Es gibt eine Handvoll Mountainbikes, bei denen echten Kennern schon beim bloßen Anblick das Wasser im Mund zusammenläuft, und das Ibis Mojo HD4 gehört ohne Zweifel dazu. Bei der neuesten Generation des Klassikers aus Kalifornien stand vor allem die Überarbeitung der Geometrie im Fokus und wir wollten wissen, ob das Zahlenspiel aufgeht.

Ibis Mojo HD4 | 160/153 mm (v/h) | 13,29 kg | 6.598 €

Müsste man das Design des Ibis Mojo HD4 mit einem Wort beschreiben, dann wäre es wohl „organisch“. Die geschwungenen Formen des edlen Carbonrahmens verleihen dem Mojo seit seiner Vorstellung 2005 einen unverwechselbaren Look und auch der neueste Ableger bleibt der typischen Grundform treu. Auffälligste optische Änderung gegenüber dem direkten Vorgänger, dem Mojo HD3, ist die veränderte Position der Dämpferaufhängung. Sie erlaubt es nun, Dämpfer mit dem Piggyback nach oben zu verbauen, und schafft damit mehr Platz für eine Wasserflasche im unteren Rahmendreieck.

Das Ibis Mojo HD4 lechzt nach anspruchsvollen Abfahrten!

Das Ibis Mojo HD4 im Detail

Federgabel FOX Float 36 Performance 160 mm
Dämpfer FOX Float DPX2 153 mm
Schaltung SRAM GX Eagle
Bremsen Shimano Deore
Lenker Ibis Aluminium 780 mm
Vorbau Ibis 3D Forged 35 mm
Sattelstütze Kind Shock LEV-Si
Reifen Maxxis DHF 2,6
Laufräder Ibis 742 Carbon 27,5″

In Sachen Ausstattung bietet Ibis neben dem Framekit auch Komplettbikes mit einigen Konfigurationsmöglichkeiten an. Bei unserem Testbike handelte es sich um das SRAM GX-Eagle Build-Kit mit FOX Performance-Fahrwerk und Shimano M615-Bremsen für 5.698 € Basispreis. Unser Bike kam mit den optionalen Ibis 742 Carbon-Laufrädern, die mit 900 € Aufpreis zu Buche schlagen und den Gesamtpreis auf 6598 € erhöhen. Als eines der ersten Räder am Markt kommt das HD4 serienmäßig mit MAXXIS Minions in 2,6” Breite, die Innenbreite der hauseigenen Felgen liegt bei großzügigen 35 mm. Die eher günstigen Komponenten sind sinnvoll gewählt, lediglich die kleinen Bremsscheiben mit 180/160 mm sind an einem Bike dieses Kalibers ein absolutes No-Go.

Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft
Bremsscheiben mit 180 mm vorne und 160 mm hinten sind an einem Bike dieses Kalibers völlig deplatziert.
Basisausstattung
Die Ausstattung unseres Testbikes ist zwar recht günstig, doch Parts wie die SRAM GX Eagle bieten in der Praxis keinen Anlass zur Kritik.
Schlankheitskur
Die hauseigenen Carbon-Laufräder gibt es gegen Aufpreis auch bei den günstigeren Ausstattungsvarianten – ob der geringe Gewichtsvorteil und die erhöhte Steifigkeit 900 € Aufpreis wert sind, bleibt fraglich.
Mach mal Platz
Die Dämpferaufhängung ist nach unten gewandert, um Platz für den Piggyback zu schaffen. Jetzt passt auch eine große Wasserflasche ins Ibis.
Neues Maß der Dinge?
Die 2,6″ breiten MAXXIS-Reifen schlagen die Brücke zwischen klassischen Breiten und fetten 2,8″-Schlappen. Trotz einiger Pannen konnte uns das Fahrverhalten überzeugen.

Die Geometrie des Ibis Mojo HD4

Doch genug der Oberflächlichkeiten, was wirklich zählt, sind die inneren Werte und bei der vierten Generation des Mojo HD steckt der Teufel im Detail, genauer gesagt in der Geometrie. Im heutigen Markt der Endurobikes wirkte das HD3 stets etwas altbacken: „Zu kurz und zu steil“, bemängelten die Kritiker – „verspielt und wendig“, argumentierten dagegen die Fans. Egal wem man nun Recht gibt, die Geometrie des neuen HD4 wurde deutlich überarbeitet und folgt dem allgemeinen Lang-und-flach-Trend. Der Reach wuchs in Größe Large von 431 mm auf 455 mm und ist damit 9 mm länger als das alte XL, der Lenkwinkel ist mit 64,9° nun satte 1,7° flacher als beim Vorgänger mit 66,6°. Das HD4 soll damit deutlich stabiler bei hohen Geschwindigkeiten sein und sich stärker vom kleinen Bruder abgrenzen, dem Mojo 3 mit 130 mm Federweg. Ibis folgt mit der neuen Geometrie auch dem Feedback des eigenen EWS-Teams, das maßgeblich an der Entwicklung beteiligt war.

Größe S M L XL
Sattelrohr 362 mm 393 mm 445 mm 483 mm
Oberrohr (horizontal) 579 mm 604 mm 628 mm 658 mm
Steuerrohr 87 mm 109 mm 126 mm 142 mm
Lenkwinkel 64,9° 64,9° 64,9° 64,9°
Sitzwinkel 74° 74° 74° 74°
Kettenstrebe 430 mm 430 mm 430 mm 430 mm
Tretlager Höhe 343 mm 343 mm 343 mm 343 mm
Radstand 1163 mm 1192 mm 1219 mm 1251 mm
Reach 415 mm 435 mm 455 mm 480 mm
Stack 570 mm 590 mm 605 mm 620 mm

Die Updates des Ibis Mojo HD4 vom Vorgänger

Neben den großen Geometrieveränderungen gibt es auch etliche Detailverbesserungen. Das Sitzrohr des HD4 wurde ein ganzes Stück kürzer (25 mm in Größe Large), sodass auch kleinere Fahrer auf Wunsch eine Sattelstütze mit 170 mm Hub fahren können. Die hervorragende Kinematik des DW-Link-Hinterbaus wurde minimal angepasst und die Kennlinie gegen Ende des Federwegs etwas progressiver ausgelegt, um bei großen Schlägen mehr Reserven zu bieten. Die Umlenkwippen sind steifer geworden und das Carbon-Layup wurde weiter optimiert, um die Gesamtsteifigkeit zu erhöhen. Das Mojo HD4 bietet Platz für 27,5″-Reifen von 2,3″ bis 2,8″, denn Ibis argumentiert, dass sich der Außendurchmesser im belasteten Zustand nur geringfügig ändert und damit keinerlei Geometrieanpassungen nötig seien.

Die Kinematik des DW-Link-Hinterbaus wurde minimal progressiver ausgelegt.
Auch kleine Fahrer können eine Sattelstütze mit 170 mm Hub fahren.

Das Ibis Mojo HD4 auf dem Trail

Bereits beim ersten Aufsitzen wird klar, dass man mit dem neuen HD4 ein ziemlich bulliges Bike unter sich hat. Die aggressivere Geometrie schreit in Kombination mit den 2,6″-Reifen förmlich nach Vollgasorgien im harten Gelände. Die Geometrie fällt dennoch sehr ausgewogen aus, schließlich liegt das Mojo HD4 nach der Überarbeitung nun recht nah am aktuellen Durchschnitt in dieser Kategorie. Das Bike hat auch in seiner neuesten Entwicklungsstufe nichts von seiner hervorragenden Effizienz eingebüßt und klettert auch ohne zugeschaltete Plattformdämpfung ohne spürbares Wippen. Lediglich in steilen technischen Kletterpassagen fordert der flache Lenkwinkel seinen Tribut, hier erfordert es etwas Nachdruck, um die Front in der Spur zu halten. In Summe zählt das Ibis im Uphill klar zu den besseren Endurobikes und scheut sich nicht vor langen Touren.

Gute Allround-Eigenschaften hin oder her, das Ibis lechzt nach anspruchsvollen Abfahrten! Kaum übernimmt die Schwerkraft, wird das Mojo HD4 zum Leben erweckt und vermittelt dem Fahrer sehr viel Sicherheit. Die neue Geometrie bietet einen gelungenen Mix aus Laufruhe und Wendigkeit – wo das HD3 etwas nervös wurde, liegt das HD4 noch satt auf der Strecke. Dabei geht die Verspieltheit des HD3 ein Stück weit verloren, doch das HD4 ist keineswegs schwerfällig und bietet damit das rundere Handling-Paket. Das Fahrwerk arbeitet hervorragend und steht hoch im Federweg, dabei verzeiht es auch mal den einen oder anderen Fahrfehler. Durch die erhöhte Progression am Ende bietet das Heck ausreichend Pop bei Sprüngen und animiert zu einer aktiven Fahrweise. Auf dem Trail merkt man dem Bike die günstige Ausstattung kaum an, denn es macht einfach verdammt viel Spaß!

Ein Thema, das uns während des Tests permanent begleitete, waren die Reifen. Die MAXXIS Minions sind zwar alte Bekannte, doch zur neuen „Zwischengröße“ 2,6″ gibt es noch keine Langzeiterfahrungen. Fakt ist, die 2,6er bauen spürbar breiter als WT-Modelle mit 2,5″ und generieren massig Grip auf den meisten Untergründen. Die Fahreigenschaften sind sehr vom Luftdruck abhängig und liegen, wie zu vermuten, irgendwo zwischen klassischen 2,4″-Reifen und fetten 2,8″-Pneus. Als wir mit dem Druck bis auf 1,4 bar vorne und 1,6 bar hinten nach unten sind, hatten wir jedoch mit vermehrten Durchschlägen und Platten (trotz Tubeless) zu kämpfen und mussten den Druck wieder erhöhen. Dennoch ist das neue Mittelmaß ein sehr guter Kompromiss für viele Fahrer – wem es nicht gefällt, der kann ohne Probleme auf 2,4″, 2,5″ oder gar 2,8″ umsteigen.

Fazit

Goldene Mitte statt Mittelmaß! Das Ibis Mojo HD4 ist auf dem Papier vielleicht ziemlich durchschnittlich, doch die Fahrleistungen in der Praxis sind alles andere als Stangenware. Das Mojo HD4 ist ein klasse Allrounder, der Fahrern jeder Könnerstufe ein breites Lächeln aufs Gesicht zaubert. Die neueste Evolutionsstufe des Mojo HD ist deutlich laufruhiger geworden und pflügt damit noch schneller und sicherer durchs grobe Gelände als der hervorragende Vorgänger.

Tops

– vermittelt sehr viel Sicherheit
– hervorragendes Fahrwerk
– antriebsneutraler Hinterbau

Flops

– unterdimensionierte Bremsscheiben
– Reifen sind pannenanfällig
– teuer


Mehr Infos findet ihr unter: ibiscycles.com

Dieser Artikel ist aus ENDURO Ausgabe #030

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Text: Fotos: Valentin Rühl