Das Focus Jam² kommt super dezent komplett in schwarz daher. Dennoch ist es an der Silhouette klar als ein Bike der Stuttgarter zu erkennen. Doch auch wenn der Look wie gewohnt ist, benutzt das Jam² einen komplett neuen Hinterbau. Wie wirkt sich das auf die Trail-Performance aus? Kann das günstige Jam² mit den Big Dogs mithalten?
Das Focus Jam² ist das erste Light-E-MTB des Herstellers. Es reiht sich optisch in das Focus Line-up ein, setzt jedoch auf den neuen FOLD 3.0-Viergelenker-Hinterbau. Dieser entlockt dem Bike 150 mm Federweg, kombiniert wird das mit 160 mm an der Front. Mit einem Preis von 8.499 € ist es das günstigste Bike im Test – und das mit einigem Abstand. Gewichtstechnisch liegt es mit 19,4 kg allerdings auch auf der dickeren Seite.
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Light-E-MTB 2023 – 8 Modelle im Test
Das Light-E-MTB Focus Jam² SL 9.9 2023 im Detail
Focus setzt beim Jam² SL 9.9 auf einen unauffälligen Look und minimales Branding. Die Form ist allerdings – wie bei den anderen Bikes mit FAZUA-Motor – etwas dicker als bei z. B. den TQ-Bikes im Test. Der dafür verantwortliche FAZUA Ride 60-Motor ist längs im Unterrohr verbaut und mit einem 430-Wh-Akku kombiniert. Dieser ist als einziger im Test nicht im Bike ladbar und muss zum Aufladen immer aus dem Bike entnommen werden. Dafür ist aber auch keine Ladebuchse am Bike verbaut, was zum cleanen Look des Bikes beiträgt und zudem Gewicht einspart. Zum Glück geht der Ausbau des Akkus easy, man muss lediglich mit dem 6er-Inbus aus der Steckachse die Sicherungsschraube des Akku-Covers lösen, dann kann der Akku einfach herausgezogen werden. Nur ein Schnellverschluss ohne Werkzeug wäre hier noch schneller. Der Ladestand wird auf der FAZUA-LED HUB mit 5 Balken angezeigt, der Unterstützungsmodus mit verschiedenen Farben. Bei Sonneneinstrahlung lassen sich die Farben allerdings nur schwer unterscheiden. Die FAZUA Ring Control-Remote lässt sich intuitiv bedienen, das haptische Feedback ist aber etwas holzig.
Die Ausstattung des Light-E-MTB Focus Jam² SL 9.9 2023
Das getestete Focus Jam² SL 9.9 kann zwar nicht mit dem Top-Spec aufwarten, der Unterschied ist allerdings, dass unser Test-Bike auf Trail-Performance anstatt auf Leichtbau optimiert ist. An der Front arbeitet die FOX 36 Performance Elite mit GRIP2-Dämpfungskartusche. Diese bietet top Performance und maximale Einstellbarkeit ohne goldenes Bling-Bling. Passend dazu ist am Heck ein FOX FLOAT X Performance-Luftfederdämpfer verbaut. Die Post Moderne-Dropperpost bietet 170 mm Hub und bringt euch damit ausreichend Bewegungsfreiheit auf dem Bike. Schaltung und Bremsen kommen aus der Shimano XT-Serie und sind mit 200-mm-Bremsscheiben an Front und Heck kombiniert. Das Cockpit ist Fokus-typisch mit dem C.I.S.-Vorbau versehen. Bei dem werden die Züge oberhalb des Lenkers durch den Vorbau gelegt – Oktopus-Look inklusive. Der Race Face Atlas 35-Lenker ist der einzige Alu-Lenker im Test, mit einer Breite von 820 mm ist er jedoch für alle Tester zu breit – wir raten euch direkt zum Kürzen. Die DT Swiss HX1700 LS Alu-Laufräder wurden speziell für den Einsatz an Light-Support-E-MTBs entwickelt. Darauf sind Reifen von Schwalbe gezogen: Vorne der Magic Mary in Soft-Gummimischung mit Super Ground-Karkasse und hinten der Nobby Nice in Speedgrip-Gummimischung mit Super Trail-Karkasse. Hier würden wir uns auch vorne robustere Super Trail-Reifen wünschen. Wenn ihr noch mehr Trail-Performance herauskitzeln wollt, könnt ihr sowohl vorne als auch hinten Reifen mit weicherer Gummimischung verbauen.
Focus Jam² SL 9.9
8.499 €
Specifications
Motor FAZUA Ride 60 60 Nm
Battery FAZUA Energy 430 Wh
Display FAZUA LED HUB
Fork FOX 36 Performance Elite GRIP2 160 mm
Rear Shock FOX FLOAT X Performance 150 mm
Seatpost Post Moderne 170 mm
Brakes Shimano XT 200/200 mm
Drivetrain Shimano DEORE XT 1x12
Stem FOCUS C.I.S 50 mm
Handlebar Race Face Atlas 35 Alu 820 mm
Wheelset DT Swiss HX1700 LS Alu 29"
Tires Schwalbe Magic Mary Super Ground Soft/ Schwalbe Nobby Nic Super Trail Speedgrip 2,4/2,4
Technical Data
Size S M L XL
Weight 19,4 kg
Perm. total weight 135 kg
Max. payload (rider/equipment) 116 kg
Trailer approval nein
Kickstand mount nein
Specific Features
Flip-Chip
Tuning-Tipp: Lenker kürzen | weichere Reifen mit robusterer Karkasse
Die Geometrie des Light-E-MTB Focus Jam² SL 9.9 2023
Das Focus Jam² SL ist in vier Größen von S bis XL erhältlich. In unserer getesteten Größe L bringt es einen Reach von 485 mm und eine Sattelrohrlänge von 440 mm mit. Das gehört zu den kürzeren Sattelrohren im Test, was euch zusammen mit der voll versenkbaren Dropper gute Bewegungsfreiheit gewährleistet. Die Kettenstrebenlänge ist mit zwei Flip-Chips in Sitz- und Kettenstrebe zwischen 440 mm und 447 mm einstellbar. In Größe S und M wird das Jam² SL in der kurzen Variante, in Größe L und XL in der langen Variante ausgeliefert. Zusätzlich kann man durch Drehen der Steuersatzschalen den Lenkwinkel zwischen 64,5° und 65,5° variieren. Wir sind das Bike im Long- und Slack-Setting gefahren.
Größe | S | M | L | XL |
---|---|---|---|---|
Sattelrohr | 390 mm | 420 mm | 440 mm | 460 mm |
Oberrohr | 578 mm | 607 mm | 637 mm | 672 mm |
Steuerrohr | 100 mm | 100 mm | 120 mm | 140 mm |
Lenkwinkel | 65,5° | 65,5° | 65,5° | 65,5° |
Sitzwinkel | 76,5° | 76,5° | 76,5° | 76,5° |
Kettenstrebe | 440 mm | 440 mm | 440 mm | 440 mm |
BB Drop | 25 mm | 25 mm | 25 mm | 25 mm |
Radstand | 1.194 mm | 1.224 mm | 1.257 mm | 1.295 mm |
Reach | 430 mm | 460 mm | 485 mm | 515 mm |
Stack | 614 mm | 614 mm | 632 mm | 650 mm |
Das Light-E-MTB Focus Jam² SL 9.9 2023 auf dem Trail
Auf dem Focus Jam² SL 9.9 sitzt man sehr komfortabel, weder zu aufrecht noch zu gestreckt. Der Hinterbau ist nicht sehr effizient und wippt ordentlich beim Uphill, dafür generiert er auch viel Traktion auf technischen Anstiegen. Braucht man etwas Extra-Power, kann man mit der Boost-Funktion 450 W Spitzenleistung des Motors abrufen. Die Bedienung dazu ist allerdings etwas umständlich. Wird der Anstieg zu steil, muss man die Front aktiv belasten, um das Vorderrad am Steigen zu hindern. Das Jam² SL ist also eher ein entspannter Tourer als eine eifrige Bergziege. Das macht es gut geeignet für längere Routen, wobei die Akku-Kapazität von 430 Wh und das Fehlen eines Range Extenders hier wiederum einschränken.
Das Jam² SL 9.9 sieht super schlicht aus, es hat nicht mal einen Ladeport. Der Akku muss deshalb zum Laden entnommen werden.
Geht es bergab, steht man auf dem Jam² SL sehr gut integriert und die hohe Front gibt einem direkt ordentlich Sicherheit. Dennoch ist die Balance zwischen Front und Heck gut gelungen. Wie man es von Focus gewohnt ist, bietet das Bike ein sehr gutmütiges Handling, abgesehen davon hat es aber einen spürbar anderen Charakter als die anderen Bikes des Stuttgarter Herstellers. Das Fahrwerk hat deutlich mehr Gegenhalt und so muss man durch das Steinfeld mit dem Jam² SL nicht blind durchbrettern, sondern kann davor ordentlich abziehen und das ganze Teil einfach überspringen. FOCUS hat im Vergleich zu dem Bike, das wir für unseren ersten Test gefahren sind, in Sachen Dämpfer-Tune für unser Vergleichstest-Bike wohl nachgebessert. Der Hinterbau des Jam² SL ist jetzt deutlich definierter, bietet aber dennoch gute Traktion und Endprogression. Er ist – passend zum schlichten Look des Bikes – angenehm unspektakulär und macht seinen Job ohne Murren, sodass man sich nie Gedanken machen muss, was unter einem gerade passiert. Insgesamt ist das Focus ein starker Allrounder, das zwar nicht ganz an die Laufruhe und Agilität des Orbea herankommt, dafür aber mit seinem super einfachen Handling auftrumpft. Das macht es zu dem Bike im Test, das am einfachsten zu fahren und so bestens auch für Einsteiger geeignet ist.
Durch seine solide Ausstattung, das gute Fahrwerk und super einfache Handling ist das Focus Jam² SL ein Arbeitsgerät für Einsteiger und Experten gleichermaßen.
Fazit
Das Focus Jam² SL 9.9 zeigt nicht nur einen unauffälligen Look mit seiner All-Black-Lackierung, auch die Fahrweise ist unspektakulär. Das ist aber keinesfalls schlecht, denn das Jam² SL ist ein unauffälliger Alleskönner, der komfortable Tour-Eigenschaften mit starker Trail-Performance kombiniert. Der grundsolide Spec, das gute Fahrwerk und das mega einfache Handling machen es zu einem Arbeitsgerät für Einsteiger und Experten gleichermaßen – mit dem günstigsten Preis des Tests.
Tops
- solider Spec
- gutmütiges Handling
- starker Allrounder
Flops
- Reifen schränken Potential ein
- Akku muss zum Laden entnommen werden
Mehr Informationen findet ihr unter focus-bikes.com
Das Testfeld
Einen Überblick über diesen Vergleichstest erhaltet ihr hier: Das beste Light-E-MTB 2023 – 8 Modelle im Test
Alle Bikes im Test: Focus Jam² SL 9.9 2023 | Forestal Siryon Diode (Zum Test) | Haibike LYKE CF SE (Zum Test) | Orbea Rise M-LTD (Zum Test) | Pivot Shuttle SL Pro X01(Zum Test) | SCOTT Lumen eRIDE 900 SL (Zum Test) | SIMPLON Rapcon Pmax TQ (Zum Test) | Trek Fuel EXe 9.9 XX1 AXS (Zum Test)
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Text: Simon Kohler Fotos: Peter Walker, Mike Hunger