Seit fünf Jahren wandert das FOCUS SAM ohne große Neuerung über die Ladentheke. Das hat nun ein Ende. Mit einer modernen Geometrie, dem F.O.L.D. Hinterbau und 170 mm Federweg will die zweite Generation des FOCUS SAM alles machen wie das alte – nur eben deutlich besser. Wir verraten euch, wie sich das neue Enduro von FOCUS auf dem Trail schlägt.

FOCUS SAM | 170 mm/170 mm (v/h) | 13,00 kg | 5.999 €

Das wohl auffälligste Upgrade am neuen FOCUS SAM ist der F.O.L.D. Hinterbau, der erstmals 2016 am Modell FOCUS JAM vorgestellt wurde. Wie das JAM soll nun auch das SAM von den Vorteilen der F.O.L.D. Kinematik profitieren. Darunter steht an zentraler Stelle die sogenannte “Zwei-Phasen-Kennlinie”. In der ersten Phase, bis 35% SAG, verläuft die Kennlinie degressiv, was für ein feinfühliges Ansprechverhalten und einen effizienten Antrieb sorgen soll. In der zweiten Phase, ab 35% SAG, verläuft die Kennlinie progressiv, sodass der Hinterbau genügend Reserven für große und schnell aufeinanderfolgende Schläge bereit halten soll. Verantwortlich für die Kennlinie sind die sogenannten Mainlink- und Guidelink-Umlenkhebel. Diese sitzen direkt am Dämpfer, sodass der Hinterbau aus einem Stück gefertigt werden kann. Das hat zur Folge, dass die ungefederte Masse deutlich geringer wird und der Schwerpunkt des Rades mit dem Dämpfer und den Umlenkhebeln tief und mittig positioniert wird – wie es sich eben gehört.

FOCUS will mit dem neuen SAM insbesondere die Bikepark-Fahrer ansprechen, die sich vor keinem Sprung und keinem Drop scheuen und selbst im härtesten Gelände eine verspielte Linie finden. Deutlich wird das gleich auf mehrere Art und Weisen. Das neue SAM verfügt neuerdings über 170 mm Federweg vorne und hinten. Außerdem kommt das SAM ausschließlich mit 27,5”-Laufrädern, die laut FOCUS für die nötige Wendigkeit und Agilität sorgen sollen. Auch die beiden Teamfahrer Olly Wilkins und Geoff Gulevich zeigen, wofür das Rad gemacht ist, beim Audi Nines Events heizten sie mit dem SAM bereits über haushohe Kicker.

Im Hauptrahmen ist Platz für einen Flaschenhalter, bei Rahmengröße S passt allerdings nur eine kleine Flasche. Große Fahrer und Fans langer Bikes schauen leider in die Röhre, denn das SAM gibt es nur in den drei Rahmengrößen S, M und L. Im Vergleich zum Vorgänger ist der Vollcarbon-Rahmen des neuen SAM ganze 400 g leichter, sodass unser Testbike in Größe M auf schlanke 13 kg kommt.

Endlich Wasser
Am Unterrohr lässt sich beim neuen SAM ein Flaschenhalter montieren

Das FOCUS SAM 9.9 im Detail

Die zweite Generation des FOCUS SAM wird es in zwei Ausstattungsvarianten geben. Bei unserem Testmodell handelt es sich um das FOCUS SAM 9.9 für 5.999 €, bei dem sowohl der Hauptrahmen, als auch das hintere Rahmendreieck aus Carbon sind. Außerdem verfügt es über eine RockShox Lyrik RC2-Federgabel, die dank der Charger 2-Dämpfung nicht nur äußerst feinfühlig arbeitet, sondern auch den größten Schlägen gekonnt die Stirn bietet. Die Kontrolle über den Hinterbau übernimmt der RockShox Super Deluxe RCT, der in Verbindung mit der Federgabel ein hervorragendes Fahrwerk darstellt.

Federgabel: RockShox Lyrik RC2 170 mm
Dämpfer: RockShox Super Deluxe 170 mm
Bremsen: SRAM Guide RSC
Schaltung: SRAM GX-Eagle
Sattelstütze: RockShox Reverb Stealth
Vorbau: BBB 55 mm
Lenker: BBB 780 mm
Reifen: MAXXIS HighRoller II 2,5” (vorne)/Maxxis DHF 2,5” (hinten)
Laufräder: Race Face Turbine

Das Herzstück
Der F.O.L.D. Hinterbau findet nach dem JAM jetzt auch beim FOCUS SAM Einzug.
Interessante Wahl!
Der MAXXIS Minion DHF hinten …
… und der MAXXIS HighRoller II vorne scheinen auf den ersten Blick merkwürdig. Funktionieren in der Kombination aber sehr gut.
750 mm statt 780 mm
Die Race Face Griffe klauen einem aufgrund der ausgeprägten Wölbung am Ende gut 3 cm Lenkerbreite

Wie beim günstigeren Modell finden sich auch beim FOCUS SAM 9.9 eine SRAM GX-Eagle-Schaltung. Gebremst wird SAM 9.9 mit einer SRAM Guide RSC, an einem Bike dieses Kalibers hätten wir jedoch lieber die standfestere CODE RSC gesehen. Grund für den Gewichtsunterschied von 1,5 kg zwischen den beiden Ausstattungsvarianten sind, neben dem Carbon-Hinterbau, auch die leichten TRUVATIV DESCENDANT Carbon-Kurbeln. Bei beiden Bikes kommt ein MAXXIS HighRoller II vorne und ein MAXXIS DHF im Heck in 2,5” Breite zum Einsatz.

Schön leise
Die Kette und die Kettenstreben geben dank des umfänglichen Kettenstrebenschutzes auch im harten Gelände keinen Mucks von sich
Classic
Der Einlass für die Züge ins Innere des Rahmens ist, wie das markante Oberrohr, über die Jahre zum Designmerkmal geworden

FOCUS SAM 8.9

In der günstigeren Variante, dem SAM 8.9 für 3.999 €, findet sich ein Hinterbau aus Aluminium und ein FOX Fahrwerk bestehend aus einer 36 FLOAT Rhythm-Federgabel und dem FOX VAN Performance-Dämpfer. Gebremst wird mit einer SRAM Guide R und auch die Schaltung stammt mit der GX-Eagle ebenfalls von SRAM.

Federgabel: FOX 36 Float Rhythm 170 mm
Dämpfer: FOX Van Performance 170 mm
Bremsen: SRAM Guide R
Schaltung: SRAM GX-Eagle
Sattelstütze: Kind Shock E30-i
Vorbau: BBB 55 mm
Lenker: BBB 780 mm
Reifen: MAXXIS HighRoller II 2,5” (vorne)/MAXXIS DHF 2,5” (hinten)
Laufräder: DT Swiss E1900

Die Geometrie des neuen FOCUS SAM

Beim Thema Geometrie will sich das FOCUS SAM modern “lang und flach” positionieren.Es v erzichtet aber bewusst auf die extremen Geometrien, die wir mittlerweile von Pole, NICOLAI oder dem Bold Unplugged gewohnt sind und verfügt daher über super kurze Kettenstreben mit einer Länge von 428 mm. Der Lenkwinkel ist mit 64,8° ein Grad flacher im Vergleich zum Vorgänger, was dem Fahrer gerade im steilen und schnellen Gelände Sicherheit vermitteln soll. Der Reach ist um 8 mm gewachsen und kommt so auf 460 mm in Größe L. Beim Stack hat das neue SAM allerdings ganze 2 cm zugelegt. Da das Rad sowohl auf dem Papier als auch in der Praxis relativ kurz ausfällt, empfehlen wir jedem erfahrenen Fahrer, der zwischen zwei Größen steht, das nächste größere Modell.

Größe S M L
Sattelrohr 400 mm 425 mm 450 mm
Oberrohr 581 mm 603 mm 623 mm
Steuerrohr 106 mm 115 mm 130 mm
Lenkwinkel 64,8° 64,8° 64,8°
Sitzwinkel 75° 75° 75°
Kettenstrebe 428 mm 428 mm 428 mm
BB Drop 13 mm 13 mm 13 mm
Radstand 1.170 mm 1.195 mm 1.221 mm
Reach 420 mm 440 mm 460 mm
Stack 600 mm 610 mm 623 mm

Das FOCUS SAM 9.9 in freier Wildbahn

Einmal auf dem FOCUS SAM Platz genommen, heißt es: wohlfühlen! Die zentrale Sitzposition und das tiefe Tretlager vermitteln schon auf den ersten Metern viel Vertrauen. Sobald der Weg steigt und die Kette unter Zug ist, zeigt das SAM, dass es im Uphill einiges auf dem Kasten hat und so lassen sich auch besonders lange Anstiege ohne übermäßiges Wippen und Kraftverlust bewerkstelligen. Schiebt man den Sattel noch ein Stück nach vorne, sitzt man angenehm über dem Tretlager und hat nicht das Gefühl, von hinten in das Rad zu treten. Wenn es jedoch sehr steil und technisch wird, werden dem SAM die kurzen Kettenstreben und der hohe Stack zum Verhängnis – Ergebnis: steigendes Vorderrad.

 Einmal auf dem FOCUS SAM Platz genommen, heißt es: wohlfühlen!

Im Downhill zeigt sich das FOCUS SAM von einer sehr agilen und verspielten Seite. Statt sich behäbig und träge von Kurve zu Kurve zu schleppen, schlägt das SAM trotz der 170 mm Federweg bereitwillig Haken und wechselt wieselflink die Fahrtrichtung. Dabei liegt das Rad dank des RockShox-Fahrwerks satt auf dem Trail und liefert mit den MAXXIS Reifen ordentlich Traktion. Besonders Freude macht der DHF am Heck, der zwar beim Pedalieren auf Asphalt nicht gerade ideal ist, im Gelände aber sehr kontrollierbare Drifts zulässt. Der F.O.L.D. Hinterbau des FOCUS SAM bereitete uns auf den Testtrails ein wenig Kopfschmerzen: Lässt man die Kompression des Dämpfers komplett offen, arbeitet der Hinterbau sehr sensibel und reagiert auf kleinste Unebenheiten. Das hat allerdings zur Folge, dass er bei größeren Schläge oder Kurven mit viel Kompression dazu neigt durch den mittleren Federweg zu rauschen. Wenn man daraufhin der Compression-Einstellung ein paar Klicks entlockt, verliert der Hinterbau an Feinfühligkeit. Nach einem Tag intensiven Testens lag unser Sweetspot bei 30% SAG am Dämpfer und 4 – 5 Klicks von offen nach zu.

 Mit dem FOCUS SAM ist kein Sprung zu groß, kein Drop zu tief und keine Highline zu hoch.

Sowohl in Anliegern als auch in flachen Kurven steht man sehr zentral im Rad und fühlt sich dank des tiefen Tretlagers fest im SAM integriert. Vorsicht sei dennoch geboten, da das Rad aufgrund seiner Agilität auch in Kurven auf jeden Lenkimplus reagiert. Wir hätten uns gerade in Kurven mehr Stabilität gewünscht. Besonders wohl fühlt sich das FOCUS SAM auf Bikepark-Strecken mit großen Sprüngen, Drops und Anliegern. Hier kann es dank seines progressiven Hinterbaus und seiner Souveränität in der Luft ordentlich punkten und jedem Fahrer ein breites Grinsen ins Gesicht zaubern. Mit dem FOCUS SAM ist kein Sprung zu groß, kein Drop zu tief und keine Highline zu hoch.

Verfügbarkeit

Sowohl das FOCUS SAM 9.9, als auch das FOCUS SAM 8.9 sind ab Mitte September für 5.999 € bzw. für 3.999 € erhältlich.

Fazit

Das neue FOCUS SAM ist eine gelungene Weiterentwicklung mit vielen Details, die insbesondere Bikepark-Fahrer und Airtime-Liebhaber glücklich machen werden. Dank des antriebsneutralen Hinterbaus kann man es auch verschmerzen, wenn der Lift ausfällt. Für alle, die auf der Suche nach ihrem nächsten Racebike sind, ist das FOCUS SAM aufgrund der fehlenden Stabilität in Highspeed-Sektionen jedoch die falsche Wahl. Für die Preise der jeweiligen Modelle hätten wir uns eine hochwertigere Ausstattung gewünscht.

Stärken

– Gewicht
– Fahrwerk
– Spaßfaktor!

Schwächen

– Laufruhe
– Preis
– nur in drei Größen verfügbar


Mehr Informationen findet ihr unter: focus-bikes.com


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Text: Fotos: Christoph Laue, Valentin Rühl