Handling, das sportliche Cockpit oder die sinnige Ausstattung. Wo das 290 punkten konnte, war bei den Aufstiegen, die etwas steileren 66° halten das Bike auf dem Trail, während die größeren Räder die Unebenheiten besser überrollen.




Es fühlte sich nicht lethargisch oder unförmig an, präzises Steuern und knackige Beschleunigung waren die Stichworte beim Anstieg. Auch bei der Abfahrt konnte das 290 beeindrucken – auf den verblockten Geraden schoss es nach vorne und konnte seinen kleinen Brüdern schnell Land abgewinnen. Die größeren Räder fanden weniger Schlaglöcher und preschten ungehinderter durch loses Geröll. Auch in der Luft fühlte sich das Bike verspielt und kontrollierbar an. Insgesamt war es vielleicht sogar ein besseres Gesamtpaket, auch wenn es in engen Kurven zurückstecken musste.
Nukeproof Mega Modelle
Das neue Nukeproof wird es, pro Laufradgröße, in drei Ausstattungsvarianten geben: in Comp, Pro und Team. In 27,5 wird es zusätzlich die Einstiegsvariante Race geben. Bei beiden Laufradgrößen kommt das Comp Modell auf 3449,99 € und bringt neben einer RockShox Pike RC mit 160 mm einen Monarch Plus RC3 Debonair Dämpfer mit. SRAM Gx 1×11 Antrieb und SRAM DB5 Bremsen sind in dieser Preisklasse nicht oft zu sehen und die SRAM ROAM 30 Laufräder mit WTB Bereifung sind leicht und robust. Unser Favorit ist das Pro Modell für 4299,99 €, das mit einer PIKE RTC3, ROAM 40 samt Schwalbe Bereifung, einem kompletten SRAM X-1 Antrieb und Guide RS Bremsen veredelt wird. Die beste Ausstattung bekommt man mit den Team Modellen, das zwar 5199,99 € kostet, dafür aber auch mit SRAM X01 Black Antrieb, Guide RSC Bremsen und Rail 50 Felgen aufwartet. Die 27,5er Einstiegsvariante Race kostet 2799,99 € und kommt mit Manitou Mattoc Gabel, Monarch HV Dämpfer WTB SX23 Laufrädern und einem Shimano Deore Antrieb.




Fazit
Wir sind natürlich gespannt auf weitere, längere Tests. Aber die ersten Eindrücke zeigen, dass man mit dem neuen Nukeproof Mega ein exzellentes Bike zu einem super Preis bekommt. Es freut uns, dass Nukeproof das Bike in beiden Radgrößen anbietet und so dem Käufer ermöglich, das Rad zu wählen, das am besten zu seinem Stil und seinen Hometrails passt. Die Symbiose aus alten Erfahrungen, dem Wechsel zum Horst-Link und die Design-Kur hat ein deutlich vielseitigeres Bike hervorgebracht, das zu Fahren unglaublich viel Spaß macht! Wir sind gespannt, wie es sich bei wechselndem Terrain bewähren wird.

Text: Trev Worsey Bilder: Duncan Phillpot
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